Erbfall des Monats
Auf dieser Seite stellen wir Ihnen aktuelle Erbfälle aus dem Großraum Stuttgart vor. Dafür schaut Rechtsanwalt Stefan Mannheim, Fachanwalt für Erbrecht regelmäßig auf das aktuelle Geschehen im Erbrecht und veröffentlicht jeden Monat einen neuen Erbfall hier im Erbrecht-Blog.
Ein Unglück kommt selten allein. Im aktuellen Erbfall des Monats ist ein Todesfall kurz nach einem anderen Erbfall eingetreten. Eine Miterbin starb, bevor ein Erbschein erteilt wurde, so daß der Nachlaß nun einer sogenannten „mehrstufigen Erbengemeinschaft“ gehört. Die jüngere Erbengemeinschaft hat einen Anteil in der älteren Erbengemeinschaft, bei der noch nicht mit der Abwicklung des Erbes begonnen worden war. Als Erbeserbe (Erbe eines Erben mit nicht abgewickelter Erbschaft) hat man dann mit Schwierigkeiten umzugehen wie zum Beispiel in diesem Fall:
Wie wird eine Erbschaft abgewickelt, wenn ein Erbe verstorben ist, bevor überhaupt ein Erbschein für den anderen Nachlaß vorliegt? Am besten denkt man in solchen Fällen zuallererst nicht an die vielen Details, sondern schaut erst einmal auf die groben Grundlinien des Nachlaßrechts. Zur Abwicklung eines Erbes ist regelmäßig ein Dokument erforderlich, das eine Person ausweist als zuständig für die Nachlaßabwicklung. Das kann ein Erbschein sein. Wenn eine mehrstufige Erbengemeinschaft entstanden ist, dann kann man dafür zwei getrennte Erbscheine verwenden, die die ursprünglichen Erben und die zweite Erbengemeinschaft getrennt voneinander „beim Namen nennen“. Es gibt aber auch eine Erleichterung für diese Fälle, nämlich einen Sammelerbschein. Darin bescheinigt das Nachlaßgericht, wer die Erben des ursprünglichen Erblassers sind und auch gleich, wer die Erben des verstorbenen Erben sind. Das kann die Abwicklung erleichtern und beschleunigen. In unserem aktuellen Praxisfall haben wir aus juristischer Sicht keine Schwierigkeiten mit dem Erbfall des Erben, bevor der erste Nachlaß abgewickelt werden konnte.
Aber auf der anderen Stufe dieser mehrstufigen Erbengemeinschaft gab es Herausforderungen, die in den letzten Jahren häufiger werden.
Bereits der erste Todesfall war überraschend eingetreten. Die Erben mußten den Nachlaß unvorbereitet abwickeln. Es gab keine Vollmachten, so daß kein Zugriff auf Bankkonten möglich war, und auch die vermieteten Wohnungen konnten ohne Vollmacht vorerst nicht verwaltet werden, solange noch kein Erbschein vorlag. Und dann dauerte das Verfahren beim Nachlaßgericht auch noch ungewöhnlich lange. Dort hatte einer der Erben einen Erbschein beantragt. Nach einigen Monaten vergeblichen Wartens und mehreren unbeantworteten Fragen nach dem Sachstand ging endlich jemand vom Nachlaßgericht ans Telefon. Man hatte versucht, alle Miterben schriftlich anzuhören, was sie vom Antrag auf den Erbschein halten. Der Brief des Gerichts an einen Miterben kam aber mehrfach zurück als unzustellbar, der Name sei an dieser Adresse nicht bekannt. Das Nachlaßgericht hat die richtige Adresse dieses Miterben über eine Melderegisteranfrage an seinem Wohnort herauszufinden versucht, er hatte Auskünfte jedoch gesperrt, weil bei seinem Beruf aus Gründen der Sicherheit besser nicht bekannt wird, wo er wohnt. In dem Telefongespräch zwischen dem Nachlaßgericht und dem Miterben, der den Erbschein beantragt hat, stellte sich dann schnell heraus, daß das Gericht aus Antrag auf den Erbschein die Adresse falsch abgeschrieben hatte. Diese Verzögerung war sehr ärgerlich, legte die Abwicklung des Nachlasses monatelang lahm, verhinderte Zugriff auf die geerbten Bankkonten und verhinderte außerdem, daß die Witwe steuerbegünstigt das Eigentum am Familienheim durch fristgerechte Nachlaßteilung erhalten konnte. Der Aufwand für die Erbschaftsteuererklärung wurde damit auch deutlich höher, als das normalerweise der Fall ist. Allerdings kann in solchen Fällen ein geschickter steuerlicher Berater für Erbschaftsteuer (z.B. ein Fachanwalt für Erbrecht) üblicherweise erreichen, daß das Familienheim dann doch steuerfrei von der Erbengemeinschaft an die Witwe gegeben wird.
Steuervorteile sind etwas schönes, wenn man sie nutzen kann. Manche Steuervorteile sind an Fristen gebunden, auch wenn diese nicht so eindeutig im Gesetz zu sehen sind. Ein Beispiel dafür ist das „Familienheim“, das bei der Erbschaftsteuer für Witwen steuerfrei bleibt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Es reichte für die Ausnahme von der Erbschaftsteuer nicht aus, daß das Wohnhaus oder die Eigentumswohnung für den Erblasser der Hauptwohnsitz war und die Witwe nach dem Erbfall zehn Jahre lang darin wohnt. Die Finanzverwaltung verlangt außerdem, daß das unverzüglich gemacht und geregelt wird. Wenn eine Erbengemeinschaft das Eigentum am Familienheim an die Witwe allein überträgt, sollte das innerhalb von sechs Monaten geschehen.
Damit das gemacht werden kann, ist in der Regel ein Erbschein erforderlich. Ein Erbnachweis "in öffentlicher Form“ ist nötig, damit der Notar die Übertragung des Eigentums auf die Witwe beim Grundbuchamt erreichen kann. Im Erbfall des Monats ging aber einiges schief, so daß die Erben deutlich mehr als sechs Monate brauchen, um den Nachlaß entsprechend aufteilen zu können:
Das Nachlaßgericht vertippt sich bei der Adresse eines Miterben, der zum Antrag auf einen Erbschein angehört werden soll. Das Schreiben des Nachlaßgerichts wurde von der Post mehrmals zurückgeschickt mit dem Hinweis „an dieser Adresse unbekannt“. Anstatt die eigene Akte zu lesen oder den Antragsteller nach der richtigen Adresse seines Miterben zu fragen, fragte die Sachbearbeiterin beim Nachlaßgericht am Ende beim Einwohnerregister nach der aktuellen Anschrift des Miterben. Das dauerte auch wieder einige Zeit.
Die Erben wollten immer wieder beim Nachlaßgericht nachfragen, wann der Erbschein denn nun endlich erteilt wird. Die Beamtinnen beim Nachlaßgericht waren aber nie erreichbar, weder gingen sie ans Telefon noch antworteten sie auf Briefe. Insgesamt acht Monate dauerte es, bis der Erbschein endlich erteilt wurde. Eigentlich muß die Witwe aber innerhalb von sechs Monaten mit ihren Miterben beim Notar vereinbart haben, daß sie das Familienheim bei der Nachlaßteilung bekommt.
Nur ausnahmsweise kann man das auch noch später durchsetzen. Das ist im Einzelfall beispielsweise dann möglich, wenn die Erbengemeinschaft auf ein Wertgutachten warten muß, um eine Basis für die Nachlaßteilung zu haben. Das sollte auch für den Fall gelten, daß der Erbschein ohne Verschulden der Miterben nicht rechtzeitig erteilt wird, weil ja ohne Erbschein gar keine Verfügung über die Immobilie möglich ist. Für die Erben bleibt der Zeitdruck erhalten, damit das Kriterium „unverzüglich“ eingehalten wird; sie müssen jetzt so schnell wie möglich alles in die Wege leiten, damit die Witwe das Alleineigentum am Familienheim bekommt und somit diesen Teil des Nachlasses steuerfrei bekommt.
Für normale Erben kann es ziemlich schwierig sein, das alles reibungslos zu erreichen, so daß der Steuervorteil tatsächlich genutzt werden kann. Bei der Abwicklung kann es gut sein, einen Fachanwalt für Erbrecht zu konsultieren, weil der sowohl das Erbrecht als auch die Erbschaftsteuer beherrscht und seine Mandanten in derartigen Fällen kompetent betreuen kann.
Eine alleinstehende älter Frau „mit etwas Vermögen“ hat mehrere Neffen und Nichten, die ihr Vermögen erben sollen. Außerdem soll eine wohltätige Organisation von ihrem Nachlaß etwas bekommen. Eine Erbengemeinschaft mit vielen Beteiligten ist in einem solchen Fall aus einigen Gründen alles andere als ideal. Sie möchte deshalb, daß ihr Vermögen im Erbfall durch einen Testamentsvollstrecker verteilt wird. Für diese Aufgabe hat sie sich einen Rechtsanwalt ausgesucht, der einige Fortbildungen und Praxiserfahrung in Sachen Testamentsvollstreckung hat. Den hat sie auch rechtzeitig gefragt, ob er das Testament auch tatsächlich vollstrecken wird oder ob er dabei Probleme sieht. Der Anwalt hat grundsätzlich zugestimmt, weil die Verfügungen im Testament voraussichtlich gut umgesetzt werden können.
In einem Punkt hat die Erblasserin allerdings eine andere Meinung als ihr Rechtsberater: Sie hat der Ehefrau eines Neffen hat eine Generalvollmacht erteilt, die über den Tod hinaus gilt. So eine Vollmacht kann zu Lebzeiten ganz gut sein, um handlungsfähig zu bleiben durch eine Vertrauensperson der eigenen Wahl. „Über den Tod hinaus“ betrifft dann aber nicht mehr die eigene Absicherung, sondern die Vertretung der Erben durch die Bevollmächtigte. Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
Der Anwalt weist nun seine Mandantin darauf hin, daß es problematisch sein kann, wenn einerseits ein Testamentsvollstrecker den Nachlaß abwickeln soll, andererseits aber jemand anderes eine Vollmacht auch über ihren Tod hinaus ausübt. Die beiden können sich allzu leicht in die Quere kommen, und das Sprichwort sagt ja schon: „Viele Köche verderben den Brei.“ Es kann durch Zufall dazu kommen, daß widersprüchliche Entscheidungen getroffen werden. Die Erfahrung zeigt aber auch, daß immer wieder mit Absicht ein Streit geführt wird zwischen den Beteiligten, aus welchem Grund auch immer. Die Mandantin möchte trotz ausführlicher Beratung, daß der Testamentsvollstrecker und die Generalbevollmächtigte gleichzeitig zuständig sein sollen. Trotz des Tips des Rechtsberaters hält die Erblasserin an der transmortalen Vollmacht fest, weil die Bevollmächtigte ihr gesagt hat, sie wolle die Vollmacht auf jeden Fall auch über den Tod der Vollmachtgeberin hinaus ausüben. Leider möchte sie aber nicht entscheiden, wie die Zuständigkeiten der beiden verteilt werden sollen. Das wäre nämlich absolut notwendig, damit sowohl transmortale Vollmacht als auch Testamentsvollstreckung sinnvoll nebeneinander bestehen können. Auch die Bevollmächtigte will keine klare Abgrenzung der Aufgaben zwischen ihr und dem Testamentsvollstrecker haben oder wenigstens zur Abstimmung untereinander. Es ist also absehbar, daß ein Streit zwischen der Bevollmächtigten und dem Testamentsvollstrecker entstehen wird.
Im Lauf der Beratung zeigt die Mandantin dann auch noch Anzeichen von paranoider Störung, und es stellt sich heraus, daß sie deswegen in der Vergangenheit auch schon einige Tage in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik war. Das macht die Sache nicht einfacher, zumal nun auch noch in Frage steht, ob das Testament wirksam ist, mit dem sie den Testamentsvollstrecker einsetzt. Im schlimmsten Fall macht er seine Arbeit, hat viel Ärger damit, volles Haftungsrisiko für mögliche Flüchtigkeitsfehler, und bekommt am Ende nicht einmal eine Vergütung mit der Begründung, daß er gar nicht durch ein wirksames Testament eingesetzt wurde. Wenn wenigstens kein Streit mit der Generalbevollmächtigten entstehen könnte, gäbe es ein Problem weniger und der Fall wäre trotz allem einigermaßen beherrschbar.
Diese Situation macht es zum Glücksspiel, ob der vorgesehene Fachmann das Amt des Testamentsvollstreckers antreten wird und falls nicht, ob überhaupt irgendjemand das Testamentsvollstreckeramt annehmen wird. Damit stellt sich natürlich auch die Frage, warum die alte Frau sich überhaupt die Mühe macht, ein Testament mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung zu errichten. Wenn dann am Ende niemand die Aufgabe übernehmen wird, kann man sich das ganze auch sparen. Falls die Testamentsvollstreckung durch einen Fachmann wirklich wichtig ist, sollte man auf den Fachmann hören, der davor warnt, daß neben einem Testamentsvollstrecker eine andere Person mit einer Vollmacht über den Tod hinaus für die Erben handeln wird. Wie man sich entscheiden möchte, bleibt dabei natürlich jedem selbst überlassen.
Ungewöhnliche Erbschaften können eine Herausforderung sein, bei der die Erben sich überfordert fühlen. Vor kurzem rief ein Mandant beim Fachanwalt für Erbrecht an und wollte eigentlich „nur“ eine beglaubigte Unterschrift abgeben, um die Erbschaft von seiner Tante auszuschlagen. Er hatte Angst davor, daß er für die vielen Kunstwerke seiner verstorbenen Tante Erbschaftsteuer in Höhe von mehreren hunderttausenden Euro zahlen müsse.
Vorneweg eine Nebensächlichkeit: Ein Fachanwalt für Erbrecht kann zwar Beratung rund ums Erbrecht, Testamentsentwürfe und Erbschaftsteuer anbieten. Eine Unterschrift für die Erbausschlagung öffentlich beglaubigen kann aber nur ein Notar; alternativ kann man die Erklärung auch beim Nachlaßgericht abgeben. Ob es sinnvoll ist, das Erbe auszuschlagen, ist eine ganz andere Frage. Und hier ist der Fachanwalt für Erbrecht zufälligerweise der ideale Ansprechpartner, weil er in der Ausbildung zum Fachanwalt sowohl die unterschiedlichen Arten der Haftungsbeschränkung des Erben als auch Erbschaftsteuer gelernt hat.
Im Erbfall des Monats geht es hauptsächlich um das „Luxusproblem“, daß zum Nachlaß hunderte Kunstwerke gehören, die einiges wert sind. Sie stellen einen Wert dar, den der Erbe bekommt. Und für diesen Wert muß grundsätzlich Erbschaftsteuer bezahlt werden, und zwar mit Geld, das in dieser Erbschaft nicht vorhanden ist. Für Juristen gibt es aber kaum einen Grundsatz ohne Ausnahmen. Die wichtigsten Punkte für diesen Fall sind:
Der Neffe hat für den Nachlaß seiner Tante zwar lediglich einen persönlichen Freibetrag von €20.000. Allerdings steht der persönliche Freibetrag am Ende der Berechnung für die Erbschaftsteuer. Außerdem kommen zusätzliche Freibeträge in Frage, die den steuerfreien Teil der Erbschaft erhöhen, die aber im Verhältnis zu einer größeren Erbschaft ohne liquide Geldmittel immer noch relativ überschaubar sind und es oft nicht möglich machen, die Steuer dann auch tatsächlich kurzfristig zu bezahlen. Hausrat und andere bewegliche Gegenstände bleiben im Wert von €20.000 steuerfrei, wenn sie nicht sowieso unter bestimmte Vergünstigungen fallen. Als Pflegefreibetrag gewährt das Gesetz eine Vergünstigung von bis zu €20.000, falls der Neffe sich um Pflege, Haushaltsführung, Begleitung zu Ärzten oder dergleichen gekümmert hat. Und damit sind wir beim wichtigsten und gleichzeitig überraschenden Punkt in diesem Fall:
Vor dem Blick auf die Freibeträge wird erst einmal der Steuerwert der NAchlaßgegenstände zusammengerechnet, und dabei gibt es dann auch schon Vergünstigungen bei bestimmten Gegenständen. Für Kunstwerke, Bibliotheken, wissenschaftliche Sammlungen, Archive usw. gibt es ein Privileg im Erbschaftsteuerrecht. Das Erbschaftsteuergesetz sieht vor, daß sie nur mit 60% ihres tatsächlichen Wertes angesetzt werden, wenn sie:
- wegen ihrer Bedeutung für Kunst
- im öffentlichen Interesse erhalten bleiben sollen sowie
- die jährlichen Kosten in der Regel höher sind als die Einnahmen.
Vollständig steuerfrei bleiben diese Gegenstände, wenn sie außerdem seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz sind oder im Verzeichnis des national wertvollen Kulturgutes eingetragen sind oder, soweit das in Frage kommt, der Erbe sie der Denkmalpflege unterstellt. Die Steuerfreiheit setzt außerdem voraus, daß die genannten Voraussetzungen zehn Jahre bestehen bleiben und der Erbe sie so lange behält. Erst danach darf er sie verkaufen, ohne Erbschaftsteuer auf den tatsächlichen Wert seiner Erbschaft zu zahlen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man diese Steuervorteile erreichen kann. Am einfachsten ist es wohl, wenn ein Museum die Kunstwerke als Leihgabe in eine öffentliche Ausstellung aufnimmt. Bei besonders wichtigen Kunstwerken kommt das in Frage, sonst wird nicht gleich eine ganze Kunstsammlung den nötigen Platz in einem bereits bestehenden Museum finden.
Ansonsten stellt sich bei hohen Werten die Frage, ob man das mit der öffentlichen Ausstellung nicht selber in die Hand nimmt. Freilich ist das nichts alltägliches, und wer weiß schon wie das geht? Der Erbe muß das ja nicht alles selber wissen und selber erledigen können, er kann sich helfen lassen. Immerhin geht es bei der befürchteten Erbschaftsteuerschuld von mehreren hunderttausenden Euro im konkreten Fall um eine Erbschaft, die beim Verwandtschaftsgrad des Neffen einen Steuersatz von 30% ausmacht, um ein Vermögen in Millionenhöhe. Dafür kann man auch etwas an Berater bezahlen, um es reibungslos zu erben, unterm Strich kann hier noch einiges für den Erben übrig bleiben. Ein guter Fachanwalt für Erbrecht, der seine eigene Kanzlei aufgebaut hat, sollte als Berater auch eine Kunstausstellung organisieren können. Die Rechtslage kann er als Jurist abklären, und das Organisatorische ist beim Selbständigen über die Branchengrenzen hinweg zum Großteil das gleiche. Für die anderen Aufgaben muß man das Gespür mitbringen, wann man andere Fachleute einbeziehen muß. Bei Kunst ist es sicher hilfreich, einen Kunsthistoriker als Kurator der Ausstellung zu haben, wenn man nicht selber die Fachkenntnisse für öffentliche Ausstellungen hat. Und die Räume für die Ausstellung zahlreicher Kunstwerke müssen ja nicht im teuren Innenstadtbereich einer Großstadt liegen, da läßt sich auch etwas für eine bezahlbare Miete finden, gegebenenfalls hilft ein spezialisierter Makler für Gewerbeobjekte etwas geeignetes zu finden, was vielleicht schon jahrelang leer steht und günstig zu mieten ist.
Nach der Beratung kann der Erbe nun entscheiden, ob er die „dicke“ Erbschaft mit den vorübergehenden Einschränkungen annehmen möchte, ob er sich das Geld für die Erbschaftsteuer leihen wird oder ob er tatsächlich die Erbschaft ausschlägt und dann gar nichts vom Erbe seiner Tante hat, nicht einmal Erinnerungsstücke.
Den Nachkommen „etwas Bleibendes hinterlassen“ ist ein häufiger Wunsch zukünftiger Erblasser. Und dieses „Etwas“ ist häufig ein Guthaben bei einer Bank. Im Erbfall des Monats ist das Guthaben auf einer „Sparkarte“. Diese Sparkarte ist in diesem Fall nichts anderes als eine Karte zu einem Sparkonto, mit der bei den Automaten der Bank Bargeld abgehoben und am SB-Automat der Bank nach dem aktuellen Kontostand geschaut werden kann, ansonsten sind die Bedingungen wie bei einem klassischen Sparbuch (also ein Konto, das nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt ist, auf dem Geld unbefristet angelegt wird und bei dem vor der 3-monatigen Kündigungsfrist nur €2.000 pro Monat abgehoben werden können).
Im aktuellen Erbfall des Monats haben die Erben diese Sparkarte im Nachlaß, jedoch keine Kontoauszüge gefunden, nur eben die elektronische Karte mit der geheim zu haltenden PIN, die nur der Karteninhaber selber wissen und verwenden darf - und der ist ja der Erblasser unseres Falles, also inzwischen tot.
Aus rechtlicher Sicht ist dieses Konto ein „Loseblattsparbuch“. Der Unterschied zum klassischen gebundene Sparbuch ist, daß die Kontoauszüge mit den Ein- und Auszahlungen sowie Zinsgutschriften und Belastung der Kapitalertragsteuer an die Adresse des Kunden geschickt werden, der sie dann abheften oder anderweitig aufbewahren kann. Der aktuellste Kontoauszug ist dann das, was sonst das „gute alte Sparbuch“ mit untereinander geschriebenen Ein- und Auszahlungen sowie Zinsgutschriften ist. Die Bank nennt den aktuellen Auszug auch Sparurkunde.
Jetzt fängt ein praktisches Problem an: Ein Sparbuch ist ein sogenanntes „Rektapapier“, das heißt: Das Recht am Sparbuch folgt dem Recht aus dem Sparbuch. Mit anderen Worten: Wenn die Guthabenforderung abgetreten wird, steht sie demjenigen zu, an den abgetreten wurde (Zessionar). Konkret kommt das häufig bei Schenkungen vor, wenn der Beschenkte das Sparbuch ausgehändigt bekommt. Beim Loseblattsparbuch ist die besondere Schwierigkeit, daß der aktuelle Kontoauszug möglicherweise auch aus anderen Gründen, beispielsweise zur Kontrolle der Buchungen, jemandem gegeben wurde, ohne daß das Guthaben abgetreten wurde. Sehen kann man das nicht, so daß bei dieser Art von Sparkonto eine gewisse Unsicherheit besteht, wem das geld denn nun zusteht. Für die Bank ist es beim Sparbuch so, daß sie mindestens im Umfang der €2.000 monatlich an den zahlen kann, der das Spardokument vorlegt; Ausnahmen gibt es nur bei mindestens grob fahrlässigen Fehlern der Bank, etwa nach einer ignorierten Verlustmeldung oder bei allzu hohen Beträgen. Sonst ist das Guthaben mit Wirkung gegen den wirklichen Kontoinhaber wirksam ausbezahlt, wenn nur das Spardokument bei der Bank einen korrekten Eindruck gemacht hat. Damit die Bank nicht sehenden Auges ins Risiko geht, wird sie das Guthaben also nicht allzu freigiebig an die Erben auszahlen, sondern auf den Formalien bestehen, die die Bank und indirekt auch den Kunden absichern.
In unserem aktuellen Fall wird aber gar kein Auszug (Sparurkunde) gefunden. Lediglich ein Finanzstatus der Bank und die Erbschaftsteuermeldung weisen das Konto mit der Bezeichnung „Sparkarte“ und einem stattlichen Guthaben aus. Was können die Erben nun tun? Wenn die Sparurkunde nicht gefunden wird, dann kommen unsere Erben nur dadurch an das Guthaben, daß sie beim Amtsgericht ein Aufgebotsverfahren beantragen, um das Dokument für kraftlos erklären zu lassen. Das kostet Zeit und Gebühren, führt aber zum Ziel der Auszahlung. Nach dem Aufgebotsverfahren können sie dann das Guthaben vom geerbten Konto bei der Bank abrufen, müssen aber dafür freilich auch noch einen Nachweis der Erbenstellung vorlegen, zum Beispiel einen Erbschein. Am Ende werden sie nach all dem Aufwand das geerbte Sparguthaben ausgezahlt bekommen.
Wie kann man vorbeugen, damit das Guthaben der Sparkarte leichter verfügbar ist als in diesem praktischen Problemfall? - Damit das Erbe möglichst einfach und problemfrei bei den Erben ankommt, sind geordnete Unterlagen zu den Bankkonten wichtig. Das wird am Erbfall des Monats wieder einmal deutlich: Wenn die Erben den letzten Kontoauszug finden würden, könnten sie das Guthaben vom Sparkonto abheben. Wenn nicht, müssen sie entweder die langwierige Prozedur eines Aufgebotsverfahrens beim Amtsgericht durchlaufen oder auf eine Erleichterung hoffen, die manche Banken aus Gefälligkeit möglich machen: Manchmal wird eine „Haftungserklärung“ angeboten, in der die Erben zusichern, daß sie nach bestem Wissen tatsächlich die Berechtigten sind und sich verpflichten, das Guthaben an die Bank zurückzuzahlen, falls sich am Ende etwas anderes herausstellen sollte. Dabei geht die Bank das Risiko ein, daß die Erben das Geld bis dahin schon ausgegeben haben oder nicht mehr aufzufinden sind, weshalb es eine Möglichkeit ist, die die Bank nur auf freiwilliger Basis aber ohne Rechtspflicht macht.
2 Zusatzfragen für „Kenner“:
1.) Was ist, wenn mehrere Namen im Konto genannt sind? - Das führt zu Unklarheit darüber, ob ihnen jeweils die Hälfte zusteht oder ob ein anderes Verhältnis gelten soll. Außerdem ist nicht auf den ersten Blick klar, ob im Todesfall der überlebende Inhaber und die Erben des verstorbenen Inhabers nur noch über jeweils ihren Anteil verfügen dürfen oder ob es bei der Grundregel bleibt, daß beim Oder-Konto jeder Mit-Inhaber über das ganze Guthaben verfügen kann. Einfacher ist es, wenn jeder sein eigenes Konto hat, damit maximale Klarheit besteht.
2. Warum verwenden viele Banken und Sparkassen heute noch diese unsicheren Sparbücher, anstatt auf „normale“ Konten mit eindeutig feststehendem Inhaber umzustellen? - Die Antwort ist im Bank- und Sparkassenrecht zu finden: Einlagen auf Sparbüchern können für die Ausgabe langfristiger Kredite verwendet werden, bei „normalen“ Guthaben geht das nicht so einfach.
Ein Testament regelt, wer sich nach dem Tod um den Verkauf einer Immobilie kümmern und den „Netto-Erlös“ verteilen soll. Damit kein Fremder eine Rechnung für die Arbeit stellt, soll das eine Verwandte als Testamentsvollstreckerin machen, die dafür 25% Honorar bekommen soll. Derartige Regelungen werden immer beliebter. An diesem Testament war allerdings kein Rechtsberater beteiligt.
Für einen Erbrechtler ist das Testament ausgesprochen laienhaft, weil bereits das Wort „Netto-Erlös“ unklar ist: Was soll vom Verkaufserlös abgezogen werden, bevor das Ergebnis verteilt wird, und was soll nicht abgezogen werden weil die Testamentsvollstreckerin sich darum kümmern soll? Und wie soll der Wert ermittelt werden, bei dem die Immobilie verkauft wird, ohne daß sich die Begünstigten streiten und einen „Schleuderpreis“ unterstellen können? Dazu kommt noch, daß das Testament nicht eindeutig regelt, welche Begünstigten die Stellung eines Erben haben sollen und welche Begünstigte nur Vermächtnisnehmer werden. (Im Erbrechts-ABC auf dieser Website ist der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer kurz erklärt.) Zu guter Letzt ist auch unklar, ob die Testamentsvollstreckerin nur die Immobilie verkaufen oder den gesamten Nachlaß abwickeln soll. Eigentlich reichen diese Unklarheiten für den guten Rat aus, daß die Verwandte am besten gar nichts macht; wer das Amt des Testamentsvollstreckers nicht ausdrücklich annimmt, braucht die schwierigen Aufgaben nicht zu erfüllen.
Bei der Vergütung von 25% für die Testamentsvollstreckung gibt es freilich einen großen Anreiz, diese Summe zu verdienen. So viel Geld läßt einen schnell blind werden für die Verantwortung, die damit verbunden ist. Nebenbei sind 25% ein mehrfaches von dem, was üblicherweise ein Experte für Erbrecht für eine Testamentsvollstreckung bekommen. Umso höher erscheint diese Vergütung bei einer Verwandten, die überhaupt keine Kenntnisse auf den Gebieten Erbrecht und Immobilien hat.
Die Verwandte möchte nun aber am liebsten einfach nach „gesundem Menschenverstand“, also ohne Blick in Fachbücher, die Aufgabe erledigen. Diese Verwandte kann unter anderem wegen Schlaganfall aber eigentlich nicht mehr klar genug denken und will auf keinen Fall mit der Hauptbegünstigten sprechen, für die sie die Immobilie verkaufen soll. Nachdem das Testament keine nähere Bedingungen regelt (Wertgutachten, Verkauf durch einen bestimmten Makler,…), gibt es einiges an Gesprächsbedarf, was sie aber verweigert.
Dazu kommt im Erbfall des Monats noch als weitere Schwierigkeit, daß eine Beteiligte ursprünglich aus Übersee stammt und jetzt in einem anderen europäischen Land lebt, weshalb sie vom deutschen Erbrechtssystem wenig Ahnung hat. Immerhin fragt sie einen Fachanwalt für Erbrecht, was die Verfügungen im Testament konkret bedeuten und wie sie sich am besten verhält, so daß es keinen unnötigen Streit gibt. Sie hält sich auch an die professionellen Ratschläge und verkneift sich überzogene Forderungen gegenüber den anderen Beteiligten.
Die Testamentsvollstreckerin läßt sich nun auch von einer Fachanwältin für Erbrecht beraten. Die Anwälte diskutieren miteinander, wie der Fall am besten angepackt wird. Doch dann wechselt die Testamentsvollstreckerin den Rechtsanwalt, weil die Beratung der ersten Fachanwältin für Erbrecht ihr nicht so gut gefallen hat. Dabei ignoriert sie völlig, daß es feststehende Fakten und Rechtslage gibt, die nun einmal in der Realität zu beachten sind.
Das weitere Verhalten der Testamentsvollstreckerin sorgt nun für massive Probleme: Sie legt ein „Wertgutachten“ eines Maklers vor, das aber im Kleingedruckten ausdrücklich jegliche Verantwortung für die Wertermittlung ausschließt und darauf hinweist, daß es gerade kein Wertgutachten sei. Das Interesse eines Maklers an einer schnellen Provisionszahlung wirkt sich nun einmal in Einzelfällen auf die Höhe des geschätzten Preises für eine Immobilie aus, so daß ein unabhängiger Sachverständiger regelmäßig die bessere Wahl ist für eine Antwort auf die Frage, zu welchem Preis verkauft werden soll. Bei 25% Testamentsvollstreckervergütung kann man außerdem vermuten, daß der Erblasser davon ausgegangen ist, daß seine Verwandte die Immobilie ohne einen Makler verkauft, so daß nicht noch mehr Kosten entstehen.
Außerdem läßt die Testamentsvollstreckerin ihren neuen Anwalt einen Vorschlag zur „Auslegung“ des Testaments vorlegen, in dem der „Netto-Erlös“ des Immobilienverkaufs ungewöhnlich definiert wird: Es sollen nicht nur Kosten abgezogen werden, die mit der Immobilie im Zusammenhang stehen, sondern auch offene Steuern und Sozialabgaben im Zusammenhang mit einer GmbH des Erblassers. Dafür gibt es im Testament keinerlei Anhaltspunkte. Aber die Testamentsvollstreckerin versucht es offensichtlich in der Hoffnung, daß sie nur viel genug an Phantasieforderungen verlangen müsse, um am Ende einen Kompromiß zu erreichen, bei dem sie möglichst viel bekommt.
Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Es bleibt spannend, ob der weitere Ablauf dieses Falls eine weitere Veröffentlichung im „Erbfall des Monats“ hergeben wird.
„Du kannst von jedem lernen - von manchen lernst Du immerhin, wie Du selber es nicht machen solltest“, sagte ein früherer Chef im vorletzten Jahrzehnt zu mir. Bei diesem Fall erinnere ich mich an diesen wertvollen Tip. Der aktuelle Erbfall des Monats zeigt sehr deutlich, daß das Amt des Testamentsvollstreckers nichts für Verwandte ist, sondern Fachleute mit Kompetenz für diese Aufgabe und mit sachlicher Vorgehensweise die richtigen für diese verantwortungsvolle Aufgabe sind.
Immer wieder kommen Leute mit der Frage zum Rechtsberater, wie sie am besten durch eine Schenkung dafür sorgen können, daß ihr Vermögen im Pflegefall „in Sicherheit gebracht“ ist, so daß „die Ämter“ nicht rankommen. Gemeint wird damit, daß ein vermögender Mensch keinerlei Pflegekosten mit dem eigenen Vermögen selber bezahlt, sondern alle Pflegekosten vollständig von Pflegekasse und Sozialamt übernommen werden. Manchmal soll dann auch noch Erbschaftsteuer gespart werden; nachdem in Deutschland nur jeder dritte Erbfall wertvoller ist als die Steuerfreibeträge der Erben, geht es dabei freilich um überdurchschnittlich große Vermögen.
Die meisten derartigen Anfragen erledigen sich bereits dann, wenn der Fachanwalt für Erbrecht bei der Bestandsaufnahme von Familie, Vermögen und angestrebten Zielen fragt, warum die Versorgung im Pflegefall denn eigentlich so schlecht wie möglich sein soll. Schließlich ist das Sozialamt nicht dafür zuständig, überdurchschnittlich gute Pflege zu bezahlen, es soll nur einen Mindeststandard sichern, der wenigstens knapp unter dem Durchschnitt liegen sollte. Wer im Pflegefall mehr haben möchte, braucht dafür sein eigenes Geld. Und wenn nach der Schenkung, mit der alles „in Sicherheit gebracht“ wurde, nichts mehr übrig ist, dann findet die Unterbringung im Pflegefall eben vorzugsweise im Zweibettzimmer eines Pflegeheims statt, das nach dem Kriterium der geringsten Kosten ausgesucht wird.
Falls der Wunsch nach der Schenkung ohne eigene Absicherung dann doch einmal so wichtig ist, daß die Schenkung vollzogen werden soll, dann kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt dazu: Wer nach einer Schenkung verarmt, kann die Schenkung mindestens 10 Jahre lang widerrufen, um seinen eigenen Lebensunterhalt dann doch noch bezahlen zu können. Und wer im Pflegefall auf das Sozialamt angewiesen ist, braucht diesen Anspruch nicht einmal selber geltend zu machen, weil der Anspruch automatisch auf den Träger der Sozialhilfe übergeht. Im Schenkungsvertrag können längere Fristen vereinbart werden als die 10 Jahre, die im Gesetz stehen. Wenn der Pflegefall also bereits kurz bevorsteht, wird es sowieso kaum möglich sein, das Familienvermögen auf Kosten des pflegebedürftigen Menschen an Verwandte zu verschieben, weil die Schenkung dann voraussichtlich schon bald widerrufen wird. Und zuletzt gibt es in manchen Fällen auch noch die Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den bedürftig gewordenen Eltern, was inzwischen aber erst bei mehr als €100.000 Jahreseinkommen auf Seiten des Kindes eine Rolle spielt.
Mehr als 20 Jahre Berufserfahrung haben mir gezeigt: Die klischeehaft anmutende Lehrbuchweisheit in den Vorwörtern einiger Fachbücher zum Erbrecht über den häufigsten Grund für Erbstreit stimmt! Es geht sehr oft nicht etwa um die Erben selber oder um problematische Klauseln im Testament. Schwiegerkinder und Erbstreit sind ein ganz wichtiges Thema. Warum ist das so und wie geht man damit gut um?
Erbschaften aufzuteilen ist zwar zu einem guten Teil mit juristischen und wirtschaftlichen Fragen verbunden. Das ist aber nicht alles, vor allem im Hinblick auf einen möglichen Erbstreit. Die Familie selber hat in der Regel ihre eigenen Konventionen, Dynamik und auch „Hackordnung“. Wenn das Familienoberhaupt oder ein anderer enger Verwandter stirbt, dann fehlt hier eine Person, die eine bestimmte Funktion in der Familie hatte - egal ob es ein dominanter oder ein streitschlichtender Verwandter war. Und die Aufgaben der Erben sind dann meistens Dinge, die sie noch überhaupt nie tun mußten. Die Blutsverwandten können in der Situation oft einen Streit bewältigen, wenn sie sich selber mit den Verwandten zusammensetzen.
Angeheiratete werden aber aus unterschiedlichen Gründen um Rat gefragt oder als Fürsprecher eingeschaltet - oder sie sagen von sich aus, was sie im Hinblick auf das Erbe für richtig halten. Sie können manchmal sachlich gesehen besser, was an Aufgaben zu erledigen ist, beispielsweise wegen ihrer Ausbildung. Dabei wird dann häufig übersehen, daß die emotionale/psychologische Ebene beim Abwickeln und Aufteilen der Erbschaft auch eine große Rolle spielt. Da kann dann unbeabsichtigt „ein Knopf gedrückt“ werden, vor allem wenn sich ein Miterbe schon in der Vergangenheit in irgendeiner Form benachteiligt gefühlt hat. Auch ist die Bereitschaft nachzugeben bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Geschwistern in der Regel größer als zwischen Verschwägerten. Am deutlichsten wird das, wenn man sich Beispiele aus dem Alltag eines Erbrechtsanwalts anschaut:
Vor einigen Jahren hatten wir einen Erbstreit, bei dem besonders deutlich wurde: Es ging um einen Nachlaß, den der Mandant mit seiner Mutter und Schwester teilen mußte. Es ging um Millionenwerte, die der Vater selber geerbt hat, die Familie war sonst aber eher aus kleinen Verhältnissen. Die drei Erben stritten einige Zeit über viele Fragen. Als es dann beinahe zu einer Einigung gekommen war, sagte die Ehefrau des Mandanten am Besprechungstisch: „Wenn Du das unterschreibst, dann haue ich Dir mit dem Hammer auf die Finger, so daß Du nie wieder etwas unterschreiben wirst.“ Der Miterbe tat daraufhin, was seine Frau von ihm verlangte. Der Streit ging dann eben noch ein paar Jahre lang weiter und kostete neben viel Nerven auch einiges an Geld. Das war vielleicht ein gewöhnlicher zugespitzter Fall, es gibt aber viele andere Beispielsfälle, bei denen es mit netteren Worten vergleichbar ablief, wenn sich Schwiegerkinder in einen Erbstreit eingemischt haben.
Als Jurist fragt man sich dann gerne: Gibt es dazu nicht irgendwelche Regelungen, die man schwarz auf weiß nachlesen kann? Dazu ein „klares jein“: Im Gesetz steht -nur, aber immerhin- zwischen den Zeilen, was die Schwiegerkinder bei der Erbteilung in der Familie des Partners mitreden sollen - nämlich überhaupt nichts. Es gibt nur wenige Ausnahmen von dieser Regel, in den allermeisten Fällen führt es aber zu massiven Verzögerungen und zu Streit, der sonst gar nicht oder nur viel schwächer stattgefunden hätte. Regelmäßig geht es harmonischer zu, wenn die Schwiegerkinder sich aus den Erbsachen ihrer Partner heraushalten.
Aktuell beschäftigt uns eine Anfrage von deutschen Staatsangehörigen, die in Österreich und in Deutschland wohnen und eine Immobilie in Irland haben. Sie wollen ein Testament beurkunden lassen wollen. Der Notar war auf Nachfrage überrascht, daß in Irland ein anderes Erbrecht gelten könnte, trotzdem steht der Termin für die Beurkundung schon fest. Die Verwandte des Testators, die im Testament als Erbin eingesetzt werden soll, ist zwar selbst Juristin, allerdings hat sie ein anderes Spezialgebiet als Erbrecht. Sie hat immerhin davon gehört, daß in Irland zwei Zeugen das Testament mit unterschreiben sollten und fragt einen deutsch-irischen Rechtsanwalt nach Details zu den Formvorschriften in Irland und auch nach einer möglichen Anerkennung des deutschen Testaments in Irland, so wie es im deutschen Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) zu unserer Sicht auf das Internationale Privatrecht (IPR) geregelt ist.
Die Frage ist schon einmal sehr wichtig. Schließlich werden Testamente nur dann beachtet, wenn alle Formvorschriften erfüllt sind. Allerdings gibt es noch zwei weitere Probleme, die schwerwiegende Folgen haben können: In Deutschland hinterläßt der verstorbene Erblasser eine Erbschaft, in Irland dagegen eine Verlassenschaften (Estate of a Deceased), und das sind völlig verschiedene Konzepte von Rechtssystemen. Außerdem gibt es zwischen den wenigsten Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen für Erbschaft- und Schenkungsteuer, so daß gleichzeitig die Finanzämter in mehreren Ländern „die Hand aufhalten“ könnten. Schauen wir uns die wesentlichen Punkte derartiger Fälle an, damit sich die größten Probleme mit überschaubarem Aufwand lösen lassen:
Für die Formvorschriften haben sowohl Deutschland, Österreich als auch Irland das Haager Abkommen / Übereinkommen über Testamentsformen ratifiziert. Das Ergebnis ist, daß bei deutsch-irischen bzw. österreichisch-irischen Erbfällen alle Testamente als formgültig akzeptiert werden, die in einem der beiden Länder wirksam sind. Das maschinengeschriebene Zwei-Zeugen-Testament ist in Irland die häufigste Form, aber auch dort wird ein eigenhändiges Testament akzeptiert. Notare haben in Irland eine andere Funktion als in Deutschland und in Österreich, so daß das maschinengeschriebene notarielle Testament ohne zweiten Zeugen wohl nur über das Haager Testamentsformübereinkommen in Irland akzeptiert. Die Formalien werden aber in deutsch-irischen und österreichisch-irischen Fällen in der Regel keine Hürde darstellen.
Anders schaut es aus bei der Frage, welches nationale Erbrecht denn gelten soll. Damit bei Erbfällen mit Auslandsbezug die altbekannten Schwierigkeiten der Nachlaßspaltung vermieden werden, gilt seit einigen Jahren die EU-Erbrechts-Verordnung, die nebenbei Vorrang hat vor den alten Regeln des nationalen EGBGB. Deutschland und Österreich nehmen daran Teil, Irland aber trotz EU-Mitgliedschaft nicht. Das Ergebnis ist, daß Immobilien in Irland immer noch nach irischem Recht vererbt werden. Und das kann auf zwei Ebenen problematisch sein, nämlich bei der Frage wer wieviel erbt und dann auch noch bei der Frage, wie das dann einmal abgewickelt werden soll.
Die erste Frage ist leichter zu lösen, da Irland weitgehende Testierfreiheit kennt; anstelle des deutschen Pflichtteils gibt es für Kinder des Erblassers lediglich einen Anspruch auf eine Equity-Entscheidung des Richters, der gewissermaßen einen Unterhaltsanspruch in „billiger Höhe“ zusprechen kann, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen und das Ermessen des Richters ausgeübt ist. Das Ergebnis ist aus deutscher Sicht schwer vorherzusagen, aber in aller Regel viel weniger als ein Pflichtteilsanspruch.
Bei der Abwicklung sieht es völlig anders aus: Im deutschen Erbrecht wird der Erbe von selbst Eigentümer der Nachlaßgegenstände, er muß nur noch bei Gelegenheit das Grundbuch berichtigen lassen. In Österreich sieht es schon anders aus, dort muß vom Erben im Einantwortungsverfahren eine Erbantrittserklärung abgegeben werden, damit das Gericht dann einen Gerichtskommissär (z.B. einen Notar) einsetzt, der sich um die Verlassenschaft kümmert mit Kosten, die bei deutsch-österreichischen Fällen noch akzeptabel sind. In Irland ist es anders, dort sollte das Testament einen Abwickler des „Estate“ benennen, der sich möglichst soweit im irischen Erb- und Steuerrecht auskennt, daß er die Aufgabe auch tatsächlich gut erfüllen wird. Anderenfalls treten diverse Probleme auf, die sich zwar lösen lassen, jedoch ungewöhnlich hohe Kosten verursachen. Aus der Praxis ist bekannt, daß die Abwicklung einer „Kleinigkeit“ in Irland mit einem „typisch deutschen“ Testament allein auf irischer Seite selten weniger als €5.000 kostet, es können auch schnell fünfstellige Kosten anfallen; diese Kosten kommen zu den Kosten des deutschen (oder österreichischen) Verfahrens dazu. Zu den Kosten kommen noch Verzögerungen, weil eine deutsche Regelung nicht so leicht ins irische Rechtssystem übersetzt werden kann, und die zuständigen Bearbeiter in Irland auch nur selten mit deutschen Fällen zu tun haben. Häufig dauert die Abwicklung der Erbschaft dann ein bis zwei Jahre länger, als es mit einem guten Testament nötig gewesen wäre. Auf der anderen Seite ist es für einen kompetenten Fachmann eigentlich gar kein „Hexenwerk“, ein Testament so zu gestalten, daß es in beiden Ländern reibungslos umgesetzt werden kann. Die zusätzlichen Kosten dafür sind oft nur wenige hundert Euro im Vergleich zu den exorbitanten Kosten für die Abwicklung eines allzu national gedachten Testaments.
Am Ende kommt dann für viele Betroffene noch eine weitere Überraschung: Die deutsche Erbschaftsteuer fällt für die gesamte weltweite Erbschaft (bei Erbengemeinschaft: den Erbteil) an, wenn entweder der Erblasser oder der Erbe den Steuerwohnsitz in Deutschland hatte; wer wegzieht muß als deutscher Staatsangehörigen mehr als fünf Jahre weggezogen sein, damit die Steuer nicht mehr anfällt. In Irland gibt es die Capital Acquitsitions Tax (CAT), die ebenfalls auf Erbschaften anfällt. Und weil es kein Doppelbesteuerungsabkommen für diese Steuerart gibt, kann die Auslandsimmobilie doppelt besteuert werden. Manchmal gibt es Ausnahme- oder Verschonungsregelungen für bestimmte Immobilien, wobei die Anforderungen für die Steuerbegünstigung dann in jedem Land etwas anders sind. Der Kauf einer Immobilie in Irland hat häufig den Zweck gehabt, (Einkommen-)Steuer zu sparen. Da ist es dann scho schade, wenn beim Vererben umso mehr Steuern anfallen.
Hier lohnt es sich unbedingt, einen Berater zu Rate zu ziehen, der die umfassende, ganzheitliche Beratung der internationalen Vermögensnachfolge leisten kann, also vom Testamentsentwurf über die Steuerberatung bis zur Unterstützung bei der Abwicklung. Rechtsanwalt Stefan Mannheim hat als Fachanwalt für Erbrecht einige deutsch-irische und andere internationale Erbfälle beraten und abgewickelt einschließlich der Klärung von Fragen zur Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Capital Acquisitions Tax.
Ein aktueller Beratungsfall hat einen ungewöhnlichen Hintergrund, wenn auch die wesentlichen Punkte gar nicht so selten vorkommen: Ein „Stiefenkel“ hat eine größere Erbschaft angetreten und fragte sich nun, wie das für ihn in seiner besonderen familiären jetzt eigentlich mit der Erbschaftsteuer ist, zumal die Generation dazwischen „vorverstorben“ ist. Muß er viel oder wenig Steuer dafür zahlen, daß er die Eigentumswohnung seiner Stiefoma und deren restliches Vermögen geerbt hat?
Zuerst sollten die Begriffe mit ihrer exakten Bedeutung definiert werden, damit der Fall richtig verstanden werden kann:
Der „Stiefenkel“ ist das Kind eines Stiefkindes. Das heißt im konkreten Fall, daß sein Großvater ein Kind hatte; später hat der Großvater dann eine andere Frau geheiratet als die Mutter des Kindes. Für die neue Frau des Großvaters war das dann das Stiefkind. Und das Stiefkind hat selber ein Kind bekommen. Aus Sicht des Großvaters war das der Enkel, aus Sicht seiner neuen Frau der Stiefenkel.
„Vorverstorben“ bedeutet, daß eine Person, die eigentlich Erbe geworden wäre, vor dem Erblasser verstorben ist. Im konkreten Erbfall des Monats war es so, daß die Generation zwischen Großeltern und Enkel zuerst verstorben ist.
Im Testament der Stiefgroßmutter stand der Stiefenkel als Erbe drin. Der aktuelle Fall zeigt also, daß auch gegenüber Stiefkindern bzw. Stiefenkeln durchaus der Wunsch besteht, ihnen etwas bleibendes zu hinterlassen. Voraussetzung dafür ist, daß der Stief-Nachkomme überhaupt etwas erbt. In der gesetzlichen Erbfolge ist er nicht vorgesehen, nur leibliche und zum Teil auch adoptierte Nachkommen erben „automatisch“. Stiefkinder und deren Nachkommen werden nur dann Erben, wenn sie durch eine letztwillige Verfügung im Testament oder Erbvertrag zum Erbe eingesetzt werden. Das war in diesem Fall so, der Stiefenkel war sogar als Alleinerbe vorgesehen.
Das ist erst einmal eine gute Nachricht. Allerdings stellt sich bei größeren Vermögen auch schnell die Frage, ob die Erbschaftsteuer die Freude trüben wird. Wer nämlich eine werthaltige Immobilie erbt und dafür einen hohen Betrag an Erbschaftsteuer bezahlen muß, kann schnell ein Problem mit der Liquidität bekommen. Die Steuer muß nämlich auf den (Sach-)Wert bezahlt werden, egal ob auch Geld vorhanden ist. Somit stellt sich die spannende Frage, in welcher Erbschaftsteuerklasse der Stiefenkel ist, welchen Freibetrag und welchen Steuersatz man auf seinen Erwerb von Todes wegen anwendet.
Im Erbschaftsteuergesetz ist geregelt, daß Enkel als Nachkommen zur Steuerklasse I gehören (die Steuerklasse für Erbschaften und Schenkungen hat nichts mit der Steuerklasse bei der Lohn- und Einkommensteuer zu tun). Diese Steuerklasse ist die günstigste, sowohl was den Freibetrag angeht, als auch beim Steuersatz für den Teil des Erwerbs, der über den Freibetrag hinausgeht.
Für die Steuerklasse I gibt es aber unterschiedliche Freibeträge, die vor allem von der Nähe der Verwandtschaft zwischen Erblasser und Erbe abhängen. Für einen Enkel ist eigentlich ein Steuerfreibetrag von €200.000,- vorgesehen, und das gilt auch für Kinder von Stiefkindern (Stiefenkel).
Allerdings gibt es eine Besonderheit, wenn ein Kind vorverstorben ist. Dann treten die Kinder des vorverstorbenen Kindes an seine Stelle, bekommen also den höheren Kinderfreibetrag von €400.000,-.
Dieser Fall ging für unseren Mandant sehr gut aus. Wer von vornherein wissen möchte, ob die geplante Erbschaft reibungslos an die nächste (oder übernächste) Generation gehen wird, läßt sich im Idealfall rechtzeitig vom Fachanwalt für Erbrecht beraten, damit sowohl das Vererben an sich als auch die Erbschaftsteuer keine bösen Überraschungen mit sich bringen werden.
Wenn es ans Erben geht, erinnern sich viele erst, mit wem sie eigentlich verwandt waren. Schließlich erben in der heutigen Zeit mit vielen kinderlosen Erblassern oft diejenigen Verwandten, die zwar nur um ein paar Ecken herum, überraschenderweise aber doch tatsächlich die nächsten Verwandten sind. Wenn der Kontakt kaum vorhanden war, ist es aber nicht so einfach, die Erben festzustellen. So war es auch im aktuellen Erbfall des Monats: Die vermögende Alleinstehende verstarb, und niemand wußte so recht, wer die nächsten Verwandten eigentlich sind. In einem Schriftstück, das ein Testament sein konnte, stand zwar ein Vermächtnis für eine Freundin; aber Erben sollten nach einem alten Testament diejenigen sein, die in der gesetzlichen Erbfolge dazu berufen waren. Es ist ohne weitere Möglich, ein Testament durch eine spätere Verfügung von Todes wegen zu ergänzen, so daß beide Testamente zusammen gelten. Die „gesetzlichen Erben“ warne aber nicht konkret benannt und konnten auch nicht mit einer kurzen Nachfrage beim Standesamt herausgefunden werden. Also setzte das Nachlaßgericht einen Nachlaßpfleger ein, der hauptsächlich zwei Aufgaben hatte: Er sollte die Erben ermitteln und den Nachlaß für die Erben sichern.
Der Nachlaßpfleger brauchte dafür etwas länger. Dafür gab es mehrere Gründe. Auf der einen Seite verschwiegen ihm diejenigen, die er mit Personenstandsurkunden der Standesämter schnell ermitteln konnte, daß es da noch einen gab. Ein nichteheliches Kind eines entfernten Verwandten war den anderen Verwandten zwar bekannt, weil sie schon einmal eine Erbschaft miteinander teilen mußten. Im aktuellen Fall war er wieder in der selben Erbordnung Miterbe geworden. Aber sie dachten wohl, daß sie mehr vom Erbe haben, wenn ein unliebsamer Verwandter gar nicht erst bekannt wird und dan auch nicht im Erbschein steht. Der Nachlaßrichter erinnerte sich an irgendeine Ungereimtheit, weil er den älteren Erbfall mit diesen Verwandten der Erblasserin auch schon bearbeitet hatte. Allerdings fiel ihm nicht konkret ein, was genau da noch zu beachten war. Aber er wies den Nachlaßpfleger an, daß der sich noch einmal vergewissern sollte, ob nicht doch noch jemand als Miterbe ermittelt werden Könne. Und dann zog der Nachlaßpfleger mit seinem Büro um. Durch all diese Dinge zog sich die Abwicklung der Erbschaft in die Länge.
Nachdem der Erbfall drei Jahre alt war, drohte das Vermächtnis zum Jahresende zu verjähren. Also erhob die Vermächtnisnehmerin Klage gegen den Nachlaßpfleger als Platzhalter der unbekannten Erben. Der Nachlaßpfleger war im Hauptberuf Rechtsanwalt und legitimierte sich auch als solcher bei Gericht; dadurch konnte er seine Tätigkeit in diesem Gerichtsverfahren grundsätzlich als Rechtsanwalt abrechnen und ggf. später vom Verlierer des Verfahrens Kostenerstattung verlangen.
Als dann später die Erben ermittelt waren, wurde der Nachlaßpfleger im „Rubrum“ des Gerichtsverfahrens, in dem die Prozessparteien individuell bezeichnet werden, gegen die tatsächlichen Erben ausgewechselt. Im Urteil stand er auch nicht mehr drin. Am Ende nahm das Gericht an, daß das Schreiben mit dem Vermächtnis doch kein Testament sein sollte. Außerdem sollte die Klägerin den Erben die Prozeßkosten erstatten. Als das geschehen war, dachte sie, sie hätte jetzt nach turbulenten Jahren mit dem Erbstreit endlich wieder ihre Ruhe.
Einige Monate, nachdem das Gerichtsverfahren abgeschlossen war, wollte der ehemalige Nachlaßpfleger dann aber völlig überraschend ein Honorar dafür haben, daß er als Rechtsanwalt zeitweise in dem Verfahren tätig war. Er beantragte nach einer Weile einen Kostenfestsetzungsbeschluß. Die Vermächtnisnehmerin war davon sehr überrascht. Der Antrag auf Kostenerstattung mußte mühsam abgewehrt werden, wofür mehrere Gründe herangezogen werden konnten:
Der Nachlaßpfleger ist nicht selbst Prozeßpartei, er ist nur ein sogenannter „gesetzlicher Vertreter“ für die unbekannten Erben. Somit kann er kein eigenes Recht auf Erstattung von Anwaltskosten haben. Wenn die Erben bis zum Urteil unbekannt bleiben, dann steht er freilich im Urteil, und dann bekommt er auch Kostenerstattung. Im vorliegenden Fall war das ja aber anders.
Außerdem scheiterte der ehemalige Nachlaßpfleger auch an der Hürde den Formalien und Fristen: Ein Kostenfestsetzungsbeschluß des Gerichts darf durch Rechtspfleger nur erlassen werden, wenn im Urteil eine Kostengrundentscheidung steht; das Urteil muß also regeln, wer wem die Kosten erstatten muß. Nur die Höhe der Kosten wird im Kostenfestsetzungsverfahren entschieden. Das hat der ehemalige Nachlaßpfleger übersehen.
Als der Rechtsanwalt der Gegenseite das Gericht hierauf aufmerksam machte, beantragte der ehemalige Nachlaßpfleger dann doch noch eine solche Kostengrundentscheidung. Dafür muß aber das Urteil ergänzt werden, und dafür gilt eine Frist. Wer eine Urteilsergänzung beantragt, muß das innerhalb von zwei Wochen tun, nachdem er vom Urteil Kenntnis hat (ZPO § 321 II). Und nachdem der ehemalige Nachlaßpfleger schon in seinem Kostenfestsetzungsantrag das Urteil in Bezug genommen hatte, indem er den Streitwert aus dem Urteil auf den Cent genau erwähnte und auch wußte, wer gewonnen und wer verloren hatte, entschied das Gericht, daß er eben schon beim Kostenfestsetzungsantrag das Urteil kannte und mehr als zwei Wochen gewartet hat, bis er die Ergänzung des Urteils beantragt hat (LG Stuttgart, Ergänzungsurteil in der Sache 28 O 485/20). Dieses Urteil wurde der Antragsgegnerin rechtzeitig zum Nikolaustag zugestellt, so daß sie sich beschenkt fühlen kann.
Die Freude ist umso größer, weil der Rechtsstreit jahrelang sehr heftig geführt wurde. Und auch im Streit über die Prozeßkosten gab es einige Verunsicherungen, ob nicht doch noch einmal etliche tausende Euro bezahlt werden müssen. Am Ende gibt es jetzt aber die beruhigende Gerichtsentscheidung, daß das Verfahren tatsächlich abgeschlossen ist und nichts mehr bezahlt werden muß. Der Erfolg im Streit über Prozeßkosten fiel aber nicht ganz von alleine vom Himmel. Das Ergänzungsurteil, das den Kostenantrag des etwas gierigen Nachlaßpflegers abwies, war fast wörtlich so begründet, wie der Fachanwalt für Erbrecht auf der anderen Seite seinen Antrag auf Abweisung formuliert hatte. Gewissermaßen war dieser Anwalt Knecht Ruprecht, der für Ordnung sorgte.

Die Praxisfälle in einer Erbrechtskanzlei sind oft phantasievoller, als ein Roman es sein würde. Lesen Sie an einer aktuellen Fallstudie, wie ein Erbfall zu einem großen Problem wird und wie Sie es besser machen können:
Ein Witwer hat sich viel Mühe gegeben, seine Angelegenheiten gut und gründlich zu regeln. Soweit ist der Fall noch vorbildhaft. Er hat mehrere Vollmachten selber handschriftlich formuliert und unterschrieben, damit jemand im Alter für ihn und später dann auch für seinen Nachlaß handeln kann. Dabei hat er auch einige Fachausdrücke verwendet, beispielsweise bei der postmortalen Vollmacht, die erst nach seinem Tod gelten sollte. In einer der Vollmachten steht nicht nur, für welche Art von Rechtsgeschäften der Bevollmächtigte eingesetzt wird. Die „Vollmacht“ enthält auch detaillierte Regelungen, wer nach des Tod des Vollmachtgebers wieviel Euro per Überweisung erhalten soll. Auch seinen „letzten Willen“ hat er aufgeschrieben. Im Lauf der Jahre hat er die Verfügungen an veränderte Situationen angepaßt, etwa als der Kontakt zu einer guten Freundin plötzlich zu Ende ging und sie nichts mehr von seinem Erbe bekommen sollte. Allerdings schrieb der Erblasser, daß diese Freundin „nicht mehr existiert“, obwohl lediglich der Kontakt abgebrochen war. Für einen Außenstehenden drängt sich in diesem Punkt ein Irrtum des Erblassers auf, der möglicherweise zur Anfechtung des Testaments berechtigen kann.
Nun ist der Erblasser verstorben. Sein Vorsorgebevollmächtigter und die potentiellen Erben stehen jetzt vor der Frage, was zu tun ist. Aus den hinterlassenen Dokumenten werden sie nicht so recht schlau und fragen einen Fachanwalt für Erbrecht.
Die eine Vollmacht, in der auch Regelungen stehen, wer nach dem Tod des Vollmachtgebers Geld erhalten soll, könnte mehr sein als nur eine Vollmacht. Was da geregelt ist, schreibt man normalerweise in einem Testament als Anordnung eines Vermächtnisses. Nachdem die Vollmacht handschriftlich notiert und unterschrieben ist, erfüllt sie aber durchaus auch die formellen Anforderungen an ein Testament. Ist dieses Dokument nun eine Vollmacht, ein Testament oder beides in einem? Was ist nun eigentlich gemeint vom Erblasser, den man nun im Erbfall naturgemäß nicht mehr fragen kann? Dazu kommt noch das praktische Problem, daß all diejenigen Dokumente beim Nachlaßgericht abgeliefert werden müssen, die ein Testament sein können. Auf der anderen Seite nützt eine Vollmacht aber nur dann etwas, wenn der Bevollmächtigte das Original vorlegen kann, was freilich nicht möglich ist, wenn dieses Original beim Nachlaßgericht liegt. Allein schon deshalb sollten Vollmachten und letztwillige Verfügungen unbedingt in separaten Dokumenten geregelt werden.
In dieser Situation ist es außerdem finanziell riskant, einen Erbschein zu beantragen. Man weiß ja nicht, wer von den Nachlaßrichtern beim Amtsgericht die Akte bearbeiten wird, und wie die zuständige Person dann die Schriftstücke des Verstorbenen auslegen wird. Wer einen Antrag beim Nachlaßgericht stellt, muß aber die Gerichtsgebühren bezahlen, und zwar gerade auch wenn der Antrag abgelehnt wird.
Das einzige, was im aktuellen Erbfall des Monats feststeht, ist: Das juristische “Aufräumen“ ist in diesem Fall erheblich teurer als eine fachmännische Beratung zu Vollmachten und Testament an Honorar für einen qualifizierten Fachmann für Erbrecht gekostet hätte. An diesem Fall sieht man wieder einmal: Besser man fragt rechtzeitig den Fachmann, wie eine gute Regelung aussieht. Dabei hat es sich bewährt, ihm die Ziele zu nennen; das konkrete Formulieren der Vollmachtstexte und Testamente sollte besser der Fachmann übernehmen. Das ist weniger aufwendig, als wenn er einen laienhaften Text überarbeiten soll. Und die Hinterbliebenen werden es einem danken, wenn klare und fachmännische Regelungen ihnen die einfache und reibungslose Abwicklung des Nachlasses ermöglichen.
Ein Erblasser hinterließ drei Brüder, die ihn gemeinsam beerbten. Einer der drei Erben ließ sich eine Vollmacht erteilen, damit er beim Nachlaßgericht für alle drei Brüder sprechen und den Erbschein für alle beantragen konnte. Er kümmerte sich auch um die Bestattung des verstorbenen Bruders. Ein Dreivierteljahr später schickte er eine handschriftliche Aufstellung von Beerdigungskosten mit Zahlungsaufforderung an die beiden Miterben; er wollte die aufgelisteten Kosten von seinen Miterben mit der jeweiligen Erbquote auf sein eigenes Bankkonto bezahlt bekommen. Sonst hat er in der ganzen Zeit nichts von sich hören lassen. Bei seiner Zahlungsaufforderung waren auch keine Quittungen oder sonstigen Belege dabei.
Ein Miterbe hatte den Eindruck, daß das so doch nicht richtig sein kann. Er ging zum Fachanwalt für Erbrecht und ließ sich beraten, was nun richtig ist. Der Rat war relativ einfach: Wer etwas haben will, was der andere nicht nachvollziehen kann, sollte den Anspruch plausibel darstellen. Es reicht nicht aus, Ansprüche lediglich zu behaupten, sondern es sind in der Regel auch Belege nötig, mit denen die Ansprüche transparent gemacht werden. Dazu gehört gerade bei Bestattungskosten üblicherweise eine Kopie des Vertrags mit dem Bestattungsdienst, außerdem eine Quittung über die Zahlung.
Die Quittung ist aus einem ganz einfachen Grund wichtig: Eine Erstattung von verauslagten Kosten kann nur derjenige verlangen, der auch tatsächlich mit seinem eigenen Geld bezahlt hat. Häufig werden Bestattungskosten aber vom Bankkonto des Erblassers bezahlt oder auch einmal mit Bargeld aus dem Nachlaß. Und dann brauchen die Miterben nicht noch einmal dafür zu bezahlen, weil ja schon zu Lasten des Nachlasses, also mit Geld aus der Erbschaft, bezahlt wurde. Solange gar keine Belege gezeigt werden, brauchen die Miterben also erst einmal nur darauf zu bestehen, daß ihnen Belege vorgelegt werden. Bis dahin brauchen sie nicht zu bezahlen.
Im vorliegenden Fall ist es außerdem ungewöhnlich, daß auf der einen Seite vor einem Dreivierteljahr Vollmachten erteilt wurden, damit der eine Miterbe auch im Namen der anderen Miterben den Erbschein beantragen kann. Auf der anderen Seite erteilt der Bevollmächtigte aber von sich aus keine Auskunft, was er bisher getan hat, ob es inzwischen einen Erbschein gibt oder was gegebenenfalls noch fehlt. Die Dauer des Erbscheinsverfahrens ist überdurchschnittlich lang, aber auch nicht ganz ungewöhnlich. Eine Mitteilung über den Sachstand sollte der Bevollmächtigte aber schon einmal geben. Denn auch für das, was man mit einer Vollmacht erledigt, muß nachvollziehbar Auskunft gegeben werden. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, nach dessen Regeln der Bevollmächtigte einen sogenannten Auftrag gemäß BGB §§ 662 - 674 ausübt, und zwar gerade auch dann, wenn er nicht dafür bezahlt wird. Informationen muß der Bevollmächtigte dem Vollmachtgeber auf jeden Fall erteilen.
Der Wunsch, nach dem Tod mit dem Vermögen Gutes zu bewirken in einem Entwicklungsland, ist eine schöne Sache. Aber wie schreibt man ein Testament, damit das auch funktioniert? Kennen Sie das Sprichwort „Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht“? Gelegentlich hat man den Eindruck, daß da etwas dran ist.
In unserem aktuellen Erbfall des Monats hat ein Mensch mit seinem Vermögen nach dem Tod Gutes tun wollen. Dafür wurde ein Testament beim Notar beurkundet, in dem ein persönlicher Vertrauter mit Bezug zu einem Entwicklungsland Alleinerbe werden sollte mit der Auflage, die Erbschaft für „soziale Zwecke“ zu verwenden. Der persönliche Vertraute hat schon in der Vergangenheit Spenden für derartige Zwecke in seinem Heimatland gesammelt. Also sollte er das geerbte Vermögen einmal für größere soziale Projekte verwenden.
Jetzt ist es aber eben so, daß Menschen mit „sozialer Ader“ nicht immer effizient arbeiten. Und wer einen engen Bezug zu einem Entwicklungsland hat, kennt sich nicht automatisch mit dem deutschen Erbrecht und Steuerrecht gut aus. Wichtig ist auf jeden Fall, daß ein vertrauenswürdiger Mensch sich darum kümmert.
Damit die Erbschaft möglichst viel hilft, sind aber durchaus auch Effizienz und Kenntnisse zur Rechtslage erforderlich. Wenn der Erbe das nicht selber kann, ist das freilich noch kein Problem; er kann ja jemanden beauftragen, den Nachlaß professionell abzuwickeln und ihn in Fragen zu beraten, die er selber nicht lösen kann. Das tat er auch und beauftragte einen Fachanwalt für Erbrecht, der die Abwicklung von Nachlässen und auch damit zusammenhängende Steuerfragen sehr gut beherrscht.
Allerdings hatte der Erbe auch einmal gehört, daß „Vergleichsangebote“ und „zweite Meinungen“ wichtig sind. Das stimmt dann, wenn die Frage wichtig genug und die Beteiligten kompetent genug sind. Leider hat der Erbe in unserem Fall wenig Wissen und Erfahrung, wie ein Projekt effizient abgewickelt wird, so daß der Nutzen möglichst hoch ist. Zu viele Vergleichsangebote und zweite Meinungen können nämlich durchaus Zeit und Geld kosten. Dazu kommen zahlreiche Berater des Erben, der es gut meinte. Einige von ihnen reden viel in einer Art und Weise, daß es sich für den Laien plausibel anhört, haben jedoch keinerlei Ahnung von der Materie. Als der Fachanwalt die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung vorschlug, um circa 30% Erbschaftsteuer zu sparen, meinten die Berater aus dem Freundeskreis des Erben, für eine Stiftungsgründung seien mindestens sieben Leute nötig, die ihm dann reinreden würden - objektiv ist das genaue Gegenteil der Fall.
Das Ergebnis war: Die Kosten für die Abwicklung des Nachlasses sind wesentlich höher ausgefallen, als wenn der Erbe den Fachanwalt für Erbrecht einfach nur mit der kompletten Abwicklung beauftragt hätte. Der Erbe selber hätte dann auch noch hunderte Stunden Zeit und einiges an Nerven gespart. Sinnvoller dürfte es also sein, entweder einen Fachmann zu beauftragen und die gut meinenden Laien im Bekanntenkreis schweigen zu lassen - oder sich mit Fachliteratur zum Erbrecht selber auf den Kenntnisstand zu bringen, der nötig ist, um das alles richtig zu machen.
Gerade bei sozialen Zwecken ist es wichtig, daß das vererbte Vermögen nicht nur mit gutem Willen und gefühligen Wünschen eingesetzt wird. Damit es überhaupt hilft, muß man es effizient managen. Sonst geht die Erbschaft dafür drauf, daß Leute in Deutschland stundenlang darüber reden und „irgendwie irgendetwas“ machen, ohne im Entwicklungsland etwas zu bewirken - und am Ende ist das Vermögen für deren Spesen aufgebraucht. Das ist ja gerade nicht Sinn und Zweck der Zuwendung im Testament „mit der Auflage, das Vermögen für soziale Zwecke in Afrika zu verwenden“. Es kann auch sinnvoll sein, daß der Erbe im Testament eine Kontrollinstanz dafür zur Seite gestellt bekommt, die sich um die sachlichen Anforderungen zum Erbrecht, Steuern und Abwicklungsfragen rund um den Nachlaß kümmert, aber solche Regeln müssen sehr gut durchdacht werden, damit es auch gut funktioniert.

Erbstreit wird immer wieder ohne Risiko auf Verluste geführt. In unserem aktuellen Erbfall des Monats geht es um einen langjährigen Erbstreit, bei dem die Beteiligten auch für sich selber einiges riskieren. In diesem Fall stellt sich immer wieder die Frage: Wie verhalte ich mich in solchen Situationen, damit das Erbe vernünftig und anständig abgewickelt wird?
Die Erblasserin war eine sehr vermögende und hochbetagte, alleinstehende Tante. Sie hatte keine Kinder, so daß die (Groß-)Neffen und Nichten ihr Vermögen erben sollten. Eigentlich war klar, wer von ihnen wie viel Anteil am Nachlaß haben würde.
Der Lieblingsneffe war ein erfolgreicher Unternehmer im Ruhestand, er hatte viel Erfahrung mit Immobilien und Steuerfragen. Daher wollte die Tante, daß er sich mit Vorsorge- und Generalvollmacht um ihre Bankgeschäfte, Vermietung der Immobilien und Renovierungen ihrer Häuser kümmert. Er erledigte mit dieser Vollmacht sehr vieles, richtete die Immobilien mit viel Eigenleistung und steuerte die Arbeiten der Handwerker bei mehreren Wohnhäusern der Tante so, daß sie unterm Strich nicht einmal mehr Steuern für ihre Einnahmen aus der Vermietung zahlen mußte. Es gab auch Schwarzgeld in der Schweiz, und das sollte —außerdem noch an der Schenkungsteuer vorbei— an die zukünftigen Erben in Deutschland verteilt werden. Damit möglichst nichts auffliegt, übergab der bevollmächtigte Neffe diese Schenkungen als Bargeld ohne Quittung an die anderen Verwandten, die teilweise extra zu diesem Zweck an die Schweizer Grenze reisten, wo das Bargeld zu Fuß über die Grenze gebracht wurde. Die anderen Verwandten besuchten die Erbtante seltener, manche kamen nur alle paar Jahre zu einem runden Geburtstag vorbei und ließen sich bei der Gelegenheit wieder ein paar tausend Euro als Dankeschön für den Besuch bei der Tante schenken.
Nachdem die Erbtante gestorben war, kam es zu einem sehr merkwürdigen Streit: Die Verwandten, die doch schon viel Geld der Erbtante durch den Lieblingsneffen im Auftrag der Tante geschenkt bekommen hatten, bekamen jeder und jede eine sechsstellige Summe aus der Erbschaft. Aber sie wollten noch mehr bekommen. Deshalb verweigerten sie einerseits die Auszahlung des Anteils des Lieblingsneffen vom Nachlaßkonto, obwohl der sich als einziger Verwandter im größeren Umfang um die Erbtante gekümmert hatte. Andererseits verlangten sie von ihm Rechenschaft über sämtliche Abhebungen und Überweisungen vom Bankkonto der Erbtante; jede Verfügung ohne Beleg sollte er an die Miterben „zurückzahlen“, als hätte er das Geld veruntreut. Der Lieblingsneffe wollte seinerseits endlich auch einmal seinen Anteil am Erbe bekommen, der im Testament angeordnet war. Der Fall kam vor Gericht, beide Seiten verklagten sich gegenseitig.
Nachdem es um jede Menge Schwarzgeld ging, hat der bevollmächtigte Neffe jetzt nur zwei Möglichkeiten: Er kann den Zivilprozeß ums Erbe gewinnen, indem er Beweis dafür vorlegt, daß die Miterben aus seiner Hand in Vollmacht der Erbtante jede Menge Geld geschenkt bekommen haben. Wenn er das macht, dann ist der Zivilrichter verpflichtet, den Verdacht der Steuerhinterziehung an die Steuerfahndung zu melden. Voraussichtlich gibt es dann gegen alle Beteiligten ein Strafverfahren, auch gegen den Bevollmächtigten. Er hat dann zwar den Erbstreit gewonnen und steht im konkreten Erbfall des Monats um rund eine viertel Million Euro besser da, als wenn er diesen Prozeß verliert. Aber dafür ist er dann aller Voraussicht nach bald darauf vorbestraft und muß jede Menge Steuern, Hinterziehungszinsen und Strafe bezahlen — und das hört sich nicht wirklich nach einem Gewinn des Erbstreits an.
Wenn er das Steuerstrafverfahren gegen sich und gegen seine Gegner im Erbstreit verhindert, indem er keine Beweise für die Schenkungen an die anderen Verwandten vorlegt, dann wird er den Zivilprozeß verlieren. Die Folge davon ist dann, daß er aus seiner eigenen Tasche mehr als eine halbe Million Euro an die Miterben zahlen muß, die die Miterben doch schon zu Lebzeiten der Erbtante als Schenkungen erhalte haben. Dazu kommen dann noch erhebliche Prozeßkosten für die Partei, die den Erbstreit beim Zivilgericht verliert.
An diesem Fall sieht man sehr deutlich, daß es bei Steuerhinterziehung spätestens im Erbfall nur Verlierer gibt. Und wenn über Schwarzgeld gestritten wird, können alle Beteiligten nur darauf hoffen, daß die jeweilige Gegenseite „dicht hält“ und nicht den Stein ins Rollen bringt mit einer strafbefreienden Selbstanzeige; in so einem Fall weiß das Finanzamt nämlich auch von der Steuerhinterziehung der anderen Miterben, die dann aber ihre berichtigten Steuererklärungen nicht rechtzeitig abgegeben haben, bevor das Finanzamt anderweitig Kenntnis vom Sachverhalt hat.
Ein Ausweg bleibt noch: Die Beteiligten können sich auf eine Vereinbarung einigen, wer wieviel vom Erbe bekommt. Das sollte freilich geschehen, bevor die Steuerhinterziehung allzu deutlich in der Akte des Zivilgerichts steht. Dann kann der Erbstreit beendet werden, ohne daß die Beteiligten automatisch mehr verlieren, als sie durch diesen Streit gewinnen könnten.
An diesem Fall sieht man sehr deutlich, daß der Umgang mit Schwarzgeld in der Erbmasse aus juristischer Sicht schwierig ist. Wie man solche Fälle mit Anstand zu einem guten Ende bringt, ist dann keine rechtliche Frage mehr, da muß jeder Beteiligte für sich überlegen, wie man damit und mit den Miterben als Menschen umgeht.
Wie vermacht man am besten Schmuckstücke und Gegenstände aus dem Haushalt, die nicht so ganz einfach zu beschreiben sind? Und welche Regelungen im Testament passen am besten, wenn das Erbe einmal auf eine größere Anzahl Verwandte und Freunde verteilt werden soll? Vor diesen Fragen stand eine kinderlose Mandantin, als sie zur Rechtsberatung zum Fachanwalt für Erbrecht kam. Sie wollte nämlich, daß alles glatt läuft und ihre Lieben durch die Zuwendungen im Testament eine gute Erinnerung an sie behalten werden.
Ihre Vorstellungen waren, daß mehrere Verwandte, vor allem Patenkinder, „etwas mehr“ vom Erbe bekommen sollen. Daneben sollen aber auch einige andere Personen Familienerbstücke, also vor allem Schmuck, Meißener Porzellan und Silberbestecke bekommen. Nur: Wie geht das, daß es unter mehreren entfernten Verwandten und Freunden reibungslos verteilt wird? Schließlich sagt ein Sprichwort: „Vertragt Ihr Euch noch - oder habt Ihr schon eine Erbschaft geteilt?“ Beim Aufteilen einer Erbschaft kann einiges schief gehen durch Missverständnisse der Beteiligten untereinander, und bei größerer Entfernung ist die gemeinschaftliche Verwaltung und Teilung der Erbschaft ja auch eine zeitintensive Herausforderung für die Begünstigten des Testaments.
Am Ende der Beratung entstand ein Testament, das nicht ganz alltäglich ist, damit alles einwandfrei und nachvollziehbar geregelt ist: Neben der Erbenstellung für die Hauptbegünstigten stehen nun andere Personen mit Vermächtnissen an einzelnen Hausratsgegenständen, Geldbeträgen oder Schmuckstücken im Testament, das nicht nur Text enthält. Der Grund dafür ist, daß Vermächtnisnehmer nur ihr Vermächtnis bekommen und darüber hinaus über den Nachlaß keine Informationen und auch keine Pflichten haben. Damit die einzelnen Vermächtnisgegenstände leichter erkannt werden können, sind im Testament Fotos abgedruckt mit handschriftlichem Text darunter zur Klarstellung, was gewollt ist. Für das Testament ist das Entscheidende der handschriftliche Text, weil Fotos genauso wie maschinengeschriebene Texte im deutschen Erbrecht keine wirksamen letztwilligen Verfügungen sein können (außer ein Notar beurkundet das Testament gegen entsprechende Gebühr). Der Fachanwalt formulierte den Text also so, daß er aus sich heraus eine verständliche Zuordnung enthält, welcher Gegenstand an wen vermacht sein soll. Die Fotos sind also „nur“ ein Hilfsmittel, um diese Vermächtnisgegenstände in der Wohnung leichter zu erkennen, wenn die Testatorin dann nach Ihrem Tod dann die Erblasserin ist und keine Unklarheiten mehr (er-)klären kann. Wichtig ist bei einem Testament mit Fotos, daß diese Fotos in der richtigen Form und Wortwahl in Bezug genommen werden, damit alle Anordnungen im Testament auch wirksam sind; sonst wäre die ganze Mühe umsonst. Dabei ist es gut, einen Rechtsberater zu haben, der im Erbrecht gut qualifiziert ist.
Wenn der letzte Wille dann auf einige Blätter Papier geschrieben ist, stellt sich die nächste Formfrage: Wie macht man deutlich, was zu der Regelung dazugehört - und wie werden Verwechslungen mit anderen Schriftstücken verhindert? Am schlechtesten ist eine „Lose-Blatt-Sammlung“, die nur am Ende der letzten Seite unterschrieben wird. Sobald die Blätter vertauscht werden, fangen große Probleme an. Besser ist es, die Blätter zu numerieren und jede Seite zu unterschreiben. Außerdem ist es gut, wenn die Blätter fest miteinander verbunden werden; dafür hat jede gut eingerichtete Kanzlei eine Öszange, die eine bessere mechanische Verbindung erreicht, als das mit einer normalen Heftklammer gelingt.
Jetzt waren noch zwei weitere Schritte sinnvoll: Nachdem es einige Beteiligte gibt, die weit auseinander wohnen, ist es sinnvoll, daß ein Testamentsvollstrecker den Nachlaß professionell abwickelt und den Erben und Vermächtnisnehmern die Arbeit abnimmt. Er wird sich dann auch einmal um die Erbschaftsteuererklärung und die vielen anderen Dinge kümmert, die zur Abwicklung eines Nachlasses gehören. Die Aufgaben und Pflichten eines Testamentsvollstreckers sind sehr umfangreich und zum Teil auch recht schwierig, so daß ein Jurist mit Schwerpunkt Erbrecht und Steuern eine gute Wahl ist für einen Fall wie diesen.
Zu guter letzt nützt das beste Testament aber nur dann etwas, wenn es rechtzeitig nach dem Todesfall gefunden und vom Nachlaßgericht eröffnet wird. Eine sichere Verwahrung des Testaments ist beim Nachlaßgericht möglich und kostet nur eine kleine Gebühr. Die Hinterlegung des Testaments erledigte der Rechtsanwalt in Vollmacht für die Testatorin. Das ist die einfachste Möglichkeit, bei der man nicht einmal beim Nachlaßgericht persönlich vorsprechen und warten muß, bis die Formalien mit einem erledigt werden.
Eine Miterbin besteht darauf, daß sie als „Erstgeborenenrecht“ Anspruch darauf habe, das Elternhaus bis an ihr Lebensende kostenfrei zu bewohnen. Sie meint, ihre Geschwister (Miterben) hätten das zu dulden, außerdem habe der Vater das so in einem Testament geregelt, nachdem die Mutter (seine Frau) gestorben war. Allerdings haben die Eltern früher, bevor die Mutter der jetzigen Erben gestorben ist, ein „gemeinschaftliches Testament“ gemacht, in dem sie sehr ausführliche Regelungen für die Verteilung ihres jeweiligen gesamten Vermögens für ihre beiden Erbfälle getroffen haben, und da ist keine Rede von dem kostenlosen Wohnrecht der erstgeborenen Tochter; in diesem Ehegattentestament ist ausdrücklich Bindungswirkung für alle letztwilligen Verfügungen vorgesehen. Wie geht man damit um, wenn man als Miterbe das Haus in bevorzugter Lage lieber verkaufen möchte, als die älteste Schwester ein Leben lang kostenlos im geerbten Elternhaus wohnen zu lassen?
Die Rechtslage zu diesem Fall ist in einem Punkt zwar für viele juristische Laien überraschend, allerdings hat sich das wesentliche für diesen Fall schon seit mehr als 120 Jahren nicht mehr geändert: Ehegatten können in einem gemeinschaftlichen Testament sogenannte „wechselbezügliche Verfügungen“ treffen, so daß eine ähnliche Bindungswirkung wie bei einem Erbvertrag entsteht. Eigentlich sind Vereinbarungen unwirksam, die eine Verpflichtung zur Erbeinsetzung oder dergleichen als Vertragspflicht vereinbaren. In den beiden Ausnahmefällen des Erbvertrags und des Ehegattentestaments läßt die deutsche Rechtsordnung jedoch ausnahmsweise zu, daß man sich bindet, wie später einmal das Vermögen nach dem Tod vererbt wird. Konkret bedeutet das dann, daß zu Lebzeiten beider Ehegatten Änderungen nur noch gemeinsam vorgenommen werden können oder -wenn der andere Partner sich weigert- ein Widerruf der wechselbezüglichen letztwilligen Verfügungen nur durch Zustellung einer notariellen Erklärung möglich ist, damit man seine Vermögensnachfolge mit einem neuen Testament wirksam regeln kann. Nach dem Tod des ersten Ehegatten kann der zweite Ehepartner die wechselbezüglichen Regelungen für die Schlußerbfolge gar nicht mehr ändern, außer er schlägt das aus, was ihm im ersten Erbfall vom verstorbenen Ehegatten zugewendet ist. Der Fachbegriff „wechselbezügliche Verfügung“ meint nicht das gesamte Testament, sondern die einzelne Regelung darin. Es ist also möglich, daß ein Teil eines gemeinschaftlichen Testaments mit Bindungswirkung versehen wird, ein anderer Teil aber vom anderen Ehegatten frei geändert werden kann. Wechselbezügliche Verfügungen mit Bindungswirkung können außerdem nur drei Arten von Zuwendungen sein, nämlich Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen; für Teilungsanordnungen oder die Auswahl eines Testamentsvollstreckers kann keine Bindungswirkung vereinbart werden, allerdings können hier bedingte Zuwendungen und andere erbrechtliche Tricks das gewünschte Ergebnis ein ganzes Stück weit herbeiführen.
Im aktuellen Fall beruft sich die älteste Tochter auf ein Testament, das der Vater nach dem Tod der Mutter errichtet hat. Es ist zwar umstritten, ob er das freiwillig getan hat oder nur deshalb, weil er unter Druck gesetzt wurde. Darauf kommt es aber schon deshalb nicht an, weil es wegen der Bindungswirkung des älteren gemeinschaftlichen Testaments unwirksam ist. Das Wohnrecht, das die älteste Tochter beanspruchen möchte, kann ihr vom Vater als Vermächtnis oder als Auflagenbegünstigung zugewendet worden sein, andere Formen der Zuwendung scheiden von vornherein aus. Für Vermächtnis und Auflage gibt es aber eine Sperrwirkung durch das gemeinschaftliche Testament, in dem erstens das gesamte Vermögen verteilt und zweitens ausdrücklich für alle letztwilligen Verfügungen Bindungswirkung angeordnet wurde. Der Vater konnte davon nicht mehr wirksam abweichen, nachdem die Mutter verstorben war und er ihr Erbe aus dem gemeinschaftlichen Testament ausdrücklich angetreten hatte.
Erstgeborenenrechte kennt das deutsche Erbrecht nicht. Darauf kann sich die älteste Tochter gegenüber ihren Geschwistern also auch nicht berufen. Außerdem liegen Briefe ihrer Eltern vor, in denen diese ihr ausdrücklich klarmachten, daß sie keine Bevorzugung gegenüber den anderen Kindern erwarten soll, weil die Eltern alle Kinder gleich behandeln wollten.
Die älteste Tochter versuchte nun ihr Glück, indem sie einen Rechtsanwalt nach einer Lösung für ihr Ziel suchen ließ. Nachdem sie keinen Fachanwalt für Erbrecht nahm, hatte ihr Anwalt Ideen „abseits ausgetretener Wege“ und fand scheinbar eine „Zauberformel“: Das Testament des Vaters, das der nach dem Tod der Mutter vom Notar beurkunden ließ, sollte nun umgedeutet werden in eine schuldrechtliche Vereinbarung eines lebenslangen kostenlosen Wohnrechts.
Umdeutung einer letztwilligen Verfügung in einen schuldrechtlichen Anspruch scheidet jedoch aus mehreren Gründen aus: Auslegung der eigentlich gewollten Bedeutung der Worte im Testament hat Vorrang vor einer Umdeutung in ein anderes Rechtsgeschäft. Die Auslegung sollte bei Anwendung der Andeutungstheorie zum eindeutigen Ergebnis kommen, daß die Klagansprüche nicht bestehen können. Im gemeinschaftlichen Ehegattentestament der Eltern ist nämlich keine Rede von dem Recht, das die älteste Tochter nun für sich beansprucht, statt dessen sollen die Kinder im Ergebnis gleich behandelt werden.
Dazu kommt ein weiteres Hindernis: Wenn die Beteiligten eines unwirksamen Rechtsgeschäfts dessen Unwirksamkeit kannten, kommt keine Umdeutung in Betracht; sie brauchen dann ja keinen Schutz für die fehlgeschlagene Zielerreichung, und sie sollen dann auch nicht gegen ihren Willen etwas aufgedrängt bekommen, was sie gerade nicht regeln wollten. Und die älteste Tochter wurde schon vor Jahren von Juristen darauf hingewiesen, daß ihr der Vater am Ehegattentestament vorbei keine wirksamen Zuwendungen machen konnte. Sie konnte sich also nicht darauf verlassen, für irgend etwas eine Gegenleistung zu bekommen, die im Widerspruch steht zu den bindenden Verfügungen aus dem gemeinschaftlichen Testament der Eltern.
Bei einer Umdeutung ist außerdem zu beachten, ob diese dem wirklichen oder wenigstens mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht; hierbei ist die Beweislast zu berücksichtigen. Es reichte also schon aus, daß die anderen Kinder vor Gericht mit Nichtwissen bestreiten, daß der Erblasser ein lebenslanges Wohnrecht für die Klägerin haben wollte oder eine Zahlung der Erbengemeinschaft an die Klägerin. Die älteste Tochter versuchte zwar, ihre Ansprüche zu beweisen. Sie konnte aber nur Schreiben der Eltern vorlegen, die jedenfalls sehr deutlich dagegen sprechen, daß die Klägerin die eingeklagten Rechte überhaupt bekommen sollte. Außerdem ließ die Klägerin ihren Anwalt vortragen, daß ihre Eltern beim Verfassen des Testaments juristisch beraten waren, was eine Umdeutung praktisch unmöglich macht. Es ist also evident, daß kein Spielraum für eine Umdeutung in einen Vertrag oder dergleichen ernsthaft in Betracht kommt.
Das notarielle Testament des Vaters war unwirksam, weil es gegen die bindenden Verfügungen aus dem älteren Ehegattentestament verstieß, worauf der Notar ihn bei de rBeurkundung auch ausdrücklich hingewiesen hat. Dieses einseitige Testament des Vaters kann auch nicht hilfsweise in eine Schenkung oder dergleichen umgedeutet werden, weil die Beurkundung wegen der Beratungs- und Belehrungsfunktion des Notars für die zutreffende und vollständige Wiedergabe des Willens der Beteiligten einer Urkunde spricht (BeurkG § 17).
„Green Effects“-Anteile im Nachlaß eines verstorbenen Kleinanlegers kommen bei unseren Mandanten immer häufiger vor, wir haben in diesem Blog bereits im Erbfall des Monats August 2021 berichtet. Die Besonderheit dabei ist, daß sie über einen vertrauenswürdig erscheinenden Vermittler verkauft wurden und von einem Treuhänder in Irland verwahrt werden. Zum Problem wird das dann regelmäßig dadurch, daß die Erben nicht durchschauen können, ob denn nun der Vermittler mit Hauptsitz in Hamburg zuständig ist, der Treuhänder in Dublin oder die Bank in Irland, bei der diese Anteile verwahrt werden. Im Ergebnis geht es dann regelmäßig darum, daß der Treuhänder über den Vermittler ausrichten läßt, der Erbe müsse einen irischen „Grant of Probate“ und zahlreiche andere Nachweise vorlegen. Das ist mühsam und teuer. Im aktuellen Erbfall des Monats hat der Verstorbene immerhin schon zu Lebzeiten eine Vollmacht an seinen Erben erteilt, die er aus einem deutschen Formularheft für Laien übernommen hat. In der Vollmacht steht ausdrücklich drin, daß der Bevollmächtigte auch „über den Tod hinaus“ handeln kann. Auf den ersten Blick sieht das einfacher aus, als ein Nachlaßverfahren beim örtlich zuständigen Probate Office in Irland durchzuführen. Das Problem beginnt jedoch schon damit, daß eine solche „transmortale Vollmacht“ (über den Tod hinaus geltende Vollmacht) in vielen Ländern gar nicht wirksam ist. In Irland ist es jedenfalls schwierig, mit einer solchen Vollmacht den Nachlaß abzuwickeln. Dazu kommt noch, daß die Vollmacht ja in deutscher Sprache erteilt wurde, also für Irland erst einmal eine Übersetzung in die englische oder irische Sprache nötig wäre. Die Alternative ist es, irische „Probate Documents“ vorzulegen. Der Grant of Probate ist nicht für alle Fälle das geeignete Mittel, es kommen dort nämlich auch noch einige andere Nachweisdokumente für die Berechtigung in Frage, wer über den Nachlaß verfügen darf. Für den passenden „Grant“ ist es entscheidend, ob ein Testament vorliegt oder gesetzliche Erbfolge eintritt; und ob im Fall eines Testaments kommt es dann noch darauf an, ob denn ein „Executor“ vorgesehen ist; die Aufgaben des Executor sind im irischen Recht anders definiert als die des deutschen Testamentsvollstreckers. Theoretisch kann in Irland jeder sein Verfahren beim Gericht selber führen. In der Praxis empfiehlt es sich aber schon, einen Rechtsanwalt mit einer passenden Spezialisierung damit zu beauftragen. Das gilt umso mehr, wenn es ein internationaler Fall ist und der Erbe das irische Rechtssystem nicht kennt. Umgekehrt kennen viele irische Anwälte das deutsche Rechtssystem nicht, so daß Erbe und Anwalt sich im schlimmsten Fall trotz Wörterbuch gegenseitig nicht gut verstehen werden, weil man bei der Übersetzung zwischen zwei Rechtssystemen nicht nur die Wörter übersetzen sollte. Ein wenig Erfahrung mit deutsch-irischen Erbfällen sollte der passende Anwalt also schon haben. Wer einen irischen Solicitor beauftragt, ist auch gut beraten, gleich von Anfang an nachzufragen, ob noch ein deutscher Rechtsanwalt nötig sein wird für den „Affidavit“ zum deutschen Erbrecht; das ist eine Art Rechtsgutachten, das man in Irland selber bei Gericht vorlegen muß, wenn aus Sicht des irischen Nachlaßgerichts ausländisches Recht eine Rolle spielt. Relativ einfach wird es für den Erben, wenn der Anwalt alles aus einer Hand anbietet, wenn auch möglicherweise durch die Zusammenarbeit von zwei Anwälten aus beiden Ländern. Die Fragen nach den Kosten und der Dauer der Abwicklung in Irland sind auch nicht immer einfach zu beantworten. Die Faustregel ist: Entweder geht es schnell und reibungslos oder günstig und aus deutscher Sicht auch oft holprig. Die Kosten für eine schnelle Abwicklung kann man mit rund €10.000 bis €20.000 einplanen, wer viel Zeit hat kann auch schon für rund €3.000 das irische Nachlaßverfahren vom Fachmann erledigt bekommen. In diesen Preisen sollten Kosten für Übersetzungen und alle Arten von Gebühren sowie Umsatzsteuer bereits enthalten sein. Bei der Umsatzsteuer gibt es dann noch einen kleinen Trick zum Steuern sparen: Das EU-Mehrwertsteuersystem hat die Grundregel, daß diese Steuer nur ein Mal anfallen soll. Wenn mehrere Unternehmen zusammenarbeiten, kann der eine Unternehmer sich vom anderen zuarbeiten lassen und muß nicht die Steuer im anderen Land bezahlen. Das wissen zwar die meisten Betroffenen nicht, läßt sich aber gerade bei deutsch-irischen Fällen geschickt nutzen. Die „irische Value Added Tax“ (VAT) beträgt derzeit 23%, die deutsche Umsatzsteuer für Leistungen eines Rechtsanwalts nur 19%. Wenn nun ein Auftrag an einen federführenden deutschen Anwalt erteilt wird, der die irische Kanzlei für sich einzelne Aufgaben erledigen läßt, dann bezahlt der Mandant im Ergebnis nur dien deutschen Steuersatz von 19%, spart also 4% auf das Nettohonorar und die Auslagen, die in Irland anfallen. Bei den erschreckend hohen Kosten dafür, daß der Erbe an eine ganz normale Geldanlage wie eben die „Green Effects“-Investmentfondsanteils herankommt, stellt sich aber auch noch eine ganz andere Frage: Gibt es Schadenersatz für die „Anlageberatung“, die allzu offensichtlich schlecht war? Immerhin ist es die einfachste und normalste Sache der Welt, einen Investmentfonds mit deutscher Zulassung hier vor Ort bei einer Bank oder Sparkasse zu kaufen, so daß der deutsche Erbschein, eine transportable Vollmacht oder dergleichen völlig ausreicht. Der Treuhänder im Ausland bringt keine ersichtlichen Vorteile für den Anleger, dafür aber extremen Zusatzaufwand und jede Menge Ärger bei der Abwicklung. Und es ist bisher auch in allen uns bekannt gewordenen Fällen so gewesen, daß der Finanzvermittler gar nicht erst erwähnt hat, daß ein fachmännisch gemachtes irisches Testament die Abwicklung dieser Geldanlage im Todesfall des Anlegers wesentlich erleichtern würde. Es ist daher naheliegend, vom Anlagevermittler Schadenersatz zu verlangen. Trotzdem muß man als Rechtsanwalt erschreckend oft erleben, daß die Betroffenen nichts unternehmen wollen und teilweise sogar auf die Abwicklung der Geldanlage verzichten, für die sie immerhin schon mit ihrem eigenen Geld Erbschaftsteuer bezahlen mußten, und das Geld dann beim „Treuhänder“ des unseriösen Anlagevermittlers liegen lassen. Wer sich helfen läßt, kommt allerdings mit Hilfe eines guten Rechtsanwalts an sein Geld.
Unser aktueller Erbfall des Monats zeigt sehr deutlich, warum die Abwicklung einer Erbschaft besser nicht auf die lange Bank geschoben werden sollte: Eine Erbengemeinschaft hat Vermögen in Deutschland und in Luxemburg geerbt. Einer der Miterben zog danach ins Ausland. In der Familie verstand man sich gut genug, um alles „einfach so“ laufen zu lassen, ohne die Erbschaft sauber abzuwickeln, also im Grundbuch die Erben einzutragen usw. Der Miterbe, der ins Ausland gezogen war, starb wenige Jahre später dort; weil er kurz vor seinem Tod ein entsprechendes Testament machte, wurde seine zweite Ehefrau Erbin und eines seiner Kinder zusammen mit einem Stiefkind seine Nacherben. Später starb ein anderer Miterbe und seine Enkel aus den USA wurden seine Erben.
Damit entstand eine „mehrstufige Erbengemeinschaft“, bei der die Erben eines Erben (die „Erbeserben“) mit den Erben eines anderen Erben gemeinschaftlich handeln müssen; sie müssen erst in der einen Erbengemeinschaft eine gemeinsame Meinung bilden, damit sie in der anderen Erbengemeinschaft anstelle des verstorbenen Miterben handeln können. Nachdem die Beteiligten auch noch in Ländern mit sehr unterschiedlichen Rechtsordnungen leben, haben sie nicht einmal ein gemeinsames Verständnis von dem, was in einem Erbfall zu tun ist.
In einem der drei Erbfälle wurde zwar Testamentsvollstreckung angeordnet. Allerdings ist das nur für einen der Miterben dieser Erbengemeinschaft geschehen, wobei auch noch eine gute Freundin des Erblassers aufgrund der persönlichen Beziehung, jedoch ohne Sachkenntnisse, für dieses Amt vorgesehen wurde. Diese Testamentsvollstreckerin hat weder vom deutschen noch vom luxemburgischen Erbrecht Ahnung, Sie benötigt für jede Frage den Rat eines Rechtsanwalts. Und es gibt nur wenige Anwälte, die Testamentsvollstrecker in dieser Art beraten, weil man für das verantwortungsvolle Amt des Testamentsvollstreckers eigentlich selber wissen muß, was zu tun ist.
Leider ist diese Erbschaft nun ein einziges Chaos, da keiner der beiden vorangegangenen Erbfälle jemals abgewickelt wurde. Es wurde zwar im einen Erbfall ein Erbschein beantragt, jedoch hat dieser Erbschein das Immobilienvermögen in Luxemburg nicht korrekt abgedeckt und außerdem wurde der Erbfall dort ja auch nie abgewickelt. Es ist zwar unverständlich, warum ein Erbschein beantragt wurde, wenn die Immobilien dann doch nicht auf die Namen der Erben umgeschrieben wurden, aber so ist das eben im vorliegenden Fall. Nun müssen die Erben drei Erbfälle gleichzeitig abwickeln und dabei drei verschiedene Rechtsordnungen berücksichtigen. Teilweise erfolgt das im vorliegenden Fall nach dem Stand vor EU-Erbrechtsverordnung (Stichtag: 17.08.2015) und teilweise mit dem heute aktuellen Gesetzesstand. Für die Erben ist das eine große Belastung, sowohl menschlich als auch finanziell. Es fängt schon mit den Zuständigkeiten an, kompliziert zu werden: In Deutschland ist das Amtsgericht als Nachlaßgericht zuständig für den Erbschein, die Erben selber müssen sich dann um die Abwicklung kümmern. Für den Erbfall des ausgewanderten und dann nachverstorbenen Erben ist eine andere Behörde für den Nachlaßfall zuständig. Und in Luxemburg, wo Immobilienvermögen zur Erbschaft gehört, erledigt der Notar die Abwicklung einschließlich der Erbschaftsteuer. Erbschaftsteuer kann in solchen Fällen außerdem gleichzeitig in mehreren Ländern anfallen, weil im einen Land geerbtes Vermögen, im anderen Land der Steuerwohnsitz des Erben und in einem dritten Land der letzte Wohnsitz des Erblassers war.
Der aktuelle Fall wird noch dadurch unnötig aufwendig und auch komplizierter, daß ein Teil der Beteiligten nicht mit allen anderen Beteiligten Informationen austauschen möchte, was die Abwicklung fast unmöglich macht. Aus diesem Grund sind nun in den verschiedenen Ländern insgesamt mehr Rechtsanwälte beauftragt worden, als es Erben gibt. Außerdem stellte sich heraus, daß die Immobilie in Luxemburg nur dann auf die Erben übertragen werden kann, wenn der Erbschein zum ersten Erbfall geändert wird. Dafür wurde über den Notar, der den alten Erbschein beantragt hatte, die Einziehung des Erbscheins und Neuerteilung eines neuen Erbscheins beantragt. Allerdings ließ sich die Nachlaßrichterin so viel Zeit damit, daß der Notar im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand gehen mußte und nun ein Nachfolger erst einmal die Akte lesen muß, um weitere Schritte zu unternehmen.
Der Fall ist zwar nicht nicht abgeschlossen. Trotzdem kann man mehrere Lehren daraus ziehen:
1.) Wer Vermögen und/oder Erben in mehreren Ländern hat, sollte eine besonders gut durchdachte Regelung im Testament anordnen. In einem derartigen Fall kann es auch sehr sinnvoll sein, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, und zwar für den gesamten Nachlaß. Dabei muß auf jeden Fall beachtet werden, daß (a) die Aufgaben und Grenzen eines Testamentsvollstreckers in jeder Rechtsordnung anders geregelt werden und (b) der Testamentsvollstrecker die Fachkompetenz zur Abwicklung einer derartigen Erbschaft hat. Das Testament sollte auf jeden Fall von einem guten Juristen entworfen werden, der die Beratung zur Rechtslage in allen beteiligten Ländern übernimmt, damit der Erbfall als großes Ganzes auch funktionieren kann. Die einzig sinnvolle Alternative ist es, Vermögen im Ausland zu vermeiden, so daß nur ein nationales Erbrecht relevant werden kann.
2.) Wenn eine Erbengemeinschaft besteht, sollten der Nachlaß zeitnah abgewickelt und die geerbten Vermögenswerte zwischen den Miterben aufgeteilt werden. Aufschieben vergrößert nämlich die Probleme der Erbengemeinschaft im Lauf der Zeit immer mehr.
3.) Die Miterben sollten immer bereit sein, mit allen anderen Miterben Informationen auszutauschen, damit die Abwicklung reibungslos funktionieren kann.
In den letzten Jahren kommt es immer häufiger vor, daß wir es im Rechtsstreit mit völlig verwirrenden Behauptungen zu tun bekommen; gerade bei Erbstreit passiert das immer öfter. Ein Blick auf die relevanten Fakten zu dem Fall sagt uns dann zwar einerseits, daß unsere Seite 100% Recht hat - aber die Gegenseite behauptet sehr vehement das genaue Gegenteil. Argumente werden dafür entweder gar nicht genannt oder aber es werden Ausführungen gemacht, die man mit Vernunft und Logik beim besten Willen nicht nachvollziehen kann. Was macht man, wenn einem so etwas geschieht bei einem Erbfall im Umgang mit Verwandten? An diesem Erbfall des Monats zeigen wir, daß es in solchen Situationen sowohl auf die Rechtslage als auch auf die persönliche, zwischenmenschliche Beziehung ankommt.
Von Anfang an regierte die Gegnerin im Erbfall des Monats auf jede sachliche Anfrage zum Nachlaß mit emotionalen Vorwürfen und mit Moralisieren. Sie ließ sich durch nichts dazu bewegen, den Sachverhalt sachlich anzugehen. Eigentlich wolle sie vor allem mal wieder eine Aussprache haben, meinte die Gegnerin zwischenzeitlich; die beiden Parteien des Erbstreits hatten sich seit Jahren nicht mehr gesehen, weil es damals einen heftigen Eklat gegeben hatte und zudem auch eine sehr große Entfernung zwischen ihren Wohnorten liegt. Wir wollten diesen Wunsch nach einer Aussprache aufgreifen und so möglichst ohne Streit eine Einigung erzielen. Aber beim Versuch unserer Seite, ihren Wunsch nach einer Aussprache zwischen ihr und unserem Mandant zu ermöglichen, stellte die Gegnerin jede Menge Vorbedingungen für die Aussprache, die sie selbst wünschte; sie selber war aber zu keinem einzigen Zugeständnis bereit und wollte auch nicht für ein offenes Gespräch auf ihre eigenen Vorbedingungen verzichten.
Es ist zwar im Erbstreit wichtig, die zwischenmenschlichen Beziehungen zu berücksichtigen. Der schriftliche Verzicht auf bestimmte Ansprüche, den die Gegenseite verlangte, hätte aber auf der sachlichen Ebene unwiderrufliche Folgen gehabt, ohne daß es eine greifbare Aussicht auf bessere persönliche Beziehungen gab. Da war es schwierig, ohne zuverlässige Kenntnis vom Nachlaß und von dessen Wert ins Blaue hinein auf Ansprüche schriftlich zu verzichten, mehrere tausend Kilometer anzureisen in Zeiten der Covid-19-Pandemie, wenn man selber keinen Strohhalm angeboten bekommt. Im Lauf eines Erbstreits stellt sich gelegentlich die Frage, ob Schlichtung, Mediation oder eine andere Alternative zum Streit vor Gericht die bessere Wahl wäre. Das gelingt allerdings nur, wenn alle Beteiligten sich darauf einlassen. Und es gibt auch durchaus Fälle, in denen Schlichter und Mediatoren an einen Punkt kommen, an dem sie mit ihren Methoden nicht weiterkommen. Dann hilft nur noch eine Entscheidung, die der Verlierer zu akzeptieren hat - da kann man sich auf ein Schiedsgerichtsverfahren einigen oder vor ein staatliches Gericht ziehen. Nachdem auf der Seite der Gegnerin ihre unverträgliche Art der Verhandlungsführung mehrere Monate lang angehalten hatte, rieten wir also dem Mandant zum „normalen“ Rechtsstreit, also die Ansprüche ein Mal im Guten außergerichtlich einfordern - und wenn nichts erfüllt wird, dann wird eben Klage bei Gericht erhoben.
Von der Gegenseite kamen dann immer mehr absurde Behauptungen, die auch noch von ihrem Anwalt vehement vorgetragen wurden. Das bringt die meisten Menschen zunächst zum Nachdenken, ob man selber etwas falsch gemacht hat; wenn das offensichtlich nicht der Fall ist, kostet diese Art von Streit viel Nerven.
Zum Nachlaß gehörte ein Hausgrundstück, dessen Wert am Ende des Erbstreits eine Rolle spielen würde. Ein Sachverständigengutachten wurde von der Gegenseite ziemlich früh im Erbstreit beim örtlichen Gutachterausschuß in Auftrag gegeben, obwohl es dafür zu diesem Zeitpunkt noch gar keinen Anlaß gab. Und es wurde auch in keiner Weise darüber gesprochen, ob alle Beteiligten die Bewertung durch diesen Gutachter akzeptieren würden. Das Gutachten trug zwar einen Stempel, der Fachkompetenz für derartige Wertgutachten vermuten läßt. Dieses Gutachten wurde dann aber durch uns widerlegt, weil ein Fachanwalt für Erbrecht durchaus das erforderliche Knowhow für die Beurteilung der Plausibilität einer Immobilienbewertung hat. Das Gefälligkeitsgutachten des städtischen Gutachterausschusses zog nämlich drei Jahre alte Bodenrichtwerte zugrunde, obwohl derselbe Gutachterausschuß alle zwei Jahre die aktuellen Bodenrichtwerte veröffentlicht; die falsche Datenbasis widerlegt das Gutachten daher wegen systematischer Fehler. Danach haben wir die Immobilie mit eigenem finanziellem Aufwand für einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bewerten lassen. Bezeichnenderweise hat die Gegnerin sich geweigert, den Gutachter zur Besichtigung des Zustands ins Haus zu lassen. Das Wertgutachten läßt sich in solchen Fällen auch ohne Besichtigung erstellen. Ungenauigkeiten wird es dann zwangsläufig geben, weil bereits die Qualität der Ausstattung unbekannt bleibt. Aber man kann dann immerhin argumentieren, daß Ausstattung und Zustand jedenfalls nicht schlechter sind, als man annimmt. Warum sonst sollte sich jemand verweigern, einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hereinzulassen? Der Gegner selber wäre ja gar nicht mit ins Haus gekommen.
Nun lagen zwar zuverlässigere Zahlen auf dem Tisch. Die Gegnerin weigerte sich aber trotz allem, den wirklichen Wert des Nachlasses für den Rechtsstreit zu akzeptieren. Und der Erbfall war drei Jahre her, zum Jahresende würde dann der Anspruch gegen sie verjähren. Also war es unvermeidbar, Klage zu erheben. Auf einmal gab die Gegnerin nach und überwies die geschuldete Summe. Aber sie ließ es sich nicht nehmen, über ihren Anwalt ans Gericht zu schreiben, daß sie ohne jegliche Pflicht und auch nur freiwillig zahle, weil sie keine Lust auf Streit habe. Früher hätte jemand in der Situation einfach nur nachgegeben und die Prozeßkosten als „Lehrgeld" bezahlt. In der heutigen Zeit ist es modern geworden, hier noch einen vollkommen überflüssigen Streit darüber zu führen, wer die Prozeßkosten zu erstatten hat. Wenn nämlich eine eingeklagte Forderung erfüllt wird, ist der Rechtsstreit erledigt und das Gericht entscheidet über die Prozeßkosten nach der bisherigen Aktenlage. Und wenn die Beklagte jegliche Rechtspflicht bestreitet und nur „freiwillig“ bezahlt haben will, dann muß der Kläger an dieser Stelle noch einmal aufpassen, daß die Prozeßkosten nicht an ihm hängen bleiben - einschließlich der Erstattung der gegnerischen Anwaltskosten. Es wurde also noch einmal zwischen den Anwälten und dem Gericht hin und her geschrieben. Das Gericht hat die Kosten dann der Beklagten auferlegt. Andererseits sieht man an der Art, wie hier erbittert und bis zuletzt auf verlorenem Posten gegen den Verwandten gekämpft und ihn bekämpft wurde, daß der persönliche Kontakt wohl nicht mehr zu retten war. Im beschriebenen Erbfall des Monats wohnen die Beteiligten mehrere tausend Kilometer auseinander, so daß sie sich nach diesem Urteil wohl nicht mehr begegnen werden. Das Urteil stellt wenigstens klar, wer bei dem verwirrenden Streit im Recht war. Und in diesem Einzelfall hatte sich der Mandant schon vor Jahren damit abgefunden, daß er mit diesem Teil der Verwandtschaft kein normales Gespräch mehr führen konnte; in solchen Fällen dürfte die streng sachliche Abwicklung des Erbfalls der richtige Weg sein.

Globalisierung ist seit Jahren ein aktuelles Thema - und sie betrifft einen auch da, wo die Betroffenen oft gar nicht daran denken: Ein Ehepaar stammt aus Deutschland und aus Afrika. Sie haben in England geheiratet und sind dann für eine interessante Arbeitsstelle nach Irland gezogen. Einen Ehevertrag haben die beiden Kosmopoliten nicht vereinbart. Auf der schönen grünen Insel sind sie dann auch in Rente gegangen und haben das Leben genossen. Das Ehepaar hat seine eigenen vier Wände in Irland und eine Ferienwohnung als Eigentum in Deutschland. Eigentümer sind sie bei allem jeweils zur Hälfte.
Als Rentner leben die beiden nun schon seit einigen Jahren in Irland. Sie errichten dort Testamente nach irischem Recht, fragen aber niemanden nach Besonderheiten beim Wohnungseigentum in Deutschland. Die Testamente sind mit der Maschine geschrieben und von der beratenden Rechtsanwältin (Solicitor) und einer zweiten Zeugin unterschrieben. Nach irischem Recht sind diese Testamente auch wirksam. In den Testamenten ist vor allem der jeweils andere Ehegatte zum Alleinerben eingesetzt.
Jetzt ist ein Ehegatte verstorben, der andere möchte als Erbe die Grundbücher in Irland und in Deutschland berichtigen lassen, so daß er als Erbe für den Miteigentumsanteil des verstorbenen Ehegatten sowohl beim Hausgrundstück in Irland als auch bei der Immobilie in Deutschland eingetragen wird. In Irland ist das kein Problem, das Testament ist ja von der Solicitor fachmännisch perfekt auf die Erfordernisse dort abgestimmt worden.
Der deutsche Teil des Vermögens stellt für den Witwer aber eine kleine Herausforderung dar: Eigentlich haben wir eine Erleichterung bekommen durch die Europäische Erbrechts-Verordnung (EU-ErbVO). Diese gilt aber (noch) nicht in Irland.
Das irische Recht geht genauso wie das englische Erbrecht und Immobilienrecht davon aus, daß jede Immobilie vererbt wird nach dem sogenannten „Belegenheitsrecht“ (lex rei sitae), also dem Nationalen Recht an dem Ort, an dem die Immobilie liegt.
Aber nach deutschem Recht und der EU-ErbVO gilt für Erbfälle seit dem 17.08.2015 das Recht des letzten Aufenthaltsorts des Erblassers; im vorliegenden Fall ist das der mehrjährige gemeinsame Wohnsitz des Ehepaars in Irland. Somit wird hier der deutsche Teil der Erbschaft nach irischem Erbrecht abgewickelt, auch wenn die Eigentumswohnung in Deutschland ist. In solchen Fällen gilt nämlich aus unserer Sicht, daß bei einer Verweisung auf ausländisches Recht eine „Rückverweisung“ nicht angenommen wird. Wenn unser Recht ins Ausland verweist, dann bleibt es dabei. Der deutsche Nachlaßrichter wird sich also mit irischem Erbrecht befassen müssen.
Zwei Erleichterungen gibt es im aktuellen Fall: Es liegt ein Testament vor, was meistens besser ist als die gesetzliche Erbfolge. Dazu kommt noch, daß Deutschland und Irland beide am Haager Testamentsformabkommen und am Haager Testamentsformübereinkommen teilnehmen, so daß es für die formale Wirksamkeit ausreicht, wenn das Testament die Formvorschriften eines der beiden Länder erfüllt. Deutsches Recht würde dieses maschinengeschriebene Testament nämlich nicht akzeptieren, weil es weder von der Erblasserin handschriftlich verfaßt noch von einem Notar beurkundet worden ist. Es wurde ja nicht beim Notar, sondern beim irischen Solicitor gemacht. In Irland ist die normale Form eines Testaments, daß es maschinengeschrieben, von der Erblasserin unterschrieben und von zwei Zeugen bestätigt worden ist. Und das ist ja der Fall. Also ist es wirksam, und damit ist der länger lebende Ehegatte wirksam zum Alleinerben eingesetzt.
Für die praktische Umsetzung ist jetzt „nur“ noch ein deutscher Erbschein erforderlich, der dann weniger Gerichtsgebühren verursacht, wenn er beschränkt wird auf „inländisches Vermögen“. Damit es mit der Erteilung des Erbscheins schnell geht, hilft es in solchen Fällen in aller Regel weiter, wenn der Antrag auf Erteilung des Erbscheins von einem Rechtsbeistand entworfen wird, der sich mit deutsch-irischen Fällen auskennt und der dem Nachlaßgericht schon im Antrag die einschlägigen Gesetze, EU-Verordnungen und Haager Übereinkommen mit den passenden Artikeln und Paragraphennummern angibt sowie ein paar Fachbücher zitiert, die in der Bibliothek des Gerichts für derartige seltene Fälle bereitstehen; dann braucht der Richter nur noch nachzulesen, ob es dort wirklich so steht, was eine längere Wartezeit erspart, die sonst für die Recherche der Rechtslage in einem kleinen Land wie Irland nötig wäre.
Sofern für den Erbscheinsantrag dann noch notarielle Beglaubigungen oder deutsche Übersetzungen von Dokumenten erforderlich sind, können diese im Ausland auch von einem deutschen Konsularbeamten vorgenommen werden, sofern er im Einzelfall für diese Aufgaben zuständig ist (das ist nicht bei allen Konsulaten der Fall). Ein kompetenter Rechtsanwalt kann in wenigen Minuten abklären, welche Stelle mit welcher Adresse zuständig ist.
Wenn der Erbschein dann erteilt ist, kann man damit ein Grundbuchamt die Berichtigung des Grundbuchblatts beantragen, so daß an Stelle der verstorbenen Miteigentümerin der Ehegatte als Erbe eingetragen wird.
All das kann man theoretisch selber erledigen, es besteht kein Anwaltszwang. Und die Anträge auf Erbschein und auf Eintragung des Erben im Grundbuch kann man auch ganz ohne notarielle Beurkundung stellen. In der Praxis ist jedoch gerade in internationalen Fällen hilfreich, einen Rechtsanwalt mit Spezialgebiet Erbrecht und außerdem mit Erfahrung in allen beteiligten Ländern zu engagieren, der einem die meisten Mühen und Stolperfallen abnimmt. Dann kann man die Erbschaft genießen.
Wenn kinderlose Erblasser versterben, dann erben oft entfernte Verwandte, die sich untereinander kaum kennen. Im Erbfall des Monats hat einer von ihnen sich einigermaßen forsch bereiterklärt, in Vollmacht für alle anderen Miterben zu handeln. Das wurde genau genommen aus seiner Sicht erst nötig, als er eine geerbte Eigentumswohnung verkaufen und den Erlös an diejenigen Miterben verteilen wollte, die er selber gut kannte. Der Notar, der für den Verkauf der Wohnung nötig war, mußte nämlich erst einmal schauen, wer eigentlich der Verkäufer ist, und dabei fiel eine Miterbin aus der gesetzlichen Erbfolge auf, die bisher nicht zu den Verwandtschaftstreffen eingeladen worden war. Als Miterbin hat sie aber die gleichen Rechte wie jeder andere Miterbe, schließlich wollte die Erblasserin sie keinesfalls von der Erbschaft ausschließen.
Diese Miterbin war zwar skeptisch, sie wollte aber auch nicht die Abwicklung des Nachlasses blockieren oder unnötigen Aufwand verursachen. Also stimmte sie zu, daß der Bevollmächtigte auch in ihrem Namen die Wohnung verkaufte und das Bankkonto der Erblasserin für die Erbengemeinschaft verwaltete. Immerhin wurde der Kaufpreis für die Wohnung mit allen Miterben abgesprochen. Doch danach kam ein Jahr ohne Informationen, bis die Auflösung des Bankkontos anstand und das Guthaben dieses Kontos verteilt werden mußte, damit die Erbengemeinschaft aufgelöst ist.
Zwar fragte der bevollmächtigte Miterbe die anderen Miterben, auf welches Konto sie ihre Anteile überwiesen bekommen möchten. Damit die angekündigte Summe der Auszahlung plausibel ist, fragte die eine Miterbin dann aber doch erst einmal nach, ob der Bevollmächtigte nicht doch Kontoauszüge zur Verfügung stellen könne. Erst darauf hin schickte er den letzten Kontoauszug, die Auszüge für die Monate zuvor behielt er aber für sich. Auf alle anderen Fragen, die ihm gestellt wurden, antwortete er lediglich mit seinen persönlichen Schlußfolgerungen, die relevanten Fakten als Basis für diese Schlußfolgerungen behielt er aber für sich.
Die anderen Miterben standen jetzt vor der Wahl, ob sie dieses merkwürdige Verhalten akzeptieren und sich lediglich darüber freuen, daß die Erbengemeinschaft nun beendet wird und man sich nie wieder sehen und hören wird, oder ob sie die zweifellos bestehenden Ansprüche auf Auskunft und Rechenschaft geltend machen. Ein Bevollmächtigter, der Vermögenswerte verwaltet, muß nämlich über sämtliche Einnahmen und Ausgaben Auskunft erteilen, die er getätigt hat. Außerdem muß er über die Stand der Geschäfte informieren. Auf der anderen Seite steht aber auch die Frage, ob man diese Ansprüche durchsetzen möchte, wenn man sich im Ergebnis nicht viel greifbares davon verspricht, daß der Bevollmächtigte die Karten offen auf den Tisch legt.

Normalerweise dreht sich ein Erbstreit darum, daß jemand mehr haben möchte als die anderen Beteiligten für richtig halten. Oder es geht einem der Miterben nicht schnell genug mit der Aufteilung des Erbes. Was ist aber, wenn ausnahmsweise einmal ein Miterbe seinen Anteil nicht entgegennimmt?
Diesen Monat haben wir einen Erbfall, bei dem ein Testamentsvollstrecker das Erbe aufteilen soll. Alle Verbindlichkeiten des Nachlasses sind bereits beglichen worden, alle Formalitäten erledigt. Jetzt muß nur noch das Guthaben vom Bankkonto durch die Erbquoten geteilt werden. Eigentlich geht das einfach. Aber einer der Miterben reagiert jetzt nicht mehr auf Briefe, eMails, SMS und geht auch nicht ans Telefon. Seine Bankverbindung ist auch nicht bekannt. Ein persönlicher Besuch zur Übergabe von Bargeld ausscheidet aus, weil er ausgewandert ist. Das Bankkonto der Erbengemeinschaft kann ja aber erst aufgelöst werden, wenn das Guthaben auf die Erben verteilt ist. Testamentsvollstrecker ist ein Verwandter, der dieses Amt aus Gefälligkeit übernommen hat und nun nicht mehr weiter weiß. Was ist in diesem ungewöhnlichen Fall zu tun?
Die Lösung für derartige Fälle ist: Geld kann man beim Amtsgericht hinterlegen. Dafür ist ein Hinterlegungsgrund erforderlich. So ein Grund kann ein Gläubigerverzug sein. Und in diesem Fall ist dieser Erbe im Verzug, weil er als Gläubiger der Nachlaßteilung mit der Annahme seines Anteils am Auseinandersetzungsguthaben im Verzug ist. Der Testamentsvollstrecker muß für die Hinterlegung ein paar Formalitäten erledigen, dann wird er eine Hinterlegungsanordnung vom Amtsgericht bekommen und kann die Zahlung des Anteils dieses Miterben erfüllen durch Überweisung an die Landesoberkasse (andere Bundesländer können andere Namen für diese Stelle haben). Dann ist der Nachlaß abgewickelt, die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt und der Testamentsvollstrecker hat seine Aufgaben vollständig erledigt. Und der Miterbe kann sein Geld bei der Hinterlegungsstelle abholen; darum muß er sich dann freilich selber kümmern.
Im aktuellen Erbfall des Monats war eine Freundin aus England die einzige Beteiligte des Erbfalls, die die Erblasserin persönlich kannte. Die Verstorbene war nämlich schon lange Jahrzehnte die beste Freundin ihrer Mutter gewesen, und sie sahen sich seit Jahrzehnten schon jedes Jahr persönlich. Die Erblasserin hatte allerdings auch noch ein altes Testament, das sie nach dem frühen Tod Ihrer Mutter mit Hilfe eines Notars errichtet hatte, und da stand als Erbe noch der Vater drin. Auf Rat des Notars, daß Ersatzerben die Verwandten mit den Erbquoten sind, die in der gesetzlichen Erbfolge, also ohne Testament, dran wären. Für die Freundin aus England gab es immerhin ein handschriftliches Testament, in dem ihr die umfangreiche Schmucksammlung der Erblasserin sowie eine Bankverbindung im Ausland vermacht waren. Der Vater der Erblasserin war in der Zwischenzeit auch verstorben, so daß die Verwandten als Ersatzerben zum Zuge kamen.
Eigentlich ist der Fall ganz einfach: Erben bekommen als Gesamtrechtsnachfolger alles, was der Erblasserin gehört hat, und müssen Verbindlichkeiten wie zum Beispiel die Vermächtnisse erfüllen. Konkret würde das nun bedeuten, daß die Freundin aus England den Schmuck und die ausländischen Geldanlagen bekommt, der „Rest“ in Form mehrerer Immobilien und inländischer Geldanlagen bleibt bei den Verwandten, die ihre Erbtante mindestens 50 Jahre nicht gesehen hatten, teilweise auch überhaupt nicht von ihrer Existenz wußten. Alle könnten zufrieden sein mit dem Ergebnis.
Es kam aber komplizierter als nötig, weil einige Leute jeweils etwas falsch gemacht haben. Dieser Fall zeigt uns, was dann passiert, wenn alle allen anderen die Schuld dafür geben wollen, daß nichts funktioniert - und kaum einer der Beteiligten benimmt sich normal und vernünftig:
Zunächst waren die Erben noch nicht bekannt, weil im Testament stand: „…Ersatzerben die Verwandten der väterlichen Linie und der Mütterlichen Linie mit den Quoten der gesetzlichen Erbfolge“. Dabei ist gal, ob die Verstorbene schon seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr zu den Verwandten hatte, weshalb nicht einmal bekannt war, wer das denn eigentlich ist und wo sie wohnen. Ein Erbrecht verjährt nicht.
Ein Nachlaßpfleger wurde vom Nachlaßgericht beauftragt, die Erben zu ermitteln und solange den Nachlaß zu sichern. dafür brauchte er einige Jahr, unter anderem weil er selber zweimal mit seinem Büro umzog. Außerdem fand er mit den Unterlagen der Standesämter nicht heraus, daß es da noch einen nichtehelichen Sohn eines Verwandten gab, der auch Miterbe wurde. Der Nachlaßrichter hatte aus einem früheren Fall in Erinnerung, daß es da noch irgend jemanden gab, er sagte dem Nachlaßpfleger aber nur, daß der weiter ermitteln solle, ohne daß er ihn auf die alte Akte hingewiesen hätte.
Es gab außerdem Verzögerungen durch eine Umstrukturierung beim Nachlaßgericht. Eigentlich war aber dieselbe Person für dieselbe Akte im selben Erbfall zuständig, nur eben von einem anderen Bürogebäude aus. Der Verfasser dieser Zeilen ist auch schon mit seinem Büro umgezogen und hat die Erfahrung gemacht: Wenn man bereit ist, seine Arbeit zu erledigen, dann klappt das auch. Aber andere schauen anscheinend lieber auf Ausreden, die plausibel klingen. Der Nachlaßrichter beklagte sich im Lauf der Jahre auch mal darüber, daß der Nachlaßpfleger so langsam sei, anstatt die Erbenermittlung als abgeschlossen anzusehen, so daß die Aufgaben des Nachlaßpflegers erledigt sind. Außerdem fand er, daß die ermittelten Erben gierig seien.
Außerdem beklagten sich die Erben beim Nachlaßrichter darüber, daß der Nachlaßpfleger die Immobilien schlecht verwalte habe, so daß sie nicht noch mehr Vermögen bekommen von der Erbtante, die sie gar nicht persönlich kannten und sich auch überhaupt nicht um sie kümmerten, als es ihr gesundheitlich schlecht ging. Das klingt bizarr, wenn jemand sich nie um seine Erbtante gekümmert hat, es ist für den Nachlaßpfleger aber ein finanzielles Risiko.
Und ein Teil der Erben verschwieg sogar im ersten Antrag auf einen Erbschein, daß es den nichtehelichen Verwandten gab, den sie früher in einem wertlosen Nachlaß noch als Miterben ans Nachlaßgericht gemeldet hatten. Jetzt, wo es um ein Millionenvermögen ging, wollten sie alles ohne diesen „unbekannten“ Verwandten an sich nehmen.
Die englische Freundin der Erblasserin sprach immer wieder beim Nachlaßgericht und beim Nachlaßpfleger vor, ob sie denn nun das Vermächtnis ausgehändigt bekomme. Dabei verwies der Nachlaßrichter auf die Zuständigkeit von entweder Nachlaßpfleger oder Erben, der Nachlaßpfleger verwies auf die Erben, und diese standen ja noch gar nicht definitiv fest. Nach einigen Jahren wurde dann endlich ein Erbschein erteilt, so daß die Vermächtnisnehmerin endlich wußte, wen sie verklagen kann. Nun beriefen sich die Erben aber darauf, daß der Anspruch angeblich verjährt sei. Nun ja, eine Verjährung beseitigt keinesfalls das Recht, das verjähren kann; die Schuldner haben lediglich die Möglichkeit, die Erfüllung verjährter Forderungen zu verweigern. Wenn sie wollen, können sie also problemlos immer noch das tun, was die Erbtante im Testament angeordnet hat - aus Anstand sollte das bei unbekannten Erbtanten auch nicht allzu sehr weh tun. Aber jetzt ist ein Erbstreit bei Gericht zu entscheiden. Und da gibt es eine knifflige Frage, die zu nicht ganz einfach zu beurteilen ist: Lagen die Voraussetzungen vor, daß die Verjährungsfrist schon vor mehr als drei Jahren begonnen hat zu laufen?
Verjährung setzt eigentlich voraus, daß man weiß, von wem man etwas verlangen kann. Und das Vermächtnis bekommt man vom Erben bzw. der Erbengemeinschaft erfüllt. Es gab zwar einen Nachlaßpfleger, der möglicherweise die unbekannten Erben als gesetzlicher Vertreter auch bei einer Vermächtniserfüllungsklage repräsentieren kann. Allerdings sieht das Gesetz zwei Arten von Nachlaßpfleger vor: Der eine wird vom Gericht bestellt, um den Nachlaß zu sichern für unbekannte Erben. Er ist im Interesse der Erben tätig, keinesfalls aber zuständig für die Abwicklung des Nachlasses. Das wird zwar manchmal fälschlicherweise angeordnet, ist aber ohne Antrag von dazu Berechtigten gar nicht zulässig und somit nicht zu beachten.
Die andere Art von Nachlaßpfleger wird auf Antrag eines Gläubigers bestellt, damit der Anspruch erfüllt werden kann, bevor die Erben feststehen. Nachdem aber sowohl der Nachlaßpfleger als auch der Nachlaßrichter mehrere Jahre lang immer wieder gesagt haben, daß eigentlich alles so gut wie erledigt sei und der jeweils andere nur noch eine Kleinigkeit zu tun brauche, erschien ein Antrag der Vermächtnisnehmerin geradezu als obstruktiv, weil doch sowieso in Kürze amtlich feststehen sollte, wer die Erben sind, von denen das Vermächtnis zu erfüllen ist. Im Nachhinein wäre ein Antrag der Vermächtnisnehmerin beim Nachlaßgericht sinnvoll gewesen, einen Nachlaßpfleger auch für die Aufgabe der Erfüllung von Vermächtnissen zu bestellen. Aber zu jedem Zeitpunkt des jahrelangen Wartens sah es eben so aus, als wäre der Antrag unzulässig, bevor darüber entschieden wurde - weil ja die Erbenermittlung vermeintlich am Ende angekommen war, und nur im Nachhinein klar wurde, daß es dann doch noch einmal langwierig weiterging.
Einfacher wäre es gewesen, wenn zum Beispiel der Nachlaßrichter zum Nachlaßpfleger gesagt hätte, wo der suchen soll, schließlich stehen nicht alle nichtehelichen Kinder in den Personenstandsurkunden der Standesämter. Einfacher wäre es auch gewesen, wenn der nicht so oft Umzüge des Büros oder dergleichen als Ausrede für monatelange Verzögerungen genannt worden wären. Und schließlich hätten die Erben auch ganz einfach zur Vermächtnisnehmerin sagen können: „Danke, daß Sie sich persönlich um unsere einsame Tante gekümmert haben, zu denen die Verwandtschaft aus welchem Grund auch immer keinen Kontakt mehr hatte.“ Und dann hätte die Freundin nicht so viel Ärger damit gehabt, ihr Vermächtnis zu bekommen.

Wer viele Erbfälle sieht, schaut im Lauf der Jahre auch in viele Abgründe. Aktuell geht es im Erbfall des Monats mal wieder um Erbschleicherei. Und wieder einmal ist die Erbschleicherin sich selbst im Weg, indem sie ihr Verhalten maßlos übertreibt, und sie riskiert dadurch sogar einen Aufenthalt im Gefängnis. Was ist in diesem Fall passiert? - Ein Witwer erlebte seinen zweiten Frühling. Seine neue Flamme war allerdings nicht nur an seiner Person interessiert, sondern auch an seinem Vermögen. Sie ließ sich schon bald von ihm ein Grundstück schenken, das sie nach kurzer Zeit verkaufte. Sie bewegte ihn auch dazu, seine Wohnung aufzugeben und zu ihr zu ziehen. Bei der Gelegenheit ‘half’ sie ihm auch dabei, von seiner jahrzehntelangen Hausbank zu ihrer Sparkasse zu wechseln und ließ sich eine Kontovollmacht erteilen. Sein Testament änderte er allerdings nicht mehr, sein Sohn blieb Alleinerbe.
Als der Erbfall eintrat, kam es zu einigen unangenehmen Überraschungen: Der Sohn erfuhr erst nach der Beerdigung, daß sein Vater verstorben war. Dennoch sollte er die Beerdigung bezahlen. Und obwohl bei der Beerdigung der Mutter extra ein Doppelgrab auch für den Vater reserviert wurde, hatte die Lebensgefährtin ein neues Doppelgrab bestellt, in dem auch für sie selber Platz sein sollte; der Sohn des Verstorbenen sollte auch das zukünftige Grab der Lebensgefährtin mit bezahlen, die ihm die Beerdigung seines Vaters verschwiegen hatte. Was der Verstorbene am Ende selber wollte, kann man schwer feststellen; nachdem der Sohn zahlen soll, wäre es aber sicher das mindeste gewesen, ihn vom Todesfall zu informieren und natürlich auch von Zeit und Ort der Beerdigung. Der Erbfall hatte somit schon ohne ersichtlichen Grund einen konfliktträchtigen Anfang.
Danach kam es immer dicker: Der Sohn wollte wissen, ob die Erbschaft überschuldet ist. Die Lebensgefährtin seines Vaters verweigerte ihm aber Auskünfte und weigerte sich, Kontoauszüge herauszugeben, die ja an ihre Adresse geschickt wurden. Sie behauptete auch, es gebe keinerlei Nachlaßgegenstände und auch keine Kontoauszüge in ihrem Besitz, obwohl der Erblasser doch mit ihr die Wohnung geteilt hatte und er wenigstens persönliche Gegenstände und Dokumente hinterlassen haben muß, die jetzt dem Sohn als Alleinerben zustehen.
Vermutlich dachte die Erbschleicherin sich dabei, daß der Sohn nicht schlau genug sei, die neue Bankverbindung seines Vaters herauszufinden. Dabei schätzte sie den Sohn ihres verstorbenen Lebensgefährten aber falsch ein. Außerdem ließ der sich unterstützen von einem Fachanwalt für Erbrecht, der sich auch gerade mit Banken gut auskennt. Es war ein Kinderspiel herauszufinden, wann die alte Bankverbindung aufgelöst wurde und wohin das Geld damals ging. Auch die aktuellen Kontostände waren schnell in Erfahrung gebracht.
Als die Lebensgefährtin auf die notariell beurkundete Grundstücksschenkung angesprochen wurde, konnte ihr Anwalt nicht länger leugnen, daß es überhaupt etwas derartiges gab. Er versuchte sich mit ‘kreativer’ Argumentation: Das sei eigentlich keine Schenkung, sondern der Erblasser habe ihr das Eigentum übertragen für den absehbaren Pflegeaufwand. Der Erblasser war tatsächlich am Ende seines Lebens pflegebedürftig und konnte nicht einmal mehr an der Supermarktkasse selber bezahlen. Zur Zeit der Schenkung war das aber noch anders, und im Vertrag steht ausdrücklich ein Ausschluß jeglicher Gegenleistungen, egal ob Geldzahlung, Pflegeleistung oder anderweitig.
Es stellte sich dann auch noch heraus, daß vom Konto des Erblassers fast jeden Monat höhere Beträge bar abgehoben wurden und außerdem an die Lebensgefährtin Überweisungen getätigt wurden - und ausgerechnet in der Zeit, in der er das dann wegen Pflegebedürftigkeit definitiv nicht mehr selber tun konnte. Nach seinem Tod wurde dann durch Bevollmächtigte sein Konto aufgelöst und das restliche Guthaben an die Lebensgefährtin überwiesen. Trotzdem ließ sie ihren Anwalt lügen, sie habe nicht über Geld ihres Lebensgefährten verfügt und sie wisse auch nicht, wo dessen Vermögen hinkommen ist. Der Gipfel war dann, daß sie vehement verlangte, die Kosten für die Bestattung ersetzt zu bekommen, die sie heimlich hinter dem Rücken des Sohns organisiert hatte.
In solchen Fällen gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man damit umgeht. Meistens wird im Zivilprozeß erst einmal Auskunft und am Ende Herausgabe der Erbschaftsgegenstände eingeklagt. Eine Alternative ist es, in derartigen Fällen Strafanzeige zu erstatten, damit die Staatsanwaltschaft den Verdacht der Unterschlagung prüft und der Anzeigeerstatter dann im Rahmen einer Akteneinsicht die Details zu den Machenschaften der Erbschleicherin erfährt.

„Erbteil des Miterben gepfändet“, sagt das Formular im gelben Briefumschlag (also mit Zustellurkunde des Gerichtsvollziehers), das die anderen Miterben per Post zugestellt bekommen haben. Das Formular ist furchtbar lang und kompliziert, und natürlich erklärt das Formular nicht im Detail, was das denn bedeutet: „Erbteil … gepfändet“. Was heißt das für die anderen Miterben? Und für die Bank, bei der das Nachlaßkonto geführt wird? Wie verhält man sich richtig, damit alles korrekt ist und damit einen keine Nachteile treffen?
Die Details richten sich danach, was genau gepfändet wurde. Das steht auf Seite 6 des Musterformulars, das für derartige Zwangsvollstreckung vorgeschrieben ist und somit von der äußeren Gestaltung her immer gleich aussieht. Theoretisch kann der Gläubiger sich auf eine Pfändung beschränken. Damit er davon einen greifbaren Vorteil hat, wird er sich vernünftigerweise die gepfändeten Ansprüche aber auch zur Einziehung überweisen lassen. Das bedeutet dann folgendes:
Mit der Pfändung tritt der Pfändungsgläubiger im Großen und Ganzen in die rechtliche Stellung des Pfändungsschuldners ein. Das heißt, die gepfändeten Ansprüche stehen jetzt dem Pfändungsgläubiger zu, der die Pfändung veranlaßt hat, also die Rechte aus dem Erbteil. Und jeder Miterbe hat den Anspruch, die Teilung des Nachlasses zur Beendigung der Erbengemeinschaft zu verlangen - das gilt aber „nur“ gegenüber den Miterben. Das bedeutet konkret, daß jetzt der Pfändungsgläubiger die Erbschaft versilbern kann, indem er die Aufteilung der Nachlaßgegenstände verlangt. Für die Miterben und auch für andere Drittschuldner (das ist zum Beispiel die Bank, bei der das Nachlaßkonto geführt wird) bedeutet das ein Risiko: Wer an den Miterben zahlt, dessen Erbteil gepfändet wurde, muß die ursprüngliche Situation wiederherstellen, also zweimal zahlen.
„Überweisung“ heißt im Zusammenhang mit einer Pfändung in der Zwangsvollstreckung, daß der Pfändungsgläubiger nicht nur die Ansprüche sicherstellen kann. Dann wären die Ansprüche ja nur „eingefroren“. Durch die Überweisung kann er auch die Leistung an sich verlangen, und nur dadurch erlischt dann die Verbindlichkeit des Schuldners.
Dazu kommt noch, daß jeder Empfänger eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine sogenannte Drittschuldnererklärung abgeben muß. Und dafür gilt dann auch noch eine Frist von nur 14 Tagen. Bis dahin muß man sich im klaren sein, ob man gegenüber dem Pfändungsgläubiger den gepfändeten Anspruch schwarz auf weiß anerkennt oder nicht. Wer die Frist nicht einhält, kann vom Pfändungsgläubiger verklagt werden und zahlt dann womöglich noch Prozeßkosten. Eine Pfändungsverfügung muß also in jedem Fall ernst genommen werden. Eine Erleichterung gibt es wenigstens: Der Anspruch muß bei der Pfändung eines Erbteils nur „dem Grunde nach“ anerkannt werden, der Wert in Euro ausgedrückt ist in diesem Moment erst einmal nicht relevant.
Zuletzt kommt dann aber noch eine unangenehme Besonderheit hinzu: Trotz der Pfändung seines Erbteils bleibt der Miterbe Mitglied in der Erbengemeinschaft; der Pfändungsgläubiger bekommt zwar Ansprüche aus dem Erbteil, nicht aber die vollständige Stellung des Miterben. In manchen Fällen wird nicht alles von der Pfändung und Überweisung erfaßt. Beispielsweise bleibt das Recht zur Kündigung eines Bankkontos durch die Erbengemeinschaft gegenüber der Bank regelmäßig beim Miterben, dessen Erbteil doch eigentlich gepfändet wurde. Wenn dieser Miterbe jetzt aber nicht daran mitwirkt, daß das Kontoguthaben so ausgezahlt wird, wie die anderen Miterben und der Pfändungsgläubiger es beschlossen haben, dann kann es passieren, daß die Bank die Auszahlung verweigert. Dafür kann es viele Gründe geben: Dem Pfändungsschuldner wurde sein Erbteil oft weggepfändet, weil er viel höhere Schulden hat, als der Erbteil wert ist. Schuldenfrei wird er also noch lange nicht. Und wenn nach der Pfändung immer noch Schulden übrig bleiben, ist die Motivation gering, überhaupt etwas zu tun oder zu irgend etwas die Zustimmung zu erteilen. In anderen Fällen gibt es vielleicht gesundheitliche Probleme, der Miterbe hat dann unabhängig von der Pfändung andere Sorgen, als eine Zustimmung an die Bank zu schicken. In all diesen Fällen ist Verhandlungsgeschick gefragt und auch eine Portion Glück erforderlich, um das Erbe schnell aufzuteilen. Ansonsten bleibt nur noch der Weg übers Gericht, das dann am Ende des Verfahrens die Zustimmung des Miterben ersetzt.
„Green Effects“ als Kapitalanlage zu erben - das hört sich wunderbar an, heute in einer Zeit mit Topthemen wie „Klimakrise“ kann man mit dieser Erbschaft wohl gutes tun und damit auch noch Geld verdienen, ohne selber etwas tun zu müssen. Der Erblasser des Monats hat sein Geld bei „Green Effects"angelegt - und zwar über einen Treuhänder in Irland, den sein Versicherungsvertreter ins Spiel gebracht hatte. Dann starb der Anleger. Der Treuhänder will die Kapitalanlage jetzt aber nur gegen Vorlage eines Dokuments eines irischen Nachlaßgerichts (Probate Court) herausgeben, mit dem die Erbin einen Nachweis nachweist, daß auch sie berechtigt ist, über den Nachlaß zu verfügen. Und das verlangt der, obwohl sie doch schon einen Erbschein hat! Was soll sie jetzt tun?
Der Fall ist unnötig kompliziert, denn der Erblasser hat immer in Deutschland gelebt, er hat hier geheiratet, ein Testament nach deutschem Erbrecht verfaßt, es wurde ein deutscher Erbschein erteilt, seine Alleinerbin lebt in Deutschland und alle Beteiligten haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Nur diese eine Geldanlage ist „irgendwie“ im Ausland.
Allerdings gehört Irland zu den beiden EU-Mitgliedsländern, die (noch) nicht bei der EU-Erbrechtsverordnung mitmachen. Dort gilt also kein Europäisches Nachlaßzeugnis. Somit muß für Vermögenswerte des Verstorbenen in diesem Land noch ein extra Nachlaßverfahren durchgeführt werden, als wäre es nicht in Europa, sondern in Amerika, Afrika oder China. Der Aufwand ist so groß, wie es sich anhört, vor allem ist das Rechtssystem dort ganz anders und die wenigsten Deutschen verstehen es so richtig.
Dabei wäre es viel einfacher gegangen: In Wirklichkeit handelt es sich entgegen aller Gerüchte bei „Green Effects“ keinesfalls um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen, sondern ganz einfach nur um einen offenen Investmentfonds, der sogar an der Kleinanlegerbörse in Stuttgart gehandelt wird. Die Anteile an diesem Fonds können ohne weiteres bei allen deutschen Banken und Sparkassen jederzeit und in jedem noch so billigen Depotmodell verwahrt werden. Der Umweg über einen Treuhänder in Irland war objektiv vollkommen überflüssig. Vermutlich hat der deutsche Versicherungsvertreter eine größere Provision dafür bekommen, daß er den ausländischen Treuhänder ins Spiel gebracht hat - und der Anleger hat allem Anschein nach überhaupt nicht darüber nachgedacht, was er da unterschreibt und warum diese komplizierte Konstruktion für die Anlage einiger tausend Euro denn nötig sein soll. Für ander ist es eine Lehre, für diesen Erbfall brauchen wir aber immer noch eine Lösung, damit die Witwe als Erbin an das Geld kommt.
Die Lösung der Schwierigkeiten ist durchaus möglich. Theoretisch kann man den „Grant of Probate“ selber beantragen. Einfacher ist es freilich, einen deutsch-irischen Anwalt zu engagieren, der sich damit schon auskennt und beide Rechtssysteme versteht. Mit dem Nachweis des Probate Court wird es dann eigentlich sehr leicht, die Erbschaft zügig abzuwickeln.
Besondere Schwierigkeiten gibt es im aktuellen Erbfall des Monats aber auch noch, und die sind auch für den Fachmann nur mit größerem Aufwand zu meistern: Der Erblasser mochte seinen Vornamen nicht, hat stattdessen auf allen Verträgen einen Spitzname angegeben. In Geburtsurkunde, Ausweis und Erbschein stehen selbstverständlich die richtigen Namen. Wie soll da ein ausländisches Gericht und der Treuhänder wissen, daß das trotzdem ein und dieselbe Person war? Das ganze Theater konnte aber nur deshalb zum Problem werden, weil die Vertragspartner des Erblassers keine Identitätsprüfung durchgeführt haben. Eine pragmatische Lösung kann jenseits des Erbrechts stattfinden: In Zeiten von Geldwäscheprävention usw. bedeutet die Ungereimtheit bei Namen und Identitätsprüfung nämlich, daß der Vermittler der Kapitalanlage den Schaden in Höhe der zusätzlichen Kosten als Schadenersatz bezahlen muß, die durch die Angabe des Spitznamens auf dem Vertrag entstanden sind. Er hat ja den Abgleich mit dem Ausweisdokument vernachlässigt, obwohl das auf dem Formular des Treuhänders ausdrücklich vorgesehen ist. Die Erbin will diesen Vermittler aber nicht in Haftung nehmen. Also wird sie selber den Aufwand für die Abwicklung dieser „Kapitalanlage“ zahlen müssen.

Stellen Sie sich vor, Sie erben mehrere Sparkonten. Aber die Sparkasse verhindert ein halbes Jahr lang, daß Sie die Kontrolle über Ihr geerbtes Geld haben. - Gibt’s doch gar nicht, denken jetzt bestimmt die meisten Leser? Doch! Im aktuellen Erbfall des Monats geht es um eine moderne Unsitte: Der Kunde bekommt einfach nichts, wenn er sein Geld heraus verlangt. Ausgerechnet bei der Sparkasse vor Ort, die früher doch immer dafür stand, daß solide, seriöse Angestellte alle Anliegen der Kunden akkurat bearbeiten und Ihr Geld sicher verwahren…. Leider häufen sich die Fälle, in denen so etwas passiert, insbesondere bei der Abwicklung von Nachlässen verstorbener Sparkassenkunden. Die Kunden bzw. ihre Erben fühlen sich dann wie David im Kampf gegen Goliath, nämlich in der schwächeren Position. Die Erfahrung zeigt aber auch, daß nicht nur damals der biblische David, sondern heute auch der „kleine Kunde“ gegen den scheinbar übermächtigen Gegner gewinnen kann. Im Detail sieht das dann häufig so aus, wie wir es die letzten Monate mit einem Mandant erlebt haben:
(1) Der Alleinerbe weist seine Erbenstellung nach durch eine beglaubigte Kopie des notariellen Testaments mitsamt einer Ausfertigung der Eröffnungsniederschrift des Nachlaßgerichts. Er kündigt das Sparguthaben und verlangt Auszahlung auf sein eigenes Konto. Er teilt der Sparkasse seine Adresse mit, damit die Kontoauszüge des ebenfalls geerbten Girokontos an seine Adresse geschickt werden, die etwa 500 km weit entfernt ist von der Wohnung seiner verstorbenen Erbtante.
(2) Nichts passiert. Der Erbe bekommt nicht einmal Kontoauszüge.
(3) Der Erbe und auch sein Rechtsanwalt erinnern mehrmals per eMail, Telefon und Brief an die Kündigung der Sparkonten und an die Überweisung. Er schreibt der Sparkasse auch, daß er das Geld braucht, um die Erbschaftsteuer auf dieses geerbte Guthaben bezahlen zu können.
(4) Wieder passiert nichts, einfach gar nix. Am Telefon wird behauptet, daß bisher keinerlei Post oder eMail vom Erbe bei der Sparkasse angekommen sei, und an die bisherigen Anrufe will sich sowieso niemand mehr erinnern. Erst als an einen eingeschriebenen Brief erinnert wurde, gab man zu, daß der bei der Filiale angekommen sein soll. Aber auch dieser Brief wird nicht bearbeitet.
(5) Die Sparkasse verlangt weitere Unterlagen, die angeblich erforderlich seien für die Abwicklung des Nachlasses. Eine Auszahlung könne deshalb noch nicht stattfinden. Der Anwalt des Erben weist die Sparkässlerin darauf hin, daß schon seit mehr als 120 Jahren im Bürgerlichen Gesetzbuch steht, wie ein Erbe an sein Geld kommt. Die Sparkässlerin antwortet unverblümt, sie wisse nicht, was im Gesetz steht, das sei in der Filiale der Sparkasse auch egal, sie interessiere sich nicht für Gesetze. (Anmerkung: So ist das eben, wenn ein Unternehmen nur diejenigen Gesetze gelten läßt, die im „Compliance-Handbuch“ aufgelistet sind - und alle anderen allgemeingültigen Regeln können die Angestellten beliebig brechen, ohne daß die Arbeitgeberin etwas dagegen unternimmt.) Der Anwalt des Erben sagt daraufhin deutlich, was er davon hält, wenn dem Erben sein Geld monatelang rechtswidrig vorenthalten wird. Daraufhin läßt die Sparkässlerin ihren Filialleiter beim Anwalt anrufen und diesen „rügen“, er solle gefälligst freundlicher mit der Sparkässlerin sprechen. Der Anwalt denkt sich seinen Teil und verlangt eine schriftliche und vollständige Auskunft, was jetzt denn noch alles nötig sei für die Bearbeitung der Kündigung des Sparguthabens und für die Überweisung an den Erben. Etwas später als vom Filialleiter der Sparkasse zugesagt kommt dann eine Liste mit Formularen und Dokumenten, die angeblich noch nötig seien (Anmerkung: Die Rechtslage sieht diese Hürden natürlich keinesfalls vor, aber der Erbe macht immer noch gute Mine zum bösen Spiel). Nachdem der Anwalt des Erben auch noch all diesen Papierkram vorgelegt hat, fällt der Sparkässlerin doch noch etwas anderes ein, was sie vor einer Überweisung des Guthabens an den Erben haben will.
(6) Der Erbe ist frustriert und verärgert, nachdem er schon mehr als vier Monate auf sein Geld wartet. Sein Fachanwalt für Erbrecht rät ihm zur Klage gegen die Sparkasse. Aber vor Gericht mit einer Sparkasse anlegen? Kann das gut gehen? Nach etwas Zögern vertraut der Erbe auf den Rat seines Anwalts, der ist immerhin Fachanwalt für Erbrecht und war früher mehrere Jahre lang bei Banken für Fortbildung im Erbrecht zuständig.
(7) Jetzt kommt Bewegung ins Spiel: (A) Klageerhebung beim Landgericht mit einer Begründung, die für die Sparkasse mehr als peinlich ist - (B) Zustellung der Klageschrift bei der beklagten Sparkasse ein paar Wochen später - (C) plötzliche Überweisung des Guthabens an den Erben. Liegt es daran, daß jetzt eine andere Abteilung bei der Sparkasse zuständig ist? Oder soll vor allem verhindert werden, daß eine öffentliche Gerichtsverhandlung und ein Urteil zu dieser Affäre den Ruf der Sparkasse ruinieren können? Wie auch immer: Das Ergebnis zählt, und jetzt nach mehr als einem halben Jahr wurden die Kündigung des Sparguthabens und die Überweisung endlich ausgeführt. David gegen Goliath ging „überraschend“ so aus, wie es seit über 120 Jahren im Gesetz steht.
Für den Erben ist jetzt schon „die Welt in Ordnung“. Sein Anwalt hat aber noch eine nette Überraschung für ihn bereit: Jetzt wird das Gerichtsverfahren für erledigt erklärt, Kostenerstattung beantragt, und danach muß die beklagte Sparkasse für ihr schuldhaftes Fehlverhalten die Prozeßkosten, also Gerichtsgebühren und Rechtsanwaltshonorar, an den Erben erstatten. Das heißt: Unterm Strich hat es den Erben nichts gekostet, er hat rundum gewonnen. Wenn Goliath gegenüber David im Unrecht ist, dann tut es nämlich Goliath weh - vorausgesetzt, daß David sich zur Wehr setzt, anstatt sich in das vermeintliche Schicksal zu fügen, man könne gegen große, mächtige Gegner doch gar nichts erreichen.

Sicherheit ist ein besonders wichtiger Punkt bei der Planung der Erbfolge, wenn das Testament einem schwerbehinderten Kind helfen soll. Bleibendes zu hinterlassen ist sowieso für viele Eltern und Großeltern ein Anliegen. Bei hilfsbedürftigen Nachkommen hat die Möglichkeit, mit Hilfe eines guten Testaments eine verbesserte Lebenssituation zu ermöglichen, noch einmal eine wichtigere Dimension.
Eine Herausforderung ist in unserem aktuellen Erbfall des Monats, daß der Großvater einer schwerbehinderten, arbeitsunfähigen jungen Frau seinerzeit beim Notar einen Erbvertrag mit seiner verstorbenen Ehefrau beurkunden ließ. Das machten die Großeltern als junges Ehepaar vor 60 Jahren. Nachdem die Großmutter verstorben war, starb eines der Kinder der Großeltern, so daß die schwerbehinderte Enkelin in der Erbfolge und auch hinsichtlich Pflichtteilsansprüchen an seine Stelle trat. Als der Erbvertrag beurkundet wurde, hat natürlich niemand in der Familie damit gerechnet, daß ein Kind vor seinen Eltern stirbt, und die schwerbehinderte Enkelin gab es damals auch noch nicht. Der letzte Wille hat jedoch kein „Verfallsdatum“, gilt also auch nach langer Zeit noch, was bei ungewöhnlichen Ereignissen dazu führen kann, daß die letztwilligen Verfügungen nicht mehr so ganz zu dem passen, was später zur Zeit des Erbfalls sinnvoll wäre. Sinnvoll wäre es in der jetzigen Situation, daß die Enkelin abgesichert wird durch ein sogenanntes „Behindertentestament“. Das sorgt einerseits dafür, daß das behinderte Enkelkind für besonderen Bedarf etwas aus der Erbschaft bekommt. Außerdem wird damit verhindert, daß der Pflichtteil eingefordert wird, was in der Praxis oft zum Verlust von Familienvermögen und Liquiditätsengpässen der Erben führt, weil der Träger der Sozialhilfe einen Überleitungsanspruch am Pflichtteil ausüben wird.
Im vorliegenden Erbvertrag ist auch die Schlußerbfolge geregelt, also wer Erbe werden soll, wenn der zweite Ehegatte verstirbt. Nachdem die Frau bereits verstorben ist, stellt sich jetzt die spannende Frage, ob der länger lebende Ehemann überhaupt noch eine Änderung am letzten Willen vornehmen kann. Wer einen Erbvertrag abschließt, will ja in aller Regel ausschließen, daß es durch eine nicht abgesprochene Regelung des anderen Vertragspartners eine überraschende Änderung bei der Erbfolge gibt gibt. Das muß sich aber nicht auf alle einzelnen Regelungen im Erbvertrag beziehen; damit überhaupt ein Erbvertrag vorliegt, muß aber wenigstens eine Regelung eine vertragsmäßige Verfügung sein, also Bindungswirkung haben.
Beim vorliegenden Dokument ist nicht eindeutig geregelt, ob die Schlußerbfolge vom länger lebenden Ehegatten und Vertragspartner noch einmal geändert werden kann. Wenn man nicht sicher ist, ob eine sinnvolle Änderung möglich ist, lohnt es sich aber durchaus, mit einem Fachmann, also beispielsweise einem Fachanwalt für Erbrecht mit Erfahrung in Sachen Behindertentestamenten, den Versuch zu unternehmen, eine individuell passende Neuregelung zu treffen.
Im „ersten Anlauf“ hat der Großvater jedoch ohne fachkundige Beratung ein Testament geschrieben, in dem er die Enkelin ausschließen und sein ganzes Vermögen den anderen Verwandten zukommen lassen wollte, wobei es ausschließlich um Immobilien geht. Das hätte im Ergebnis dazu geführt, daß die Enkelin nichts vom Familienvermögen hätte, während die Erben die Pflichtteilsquote aus dem geerbten Immobilienvermögen sowie im Rahmen der Pflichtteilsergänzung aus vorangegangenen Schenkungen ans Sozialamt hätten zahlen müssen. Das wäre also ein denkbar schlechtes Ergebnis gewesen.
Mit Hilfe des Fachanwalts für Erbrecht, den die Familie von einer Bekannten empfohlen bekam, wurde jetzt eine andere Regelung entworfen: Das neue Testament berücksichtigt jeden Bedarf der schwerbehinderten Enkelin, von Alltagsgegenständen über medizinische Versorgung bis hin zu ihren Hobbies, für die sie Geld benötigt. Das ganze wurde vom Anwalt fachmännisch ausformuliert, der Großvater mußte es dann noch unterschreiben. Mit seiner Unterschrift wurde ein wirksames Testament daraus. Wahrscheinlich wird das Nachlaßgericht später nach dem Erbfall davon ausgehen, der alte Erbvertrag die ursprünglich vorgesehene Schlußerbfolge nicht „in Stein gemeißelt“ hat, so daß dann alle Beteiligten mit der zeitgemäßen Neuregelung besser fahren als mit den bisherigen Regelungen.

Gerade haben wir einen Fall auf dem Tisch von der Sorte, so etwas hält kaum jemand für möglich, und zwar sowohl auf der sachlichen Ebene als auch auf der emotionalen Ebene: Der Steuerberater und „Rechtsbeistand für Bürgerliches Recht“ der Erblasserin schickte eine Rechnung für eine Erbschaftsteuererklärung an die Erbin, ohne daß diese sich daran erinnern konnte, daß sie ihm jemals einen Auftrag erteilt hätte. Er verlangte von ihr einen vierstelligen Betrag an Honorar. In der Rechnung war nicht einmal der Gebührenfaktor nach der Steuerberatervergütungsverordnung genannt, und der Leistungszeitraum war lapidar mit „2020“ angegeben, ohne das Halbjahr zu benennen - dabei hatten die beiden Halbjahre in 2020 unterschiedliche Umsatzsteuersätze, was für die Höhe der Rechnung relevant ist. Im Begleitschreiben vom Frühjahr 2021 teilte er dann noch mit, die Rechnung sei aus Versehen seit ein paar Monaten liegen geblieben, die Erbin solle ihn jetzt aber sehr schnell bezahlen. Die Erblasserin habe ihn vor ihrem Tod gebeten, daß er sich später auch um die Erbschaftsteuer der Hinterbliebenen kümmern solle. Als Anlage zu seinem Schreiben legte der Steuerberater noch eine Kopie eines Teils der Formulare der Erbschaftsteuererklärung vor, den Großteil dieser Formulare behielt er aber für sich. Zum besseren Verständnis der Hintergründe des Falls noch eine Ergänzung: Als der Erbfall noch frisch war, polterte der Steuerberater und „Rechtsbeistand für Bürgerliches Recht“ im Termin zur Testamentseröffnung bereits ohne erkennbaren Anlaß herum, die Erbin hätte sich gegenüber ihrer Mutter, der Erblasserin, jahrelang schlecht verhalten; tatsächlich hatte sie sich lediglich um ihren schwerstbehinderten Sohn intensiver gekümmert als um ihre Mutter, was dem Herrn Steuerberater und Rechtsbeistand aber gleichgültig war. Im übrigen ist sie selber Steuerberatergehilfin und könnte eine Erbschaftsteuererklärung in einem einfachen Fall wie diesem auch selber machen; den unsympathischen Poltergeist hätte sie auf keinen Fall jemals mit irgend etwas beauftragt. Man kann sich vorstellen, wie die Erbin jetzt von der unerwarteten Rechnung für die unbestellte „Leistung“ des Steuerberaters überrascht und verunsichert war. Sie wollte natürlich auch nicht riskieren, daß sie verklagt wird, wenn sie diesen Steuerberater nicht bezahlt.
Die Erbin wollte in dieser Situation die Sicherheit haben, daß sie alles richtig macht, nicht zu viel zahlt, und daß sie auch die Kontrolle über ihr Erbe behält. Also ließ sie sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten, was in so einem merkwürdigen Fall zu tun ist. Etwa ein Drittel der Ausbildung zum Fachanwalt für Erbrecht ist Erbschaft- und Schenkungsteuer, so daß sich der Fachanwalt für Erbrecht in diesem Bereich mindestens so gut auskennt wie ein durchschnittlicher Steuerberater, und den „Rest“ des Falles kann der Rechtsanwalt in jeder rechtlichen Hinsicht beurteilen. Bei ungewöhnlichen Fällen ist es wichtig, jedes Detail genau anzusehen, damit nicht das kleine Detail übersehen wird, das den Unterschied ausmacht zur Einschätzung „normalerweise ist das so…“. Aufgabe des Rechtsanwalts ist es nämlich, seine Mandanten vor allen vermeidbaren Überraschungen in allen Rechtsfragen zu bewahren.
Der Blick auf die Details ergab in diesem Fall aber nur, daß die Forderung dieses Steuerberaters wirklich so absurd ist, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hat: Ein Auftrag kommt nur zustande, wenn der Auftraggeber das erkennbar will. Als Erbe übernimmt man zwar alles, was von der Erblasserin veranlaßt wurde; die Erbschaftsteuer ist aber keine Nachlaßverbindlichkeit, es wird nicht die Erbschaft als solche besteuert. Vielmehr schuldet jede Begünstigte diese Steuer für ihren Erwerb von der Erblasserin. Das deutsche Recht kennt keinen „Vertrag zu Lasten Dritter“, so daß die Erblasserin ihre Erbin nicht wirksam verpflichten konnte, den Steuerberater zu bezahlen. Als Rechtsbeistand für Bürgerliches Recht mußte ihm das auch klar sein.
Dazu kommt noch, daß die Steuerberatervergütung für einer Erbschaftsteuererklärung einen Gebührenfaktor nennen muß, sie fällt nämlich je nach Schwierigkeit, Aufwand usw. in Höhe von 2/10 bis 10/10 an. Der Gebührenfaktor muß auf der Rechnung genannt sein, damit sie wirksam und nachvollziehbar ist.Dieses Versäumnis führt auch schon für sich genommen dazu, daß diese Rechnung nicht bezahlt werden muß.
Ein weiterer gravierender Fehler besteht darin, daß der Leistungszeitpunkt für die erbrachten Steuerberaterleistungen nicht genannt ist. Eine Jahreszahl reicht dafür nicht aus, erst recht nicht wenn es in dem Jahr einen Wechsel der Steuersätze zur Jahresmitte gab. Je nachdem, was abgerechnet wird, muß entweder der Zeitraum der gesamten abgerechneten Tätigkeit angegeben werden oder aber ein bestimmter Tag, an dem die Leistung von Gesetzes wegen als fällig gilt. Mindestens ein konkreter Monat muß angegeben werden (UStG § 14 IV Nr. 6, UStDVO § 31 IV). Der Verstoß gegen dieses Erfordernis läßt freilich auch Zweifel daran zu, ob der Steuerberater überhaupt noch seinen Aufgaben gewachsen ist, wenn er nicht einmal die Anforderungen des Steuerrechts an seine eigene Rechnung erfüllt.
Dieser Erbfall des Monats endet damit, daß der Fachanwalt für Erbrecht dem Steuerberater schreibt, warum seine Rechnung nicht bezahlt wird. Wenn sich die Erbin etwas Zeit dafür nehmen möchte und einen Vorschuß auf Prozeßkosten bezahlt, kann sie außerdem die Rechtsanwaltskosten für die Abwehr der offensichtlich unbegründeten Forderung des Steuerberaters zurückbekommen.

Immer häufiger kommt es vor, daß Sparkassen den Erben das Leben unnötig schwer machen. Dabei ist die Rechtslage für die meisten Fragen im Grunde ganz einfach. Vom Gesetz her kann fast nur der Nachweis der Erbenstellung in manchen Einzelfällen schwierig sein. Und trotzdem häufen sich zwei Probleme, bei denen die Sparkassen fast immer im Urecht sind: (1.) Überweisungen und Barauszahlungen werden trotz Anweisung der Erben nicht ausgeführt und (2.) den Erben wird oft Auskunft über die Konten verweigert und erst recht werden keine Duplikate von Kontoauszügen zur Verfügung gestellt. Meistens reicht es aus, daß die Kunden mit Hilfe eines Rechtsanwalts Klage erheben, denn nur selten lassen die Sparkassen es auf eine mündliche Gerichtsverhandlung mit Zuschauern oder gar auf eine Verurteilung ankommen. Im Detail sieht es so aus:
(1.) Ein Erbe ist Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen, bekommt somit gemäß BGB § 1922 alle Ansprüche und Verbindlichkeiten, die zum Vermögen des Erblassers gehört haben. Seit dem Jahr 1900 gilt in ganz Deutschland der sogenannte „Von-Selbst-Erwerb“ durch Erbschaft: Der Erbe muß nichts unternehmen, um alle Ansprüche auf das geerbte Vermögen zu haben, weil er alles Eigentum und sogar den Besitz von selbst erwirbt. Zum Vermögen gehört zweifellos auch das Konto eines verstorbenen Sparkassenkunden. Der Erbe kann also Überweisungen und Auszahlungen verlangen, so wie das bis dahin der Erblasser konnte. Zu Einschränkungen kommen wir später bei Punkt (3.).
(2.) Zusammen mit dem Kontoguthaben stehen dem Erben auch Kontoauszüge und andere Auskünfte über die Bankverbindung zu. Das umfaßt grundsätzlich auch Auskunft über Zahlungseingänge und -ausgänge in der Vergangenheit. Wenn die Sparkasse eine Auskunft schon einmal dem Kontoinhaber erteilt hat, kann sie für die Erteilung einer Duplik an den Erben eine angemessene Vergütung verlangen. Wie hoch „angemessen“ in Euro ausgedrückt ist, entscheidet manchmal die Justiz. Bei den üblichen Monatsauszügen über ein einzelnes Konto dürften € 15,- zu teuer sein; das hängt aber immer vom Einzelfall ab, da bei manchen Konten monatlich hunderte oder sogar tausende von Zahlungen eingehen, was den Kontoauszug dann schon aufwendiger macht als einen Normalfall.
(3.) Wenn es mehrere Erben gibt, also eine Erbengemeinschaft, dann kommt noch eine Besonderheit dazu: Miterben können nur gemeinschaftlich über Forderungen verfügen, die zum Nachlaß gehören. Zahlung kann ein Miterbe nicht ohne die anderen Miterben verlangen. Es reicht aber beispielsweise bei Auskünften (Kontoauszügen) aus, daß ein Miterbe diese verlangt. Dann muß der Schuldner (die Sparkasse) die Auskunft an die Erbengemeinschaft erteilen. In der Praxis geschieht das regelmäßig dadurch, daß die Auskunft an jeden Miterben verschickt wird. Gelegentlich will eine Sparkasse dafür bezahlt werden, daß mehr als ein Exemplar der schriftlichen Auskunft erstellt wird; die Kosten müssen jedoch angemessen sein, also in einem plausiblen Verhältnis zum Aufwand stehen.
(4.) Wenn der verstorbene Kontoinhaber jemandem eine Vollmacht erteilt hat, die über den Tod hinaus gilt, dann kann der Bevollmächtigte auch die Erben wirksam vertreten. Dabei ist es gleichgültig, ob die Vollmacht auf einem Formulare der Bank erteilt wurde, ob sie von einem Notar beurkundet oder beglaubigt wurde oder ob es einfach eine „normale“ Vollmacht auf einem Blatt Papier ist. Es muß nur klar sein, daß der Vollmachtgeber die Vollmacht erteilen wollte, was durch seine Unterschrift eindeutig dokumentiert wird; die Unterschrift des verstorbenen Kunden ist der Sparkasse immer (!) bekannt, auch wenn dort gelegentlich behauptet wird, man wisse ja nicht, wer die privatschriftliche Vollmacht unterschrieben hat. Vollmachten können die Abwicklung eines Nachlasses erleichtern. Allerdings bergen sie auch eine Gefahr: Bevollmächtigte können ohne Absprache mit den vertretenen Erben handeln, was dann zwischen ihnen und den Erben zu Streit führen kann. Für die Sparkasse ist das aber nicht relevant, solange sich kein Mißbrauch der Vollmacht aufdrängt..
Wenn Sie den Eindruck haben, daß Sie als Erbe eines Sparkassenkunden nicht so behandelt werden, wie es sein sollte, dann kann man einen guten Rat geben: Gehen Sie zu einem Rechtsanwalt, der auf Erbrecht spezialisiert ist und möglichst auch mit Sparkassen-/Bankrecht Erfahrung hat. Fachmännische Unterstützung wird sich lohnen.

In den letzten Jahren erleben wir immer häufiger merkwürdige Verhandlungsstrategien, wenn jemand etwas haben will, ohne daß es dafür eine Berechtigung gäbe. Erfahrungsgemäß lohnt es sich gerade in solchen Fällen, erst einmal in aller Ruhe nachzudenken und Tee zu trinken. Aktuell beschäftigt uns dieser Fall hier:
Ein Ehepaar war in jeweils zweiter Ehe miteinander verheiratet. Beide hatten je eine Tochter aus erster Ehe und lebten zuletzt im Pflegeheim. Dann verstarben sie kurz nacheinander. Einen rechtlichen Betreuer ließen sie sich bestellen wegen körperlicher Gebrechen, die beispielsweise das Ausfüllen von Überweisungsformularen der Bank schwer machten, weitere Einschränkungen sind nicht bekannt. Die beiden hinterließen ein Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und als Schlußerben die Töchter aus ihren jeweiligen ersten Ehen. Eine der beiden Töchter sollte Testamentsvollstreckerin werden.
Nachdem die Frau gestorben war, machte ihre Tochter (Adolphine Hemingway) dem Witwer das Leben schwer. Sie beantragte beim Nachlaßgericht, daß sie schon jetzt ein Testamentsvollstreckerzeugnis bekomme - obwohl es gar keinen Sinn macht, den länger lebenden Ehegatten als Alleinerben unter Testamentsvollstreckung zu stellen, wenn keine besondere Situation mit entsprechender Absicherung im Testament erwähnt wird. Außerdem nahm sie aus der Wohnung, die ihre verstorbene Mutter und deren Ehemann hatten, ungefragt den gesamten Schmuck mit - einschließlich der Schmuckstücke ihres Stiefvaters.
Dem Witwer gefiel diese Situation überhaupt nicht. Er bat seine Tochter (Mary MacLeod) und seinen Betreuer, daß sie ihm beim Umzug in seine alte Heimatregion in England helfen. Das taten sie auch. Damit galt für ihn aus deutscher Sicht gemäß EU-Erbrechtsverordnung englisches Recht für seinen späteren Erbfall, weil er ja seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort nach England verlegt hatte. Dort hatte er enge soziale Kontakte, vor allem zu seiner Tochter und auch zu alten Freunden aus seinen jungen Jahren. Das deutsche Ehegattentestament war somit nicht mehr „in Stein gemeißelt“. Als er starb, war als Nachlaßgericht der „Probate Court“ der Justiz des Vereinigten Königreichs zuständig. Und dort wird für jemanden, der am Lebensende in seiner alten Heimatgegend wohnt, englisches Erbrecht angewendet. Das Erbrechtssystem ist dort völlig anders als in Deutschland, so daß man beim dauerhaften Umzug zwischen den beiden Ländern am besten sein bisheriges Testament vom kompetenten Rechtsanwalt prüfen läßt und dann in den meisten Fällen einen neuen letzten Willen verfaßt.
Genau so machte es auch der Witwer im aktuellen Fall: Er ließ sich in England von einem „Solicitor“ beraten; nachdem es schon vor seinem Umzug Streit mit der Stieftochter gegeben hat, ging man auf Nummer sicher und ließ keinen Raum für Zweifel an irgendetwas. Der Solicitor ließ vor der Unterschrift unter dem Testament einen Psychiater ein Gutachten erstellen, ob der Testator denn bei ausreichend klarem Verstand ist, um das Testament wirksam zu errichten. Genau das bestätigte der Psychiater. Normalerweise sollte jetzt alles so laufen, wie es im letzten Testament geregelt ist.
Die Stieftochter wollte aber mehr haben, als jetzt noch für sie vorgesehen war. Als ihr Stiefvater in England starb, fing sie einen Erbstreit mit ihrer Stiefschwester an, die in England als Testamentsvollstreckerin eingesetzt worden war. Nachdem die Änderung des früheren Testaments aber „wasserdicht“ beraten worden war, sah die Tochter des Witwers nicht ein, warum sie nachgeben sollte. Beide Töchter beauftragten Rechtsanwälte in Deutschland und in England, um ihre Interessen zu vertreten, und Gerichte beiden Ländern wurden mit dem Erbfall beschäftigt.
In Deutschland versuchte der Anwalt der Adolphine Hemingway neben den Gerichtsverfahren her, mit dem Anwalt der Mary MacLeod über einen Vergleich zu verhandeln mit dem Ziel, daß die Erbschaft unter Adolphine Hemingway und Mary MacLeod aufgeteilt werde. Er konnte jedoch keinen greifbaren Grund dafür nennen, warum vom Testament abgewichen werden sollte; er behauptete nur pauschal die angebliche Unwirksamkeit des letzten, in England errichteten Testaments. Er und seine Mandantin fingen an, „plausible“ Begründungen an die Gerichte zu schreiben: Der alte Mann stand ja unter rechtlicher Betreuung, so daß Testierunfähigkeit behauptet wurde. Ins Blaue hinein schrieben sie ohne konkrete Angaben zum Sachverhalt die Schlußfolgerungen, er habe eine fortgeschrittene Demenz gehabt, sei Alkoholiker gewesen und der Umzug nach England sei ohne seinen Willen erfolgt. Als nächstes fragten sie noch einmal beim Anwalt der Mary MacLeod, ob man sich nicht doch auf einen Vergleich einigen könne.
Diese Situation war für die Mary MacLeod natürlich eine große Belastung. Sie war in Trauer um ihren verstorbenen Vater, und die Gerichtsverfahren machten ihr auch Angst. Der Rat ihres Anwalts war: Erst mal abwarten und (Kamillen-)Tee trinken. In solchen Verfahren ist es enorm wichtig, sachlich nachzudenken, worum es wirklich geht und wie die Rechtslage denn eigentlich ist. Und die ist in entscheidenden Punkten denkbar einfach:
Seit weit mehr als 120 Jahren gilt im deutschen Recht jeder Volljährige als Geschäftsfähig/Testierfähig, wenn nicht das Gegenteil zur Überzeugung des Gerichts bewiesen wird. Und so ein Beweis ist schwer zu führen.
Für juristische Laien mag die Argumentation mit Betreuung usw. wohl schon als plausible Begründung einer Testierunfähigkeit klingen. Die rechtliche Betreuung sagt aber überhaupt nichts aus über den Geisteszustand. Sie kommt auch bei körperlichen Krankheiten und Behinderungen in Frage, wenn ein Mensch nicht alle anstehenden Aufgaben selber erledigen kann.
Im vorliegenden Fall war auch der Alkoholismus eine freie Erfindung, um sich einen Anteil an der Erbschaft zu erschleichen. Es wurden keine Beweise angeboten, also keine Zeugen benannt und auch keine Beweisurkunden vorgelegt. Also spielt das für die Gerichtsverfahren auch keine Rolle.
Was zunächst für die Mary MacLeod kritisch aussah, ist also eigentlich harmlos. Es handelt sich wohl um unmoralische Behauptungen, die das Andenken des Verstorbenen verunglimpfen. Solange keine Beweise für die Behauptungen der Adolphine Hemingway vorgelegt werden, kann sie vor Gericht nur verlieren; am Ende wird sie alle Prozeßkosten tragen müssen, einschließlich der Anwaltskosten der Mary MacLeod. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, sich nicht ins Bockshorn jagen lassen, wenn eine Gegnerin und deren Anwalt phantasievolle Ansprüche konstruieren. Der Gang zum Fachanwalt für Erbrecht macht sich in solchen Fällen schnell bezahlt.
Wenn ein Kind enterbt wird, kann es aus dem Erbe des Elternteils den Pflichtteil verlangen. Und damit der Pflichtteilsanspruch nicht Leerläufe durch Schenkungen „auf dem Sterbebett“, sieht das Gesetz auch einen auf Pflichtteilsergänzung vor: Die Schenkungen der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall werden für diesen Anspruch berücksichtigt, wobei jedes Jahr nach der Schenkung eine „Abschmelzung“ um ein Zehntel des Wertes der Schenkung vorgenommen wird. Die Abschmelzung beginnt gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) allerdings nur dann, wenn bei der Schenkung der wirtschaftliche Nutzen im wesentlichen aufgegeben wird, also nicht beim Vorbehalt des Nießbrauchs für den Schenker.
Diesen Monat stellen wir einen Fall vor, bei dem „die kleinen Details“ zu den Schenkungen eine große Rolle spielen. Ein Kind (K) wurde von der Mutter (M) durch ein Testament zum Alleinerbe eingesetzt. Die anderen Kinder sind somit enterbt. Eines der enterbten Kinder, die Pflichtteilsberechtigte (P), möchte sich nicht damit abfinden, daß die ganze Erbschaft an K geht.
M hat zu ihren Lebzeiten allen ihren Kindern immer wieder finanzielle Unterstützungen zukommen lassen. Beispielsweise hat sie bei Anlässen wie dem Kauf einer Immobilie einen Bausparvertrag überschrieben, bei der Anschaffung von Autos durch ihre Kinder jeweils einen guten Teil des Kaufpreises bezahlt und während eines Promotionsstudiums monatliche Zahlungen an das akademisch erfolgreiche Kind P geleistet. Damals haben die Beteiligten keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen, was die Zuwendungen denn genau sein sollen und welche rechtlichen Auswirkungen beabsichtigt sind.
Wenn P weiß, wie groß der Wert des Nachlasses insgesamt war und was an ergänzungspflichtigen Schenkungen mit zu berücksichtigen ist, kann P jetzt ausrechnen, was ihr zusteht. Bei der Berechnung muß sie sich allerdings auch das anrechnen lassen, was sie selber an ergänzungspflichtigen Schenkungen von M bekommen hat. Und jetzt stellt sich schon die erste Frage: Wie ist die Definition einer Schenkung?
Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch ist entscheidend, ob eine Bereicherung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers vorliegt, für die es keine Gegenleistung gibt. Der Zuschuss zum Kauf einer Immobilie ist in aller Regel eine solche Schenkung. Etwas schwieriger wird diese Beurteilung da, wo es eine Unterhaltspflicht geben könnte, nämlich bei den monatlichen Zahlungen der M an ihr Kind P während des Promotionsstudiums. Normalerweise gehören die Lebenshaltungskosten während eines ersten Studiums noch zu dem, was die finanziell leistungsfähigen Eltern ihrem Kind als Ausbildungsunterhalt bezahlen müssen. Die Promotion ist aber in aller Regel mehr als das, was als angemessene Ausbildung zur Unterhaltspflicht führt. Deshalb kann man davon ausgehen, daß diese Zahlungen auch Schenkungen waren. Also kann es sein, daß P über diese Zahlungen und die sonstigen Schenkungen hinaus eigentlich nichts mehr vom Nachlaß der M verlangen kann, weil sie selber ja schon zu Lebzeiten einen Anteil vom Vermögen der M bekommen hat, der so groß ist wie ihr Pflichtteilsanspruch einschließlich Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Die Promotion ist nun aber schon mehr als 10 Jahre her, so daß sie meint, die finanzielle Unterstützung von damals sei doch bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gar nicht mehr zu berücksichtigen. Allerdings gilt die zeitliche Grenze („10-Jahres-Frist“) nur für Schenkungen an Dritte, nicht aber auch für die sogenannten „Eigengeschenke“, die die jeweiligen Pflichtteilsberechtigten von der Erblasserin erhalten haben. Selbst wenn es bei der Schenkung nicht angeordnet wurde, kann also eine lang zurückliegende Schenkung dazu führen, daß die P am Ende nichts mehr aus dem Nachlaß bekommt, weil sie eben schon durch Schenkungen von M so viel erhalten hat, daß es nach dem Gesetz „genug“ ist, um den Pflichtteil abzudecken. Für die Details der Berechnung lohnt es sich, sämtliche Auskunftsansprüche gegen die Erben, das Grundbuchamt und gegen mögliche Beschenkte auszuüben und möglichst mit Hilfe eine Fachanwalts für Erbrecht zu ermitteln, ob einem noch etwas zusteht und wenn ja, wieviel das ist.
Ein Pflichtteilsverzicht wurde beim Notar beurkundet. Alle Beteiligten dachten, damit sei alles erledigt. Als der Erbfall eintrat, kam aber der Wunsch auf, trotz Verzichtserklärung doch noch etwas zu bekommen. Wie sollte das aber funktionieren - nachdem doch der Notar damals alles „wasserdicht“ machen sollte?
Manchmal lohnt sich ein gründlicher Blick auf Sachverhalt und Rechtslage. Bereits der Notartermin zum Pflichtteilsverzicht lief in diesem Fall etwas ungewöhnlich ab: Die Mutter bestellte das Kind zum Notartermin ein, als das Kind 500 km von zu Hause entfernt studierte. Am Tag der Notartermins hatte dann aber ausgerechnet die Mutter keine Zeit dafür, obwohl es ihr doch eigentlich so wichtig war, daß später einmal kein Pflichtteilsberechtigter die Anordnungen ihres Testaments mit einer Pflichtteilsforderung durchkreuzen kann. Die Mutter schickte einen Vertreter zum Notar, der für sie unterschrieb. Vorsichtshalber ging sie selber später auch noch zu dem Notar und erklärte die Genehmigung des Vertrags über den Pflichtteilsverzicht. Um Kosten zu sparen, ließ sie auf der Genehmigungserklärung aber lediglich ihre Unterschrift beglaubigen, nicht auch das ganze Dokument beurkunden.
Ein Pflichtteilsverzicht ist aber nur dann wirksam, wenn der Verzichtende (im konkreten Fall: das Kind) die Verzichtserklärung in notariell beglaubigter Form abgibt, und der Verzichtsempfänger (im konkreten Fall: der Mutter = spätere Erblasserin) den Verzicht in notariell beurkundeter Form annimmt. Dabei muß der Verzichtsempfänger im Notartermin persönlich anwesend sein.
Im aktuellen Erbfall des Monats sind also gleich eine ganze Reihe von Formfehlern geschehen, von denen jeder einzelne für sich genommen ausreicht, um den Pflichtteilsverzicht unwirksam zu machen. Da hilft dann auch keine nachträgliche „Genehmigung“, weil ja beide Vertragsparteien gleichzeitig beim Notar sein müssen, um den Verzicht wirksam zu machen. Dazu kommt, daß die Annahme des Pflichtteilsverzichts nur beglaubigt wurde, obwohl Beurkundung nötig gewesen wäre.
Nachdem das Kind vom Fachanwalt für Erbrecht erfahren hat, daß der Verzicht unwirksam ist, fordert es nach dem Tod der Mutter von der Testamentserbin den Pflichtteil ein. Als die Erbin das erfährt, fällt sie erst einmal aus allen Wolken - der Notar sollte doch damals dafür sorgen, daß genau das nicht passieren kann! Die Erbin geht jetzt auch zum Anwalt und läßt sich beraten, was man da machen kann.
Der Anwalt der Erbin denkt sich etwas aus: Die Mutter hat einige großzügige Schenkungen an das Kind gegeben, das den unwirksamen Pflichtteilsverzicht erklärt hat. Wenn die Mutter nun die Schenkungen aber nur im Vertrauen darauf hergegeben hat, daß dieses Kind später einmal überhaupt nichts vom Erbe bekommen wird, dann könnte das ja irgendeine Rolle spielen. Der Anwalt erinnert sich daran, daß es ja BGB § 242 gibt, einen „Gummiparagraphen“ mit dem Grundsatz von Treu und Glauben. Solche Regelungen helfen dabei, Fälle zu lösen, die bei anderen Rechtssystemen zwischen den Zeilen zahlloser Detailregelungen „durchrutschen“ würden. Allerdings ist es nicht so leicht greifbar, was das denn nun für das Ergebnis des vorliegenden Falles bedeutet. Also fängt der Anwalt der Erbin an zu argumentieren: Es sei „treuwidrig“, sich auf die Unwirksamkeit des Pflichtteilsverzichts zu berufen, wo doch die Schenkungen von der Mutter sicherlich nur im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Verzichts an dieses Kind gegeben wurden. Daher, meint er,
Jetzt muß der Fachanwalt des pflichtteilsberechtigten Kindes umsichtig vorgehen, damit er nichts übersieht. Er recherchiert deshalb in Fachbüchern und Urteilsdatenbanken, ob es zu einem vergleichbaren Fall schon eine Gerichtsentscheidung gab oder ob ein Juraprofessor sich dazu in einem der „schlauen Bücher“ Gedanken gemacht hat. Das war nicht der Fall. Also hilft es, über das Gesamtkonzept des Bürgerlichen Rechts nachzudenken: Lücken füllen mit dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur dann nötig und möglich, wenn es keine konkrete Regelung gibt. Das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sieht aber schon seit dem Jahr 1900 vor, was mit formnichtigen Verträgen passiert und auch was dann geschehen soll, wenn jemand im Vertrauen auf etwas Geld bezahlt, was in Wirklichkeit ganz anders ist. Es ist also keinesfalls unzulässig, daß das Kind sich auf die Unwirksamkeit des Pflichtteilsverzichts beruft. Die Erben muß deshalb sehr wohl Pflichtteilsansprüche erfüllen, angefangen von Auskünften über den Nachlaß bis hin zur Zahlung. Die einzige offene Frage ist da, wie viel am Ende zu zahlen ist. Gegenüber dem pflichtteilsberechtigten Kind kann die Erbin sich nicht erfolgreich weigern, etwas herzugeben.
Eine andere Frage ist, ob die Erbin sich nicht anderweitig schadlos halten kann. Der Notar soll ja eigentlich dafür sorgen, daß seine Mandanten mit seiner Hilfe wirksame Regelungen bekommen. Im aktuellen Erbfall des Monats kann man sich zwar denken, wie es abgelaufen ist: Die Terminvereinbarung lief bestimmt noch normal ab, dann kommt aber nicht die Mandantin, sondern überraschen ein Vertreter an ihrer Stelle. Das Kind ist nur für diesen Termin angereist, Hin- und Rückfahrt von 1.000 km möchte man da nicht vergeblich auf sich genommen haben. Also drängen alle darauf, daß der Notar schnell improvisiert. Und in solchen Situationen passieren eben schnell mal Fehler. Und für vermeidbare Fehler gibt es die Notarhaftung, wenn der Notar fahrlässig etwas falsch gemacht hat. Dabei spielt moralisches Verschulden keine Rolle, die Notarhaftung ist bei Verstößen gegen gesetzliche Formvorschriften streng. Ersetzt wird aber nur der konkrete Schaden, und bei dem werden auch Steuervorteile usw. berücksichtigt; die Erbin muß nämlich weniger Erbschaftsteuer bezahlen, wenn der Pflichtteil erfüllt wird, weil der Verzicht unwirksam ist.
In diesem Erbfall steckt einiges an juristischer Arbeit. Die Rechtslage ist für den Fachmann spannend. Genauso spannend ist, wie die Erbin und das pflichtteilsberechtigte Kind mit dem umgehen, was in den vermeintlich einfachen Regelungen zu diesem Erbfall drinsteckt.
Häufig gibt es im Erbrecht einen Bezug zum Ausland. Das hat große Auswirkungen gerade bei Familien mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten oder wenn die Familie auf mehrere Länder verteilt lebt: Da stellt sich die Frage, das Erbrecht welchen Landes für einen Erbfall Anwendung findet.
Im aktuellen Erbfall des Monats kommt beides zusammen: Der Ehemann ist Deutscher und hat früher in Österreich gelebt. Die Ehefrau ist Peruanerin. Jetzt leben beide ausschließlich in Deutschland, haben gemeinsame Kinder und haben seit ein paar Jahren ausschließlich hier ihre sozialen und familiären Kontakte. Aus einer früheren Beziehung in Österreich hat der Ehemann ein uneheliches Kind, zu dem er bewußt keinen Kontakt hatte. Die beiden Ehegatten haben ein Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. In der Beratung beim Fachanwalt für Erbrecht stellt das Ehepaar drei Fragen: (1.) Das Kind in Österreich hat doch keinen Pflichtteil? (2.) Welches Erbrecht gilt, wenn einer der beiden Ehegatten stirbt. (3.) Ändert sich etwas daran, wenn sie in die Heimat der Ehefrau nach Peru ziehen?
Die Antworten sind aus Sicht des Fachmanns ziemlich einfach:
(1.) Es war einmal tatsächlich so, daß das österreichische Erbrecht keine Ansprüche vorgesehen hat für uneheliche Kinder, die keinerlei Kontakt zu ihrem Vater hatten. Ob das heute noch so ist, spielt aber deshalb keine Rolle, weil im vorliegenden Fall der Vater in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Seitdem die Europäische Erbrechts-Verordnung (EU-ErbVO) gilt, ist der Anknüpfungspunkt, nach dem sich das anwendbare nationale Erbrecht richtet, der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers - außer in einer letztwilligen Verfügung wird eine Rechtswahl für das Erbrecht der Staatsangehörigkeit getroffen. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, wo das Kind lebt. Und für den deutschen Pflichtteil ist es vollkommen unerheblich, ob irgendwelche Kontakte zwischen Vater und Kind bestehen. Wenn der Vater stirbt, kann das uneheliche Kind aus Österreich von der Erbin seinen Pflichtteil verlangen. Das muß bei der Planung des Nachlasses und bei der Vermögensstruktur beachtet werden, damit es später einmal keine großen Probleme geben wird.
(2.) Wenn ein Ehegatte stirbt und im Testament der andere zum Alleinerben berufen ist, dann gilt das Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Verstorbenen - außer in einer letztwilligen Verfügung wird eine Rechtswahl für das Erbrecht der Staatsangehörigkeit getroffen. Das ist jedenfalls die Regelung, die in Deutschland seit Spätsommer 2015 gilt. Nach unserer Regelung gilt das für das weltweite Vermögen, damit keine Nachlaßspaltung nach Vermögenswerten in den einzelnen Ländern mit den damit verbundenen Wertungswidersprüchen auftreten kann. Sobald aber Vermögenswerte außerhalb des Anwendungsbereichs der EU-ErbVO vorhanden sind, stellt sich die Zusatzfrage, ob unsere Regelungen durchsetzbar sind. Gerade bei Immobilien wird das Grundbuchamt regelmäßig die eigenen nationalen Regelungen vorziehen. Darauf sollte man aufpassen, wenn man Vermögen im Ausland hat.
(3.) In Peru gilt ein Rechtssystem auf der Basis des Code Napoleon. Danach ist die Nachlaßspaltung für all die Fälle vorgesehen, in denen ein Erblasser in einem Land lebte und in einem anderen Land Immobilieneigentum hatte. Außerdem können Kinder nicht durch ein Testament willkürlich von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Es gibt die „Reserve“, ein sogenanntes Noterbrecht mit einer Mindest-Erbquote der Kinder. Bevor die Familie nach Peru zieht, sollte möglichst eine Beratung zu den Details des peruanischen Erbrechts erfolgen und das Testament darauf angepaßt werden.
Wir möchten, daß Ihre Rechtsberatung ein gutes Erlebnis wird. Damit das gelingt, schildern wir heute einen Beispielsfall für vermeidbare Fehler, wie er landauf, landab fast täglich passiert. Jeder erfahrene Erbrechtsberater denkt ungern daran, hat es aber schon so oft erlebt:
Die Mandantin kommt zur Beratung zum Fachanwalt für Erbrecht, weil sie ein schwerbehindertes Kind und „ein bißchen“ Vermögen hat. Ein Sozialarbeiter der Einrichtung, in der dieses Kind lebt, hat ihr dringend zu dieser Beratung geraten, damit das Kind durch ein sog. „Behindertentestament“ gut abgesichert werden kann. Es gibt noch mehrere weitere Kinder. Soweit so gut, bis jetzt läuft alles perfekt.
Allerdings verschweigt die Mandantin dem Rechtsberater eines der Testamente, die sie sich in den letzten Jahren selber ausgedacht und handschriftlich abgefaßt hat. Dann verneint sie im Beratungsgespräch auch noch die Frage nach größeren Schenkungen, obwohl sie vor ein paar Jahren mehrere Immobilien unter Vorbehalt des Nießbrauchs an die anderen Kinder geschenkt hat.
Durch Zufall erfährt der Rechtsanwalt dann doch noch, daß es diese Schenkungen und das Testament gibt. Warum ist es so wichtig, daß ein Rechtsanwalt in der Beratung über alles bescheid weiß?
Das verschwiegene Testament kann dann zum Verhängnis werden, wenn es ein gemeinschaftliches Ehegattentestament ist und außerdem wechselbezügliche Verfügungen mit Bindungswirkung enthält. Wenn das der Fall ist, sind spätere Testamente unwirksam. Als Experte für Erbrecht könnte man in einem solchen Fall allerdings manchmal mit anderweitigen Regelungen helfen - wenn man denn wüßte, was in dem Testament steht, das die Mandantin einem verschweigt.
Die Schenkungen, die ebenfalls verschwiegen wurden, können im Handumdrehen zum Verhängnis für die ganze Familie werden: Schenkungen spielen beim Pflichtteilsergänzungsanspruch eine Rolle. Durch den Vorbehalt des Nießbrauchs hat die Schenkerin sich selber wirtschaftlich abgesichert. Dadurch hat sie allerdings auch verhindert, daß der Pflichtteilsergänzungsanspruch innerhalb von zehn Jahren abgeschmolzen wird. Somit droht die Gefahr, daß nach ihrem Tod der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsergänzungsanspruch überleitet. Für die restliche Familie bedeutet das einen Liquiditätsengpaß. Sie müssen dann nämlich die Pflichtteilsquote am Wert des Nachlasses und der ergänzungspflichtigen Schenkungen ans Amt zahlen. Außerdem geht der Pflichtteil dann ohne die Absicherung des behinderten Kindes direkt an den Sozialhilfeträger für das, was die letzten zehn Jahre an das behinderte Kind als Existenzminimum geleistet wurde. Ein Behindertentestament würde im Gegensatz zum Pflichtteil dafür sorgen, daß die Lebenssituation des Behinderten verbessert wird durch Testamentsvollstreckung mit Auflagen zur Verwendung der Mittel aus dem Erbteil. Über den Pflichtteil kann man aber keine Testamentsvollstreckung anordnen, der abzusichernde Behinderte muß dafür mehr bekommen als nur den Pflichtteil.
Am Ende der Beratung schickte der Fachanwalt dann einen Entwurf für ein Testament an die Mandantin. In einem Begleitschreiben erklärte er, wie das Testament wirksam errichtet wird: „Sie müssen es noch handschriftlich abschreiben und mit Ort sowie aktuellem Datum unterschreiben.“ Die Mandantin blieb jedoch ihrer widerspenstigen Art treu und ließ ihre Tochter eine eMail an den Anwalt schreiben, daß sie einfach den ausgedruckten Entwurf unterschreiben und beim Nachlaßgericht hinterlegen werde. Sie habe nämlich „aus gesundheitlichen Gründen“ keine Lust, das Testament eigenhändig abzuschreiben. Das wollte sie so machen, obwohl sie die Beratung schwarz auf weiß hatte, daß so daß kein wirksames Testament errichtet wird.
Warum machen viele Mandanten so etwas, daß sie dem Berater derart wichtige Informationen selbst dann verschweigen, wenn sie ausdrücklich danach gefragt werden? Das ist schwer zu sagen und überhaupt nicht sinnvoll. Familienvermögen wird damit kaputtgemacht, ohne daß im vorliegenden Fall der Behinderte etwas davon hätte. Bei einer Abrechnung des Rechtsanwalts nach Stundenhonorar spielt nicht einmal eine Rolle, daß viele Mandanten bei Notaren oder bei anderen Beratern mit Abrechnung nach Gegenstandswert einige Vermögenswerte verschweigen, um das Honorar durch Betrug niedrig zu halten. Erfahrungsgemäß schimpfen dieselben Leute dann aber am lautesten über ein Beratungsergebnis, das weder zur Vermögensstruktur paßt noch jemals auf Steuerproblematik jenseits der Freibeträge hingewiesen hat. Wieso sollte der Berater das denn tun, wenn das Vermögen nach Angaben des Mandanten bequem in die Steuerfreibeträge paßt? Man kann nur hoffen, daß die Leser dieses Berichts über einen konkreten, aktuellen Fall daraus lernen, es besser zu machen: Sagen Sie Ihrem Rechtsanwalt alles, worauf es ankommen kann - geben Sie ihm lieber zu viel als zu wenig Informationen.
Gerade war ein Mandant (M.) mit wichtigen Fragen in der Beratung zu einem besonderen Fall: Sein Vater (V.) ist verstorben und hat mehrere Kinder aus erster Ehe hinterlassen; im „Berliner Testament“ hat der Vater seine zweite Frau nach kinderloser Ehe zur Alleinerbin bestimmt. Die Großeltern des Mandanten (GV und GM), also die Eltern seines verstorbenen Vaters V., leben noch. Jetzt möchten die GV und GM ihr Erbe regeln und die Familie überlegt, wie das am besten gehen kann. Die zweite Frau des bereits Verstorbenen soll möglichst nichts bekommen, sondern alles an die noch lebenden Kinder K. und an die Enkel des vorverstorbenen V. gehen. Sie befürchten, daß das Testament des V. eine Rolle spielen kann, vor allem wenn nichts geregelt wird; die Befürchtung ist konkret, daß die zweite Frau des V. als seine testamentarische Alleinerbin ins Spiel kommen könnte.
Eine Sorge kann man gleich beiseite legen: Auf zukünftige Erbfälle hat das Testament des V. keine Auswirkungen. Es regelt nur, wer V.s Vermögen erbt. Wenn später seine Eltern GV und GM sterben, bestimmt sich deren Vermögensnachfolge allein nach ihren eigenen Regelungen. Und wenn sie nichts regeln würden, dann würden in der gesetzlichen Erbfolge mit der gleichmäßigen Verteilung in den Familienstämmen V.s Kinder an seine Stelle treten. Eine Schwiegertochter kommt in der gesetzlichen Erbfolge nicht direkt vor und das Testament des V. kann nicht bestimmen, wohin das Vermögen von anderen geht, die ihn überlebt haben.
In einer sauberen Rechtsberatung werden aber auch Fragen beantwortet, die nicht gestellt wurden. Im vorliegenden Fall kam das Gespräch auf die Erbschaftsteuer. Hier wurde ein „Luxusproblem“ sichtbar: Die Kinder K. und der Enkel M. und seine Geschwister haben bei der Erbschaftsteuer jeweils einen persönlichen Freibetrag von € 400.000. Das ist zunächst einmal sehr viel, was sie steuerfrei erben können. Allerdings gehört GV und GM eine Villa in Hamburg, und die ist mehrere Millionen Euro wert. Relevant für die Erbschaftsteuer ist der Wert des Erbteils jedes Erben im Zeitpunkt des Erbfalls. Das läßt sich nicht exakt planen, immerhin aber grob einschätzen. Falls der Freibetrag nicht ausreichen sollte, müssen die Beteiligten genügend Ersparnisse flüssig halten, um später die Steuer auf den Immobilienwert kurzfristig zahlen zu können. Das Privileg der Steuerbefreiung für ein geerbtes „Familienheim“ gilt nämlich nur für einen von ihnen, der dann außerdem kurzfristig nach dem Erbfall in die Villa einziehen muß. Die Details für die Steuerbefreiung sind nicht immer so, daß es mit den Plänen der Erben für ihr Leben zusammenpassen würde. Zu diesem Punkt überlegt die Familie noch einmal, wie das Vermögen später einmal am besten zwischen den Erben aufgeteilt wird, so daß die Steuer niemanden zum Notverkauf unter Wert zwingt.
Nachdem die Villa den größten Teil des Vermögens von GV und GM ausmacht, spielen sie aber auch mit dem Gedanken an ein „Berliner Testament“, mit dem der länger lebende Ehegatte Alleinerbe wird und die Nachkommen erst als Schluderten nach dem Tod des zweiten etwas erben. Dadurch würde sich die Erbschaftsteuerlast erhöhen, das Vermögen soll nun aber erst einmal für die beiden Ehegatten da sein und erst nach beider Tod für die Kinder bzw. Enkel.
Pflichtteilsansprüche gefährden die gewünschte Absicherung beim Berliner Testament noch stärker, als die Erbschaftsteuer es tut. Daher ist die nächste ungestillte Frage, wie man damit umgehen soll. Daran hat in der Familie noch niemand gedacht. Zur Absicherung von GV und GM könnten ihre Kinder K. und die Enkel M. und seine Geschwister notarielle Pflichtteilsverzichte erklären. Dann wären GV und GM erst einmal abgesichert. Allerdings ist der Pflichtteil gewissermaßen die Verlängerung des Unterhaltsrechts: Pflichtteilsberechtigt sind diejenigen Verwandten in aufsteigender und absteigender Linie, die zu Lebzeiten der Beteiligten gegenüber dem Erblasser zum Unterhalt berechtigt und verpflichtet waren, sofern einer von ihnen bedürftig wurde und der andere leistungsfähig war. Im Augenblick ist das zwar nicht der Fall - aber was ist im Fall eines schweren Unfalls, Krankheit oder im altersbedingten Pflegefall? Wenn die Kinder und Enkel auf ihre Pflichtteile verzichten und dann zum Unterhalt herangezogen werden, wäre das eine schlechte Regelung für sie. Durch eine neue Regelung sind sie allerdings nur noch mit dem Einkommen zum Unterhalt gegenüber Vorfahren verpflichtet, das über € 100.000 Jahreseinkommen hinausgeht. Die meisten Kinder und Enkel brauchen also nicht mehr zu befürchten, daß sie für die Pflegeheimkosten der Eltern bzw. Großeltern aufkommen müssen. Im Erbfall des Monats will es nun aber der Zufall, daß das für einen von ihnen eben doch konkret möglich ist, während die anderen nicht über diese Einkommensgrenze kommen. Damit stellt sich die Frage, wie dieses potentielle Problem gelöst werden soll, daß einer viel bezahlt, ohne etwas vom Familienvermögen zu erben. Die Rechtsberatung endet vorläufig mit der „Hausaufgabe“, daß die Familie sich überlegt, welches Ergebnis für sie alle gut erscheint, Der Fachanwalt für Erbrecht wird dann den passenden Weg zum gewünschten Ergebnis entwickeln.
Was tun, wenn ein Miterbe die Zusammenarbeit bei der Abwicklung der Erbschaft verweigert? Das kommt in einem aktuellen Erbfall vor, bei dem ein Miterbe einen „individuellen Lebensstil pflegt“ (oder abschätzig gesagt: ein Aussteiger blockiert). Er wohnt seit langem auf einer preisgünstigen Karibikinsel und verrät seinen Verwandten nicht seine aktuelle Adresse. Dafür stellt er aber regelmäßig per eMail „kreative Ansprüche“, was die anderen Miterben für ihn tun und was sie ihm so alles geben sollen. Und ausgerechnet er hat eine Erbquote von 1/2, so daß er nicht einmal überstimmt werden kann.
In diesem aktuellen Fall wollte der Mandant einen Teilerbschein für sich und für die anderen Miterben beantragen, die kooperieren. Davon muß aber dringend abgeraten werden: Ein Teilerbschein bescheinigt nur einem Teil der Erben, daß sie Erben sind und welche Quote sie in der Erbengemeinschaft haben. Ein Teil der Erbengemeinschaft wird in diesem Dokument aber offen gelassen, so daß der Teilerbschein die Erbengemeinschaft überhaupt nicht handlungsfähig macht; es stehen ja nicht alle Personen fest, aus denen die Erbengemeinschaft besteht. Die Kosten dafür wären verlorenes Geld des Antragstellers. Wenn nur ein Teil der Erben vom Nachlaßgericht durch einen Teilerbschein festgestellt wird, können nämlich nicht einmal im Grundbuch die Erben eingetragen werden.
Als einzelner Miterbe kann man durchaus auch einen Gesamterbschein beantragen, der sämtliche Miterben mit ihren jeweiligen Erbquoten ausweist. Wenn die Miterben sich nicht gegen den Antrag wehren, der Antrag plausibel ist und alle erforderlichen Dokumente vorgelegt werden, dann wird der Erbschein zügig erteilt. Damit kann dann die Erbengemeinschaft dann immerhin schon einmal ins Grundbuch eingetragen werden.
Das Gesetz verlangt für Entscheidungen einer Erbengemeinschaft die Mehrheit der Erbquoten. Wenn ein Miterbe mit 50% nicht dafür ist, kann er von den anderen Miterben nicht überstimmt werden. Und wenn seine Quote geringer wäre, gäbe es dennoch ein Problem: Verfügungen der Erbengemeinschaft können grundsätzlich nur gemeinschaftlich, also durch alle Miterben umgesetzt werden. Das betrifft in unserem Erbfall des Monats den Verkauf des geerbten Hausgrundstücks. Hier wird das Grundbuchamt keinen Käufer als neuen Eigentümer eintragen, wenn nicht alle Miterben in öffentlicher Form die Auflassung erklären und die Eintragung des Käufers bewilligen.
Wie kann man das Problem lösen? Es gibt Einzelfälle, in denen ein Gerichtsurteil die Zustimmung eines Miterben ersetzen kann. Dann löst man das Problem, indem man den Miterben auf Zustimmung verklagt und mit dem Urteil die Maßnahme umsetzt, also beispielsweise beim Immobilienverkauf die Eintragung des Käufers ins Grundbuch ermöglicht. Gerade beim Verkauf einer Immobilie liegen aber extrem selten die Voraussetzungen vor, um die Zustimmung des Miterben einzuklagen. Schließlich könnte man an einen anderen Interessenten verkaufen, und der Kaufpreises könnte ja schon ein halbes Jahr später besser sein. Außerdem ist der Preis bei den Vertragsbedingungen nicht das einzige, was für die Erben relevant sein kann: Wenn ein Interessent zwar weniger zahlt, dafür aber einen Gewährleistungsausschluß übernimmt oder eine nicht monetäre Gegenleistung zusagt, dann kann man nicht wirklich sagen, welches Angebot das beste ist.
Solange das Hausgrundstück nicht verkauft ist, sind aber auch Reparaturen erforderlich. Im aktuellen Erbfall besteht die Gefahr, daß Teile des Dachs herunterfallen und bei den Nachbarn Schaden anrichten. Hier muß ein Handwerker beauftragt werden, der die Reparatur erledigt. Die Zustimmung des Miterben ohne bekannten Wohnsitz läßt sich auch per eMail einholen, seine Adresse ist dafür nicht unbedingt nötig. Leider reagiert er aber nur dann, wenn er etwas bekommen soll. Sobald er etwas mit entscheiden oder mit bezahlen soll, kommt von diesem Miterben nie eine Antwort. Die anderen Erben können trotzdem etwas machen, weil die Reparatur ja objektiv nötig ist und schnell erledigt werden muß, bevor „etwas passiert“. Damit es später keinen Streit über die Kosten gibt, sind die vernünftigen Miterben gut beraten, wenn sie drei Vergleichsangebote einholen und dem anderen Miterben eine Frist setzen, bis wann er sich entweder für eines der Angebote entscheiden oder selber ein weiteres Angebot vorlegen muß. Dann kann auch ohne ihn ein Auftrag an den Handwerker auf Kosten des Nachlasses erteilt werden.
Falls die Bezahlung daran scheitern sollte, daß die Bank kein Geld vom Nachlaßkonto herausgibt, solange noch die Unterschrift eines Miterben fehlt, kann seine Zustimmung zur Auszahlung bzw. Überweisung eingeklagt werden.
Wie klagt man aber, ohne eine Anschrift für Zustellungen zu kennen? Und dazu noch gegen einen, der in Übersee sitzt? Hier gibt es hilfreiche Regelungen in der Zivilprozeßordnung: §§ 185 ff regeln, wie eine öffentliche Zustellung erfolgt, wenn man den Aufenthaltsort des Prozeßgegners nicht kennt und der auch keinen Bevollmächtigten hat. Das muß der Anwalt des Klägers gegenüber dem Gericht gründlich darlegen. Die Zustellung erfolgt dann durch Aushang am Schwarzen Brett des Gerichts oder über ein elektronisches Informationssystem; nach einem Monat gilt die Zustellung als wirksam erfolgt. Der Aussteiger unter den Miterben, der in der Karibik ohne bekannten Aufenthaltsort lebt, wird da wohl nicht nachschauen, so daß gegen ihn nach Ablauf der Frist zur Verteidigung gegen die Klage auf Zustimmung ein Versäumnisurteil ergehen wird. Das Urteil muß dann auch noch einmal öffentlich ausgehängt werden, damit es die Rechtsmittelfrist in Gang setzt. Nach der Frist kann dann die Vollstreckung des Urteils erfolgen. Und wenn „nur“ eine Willenserklärung durch Urteil ersetzt wurde, also beispielsweise die Zustimmung zu einer Auszahlung oder einer Überweisung, kann das Urteil mit Rechtskraftvermerk bei der Bank vorgelegt werden; das ersetzt dann die Unterschrift des Verurteilten auf dem Überweisungsformular oder Auszahlungsbeleg.
Die Erbengemeinschaft wird diese mühsame Verwaltung des Nachlasses vielleicht nicht ewig so betreiben wollen und sucht einen Weg, den Verkauf der Immobilie zu erzwingen. Über den Umweg einer Teilungsversteigerung geht das, und zwar ganz ohne Zustimmung der anderen Miterben. Für die Teilungsversteigerung reicht es aus, wenn ein einziges Mitglied der Gemeinschaft den Antrag beim Amtsgericht stellt, die erforderlichen Dokumente vorlegt und Auskünfte gibt sowie Vorschüsse auf die Kosten des Versteigerungsverfahrens zahlt; nach der Versteigerung werden als erstes diese Vorschüsse erstattet. Das weitere geht dann im wesentlichen nach den Regeln der Zwangsversteigerung, jedoch mit der Besonderheit, daß der Antragsteller selber als Miterbe zu den Eigentümern gehört. Er hat im Verfahren einige Register, die er ziehen kann, wenn er sie kennt. Und der Rest der Erbengemeinschaft kann die Versteigerung allenfalls dann verhindern, wenn ein Verschleudern weit unter Wert drohen würde. Übrigens können auch der Antragsteller und jeder andere Miterbe bei der Teilungsversteigerung mitbieten. Früher waren gelegentlich Schnäppchen möglich in Versteigerungen, heutzutage werden aber auch da Höchstgebote erzielt, die häufig um einiges über dem liegen, was im Wertgutachten steht. Somit kann eine Versteigerung auch nicht verhindert werden wegen drohender Verschleuderung des Eigentums. Die Erbengemeinschaft muß sich nach erfolgreicher Versteigerung nicht mehr um die Pflichten aus dem Eigentum kümmern und kommt der Teilung des Nachlasses einen großen Schritt näher.
Was tun mit einer Erbschaft, die man nicht für sich selber haben möchte? Eine ältere Dame wurde überrascht durch ein Testament, in dem sie als Alleinerbin eines ledigen, kinderlosen Bekannten. Sie braucht aber kein Geld und ist der Meinung, daß der Bruder des Erblassers mehr mit der Erbschaft anfangen kann als sie selber. Seine Schwestern sollen aber auf keinen Fall etwas bekommen.
Irgendwo hat die Erbin einmal gehört, man könne zu Gunsten eines anderen eine Erbschaft ausschlagen. Dieses Gerücht ist aber vollkommen falsch! Wenn ein Erbe seine Erbschaft ausschlägt, ist derjenige als Ersatzerbe berufen, der aus Sicht des Erblassers als nächster an der Reihe ist. Das kann entweder im Testament geregelt sein, durch Auslegung aus dem Testament folgen oder sich ggf. nach der gesetzlichen Erbfolge richten.
Im vorliegenden Fall ist kein Ersatzerbe benannt und auch nicht ersichtlich, daß der Erblasser sich Gedanken über einen Ersatzerben gemacht hätte. Das heißt: Wenn die Testamentserbin ausschlägt, sind die Ersatzerben in der gesetzlichen Erbfolge dran. Das sind beim ledigen, kinderlosen Erblasser seine Eltern oder deren Nachkommen als Erben der „zweiten Erbordnung“ (BGB § 1925). Nachdem seine Eltern bereits verstorben sind, sind also seine Geschwister zu gleichen Teilen Ersatzerben. Die testamentarische Erbin möchte ja aber unbedingt verhindern, daß die Schwestern des Erblassers irgend etwas bekommen. Also sollte sie nicht die Erbschaft ausschlagen, sonst würde ja genau das passieren.
Im Beratungsgespräch mit einem erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht stellte sich dann auch noch heraus, daß die Testamentserbin bereits mehrere Lebensversicherungen angeschrieben hat, bei denen in der Police als Begünstigter im Todesfall „Erben“ stand. Außerdem hat sie Rechnungen über Nachlaßverbindlichkeiten bezahlt, die nicht kurzfristig bezahlt werden mußten. Das sind alles Dinge, um die sich üblicherweise nur ein Erbe kümmert. An dieser Stelle mußte der Anwalt zur Erbin sagen, daß sie die Erbschaft gar nicht mehr ausschlagen kann, weil sie durch ihr Verhalten die Erbschaft bereits angenommen hat. Und das Gesetz sieht eine Ausschaltung nur dann vor, wenn (1.) keine Annahme der Erbschaft erfolgt ist und (2.) die Frist noch nicht abgelaufen ist.
Nachdem eine Ausschaltung das Ziel der älteren Dame ohnehin nicht erreichen würde, ist das aber halb so schlimm. Es erleichtert sogar den Blick auf das, was realistisch möglich ist: Wenn der Bruder des Verstorbenen die Erbschaft bekommen soll, obwohl im Testament die ältere Dame steht, die die Erbschaft nun schon angenommen hat, dann kann sie ihm durch Abtretung in notarieller Form die Erbschaft seines Bruders zukommen lassen. Wenn das unentgeltlich erfolgt, ist es allerdings eine Schenkung. Und für den Wert der Schenkung, der über € 20.000 liegt, fällt mangels Verwandtschaft zwischen der älteren Dame und dem Bruder des Erblassers Schenkungsteuer von mindestens 30% an. Die Beteiligten sollten nun nachdenken, ob der Bruder vielleicht bestimmte Sachen aus der Erbschaft bekommen soll - oder ob sie die Steuer in Kauf nehmen.
Wie ist das eigentlich mit einem Wohnungserbbaurecht, das Geschwister von ihren Eltern geerbt haben - und wenn eine Schwester Sozialhilfe braucht für die Kosten im Pflegeheim?
Diesen Monat veröffentlicht Stefan Mannheim, Fachanwalt für Erbrecht in Stuttgart, auf diesem Blog den 100. Erbfall des Monats. Und passend zum Jubiläum liegt ein sehr außergewöhnlicher Erbfall auf dem Schreibtisch. Selbst erfahrene Juristen werden bei einem Teil der Fachausdrücke denken: Wa’sch-au-dees? (schwäbisch für: Was ist denn das?).
Die Eltern (im Folgenden auch: Käufer) haben sich von einem Immobilienvertriebler ein Wohnungserbbaurecht verkaufen lassen mit den „Argumenten“, das sei preisgünstig und es könnten auch noch die Enkel darin wohnen. Aber was ist so ein Wohnungserbbaurecht eigentlich? Es ist eine Kombination aus Eigentumswohnung und Erbbaurecht (Erbpacht), wodurch das verkaufte Immobilienrecht relativ günstig erschien. Konkret ist es jedoch so, daß das Grundstück nicht mit verkauft wurde, sondern nur das Recht, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ein Haus auf diesem Grundstück bauen und es dann ein paar Jahrzehnte lang stehen lassen darf. Am Ende dieser Zeit fällt das Recht zur Benutzung an den Grundstückseigentümer zurück, der dann den Restwert des Gebäudes ablöst. Nach ein paar Jahrzehnten ist ein Haus aber so gut wie nichts mehr wert, was die Kunden oder ihre Erben erst dann bemerken werden, wenn es soweit ist. Dazu kommen noch die Herausforderungen, die eine WEG gerade in Zeiten von Individualismus ihrer einzelnen Mitglieder zu bewältigen hat. Vereinfacht gesagt werden beim Wohnungserbbaurecht die Nachteile von Erbpacht und WEG miteinander multipliziert.
Und der einzige Enkel der Käufer lebt inzwischen auch noch weit weg von dem Ort, in dem seine Großeltern dieses Konstrukt des Wohnungserbbaurechts mit ihren ganzen Ersparnissen erworben haben, der Enkel hat also entgegen der Anpreisungen des Verkäufers gar nichts davon.
Nach dem Tod der Käufer sind zunächst ihre beiden erwachsenen Kinder in die Wohnung eingezogen, das Wohnungserbbaurecht haben sie nämlich zu gleichen Teilen geerbt. Das eine Kind ist alleinstehend geblieben, das andere Kind wollte nach dem Erwachsenwerden des Enkels und dem Ende der eigenen Ehe keine große Wohnung mehr haben. Also zogen die beiden Geschwister zusammen in die Wohnung der verstorbenen Eltern ein, unterstützten sich im Alltag gegenseitig und brachten über die Jahre entsprechend ihrer finanziellen Möglichkeiten unterschiedlich große Geldbeträge auf für die Einrichtung und für gelegentliche Renovierungen.
Nun wurde die kinderlose Schwester pflegebedürftig und zog ins Pflegeheim. Nachdem sie keine großen Renteneinkünfte hatte, zahlte das Sozialamt einen Teil der Pflegekosten. Sie starb und vererbte ihre ganze Habe an das andere Geschwister. In derartigen Fällen gibt es eine Besonderheit: Wenn der Empfänger der Sozialleistungen stirbt, kann der Träger der Sozialhilfe (z.B. die Stadtverwaltung durch das Sozialamt) von den Erben verlangen, daß die die Sozialhilfe zurückzahlen. Die Erben können ihre Haftung zwar auf den Wert des (Netto-)Nachlasses beschränken, das müssen sie aber aktiv machen, wofür die Unterstützung durch einen juristischen Fachmann erforderlich sein kann.
Obwohl die Sozialämter inzwischen einige Übung mit solchen Überleitungsansprüchen haben, gibt es im aktuellen Fall doch ein paar Mißverständnisse: Die Bewertung von Sacheen und Rechten, für die es keinen nennenswerten Markt gibt, ist eine erste große Herausforderung: Der verstorbenen Schwester, die Sozialhilfe bezogen hat, gehörte 1/2 Anteil am Wohnungserbbaurecht an Wohnung. Das Sozialamt legte jedoch einen Wert zugrunde, der an den Wert einer Eigentumswohnung herankommt. Dabei wird das Erbbaurecht in einigen Jahren an den Eigentümer des Grundstücks „heimfallen“, also für die Inhaberin erlöschen. Beim normalen Wohnungseigentum wäre das Recht unbefristet und es würde ein Anteil am Grundstückseigentum dazugehören. Für den Wert macht es schon einen Unterschied, ob etwas einem dauerhaft oder nur vorübergehend gehört. Und 1/2 Anteil an einer Wohnung ist noch heikler. Bei der Bewertung des geerbten halben Wohnungserbbaurechts kann man sich selber die Frage stellen: Wie viel würde ich dafür bezahlen, daß ich diese Wohnung (1.) nur noch für ein paar Jahre und (2.) gemeinsam mit dem Inhaber des anderen halben Anteils benutzen darf? Der Wert dürfte „knapp über dem Gefrierpunkt“ liegen. Das muß jetzt „nur“ noch der Behörde vermittelt werden, die Kostenersatz für die Zuschüsse zu den Pflegekosten verlangt. Wer gerade um einen lieben Verwandten trauert, möchte nicht unbedingt den Ämtern erklären, warum diese sich beim Wert des Wohnungserbbaurechts verrechnet haben. Hier kann es eine angenehme Entlastung sein, einen Fachanwalt damit zu beauftragen.
Erbstreit beginnt oft wegen Mißtrauen in andere Beteiligte des Erbfalls. So fing es auch im aktuellen Fall an. Eine Testamentsvollstreckerin meinte, einer der Erben könnte seine Vollmacht mißbraucht haben. Die Vollmacht hatte ihm seine gebrechliche Tante (die Erblasserin) erteilt, weil er sich von allen Verwandten am besten auskannte mit der Verwaltung von Immobilien und Bankguthaben. Der Neffe hat mit der Vollmacht über Jahre hinweg viele Überweisungen getätigt, Handwerker bezahlt und im Fall von Mietstreit auch Anwälte, und auf Anweisung seiner Tante hat er Bargeld abgehoben und ihr nach Hause gebracht - alles ohne Quittung oder schriftliche Entlastung durch seine Tante. Man hat sich in der Familie eben vertraut.
Die Testamentsvollstreckerin wurde vom Nachlaßgericht ernannt, weil das im Testament so vorgesehen war. Sie kannte die Familie vorher nicht. Nachdem sie fünf Jahre lang manches getan und einiges unterlassen hatte, verklagte der Neffe sie. Er wollte endlich vollständige Auskunft darüber haben, was die Testamentsvollstreckerin bisher getan hatte und wie der aktuelle Stand der Nachlaßkonten ist. Außerdem wollte er endlich vom Geld aus der Erbschaft etwas bekommen nach immerhin fünf Jahren Dauer der unvollendeten Abwicklung des Nachlasses.
Die Testamentsvollstreckerin will jetzt umgekehrt zur Aufklärung derjenigen Verfügungen über Bankkonten, die zu Lebzeiten der Erblasserin erfolgt sind, umfassende Auskunft vom Neffen haben. Sie erhebt Widerlege gegen den ehemals bevollmächtigten Neffen und beantragt Auskunft über sämtliche Verfügungen auf allen Konten der Erblasserin - ohne zeitliche Grenze und ohne Einschränkung auf die Vorgänge, bei denen der Neffe die Überweisungen bzw. Barauszahlungen veranlaßt hat. Außerdem verlangte sie, daß er die Belege durchnumeriert, was bei einigen Jahren Kontoführung einschließlich der Verwaltung eines Mietshauses der Tante sehr aufwendig ist und bisher in keinem Gesetz und in keinem veröffentlichten Gerichtsurteil jemals so von einem Bevollmächtigten verlangt wurde. Leider verweigerte die Testamentsvollstreckung dem Neffen ihre Mitwirkung, als er wollte, daß sie als Verfügungsberechtigte über die Nachlaßkonten bei den Banken Kopien der Überweisungsträger und Barzahlungsbelege anfordert, mit denen er wenigstens sehen könnte, was er in Vollmacht für seine Tante unterschrieben hat und was die Tante selber unterschrieben hat. Für umfangreiche Auskünfte über lang zurückliegende Angelegenheiten braucht man schließlich eine Erinnerungshilfe.
Das Landgericht gab beiden Prozeßparteien Recht und verurteilte beide dazu, Auskunft zu erteilen, was sie denn im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Erbtante bzw. deren Nachlaß getan haben. Die Testamentsvollstreckerin weigerte sich jetzt aber sogar nach ihrer Verurteilung immer noch, Auskunft zu erteilen. Das ist ungewöhnlich, unprofessionell und nicht sehr intelligent. Der Rechtsanwalt des Neffen hat dafür zwar kein Verständnis, jedoch weiß er, wie man Auskünfte in der Zwangsvollstreckung „herbeizaubert“. Gegen die Testamentsvollstreckerin wird wohl schon bald ein Zwangsgeld verhängt, das sie an die Gerichtskasse zahlen muß. Und falls sie sich dann noch immer nicht zur Erteilung der Auskunft durchringen kann, wird sie in Zwanghaft genommen werden.
Der Neffe seinerseits ging in Berufung gegen seine Verurteilung, derart umfangreiche Auskünfte zu erteilen. Es ist schlicht unmöglich, jede Überweisung und jede Barabhebung zu erklären, Belege darüber vorzulegen und dann auch noch die Unterlagen zu numerieren, anstatt sie einfach so geordnet zu übergeben. Der Neffe hat ja nicht einmal mehr die Kontoauszüge seiner Tante. Außerdem sieht er zu Recht nicht ein, daß er der Testamentsvollstreckerin Auskunft erteilt über diejenigen Überweisungen, die die Tante selber unterschrieben hat.
Das Verfahren am Berufungsgericht läuft noch. Es ist aber schon jetzt abzusehen, daß der Neffe mindestens teilweise gewinnen wird. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, von denen an dieser Stelle die beiden erwähnt seien, die besonders ins Auge fallen: Zunächst gibt es die „moderne Plage“ Datenschutz. Die Banken und Sparkassen weigern sich in aller Regel unter Berufung auf Datenschutz, Auskünfte zu geben über Vorgänge, die länger als zehn Jahre zurückliegen. Wo das mit der ominösen 10-Jahres-Frist geregelt sein soll, entzieht sich zwar dem, was ein Fachanwalt und ehemaliger übertariflicher Bankangestellter (=der Autor dieses Erbfalls des Monats) nachvollziehen kann. Nachdem das aber in der Praxis so ist, ist es praktisch unmöglich, die Auskunft zu erteilen. Und was unmöglich ist, ist nicht geschuldet. Der Neffe braucht also nichts über das zu erklären, was länger als zehn Jahre zurückliegt, weil er keine Aufzeichnungen darüber hat.
Widersprüchliches Verhalten der Testamentsvollstreckerin ist in diesem Fall ebenfalls ein Punkt, der besonders ins Auge fällt: Sie ist einerseits rechtskräftig verurteilt worden, Auskunft über ihre mittlerweile mehr als fünf Jahre dauernde Tätigkeit als Testamentsvollstreckerin zu erteilen, tut das aber nicht einmal, nachdem die Zwangsvollstreckung angedroht wurde. Auf der anderen Seite verlangt sie vom Neffen der Erblasserin, daß der akribische Aufstellungen über seine Tätigkeit als Bevollmächtigter zusammenstellt und diese dann auch noch numeriert. Der gesunde Menschenverstand sagt den meisten Menschen an dieser Stelle: Wer selber nichts tun will, sollte von anderen nicht mehr verlangen als von sich selber. Und Juristen sehen solches widersprüchliche Verhalten von Personen, die selber in vergleichbaren Angelegenheiten nicht rechtstreu sind, immer wieder als Grund dafür an, daß ein Anspruch ausnahmsweise nicht besteht. Es bleibt spannend, womit das Berufungsgericht das dann begründen wird: Denkbar sind unter anderem ein Verstoß der Testamentsvollstreckerin gegen Treu und Glauben (Generalklausel des BGB § 242), Sittenwidrigkeit des Verhaltens oder Verwirkung?
Im Erbrecht gibt es diverse Auskunftsansprüche. Häufig entsteht Streit darüber, wer wem was genau mitteilen muß und ob die Auskünfte dann auch noch durch Dokumente belegt werden müssen. Eine pauschale Antwort wäre zu einem so weiten Gebiet wie dem Erbrecht von vornherein falsch, also schauen wir die wichtigsten Auskunftsansprüche nacheinander an:
A.) Pflichtteilsberechtigte haben Anspruch gegen den oder die Erben auf Auskunft darüber, was zum Nachlaß gehört. Zum Nachlaß gehören alle Sachen und Rechte, die wenigstens potentiell wirtschaftlichen Wert haben. Außerdem sind die Nachlaßverbindlichkeiten Teil des Nachlasses, also alles was der Erblasser an Verpflichtungen zu Zahlungen, zur Herausgabe von Sachen usw. zu erfüllen hatte; auch ein Teil der Kosten, die erst nach dem Tod berechnet werden, gehören zu den Nachlaßverbindlichkeiten, insbesondere Bestattungskosten und Arztrechnungen für Totenschein usw. Zu den Pflichtteilsansprüchen gehört auch die Pflichtxeilsergänzung um das, was der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod verschenkt bzw. unter Wert hergegeben hat - bei Schenkungen an Ehegatten läuft diese 10-Jahres-Frist erst ab dem Ende der Ehe (Scheidung); auch diese Schenkungen muß der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten mitteilen, wenn der das verlangt. Das Verzeichnis muß geordnet sein, so daß ein vernünftiger Mensch mit vertretbarem Aufwand sieht, was alles zum Nachlaß gehört. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, daß er beim Erstellen des Verzeichnisses anwesend ist. Außerdem kann er auch verlangen, daß ein Notar das Nachlaßverzeichnis erstellt.
Bewertung einzelner Nachlaßgegenstände durch Sachverständigengutachten kann der Pflichtteilsberechtigte auch verlangen. Dabei muß der Gläubiger des Anspruchs jedoch genau genug bezeichnen, welcher Gegenstand denn bewertet werden muß. Eine pauschale Forderung, den ganzen Nachlaß zu bewerten, entspricht nicht dem gesetzlichen Anspruch.
Belege werden häufig verlangt, manche Pflichtteilsberechtigte wollen sogar sämtliche Aktenordner des Verstorbenen ausgehändigt bekommen und verlangen dann auch noch Nachforschungen der Erben bei Banken. Als Anwalt hat man den Eindruck, daß das gerade von den Pflichtteilsberechtigten verlangt wird, die ihre juristischen Kenntnisse aus mehrere Ehescheidungen haben und dann meinen, der Pflichtteilsstreit würde nach den gleichen Regeln ablaufen. Im Gesetz ist bei den Vorschriften zum Pflichtteilsrecht aber nichts dergleichen geregelt. Trotzdem gesteht die Rechtsprechung in bestimmten Fällen dem Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf Belege zu, insbesondere wenn es um die Erbschaftsteuermeldung der Banken über Kontostände und die Existenz eines Schließfachs geht. Bei anderen Vermögenswerten ist die Rechtsprechung zurückhaltender, wobei es hier durchaus unterschiede zwischen den einzelnen örtlichen Gerichten gibt.
B.) Miterben sind sich gegenseitig nur ausnahmsweise dazu verpflichtet, Auskunft über ihr Wissen zu Nachlaßgegenständen zu geben. Eine konkrete Regelung im Gesetz gibt es abgesehen von den Ausgleichungspflichten nicht. Im „normalen“ Erbfall wird zwischen den Miterben lediglich die Generalklausel vom Grundsatz von Treu und Glauben (BGB § 242) in Ausnahmefällen für Auskunftsansprüche herangezogen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Anspruchsteller sonst kaum eine Möglichkeit hätte, sich einen Überblick über den Nachlaß zu verschaffen und es gleichzeitig für den Miterben eine Leichtigkeit ist, die geforderte Auskunft zu erteilen.
C.) Ausgleichungspflichten bestehen zwischen Abkömmlingen (Nachkommen) des Erblassers, wenn diese als Miterben die gesetzlichen Erbquoten erhalten. Sofern das der Fall ist, ist die Auskunftspflicht in BGB § 2057 geregelt: „Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er nach den §§ 2050 bis 2053 zur Ausgleichung zu bringen hat“, also über folgende Zuwendungen:
- Ausstattung, soweit der Erblasser nicht schon bei der Zuwendung etwas anderes angeordnet hat. Als Ausstattung definiert das Familienrecht in BGB § 1645 I das, „was einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung[…] oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird […]“;
- Zuschüsse für die Vorbildung zu einem Beruf oder als Einkommen, soweit das die finanziellen Verhältnisse des Erblassers überstiegen hat (also jedenfalls mehr als gesetzlich geschuldeter Unterhalt);
- andere Zuwendungen, wenn der Erblasser bereits bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
D.) Nacherben können von Vorerben „Auskunft über den Bestand der Erbschaft […] verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.“ Außerdem müssen Vorerben auf Verlangen eines Nacherben Rechenschaft ablegen. Das geschieht, vereinfacht gesagt, durch eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben sowie ein Bestandsverzeichnis zur Vorerbschaft. Wenn die Nacherbschaft mit dem Tod des Vorerben eintritt, dann müssen die persönlichen Erben des Vorerben diese Auskünfte gegenüber den Nacherben erteilen - wie auch immer sie das schaffen sollen. Eine Befreiung des Vererben von diesen Pflichten ist möglich, wenn das in der letztwilligen Verfügung des Erblassers angeordnet ist; dann hängt es aber vom Zufall ab, ob die Nacherben überhaupt etwas von der Vorerbschaft sehen werden. Bereits die Auskunftspflichten des Vorerben führen oft zu heillosen Streitereien, ob sie nun bestehen oder ausgeschlossen wurden. Allein schon deshalb sollte man sich gut überlegen und einen kompetenten Fachanwalt fragen, ob eine Vor- und Nacherbfolge im konkreten Fall überhaupt sinnvoll sein kann.
E.) Es gibt noch einige weitere Auskunftsansprüche im Erbrecht, die jedoch nur selten eine Rolle spielen. Deshalb erwähnen wir sie nur kurz: Der tatsächliche Erbe kann vom Erbschaftsbesitzer und auch vom Hausgenossen des Erblassers Auskunft verlangen, was diese an Nachlaßgegenständen bei sich haben und wie sie diese verwaltet haben. Auch bei der Errichtung eines amtlichen Nachlaßinventars und beim Aufgebot der Nachlaßgläubiger gibt es Regelungen zu Auskünften.
Viele Eheepaare wollen, daß der länger lebende von ihnen beiden einmal als Alleinerbe das ganze Vermögen behält, das bisher beide zusammen haben. Diese Vorstellung ist unabhängig vom Güterstand und kommt sogar dann häufig vor, wenn sie einen Ehevertrag mit Gütertrennung vereinbart haben.
Damit nichts dazwischenkommt, wird von einigen mit den Pflichtteilsberechtigten ein Vertrag abgeschlossen, in dem diese auf ihre Pflichtteilsansprüche verzichten. Damit dieser Pflichtteilsverzicht wirksam ist, muß notarielle Form eingehalten werden. Ein Pflichtteil steht den Abkömmlingen zu (Kinder, ggf. Enkel), bei Kinderlosen steht aber auch ihren Eltern ein Pflichtteil zu.
Die Praxis des Beraters im Erbrecht zeigt, daß es immer wieder zu Missverständnissen kommt. Gelegentlich besteht die Vorstellung, daß mit dem Pflichtteilsverzicht alles getan sei. Das Erbrecht unterscheidet aber präzise zwischen den verschiedenen Rechten und Ansprüchen: Der Pflichtteilsverzicht sagt überhaupt nichts darüber aus, wer denn nun Erbe werden soll. Ein Pflichtteilsverzicht verhindert nur, daß der Erbe finanzielle Schwierigkeiten bekommt, wenn ein Pflichtteilsberechtigter (1.) enterbt ist bzw. „zu wenig“ erbt und (2.) dieser Pflichtteilsberechtigte dann außerdem seine Ansprüche einfordert. Wenn nur ein Pflichtteilsverzicht vereinbart wird, jedoch keine geeignete letztwillige Verfügung vorliegt, dann wird später im Erbfall der verwitwete Ehegatte zusammen mit den Kindern oder entfernteren Verwandten des Erblassers eine Erbengemeinschaft bilden. Dieses Ergebnis mag überraschend sein, es kann aber vermieden werden:
Damit das Ergebnis erreicht wird, der Ehegatte also Alleinerbe wird, muß zusätzlich noch eine letztwillige Verfügung errichtet werden. Das kann ein Testament oder ein Erbvertrag sein. Beim Notar fallen für die Beurkundung Kosten an, die mit zunehmendem Vermögen ziemlich teuer werden können. Kompetente Beratung zum Testament gibt es außerdem beim Fachanwalt für Erbrecht, der einen Entwurf erstellen kann, der dann nur noch eigenhändig abgeschrieben und unterschrieben werden muß. Die Kosten dafür sollte man nicht scheuen, ein schlecht formuliertes Testament verursacht nämlich sehr viel größere Kosten als eine Beratung zur rechten Zeit. Und wenn das Honorar ins Verhältnis zum Vermögen gesetzt wird, ist es meist nur ein Prozentsatz, der viel geringer ist als beispielsweise die Vergütungen für Vermögenstransaktionen bei Immobiliengeschäften oder Kapitalanlagen. Beim Fachanwalt für Erbrecht hat der Mandant einen Vorteil: er ist Berater für Erbrecht einschließlich Erbschaftsteuer und muß seine Mandanten außerdem auf mögliche andere Steuerarten hinweisen, wenn diese eine Rolle spielen können.
Was genau ist denn eigentlich ein Testament? Diese Frage stellt sich immer wieder bei eigenhändigen Testamenten. Welche Formalien und welche Wortwahl sind nötig, damit man von einem rechtsgültigen Testament ausgehen kann? Zu dieser Frage gibt es viele Meinungen, die erfahrungsgemäß umso dezidierter vorgetragen werden, je geringer das Wissen um die tatsächliche Rechtslage ist. Schauen wir uns an einem praktischen Fall an, wie ein letzter Wille aufgeschrieben werden muß, um als Testament Geltung zu haben:
Eine ältere Dame hatte nur entfernte Verwandte, so daß sie auch einer Freundin im Ausland etwas zukommen lassen wollte. Ihr Vermögen bestand aus mehreren Immobilien, mehreren Bankverbindungen und einer größeren Anzahl an Schmuckstücken. Sie schaute vermutlich lieber in ihren Fernseher als ins Gesetzbuch, das seit 120 Jahren unverändert regelt, was in Deutschland nötig ist, um von einem Testament ausgehen; der Schreibstil erinnert einen nämlich sehr an die klischeehaften Fernsehsendungen, in denen die Testamentseröffnung von einem Jurist mit grauen Haaren und dunkelgrauem Anzug in einem holzgetäfelten Raum vorgenommen wird. Wenn dann die Kamera auf das Testament schwenkt, das gerade verlesen wird, dann fallen sofort der versiegelte Umschlag, das unterstrichene Wort „Testament“, die Schönschrift und das Datum der Testamentserrichtung auf. Dazu kommen wichtig wirkende Floskeln wie beispielsweise „im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte“. Und wenn der Film aus einem anderen Land stammt, sind oft noch die Unterschriften von Zeugen mit auf dem Testament. In der Praxis läuft das alles aber ganz anders ab. Und in unserem aktuellen Erbfall des Monats lassen sich die formalen Anforderungen an ein Testament sehr einfach mit dem guten alten Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) durchprüfen, das seit dem 01.01.1900 gilt.
Der Sachverhalt war folgender: Als die alte Dame starb, reichte ein Freund aus England einen Brief der Verstorbenen beim Nachlaßgericht in Stuttgart vor. In diesem Brief hatte die alte Dame ihm in englischer Sprache geschrieben, daß seine Schwester nach dem Tod der alten Dame ihren Schmuck und die Geldanlagen bei der L.-Bank bekommen solle. Sie hat den Brief von Hand geschrieben und natürlich auch unterschrieben. Allerdings vergaß sie das Datum, und es steht auch keine Überschrift über dem Schreiben. Das Wort „Testament“ kommt überhaupt nicht ausdrücklich vor.
Nun waren die entfernten Verwandten nicht damit zufrieden, daß sie „nur“ die Immobilien und einen Teil der Bankguthaben bekommen sollten. Um die Erbtante so-und-so-vielten Grades hat sich zwar niemand von ihnen allzu oft gekümmert. Aber sie fühlten sich als nächste Verwandte im Recht, alles zu erben. Sie haben sich den Gang zum Fachmann gespart, erst einmal „Anwalt in eigener Sache“ gespielt und dem Nachlaßgericht in ihrer laienhaften Denkweise geschrieben, daß dieses Schriftstück zu verstehen sei als bloßen Brief, der nichts zu bedeuten habe. Einer von ihnen hat sich zusammengereimt, daß die Überschrift „Testament“ nötig sei, damit man von einer rechtlich erheblichen Verfügung ausgehen könne. Eine andere Verwandte meinte, die persönliche Adressierung des Briefs sei ja etwas ganz anderes, als wenn ein Testament sich entweder neutral oder ans Nachlaßgericht adressiert dazu äußere, wer was bekommen solle. Wieder ein anderer Verwandter meinte, ohne Datum könne sowieso kein gültiges Testament vorliegen, so daß sie der Freundin ihrer Erbtante nichts abzugeben bräuchten. Und ein Vetter meinte, daß ein Testament auf deutsch verfaßt sein müsse, weil das doch im Gerichtsverfassungsgesetz in § 184 so geregelt sei - einzige Ausnahme ist in diesem Paragraph die sorbische Sprache für die „Heimatkreise der sorbischen Bevölkerung“ in Sachsen und Brandenburg. Englische Dokumente könnten aber auf keinen Fall akzeptiert werden, meinte der Vetter.
„Ein Blick ins Gesetz hilft manchmal bei der Rechtsfindung“ ist ein Satz, den manche Juraprofessoren den jungen Studenten immer wieder mit auf den Weg geben. Und das ist für die Formalien eines Testaments ziemlich einfach:
Zunächst einmal muß das Testament nicht in deutscher Sprache verfaßt sein. Im Gerichtsverfahren wird zwar zwischen dem Gericht und den Beteiligten des Nachlaßverfahrens deutsch gesprochen und geschrieben. Urkunden in fremden Sprachen werden aber selbstverständlich berücksichtigt. Bei Bedarf braucht man eben einen öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer, der dem Gericht zuverlässig mitteilt, was in dem Schriftstück steht.
Muß das Wort „Testament“ ausdrücklich erwähnt werden oder gar als unterstrichene Überschrift über dem Text stehen? Das Gesetz verlangt das nicht. Also reicht es, wenn aus dem Text erkennbar ist, daß es eine Regelung sein soll, wer das Vermögen im Todesfall bekommen soll.
Das Datum sollte allerdings eigentlich schon im Testament stehen. BGB § 2247 II verlangt das im Rahmen einer „Soll-Vorschrift“ genauso wie eine Angabe des Ortes, an dem das Testament errichtet wurde. Allerdings ist eine „Soll-Vorschrift“ keine „Muß-Vorschrift“. Und damit der letzte Wille beachtet wird, gehören die Angabe von Ort und Datum nicht zu dem, was die Wirksamkeit eines Testaments ausmacht. In der Praxis ergeben sich Probleme aus dem fehlenden Datum vor allem dann, wenn es mehrere Testamente gibt und man nicht weiß, welches das aktuellste ist. Auch da kann aber der Beweis für das Datum der Testamentserrichtung mit allen möglichen Beweismitteln geführt werden, also unter anderem durch Zeugenbeweis. Im vorliegenden Fall ist das der Bruder der Begünstigten, der den Brief per Post bekommen hat: Er kann bezeugen, daß ihm dieser Brief erst ein paar Jahre nach dem älteren Testament zugegangen ist.
Entscheidend ist bei den Formalien, daß ein Testament vom Testator (dem späteren Erblasser) vollständig von Hand geschrieben wird - wer mit dem Mund oder Fuß schreiben kann, kann auch damit ein „eigenhändiges Testament“ errichten. Außerdem muß das Testament am Ende unterschrieben werden, was bei einem Brief ja meistens auch der Fall ist.
Dazu kommt noch die Altersgrenze: Testierfähig ist man zwar schon ab 16, in dem Alter muß man aber noch zum Notar gehen. Ein eigenhändiges Testament kann man erst mit 18 Jahren wirksam errichten.
Der ganze „Rest“ an Formalien und was dafür gehalten wird ist nebensächlich. Es muß allerdings noch ein wesentliches Kriterium erfüllt sein: Der „Testierwille“ ist Voraussetzung dafür, daß ein Testament vorliegt. Diesen Willen ermittelt man nicht mit Hilfe von bestimmten Worten, die verwendet wurden. Es reicht aus, daß die Ernsthaftigkeit aus dem Text erkennbar wird. In den meisten Fällen bedeutet schon die Unterschrift, daß nicht mehr nur ein Entwurf oder eine Absichtserklärung vorliegt, sondern der darüber stehende Text mit der Unterschrift zur verbindlichen Willenserklärung wird.
Der handschriftliche Brief an den Bruder der Begünstigten ist also ein wirksames Testament, mit dem seiner Schwester der Schmuck und die Geldanlagen bei der L.-Bank vermacht wurden. Nachdem sich die Verwandten, die in der gesetzlichen Erbfolge die Erben sind, dagegen sträuben, braucht die Vermächtnisnehmerin nun einen Rechtsanwalt, der ihre Ansprüche durchsetzt. In diesem Fall ist das aber halb so schlimm: Das Mindesthonorar des Anwalts müssen die Gegner als Schadenersatz erstatten, wenn sie den Erbstreit verlieren. Und das ist in diesem Fall sehr wahrscheinlich.
Wieder einmal wurde ein Erbfall durch unüberlegtes Verhalten eines Beteiligten komplizierter, als es nötig gewesen wäre:
Die Erblasserin starb ziemlich jung an Krebs. Sie war ledig und hatte keine Kinder. Ihr Testament war unwirksam, weil sie es mit der Maschine geschrieben hat. Wirksam ist aber nur ein Testament, das entweder ein eigenhändiges oder ein notarielles Testament ist. Weil das Testament unwirksam ist, bestimmen sich die Erben nach der gesetzlichen Erbfolge. Im konkreten Fall sind das ihre Mutter und anstelle des verstorbenen Vaters ihre Geschwister.
Der Bruder möchte die Erbschaft seinem geistig behinderten Sohn zukommen lassen, der unter Betreuung steht. Er hat gehört, daß man zugunsten eines anderen die Erbschaft ausschlagen kann und daß man das innerhalb von 6 Wochen machen muß. Das ist nur halb richtig: Die Frist zur Ausschaltung einer Erbschaft beträgt tatsächlich 6 Wochen. Wenn ein Erbe ausschlägt, dann kommt sein Erbteil aber vorrangig demjenigen zugute, der im Testament als Ersatzerbe vorgesehen ist. Wenn es kein wirksames Testament gibt, richtet sich die Ersatzerbfolge nach diversen gesetzlichen Regeln; Ersatzerben von Verwandten des Erblassers sind in der Regel dessen Kinder. Nun hat der Bruder, der ausgeschlagen hat, mehrere Kinder. Er wollte zugunsten seines behinderten Sohns ausschlagen, das Ergebnis ist aber ein wenig anders: seine Kinder erhalten jeweils gleich große Anteile seines Erbteils.
Für die anderen Miterben ist das größte Problem aber ein anderes: Jetzt ist ein Miterbe dabei, der unter Betreuung steht. Damit kann die Verwaltung und Teilung des Nachlasses nicht so „einfach“ erledigt werden, wie das sonst möglich wäre. Für jede Verteilung unter den Miterben muß nämlich zum Schutz des Betreuungsfalls das Betreuungsgericht zustimmen gemäß BGB §§ 1908i, 1822 Nr. 2. Das kostet Zeit und Mühe.
Einfacher wäre es gewesen, der Bruder der Erblasserin hätte die Erbschaft angenommen und seinen Erbteil dann an seinen behinderten Sohn weitergegeben. Aber auch da hätte sich eine rechtzeitige Beratung gelohnt, welche Auswirkungen das hat auf Erbschaftsteuer, Sozialleistungen und Betreuung. Rechtzeitig ist eine Beratung nur dann, wenn noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen wurden und außerdem noch ausreichend viel Zeit übrig ist, um nachzudenken und um alle Fristen einzuhalten. Im Nachhinein und kurz vor dem Ende einer Frist kann auch ein guter Berater nur noch wenig retten. Umgekehrt hätte es sich im Erbfall des aktuellen Monats gelohnt, wenn der Bruder vor seiner Ausschlagungserklärung einen Fachanwalt für Erbrecht aufgesucht hätte.
Ein Hausgrundstück in Griechenland gehört zur Erbschaft des Monats. Erst einmal hört sich das gerade im Winter gut an, wo so ein Häuschen im sonnigen Süden besonders interessant ist. Aber wie wird eine Erbschaft abgewickelt, in der eine Immobilie in Griechenland ist?
Zunächst einmal wird der deutsche Erbschein zwar auch in Griechenland anerkannt. Allerdings ist eine Apostille auf dem Erbschein erforderlich. Diese Apostille (auch „Überbeglaubigung“ genannt) für den Erbschein bekommt man bei dem Landgericht, in dessen Bezirk das Nachlaßgericht seinen Sitz hat. Die Apostille bestätigt bei der Verwendung im Ausland, daß die Urkunde von einer zuständigen Behörde bzw. einem zuständigen Gericht ausgestellt wurde und echt ist. Die Kosten dafür sind überschaubar.
Nachdem Griechenland andere Gesetze hat als Deutschland, ist für die Abwicklung ein Anwalt vor Ort empfehlenswert. Damit der Erbe im griechischen Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen werden kann, muß nämlich zunächst ein Verfahren beim griechischen Nachlaßgericht eingeleitet werden, anschließend muß man dann noch wissen, nach welchen Regeln das Grundbuchamt in Griechenland arbeitet. Der griechische Anwalt kennt sich damit aus, spricht aber als Muttersprache griechisch. Wenn der Erbe das nicht so gut kann, daß er alles versteht, treten schon die ersten Sprachhürden auf. Gerade in den idyllischen Gegenden fernab der Großstädte sind zwar die Landschaft besonders schön und die Hausgrundstücke günstiger. Allerdings sprechen die Anwälte vor Ort dann seltener Fremdsprachen wie deutsch oder englisch auf einem verhandlungsfähigen Niveau. Und auch die interkulturelle Kompetenz ist im Dorf nicht so wichtig wie beim Anwalt in der Großstadt, was bei sich fremden Mentalitäten von deutschem Erben und griechischem Anwalt die Abwicklung einer Erbschaft noch schwerer macht, als es das bei Auslandsimmobilien ohnehin schon ist. Und auch die Anwaltsvergütung ist in Griechenland anders als in Deutschland, sie kann auch wesentlich teurer sein als hierzulande. Eine Diskussion am Telefon kann bei all den Unterschieden ein frustrierendes Erlebnis sein. Wenn diese Hürden überwunden sind, geht es auf der sachlichen, juristischen Schiene weiter.
Damit die Vollmacht des griechischen Anwalts in den Verfahren beim Nachlaßgericht und Grundbuchamt anerkannt wird, muß die Unterschrift des Erben beim griechischem Generalkonsulat beglaubigt werden. Die Vollmacht ist dabei in griechischer Sprache verfaßt und wesentlich umfangreicher als eine deutsche Anwaltsvollmacht es üblicherweise ist. Wenn der Erbe nicht selbst die griechische Sprache beherrscht, muß er zum Beglaubigungstermin außerdem noch einen Dolmetscher mitnehmen.
Jetzt muß der Erbe noch eine internationale Geburtsurkunde mit Apostille nach Griechenland schicken, damit dort alle benötigten Dokumente vorliegen. Die Geburtsurkunde wird vom Standesamt des Geburtsorts ausgestellt, die Apostille dafür bekommt man beim zuständigen Regierungspräsidium.
Die Dokumente sollten möglichst per Einschreiben verschickt werden. Allzu oft hören wir davon, daß gerade beim Versand in ländliche Gegenden im Ausland ein Brief verschwindet. Das Einschreiben macht es nachvollziehbar, wer bei der Post den Einschreibebrief zuletzt übergeben bekommen hatte.
Nun kann der Erbe abwarten, daß die Verfahren ihren Gang nehmen. Wenn am Ende die Eintragung im Grundbuch vollzogen ist, kann der Erbe das Hausgrundstück verkaufen - oder es weiter selber nutzen.
Ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk bekommt Fiona MacDonald von Ihrem Onkel Paddy MacDonald: Er ist gerade in Rente gegangen und hat seine Farm in Irland erst einmal stillgelegt. Die Felder hat Old MacDonald jetzt an benachbarte Bauern verpachtet. Er ist von seinem Aussiedlerhof ins nächste Dorf gezogen, damit er näher am Pub ist, in dem sich die Dorfgemeinschaft regelmäßig trifft. Das alte Bauernhaus hat er an Freunde günstig vermietet. Danach ging er in der nächsten Stadt zum irischen Solicitor (Rechtsanwalt), um die Schenkung seiner Grundstücke an seine Nichte vorzubereiten, die für ihren Arbeitsplatz nach Deutschland gezogen ist.
Damit alles glatt läuft, sollte ein Fachmann für Schenkungen (Rechtsanwalt oder Notar) gefragt werden. Für Schenkungen können aber auch Steuern anfallen. Damit die beiden sich die Schenkung auch leisten können, dürfen die Steuern nicht allzu teuer sein. Old MacDonald und seine Nichte brauchen also kompetente Berater für deutsches und irisches Schenkungs- und Steuerrecht. Damit nicht das Sprichwort „viele Köche verderben den Brei“ zur Geltung kommt, sollten die Berater in diesen Bereichen möglichst breites Wissen auf hohem Niveau haben. Auf deutscher Seite ist das gewährleistet bei einem Fachanwalt für Erbrecht, zu dessen Ausbildung sowohl Schenkungsrecht und Internationales Privatrecht als auch Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gehören. Dann fehlt „nur“ noch ein irischer Jurist, der die Grundstücksschenkung vorbereitet und entweder selber die irischen Steuern mit berät oder einen irischen Steuerberater hinzuzieht. Nachdem der Onkel in Irland und die Nichte in Deutschland leben und beide sich über alles einig sind, beauftragt Paddy einen irischen Solicitor und Fiona einen deutschen Fachanwalt.
Die einfachste Frage ist in diesem Fall die Frage nach der Beurkundung des Vertrags über die Immobilienschenkung. Die Formalien der Verträge richten sich nach irischem Recht, weil die Grundstücke ja dort liegen. Die Unterschrift des Beschenkten kann daher jeder Rechtsanwalt beglaubigen, es ist kein Notar erforderlich. Auch der deutsche Rechtsanwalt kann die Beglaubigung der Unterschrift des Beschenkten vornehmen, das wird vom irischen Grundbuchamt akzeptiert. Freilich sollte der deutsche Anwalt die englische Sprache und das Irische Recht gut genug beherrschen, um die Bedeutung der Unterschrift seines Mandanten zutreffend einschätzen zu können. Bevor die Beurkundung vorgenommen wird, sollte aber auch abgeschätzt werden, welche Folgen der Vertrag haben wird.
Dafür ermitteln die Juristen nun den Wert der Immobilien des Bauernhofs und kommen auf rund eine halbe Million Euro. Das liegt in beiden Ländern eigentlich deutlich über dem Freibetrag der beschenkten Nichte bei der deutschen Schenkungsteuer und bei der irischen Capital Acquisitions Tax (CAT). Die Kriterien für die Besteuerung und Vergünstigungen (=Subventionen) sind in jedem Land anders. Deutsche Agrarsubventionen aus dem Erbschaftsteuergesetz und Bewertungsgesetz greifen bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, die dann mit maximal mit 10% des wirklichen Verkehrswerts angesetzt werden. Im vorliegenden Fall sind die Kriterien der beiden beteiligten Länder für die Privilegien der Landwirte genau anders herum geregelt: Im einen Land müssen landwirtschaftliche Grundstücke für die Vergünstigung mindestens eine bestimmte Anzahl an Jahren verpachtet sein, im anderen Land höchstens für eine bestimmte Dauer. Es gibt jedoch einen Bereich, in dem für die Schenkung des Hofs die indirekten Agrarsubventionen (Steuervorteile) beider Länder gleichzeitig gewährt werden. Jetzt muß Old MacDonald „nur“ noch dafür sorgen, daß die Laufzeit der Pachtverträge genau in diesem Zeitfenster liegt. Nachdem er zuerst verpachtet hat und erst danach die Beratung zur Schenkung begann, ist es reiner Zufall, daß wir den Fall retten konnten und lediglich für das nicht landwirtschaftlich genutzte Wohnhaus etwas Schenkungsteuer anfällt. Genauso gut hätte es aber auch schiefgehen können, wenn die Dauer der Pachtverträge entweder zu kurz oder zu lang gewesen wäre. Die Lehre aus diesem Fallbeispiel ist: Bei wichtigen Entscheidungen mit großen Auswirkungen wie zum Beispiel Betriebsaufgabe oder Hofübergabe sollte man sich immer zuerst vom kompetenten Fachmann beraten lassen erst danach vollendete Tatsachen schaffen.
Sprichwörter haben regelmäßig in ihrem Kern die Lebensweisheit von Generationen zusammengefaßt. Beim Erben geht es oft um viel Geld. Das Sprichwort „Geld verdirbt den Charakter“ stimmt zwar nicht ganz, im Kern des Sprichworts steckt aber etwas Wahres, denn Geld ist ein guter Indikator, um guten oder schlechten Charakter sichtbar zu machen. Der Erbfall des Monats dreht sich um einen „alten Freund“ der Erblasserin, der allzu oft den Bogen überspannt hat, um an möglichst viel Geld zu kommen. Der Neffe der Erblasserin ist Testamentsvollstrecker, lebt in den USA, und wollte eigentlich zu allen Beteiligten fair und nett sein. Und wegen ein oder zwei holprigen Erlebnissen mit einem anderen Menschen sollte man noch nicht davon ausgehen, daß er böses im Schilde führt. Doch im Lauf der Zeit gab es dann doch zu viele „unerfreuliche“ Dinge:
Die unerfreuliche Geschichte begann damit, daß die alte Dame einem befreundeten Kollegen (L.) eine Bankvollmacht erteilte, der fast 20 Jahre jünger war als sie selber. Sie war eben betagt, ihre Augen wurden immer schlechter, und sie vertraute L. ihre Geldanlagen und Überweisungen an. Eine zeitlang ging auch alles gut. Als die alte Dame starb, erfuhr der Neffe in den USA erst nach dem Tod davon. Er dachte, daß der Tod kurzfristig eingetreten sei und reiste innerhalb von 3 Tagen an, um seine Tante zu beerdigen. Da hatte der Bevollmächtigte L. aber schon Bestatter und Entrümpeln beauftragt; als der Neffe eine halbe Woche nach dem Tod der Tante in ihrer Wohnung eintraf, war bereits der halbe Hausrat schon weggeschafft. Das wunderte ihn genauso wie die Tatsache, daß die Beerdigung nicht von ihm organisiert werden konnte, weil L. das von heute auf morgen ohne Rücksprache it den Verwandten erledigt hatte. Als nächstes verweigerte L. dem Neffen, der immerhin der nächste Angehörige der Verstorbenen ist, die Übergabe wenigstens eines Exemplars der Sterbeurkunde. Aber der Neffe versuchte immer noch, zu allen freundlich zu sein, und lud L. und dessen Frau auch noch zum Abendessen ein. Die L.s erzählten ihm bei dem Essen einiges, aber nichts über ihre Aktivitäten, die in den darauffolgenden Monaten scheibchenweise ans Tageslicht kamen: Als L. Rechnungen zur Erstattung vorlegte für Ausgaben, um die sich normalerweise der Neffe gekümmert hätte, beauftragte der einen Rechtsanwalt mit der Prüfung, was er bezahlen muß und was nicht. Der Neffe hatte inzwischen nämlich den Eindruck, daß L. eigenmächtig mit dem Vermögen der alten Dame umgegangen war. Außerdem standen im Testament ausführliche Regelungen zu Antiquitäten, Glasvasen, Bildern und anderen Gegenständen, die an den Neffen und andere Personen vermacht waren - in der Wohnung fehlten diese Sachen aber fast alle, als der Neffe eine halbe Woche nach dem Tod der Tante ankam und der Entrümpeln im Auftrag des L. zugange war. Es waren einfach schon zu viele auffällige Vorkommnisse, als daß der Neffe jetzt noch alles einfach so hinnehmen konnte. Steter Tropfen höhlt den Stein. L. hatte zu viele „Aktionen“ begangen, so daß jetzt die ganze Angelegenheit überprüft wurde.
Der Anwalt des Neffen fand heraus, daß beim Entrümpler immerhin noch ein paar Bilder aus der Wohnung der Erblasserin im Lager waren. Wenigstens diese Erinnerungsstücke konnte er abholen und dem Neffen übergeben. Bei der Gelegenheit stellte sich auch heraus, daß der Entrümpler von L. beauftragt wurde, als die Erblasserin noch lebte. L. hatte dem Entrümpler gesagt, daß sie im Sterben liege und bald die Wohnung schnellstmöglich geräumt werden solle. Leider „vergaß“ L., den Neffen in den USA zu informieren, daß seine Tante im Sterben lag, dem wurde erst im Nachhinein die Todesnachricht mitgeteilt. Und der Entrümpler war bei diesem Auftrag auch etwas verwundert, daß nur Reste des Hausrats zu räumen waren; die meisten Möbel und fast alle schönen Einrichtungsgegenstände hatten L. und seine Frau bereits zu sich nach Hause genommen. L. wußte nicht, daß der Anwalt des Neffen diese Erkundigungen angestellt hat. L. schrieb auf Nachfrage des Anwalts, daß die Erblasserin in den letzten Jahren diese ganzen Sachen an ihn und seine Frau verschenkt habe. Da wußte L. noch nicht, daß der Anwalt des Neffen von einem Zeugen wußte, daß am Tag nach dem Todesfall die Sachen noch in der Wohnung der Erblasserin waren, die diese angeblich schon zu Lebzeiten verschenkt haben soll.
Nach diesem Erlebnis schaut man sich natürlich auch die Bankverbindung etwas genauer an. L. hatte die ganzen Kontoauszüge bei sich und weigerte sich ein halbes Jahr lang, sie an den Testamentsvollstrecker herauszugeben. Als Bevollmächtigter der alten Dame ist er natürlich verpflichtet, Rechenschaft abzulegen über seine Verwaltung der Bankkonten und Wertpapierdepots. Dabei spielt es keine Rolle, ob er dafür bezahlt wurde oder nicht. Und selbstverständlich hat er alles herauszugeben, was er als Bevollmächtigter für die alte Dame erhalten hat. Nach deren Tod sind die Erben bzw. im vorliegenden Fall der Testamentsvollstrecker dafür zuständig, die geerbten Rechte auszuüben. Und wenn ein untreuer Bevollmächtigter Kontoauszüge nicht herausgeben will, dann kann er froh sein, wenn nicht gleich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird oder Herausgabe der Unterlagen eingeklagt wird. Der Neffe wollte ja als Testamentsvollstrecker nett und fair zu allen sein, also ließ er seinen Anwalt bei den Banken nachfragen. Kontoauszüge und Auszahlungsbelege mit Unterschrift kann man auch als Mehrfertigung noch einmal bekommen, so daß im Handumdrehen die nötigen Informationen vorlagen. Und siehe da: L. hatte einige tausend Euro unberechtigt auf die Seite geschafft, unter anderem mit einer Barabhebung von € 2.000 kurz nach dem Todesfall. Er ließ seinen Anwalt schreiben, das Bargeld sei für Beerdigungskosten abgehoben worden. Das riecht im Zeitalter von Überweisungen doch sehr nach einer faulen Ausrede, zumal L. in den letzten Jahren viele Überweisungen für die Erblasserin vorgenommen hat. Dazu kommt dann auch noch, daß L. seinen Anwalt behaupten läßt, er habe mit den Bankschließfächern der alten Dame überhaupt nichts zu tun gehabt - ein Zeuge hat aber bestätigt, daß L. einige Wertsachen aus einem der Schließfächer mitgenommen hat. Der Neffe fängt zwar an, seinem Anwalt gegenüber deutliche Worte über L. zu benutzen, er möchte als Testamentsvollstrecker aber immer noch nett bleiben und sucht nach einem eleganten Ausweg, der L. eine Brücke baut. Und dafür sieht er eine Möglichkeit:
Das Testament der Erblasserin ist handschriftlich verfaßt. Sie schrieb es, als es ihr noch gut ging. Auf der Rückseite ist allerdings eine Ergänzung, mit der die Ehefrau von L. auch einige Prozent vom Erbe bekommen soll. Bei dieser Testamentsänderung fällt aber schon auf den ersten Blick auf, daß die Schrift etwas anders ist als auf der Vorderseite des Testaments. Außerdem ist die Unterschrift mit einem anderen Stift geschrieben worden als der Text darüber. Dazu kommt dann noch, daß die Erblasserin am Tag der Testamentsänderung bereits einen Blindenausweis hatte, sie sah nur noch 10% auf einem Auge, auf dem anderen überhaupt nichts mehr. Wenn man das weiß, wundert man sich umso mehr, daß das Testament in normaler Schriftgröße geschrieben ist - die Testatorin konnte das gar nicht mehr lesen! Außerdem hatte sie eine leichte Demenz. Und wer sich etwas auskennt, der weiß, wie leicht hilfsbedürftige Menschen zu beeinflussen sind, gerade wenn „hilfreiche Geister“ als Erben eingesetzt werden wollen.
Eigentlich könnte der Neffe nun vom Gericht feststellen lassen, daß die Testamentsänderung unwirksam ist, Frau L. also nichts bekommt. Und ein Schriftgutachter könnte herausfinden, wer die Testamentsergänzung geschrieben hat; wenn das L. war, wäre er erbunwürdig und hätte seine Erbeinsetzung verwirkt. Dazu könnte man ihn noch auf Herausgabe der Einrichtungsgegenstände und des Geldes verklagen, die er sich angeeignet hat. Der Neffe möchte aber möglichst friedlich und zügig den Nachlaß abwickeln und schlägt deshalb vor, daß Herr und Frau L. damit einverstanden sind, daß sie vom Nachlaß nichts bekommen und dafür alles behalten dürfen, was sie bereits von der alten Dame haben. Wenn die beiden sich darauf einlassen, brauchen sich die anderen Testamentserben und Vermächtnisnehmer nicht länger mit den L.s herumärgern, was ja auch ein Vorteil ist.
Dieser Erbfall ist deshalb nicht ganz alltäglich, weil die L.s so vieles auf einmal „übertrieben“ haben. Damit haben sie sich selber das Handwerk gelegt. Wenn es nur wenige Auffälligkeiten gegeben hätte, dann hätte niemand die Details recherchiert. Ungewöhnlich ist auch, daß der Testamentsvollstrecker den L.s jetzt noch einmal eine Chance gibt, ungeschoren davonzukommen. Es bleibt spannend, ob sie auf das Angebot eingehen werden.
Ein schlechter Witz sagt: „Ich fühle mich nicht als Einzelkind — Alleinerbe hört sich schöner an.“ Wer das wörtlich meint, ist beim Erblasser nicht unbedingt beliebt. So war es auch im Erbfall des Monats:
Ein Landwirt aus einer deutschen Großstadt hatte nur ein Kind aber ein Vermögen im Wert von mehrere Millionen. Das einzige Kind verstand sich nicht allzu gut mit seinem Vater. Auch zu seiner ersten und zweiten Exfrau und einem Teil seiner Kinder hatte er kein gutes Verhältnis. Außerdem war er nicht bereit, den Bauernhof seines Vaters zu übernehmen. Trotzdem stellte ihm sein Vater jahrzehntelang kostenlos ein Einfamilienhaus zur Verfügung, auch noch als der Sohn nach Asien ausgewandert war.
Als dann der Sohn dieses Sohns den Hof des betagten Landwirts übernahm, war der „gefühlte Alleinerbe“ auf seinen eigenen Sohn neidisch - dabei hatte der Altbauer über lange Jahre hinweg immer wieder versucht, seinen Sohn dazu zu bewegen, Nachfolger auf dem Hof zu werden, was der Sohn im Gegensatz zum Enkel aber nicht wollte. Der Enkel des Altbauern machte also die ganze Arbeit auf dem Bauernhof und hatte, wie das in Hofübergabeverträgen oft vereinbart wird, auch noch die Pflege der Großeltern zu leisten.
Der Altbauer wurde mit seiner Situation irgendwann unzufrieden und wollte in das leerstehende Haus ziehen, das der Sohn bisher genutzt hatte. Er wollte, daß sein Sohn zusammen mit Pflegepersonal für ihn sorgt. Erst waren die beiden sich einig, dann wollte der Sohn doch noch einen Monat länger im Ausland bleiben, während sein gebrechlicher Vater nicht länger warten wollte. Da war der „gefühlte Alleinerbe“ endgültig über seinen Vater verärgert und schrieb in einem Brief, daß der alte Herr sich jetzt gefälligst selber um seine Pflege kümmern solle.
Der Sohn weigerte sich auch, das Haus an den Vater herauszugeben, obwohl er nur noch selten für wenige Wochen dort war. Daraufhin verklagte ihn der Vater auf Herausgabe des Hauses.
Der Vater enterbte außerdem seinen Sohn und setzte die Enkel zu Erben ein. Das kann man machen, der Sohn hat dann lediglich sein Pflichtteilsrecht. Dieses Recht übte der Sohn auch aus und verlangte von den Erben, also von seinen eigenen Kindern, den Pflichtteil. Nach etwas Hin und Her erteilten die Kinder nicht nur sehr umfangreiche Auskünfte über den Nachlaß und über Schenkungen, Ausstattungen, Aussteuer usw., die sie von Ihrem Großvater (dem Erblasser) bekommen hatten. Sie überließen ihm auch einen dicken Aktenordner mit Belegen, obwohl das Pflichtteilsrecht eigentlich nicht vorsieht, daß Belege gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten vorgelegt werden müssen. Schließlich zahlten die Erben auch noch € 800.000,- als Pflichtteil.
Davor schon hatten die Erben das Gerichtsverfahren zum Ruhen gebracht, mit dem der Erblasser seinen Sohn auf Herausgabe des kostenlos genutzten Einfamilienhauses verklagt hatte. Wenn eine Prozesspartei stirbt, ist das eine Möglichkeit, um das Verfahren „auf Eis zu legen“. Wenn dann ein paar Jahre lang niemand etwas beantragt, verjähren die Ansprüche, ohne daß der eine dem anderen Prozeßkosten erstatten müßte oder dergleichen. Eigentlich ist das eine gute Möglichkeit, mit der die Erben eines verstorbenen Klägers einen Streit auch im Interesse des Beklagten beenden.
Normalerweise könnte die Geschichte nun zu Ende sein. der „gefühlte Alleinerbe“ brachte es aber zum Erbfall des Monats, indem er seine Kinder mit mehreren Klagen überzog. Er wollte noch mehr Auskünfte und Geld haben. Daher erhob er eine Pflichtteilsstufenklage. Dabei wollte er seine aktuelle Adresse verschweigen, die Kinder aus erster Ehe sollten nicht wisse wo er jetzt wohnt. Das ging schief; wer jemanden verklagt, muß seine Anschrift in der Klage angeben. In unserem Fall machte ihm das der Richter im Lauf des Verfahrens deutlich, so daß er die aktuelle Adresse nachreichen mußte. Außerdem machten er und seine Anwältin noch weitere Fehler: Die Klage wurde erst einmal da erhoben, wo es dem Kläger am bequemsten war. Nachdem der Erblasser wegen des Streits um die Herausgabe des Hauses noch nicht an diesen Ort zurück gezogen war, war dieser Ort aber nicht der besondere Gerichtsstand des Erbstreits; außerdem wohnte ja einer der Beklagten auf dem Bauernhof in dem Landgerichtsbezirk, in dem auch der Erblasser bis zuletzt gewohnt hatte. Nun kam der nächste Fehler: Anstatt die gebührenfreie Verweisung an das andere Landgericht zu beantragen, wurde die Klage zurückgenommen und ein paar Wochen später am anderen Gerichtsort wieder erhoben. Dafür fielen die Prozeßkosten doppelt an, und wer die Klage zurücknimmt, muß auch die Anwälte der Beklagten bezahlen. Die Anwälte der Beklagten rechneten also mit dem Kläger ab.
Als nächstes beantragte der enterbte Sohn, das ruhende Verfahren fortzuführen, in dem sein verstorbener Vater ihn auf Herausgabe des Hauses verklagt hatte. Einige Zeit nach dem Todesfall hat er „freiwillig“ die Schlüssel herausgegeben, so daß die Angelegenheit doch eigentlich erledigt war. Nachdem er es unbedingt „wissen wollte“, bekam er nun aber eine weitere mündliche Gerichtsverhandlung. Hier erklärte ihm der Richter, daß er wohl schon dazu verpflichtet war, das Haus herauszugeben, das sein Vater ihm ohne Mietvertrag und ohne sonst ein dauerhaftes Nutzungsrecht überlassen hatte, bis die beiden am Ende furchtbar zerstritten waren. Seinen Kindern war das Verfahren auch unangenehm, sie wollten alle nur ihre Ruhe haben. Skurril war dann die Behauptung des Enterbten im Gerichtssaal, er habe ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern — ein normaler Mensch fragt sich da: Warum verklagt er sie dann so oft?!? Jedenfalls entschied das Gericht, daß der Enterbte das Verfahren verloren hat und nun sowohl die gegnerischen Rechtsanwalts- und Reisekosten als auch die Gerichtsgebühren erstatten muß. Die Gerichtsgebühren hatte noch der Erblasser als Vorschuss ans Gericht bezahlt, und weil das Verfahren ruhte, hätte der enterbte Sohn eigentlich nie etwas bezahlen müssen, wenn er nicht die Fortsetzung des Rechtsstreits mit den Erben (seinen Kindern) verlangt hätte. Nun muß er wegen seiner streitsüchtigen Vorgehensweise einen hohen Betrag an Prozeßkosten erstatten.
Ein Teil der Gerichtsverfahren läuft noch. Am Ende werden in diesem Fall wahrscheinlich mehr als € 100.000,- für Gerichtsgebühren, Rechtsanwaltshonorare und Reisekosten draufgegangen sein. Im Schwabenland nennt man dieses Verhalten, daß einer die Erbschaft verdummt. Ein anderer Umgang mit dem Familienvermögen und seiner Lebenszeit wäre sicher sinnvoller. Man erinnert sich bei solchen Fällen aber auch an die volkstümliche Weisheit, daß jeder als Vorbild dienen kann - und wenn er nur dafür ein Vorbild ist, wie man selber es einmal ganz bestimmt nicht machen will. Immerhin hat der Fall diesen einen positiven Aspekt: Machen wir es besser als dieser Streithansel!
Manchmal steckt in den Details mehr, als man für möglich hält. Im Testament verfügten die Eltern, daß die Kinder nach dem länger lebenden Elternteil alles zu gleichen teilen erben sollen. Nach dem Tod der Eltern kam es dann aber doch zum Streit darüber, wie die Erbschaft aufzuteilen ist.
Eines der Kinder hatte nämlich vor einigen Jahren massive finanzielle Probleme in seinem Unternehmen gehabt. Dafür hat es umfangreiche Zuwendungen von den Eltern erhalten, um nicht den Makel eines Bankrotts bei einem Familienangehörigen erleben zu müssen. Die Eltern mußten sich bei ihren Ausgaben massiv einschränken, bis alle Schulden dieses Kindes beglichen waren. Das Gesetz sieht vor, daß zwischen den Abkömmlingen (=Kindern) derartige Zuwendungen als Ausstattung ausgleichungspflichtig sein können.
Dieses Kind war aber nicht etwa dankbar. Stattdessen gab es einen Teil der finanziellen Hilfen für Luxuskonsum aus. Darüber ärgerte sich verständlicherweise der Rest der Familie. Im Erbfall wollte dieses reich beschenkte Kind dann auch noch, daß sein Sparkassenkredit von der Erbengemeinschaft bezahlt und der Rest zwischen den Erben zu gleichen Teilen aufgeteilt wird. Das brachte das Faß zum überlaufen.
Ein Miterbe, der ursprünglich eine Teilung des Nachlasses akzeptiert hätte, ohne die Zuwendungen der Eltern zu deren Lebzeiten zu berücksichtigen, wollte jetzt wenigstens Informationen über die Entwicklung des Vermögens der Eltern haben. Der andere Miterbe hatte nämlich Vollmacht über das Bankkonto der Mutter und ließ sich deren Kontoauszüge aus dem Elternhaus zu sich schicken, so daß die Miterben nur den aktuellen Kontostand erfahren haben. Und auch für ausgleichungspflichtige Schenkungen und andere Zuwendungen der Eltern sind die erbenden Geschwister untereinander zur Auskunft verpflichtet.
Der Miterbe, der Vollmacht hatte, machte jetzt den dümmsten Fehler, den es gibt: Er verweigert jegliche Auskünfte. Wer eine Vollmacht ausgeübt hat, ist zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet; wer diese Pflicht verweigert, macht sich verständlicherweise verdächtig.
Stattdessen behauptet er, ein weiterer Bruder sei ihm zur Ausgleichung verpflichtet für etwas, was er selber nicht so genau erklären kann. Die Angelegenheit war mittlerweile vor Gericht, der reich beschenkte Miterbe, der auch Vollmacht hatte, ist nun der Beklagte im Prozeß über Auskünfte. In 7 Anträgen geht es um Auskünfte über einerseits die ausgleichungspflichtigen Zuwendungen und andererseits zu dem, was er mit der Vollmacht für die Mutter erledigt hat. In der mündlichen Verhandlung versuchte der Richter zwei Stunden lang, etwas nachvollziehbares von dem Miterben zu erfahren, der die umfangreichen Zuwendungen von den Eltern erhalten und Vollmacht über das Konto der Mutter hatte. Der Miterbe machte jedoch immer nur vage Ausführungen und verhedderte sich mehrfach in Widersprüche.
Der Beklagte meinte dann auch noch, sein Anwalt sei besonders schlau vorgegangen mit dem Antrag, daß der Teil der Klaganträge an ein anderes örtliches Gericht verwiesen wird. Der Richter wies in der Verhandlung noch vor dem Verweisungsbeschluß darauf hin, daß die Erbschaft nicht aufgeteilt werden kann, solange nicht alle Auskunftsklagen bei sämtlichen Gerichten erledigt sind. Die Aufteilung des Verfahrens auf Gerichte an zwei verschiedenen Orten wird die Erbteilung also verzögern, ohne daß es irgend jemand einen Vorteil bringen würde. Der Beklagte möchte eigentlich auch so schnell wie möglich Geld vom Nachlaßkonto bekommen. Er ist also alles andere als ein Sieger mit seinem „erfolgreichen“ Antrag, einen Teil der Auskunftsansprüche an ein anderes Gericht zu verweisen. Außerdem ist jetzt schon so gut wie sicher, daß er vom Gericht an seinem Wohnort dazu verurteilt wird, den Miterben Auskünfte zu erteilen über alles, was er mit der Vollmacht für die Eltern getan hat. Und wer einen Prozeß verliert, muß dem erfolgreichen Gegner unter anderem auch die Reisekosten und Zeitversäumnis für die Gerichtsverhandlung ersetzen; die Aufteilung auf zwei Gerichtsstände macht den Rechtsstreit über das Erbe der Eltern also nur noch teurer, und der Beklagte wird wohl einige tausend Euro zusätzliche Prozeßkosten übernehmen müssen. Am Tag der ersten Verhandlung hat er sich vielleicht noch als Sieger gefühlt, in den nächsten Monaten wird er dann aber bemerken, daß er nichts gewonnen hat. Manchmal ist es sinnvoller, ein Register des Prozeßrechts nicht zu ziehen, weil es einem einfach keinen Vorteil bringt.
Die Erblasserin des Monats hinterließ zwei Testamente: Eines war mit Ort und Datum versehen; das andere war ein handschriftlicher Brief ohne Datum, in dem sie schrieb, daß eine Freundin ihren Schmuck und eine Bankverbindung in einem „diskreten Alpenstaat“ als Vermächtnis bekommen solle. Ihre Erben sind entfernte Verwandte.
Nachdem erst einmal nicht klar war, wer diese Verwandten sind und wer von ihnen zu welcher Erbordnung gehört, setzte das Nachlaßgericht einen Nachlaßpfleger ein mit den Aufgaben, die Erben zu ermitteln und bis dahin den Nachlaß zu verwalten sowie alle Nachlaßverbindlichkeiten zu regulieren. Die letztgenannte Aufgabe kommt bei Nachlaßpflegschaften äußerst selten vor, da das eigentlich Aufgabe der Erben ist. Der Nachlaßpfleger wurde von der Vermächtnisnehmerin aus dem Brieftestament kontaktiert. Ihre Rechtsanwältin forderte aber nicht ausdrücklich das Vermächtnis ein. Der Nachlaßpfleger zögerte und hielt erst einmal alle Beteiligten hin, bis Klarheit besteht. Vier Jahre später waren die Erben endlich ermittelt.
Die Erben behaupten jetzt, das undatierte Testament mit dem Vermächtnis sei unwirksam neben dem datierten Testament, in dem sie selber zu Erben eingesetzt sind. Außerdem verweigern sie die Erfüllung des Vermächtnisses wegen einer angeblichen Verjährung des Vermächtnisanspruch. Der Fall sieht auf den ersten Blick verzwickter aus, als er es tatsächlich ist:
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist geregelt, welche Formalien ein Testament erfüllen muß. Nach BGB § 2247 II sollen Ort und Zeit der Errichtung des Testaments angegeben werden. Das sind aber kein Muß-Vorschriften; wenn sie fehlen, ist das Testament trotzdem wirksam. Das Testament muß lediglich von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Bei einem handschriftlichen Brief sind diese Voraussetzungen erfüllt. Der Brief kann ausreichend ernsthaft bestimmen, was nach dem Tod der Erblasserin mit ihrem Vermögen geschehen soll, damit ein Testament vorliegt zu Gunsten der Vermächtnisnehmerin.
Bei unbekannten Erben ist steht dann noch die Frage im Raum, wann die Verjährung des Vermächtnisanspruchs eigentlich beginnen kann. Grundsätzlich ist das am Ende der Jahres der Entstehung eines Anspruchs der Fall, bei Vermächtnissen also in der Regel am Ende des Jahres, in dem der Todesfall lag. Ab dann muß das Vermächtnis innerhalb von drei Jahren erfüllt worden oder eingeklagt sein, sonst kann der Anspruch der Vermächtnisnehmerin verjähren. Durch Verjährung ist der Anspruch zwar nicht erloschen, der Schuldner (=der oder die Erben) kann aber die Erfüllung verweigert, damit am Ende der Frist Rechtssicherheit besteht, wem was endgültig zusteht.
Spannend ist vor allem die Frage, ob die Erben wirklich vor Gericht klären wollen, ob denn nun der Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses verjährt ist, weil die Vermächtnisnehmerin und ihre Anwältin „nur“ den Nachlaßpfleger angeschrieben und nicht gleich verklagt haben. Wenn der Nachlaßpfleger mehrere Jahre braucht, um „die Verwandten“ zu ermitteln, dann spricht das schon auch Bände über das Verhältnis der Erben zu ihrer reichen Erbtante. Und dann fragt man sich wohl zu recht, ob es richtig ist, den Freunden und Freundinnen der Erbtante ein Vermächtnis zu verweigern mit der Begründung, es sei beim Ende einer Verjährungsfrist nur eingefordert aber nicht auch eingeklagt worden. Der Fall ist noch nicht abgeschlossen, so daß man noch gespannt sein kann, wie er weitergeht. Falls die Erben mit der Verjährungseinrede durchkommen sollten, ist die Angelegenheit für die Vermächtnisnehmerin noch lange nicht verloren:
Im Erbfall des Monats stellt sich noch eine andere Frage: Wie wirkt sich die Nachlaßpflegschaft aus, die das Gericht mit der Aufgaben angeordnet hat, alle Nachlaßverbindlichkeiten zu regeln? Dazu gehört wohl auch die Erfüllung von Vermächtnissen, was normalerweise nicht zu seinen Aufgaben gehört. Wenn diese Aufgabe nicht wirksam zum Aufgabenkreis des Nachlasspflegers bestimmt wurde, dann kann schon deshalb keine Verjährung eingetreten sein, weil dann ja gar nicht bekannt war, wer denn überhaupt als Erbe Schuldner des Vermächtnisanspruchs ist.
Die Vermächtnisnehmerin hat den Nachlaßpfleger mit höflichen Worten auf ihr Vermächtnis hingewiesen, damit ist es eingefordert. Er hat es nicht als Verwalter des Nachlasses erfüllt, also einen Verstoß gegen seine Pflichten begangen. Wenn man nur auf das wirtschaftliche Ergebnis schaut, ist es für die Vermächtnisnehmerin an dieser Stelle egal, ob sie das Vermächtnis noch gegen die Erben einklagen kann oder ob sie stattdessen vom Nachlaßpfleger Schadenersatz verlangen kann für den Wert, der ihr entgangen ist.
Dazu kommt noch, daß sie eine Rechtsanwältin damit beauftragt hat, daß die sich um die rechtlichen Angelegenheiten des Erbfalls kümmert. Falls etwas mit der Verjährung „schief gegangen“ sein sollte, muß auch die Anwältin den entstandenen Schaden ersetzen. Im vorliegenden Fall lautete die Vollmacht auf eine Sozietät, in der einige Rechtsanwälte sich zusammengeschlossen haben, so daß jeder von ihnen für den möglichen Schaden haftet.
Viele Erbfälle haben einen Bezug zum Ausland. Im aktuellen Erbfall des Monats ist das eine Bankverbindung, die ein deutschstämmiger Südafrikaner in der alten Heimat hat. Als Südafrikaner mit einzigem Aufenthaltsort in der Republik Südafrika gilt für sein Erbe südafrikanisches Erbrecht. Und das sieht vor, daß der Nachlaß zunächst gewissermaßen herrenlos ist, so daß ein Verwalter eingesetzt werden muß. Das erfolgt bei gut geplanten Erbschaften in Südafrika durch einen „Eksekuteur“ (afrikaans, auf Englisch: executor), der die Erbschaft für die Erbengemeinschaft abwickeln soll. Die landläufige Übersetzung dafür ist Testamentsvollstrecker. Wer dieses Amt hat, kann über den Nachlaß verfügen.
Nun akzeptierte die Bank in Deutschland aber nicht den „Eksekuteursbrief / Letters of Executorship“, den das südafrikanische Nachlaßgericht ausgestellt hatte. Die Bank verlangte ein entsprechendes Dokument eines deutschen Nachlaßgerichts.
Wer nun das Testament wörtlich übersetzt, wird wohl ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen. Das kann schnell schief gehen, wenn der Nachlaßrichter die Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen beachtet: Es gibt zwischen einem südafrikanischen „Eksekuteur / Executor“ gegenüber dem deutschen Testamentsvollstrecker einen ganz großen Unterschied: In Südafrika müßte ohne Testamentsvollstrecker ein Nachlaßverwalter eingesetzt werden, den das deutsche Erbrecht nur für sehr seltene Ausnahmefälle vorsieht. Bei uns ist die Grundregel, daß der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft unmittelbar alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen erwirbt und sich selber um die Verwaltung und Abwicklung kümmern muß. Wenn man das bedenkt, dann kommt es auch in Frage, daß der Erblasser im Testament für die Vermögenswerte in Deutschland gar keine Testamentsvollstreckung anordnen wollte, sondern nur in Südafrika den Abwickelt selbst bestimmt hat. In Deutschland könnte dann die Erbengemeinschaft unmittelbar handeln. Dafür wäre ein Erbschein nötig, um sich gegenüber der Bank zu legitimieren.
Aber wo beantragt man so einen Erbschein? Nachdem der Erblasser im aktuellen Fall des Monats nicht in Deutschland geboren war und auch nie hier gelebt hat, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin das zuständige Nachlaßgericht für den deutschen Teil des Nachlasses. Leider versuchen die Richterinnen und Rechtspflegerinnen dieses Gerichts immer wieder, die Arbeit an andere Gerichts abzugeben. Wer einen Erbschein für einen ausländischen Erblasser beantragt, wird häufig angeschrieben, daß doch Verweisung an das Amtsgericht am Ort der Bankverbindung beantragt werden solle. Das Gesetz sieht es anders, FamFG § 343 Absatz III Satz 1 regelt eindeutig, daß das AG Schöneberg zuständig ist; gemäß Satz 2 ist dann eine Verweisung vorgesehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der ein anderes Gericht als zuständiger erscheinen läßt. Das Kammergericht Berlin hat hierzu entschieden, daß die pauschale Verweisung an den Ort der Bankverbindung oder dergleichen rechtswidrig wäre.
Dazu muß man dann auch einmal überlegen, welches Gericht denn zuständig sein sollte, wenn eine Bankverbindung bei der Deutschen Bank in Stuttgart zur Erbschaft gehört: Kontoführende Stelle war Stuttgart, die Bank hat ihren Hauptsitz in Frankfurt, die Nachlässe werden von einer Serviceeinheit in Leipzig abgewickelt. Welcher dieser Orte wäre für den südafrikanischen Bankkunden denn am zuständigsten, und warum sollte nicht die allgemeine zentrale Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg in Berlin gelten? Im vorliegenden Fall haben ein Hinweis hierauf und auf die Rechtsprechung der Beschwerdeinstanz (Kammergericht) das Amtsgericht Schöneberg dazu bewegen können, den Fall nun doch zu bearbeiten.
Das Nachlaßverfahren geht nun seinen Gang. Ein Antrag auf einen Erbschein muß bestimmte Tatsachen enthalten, das Testament muß im Original abgeliefert und bei fremder Sprache auch übersetzt werden. Jetzt liegt das Original des Testaments aber beim Nachlaßgericht in Südafrika. In solchen Fällen reicht eine beglaubigte Abschrift, die ein vereidigter Übersetzer ins Deutsche übersetzen muß. Bei südafrikanischen Gerichten, Behörden und Übersetzern ist dann noch eine Apostille erforderlich, die dem deutschen Nachlaßgericht bestätigt, daß es sich bei den ausländischen Stellen tatsächlich um zuständige Stellen für derartige Dokumente handelt. Als nächstes verlangt das Nachlaßgericht dann eine eidesstattliche Versicherung über die Tatsachen, die im Erbscheinsantrag stehen; eine solche Erklärung muß freilich die förmlichen Anforderungen des deutschen Beurkundungsrechts erfüllen. Diese Erklärung kann beispielsweise vom deutschen Generalkonsulat beurkundet werden, so daß die Erben nicht auch noch aus Südafrika nach Deutschland reisen müssen, um hier einen Notartermin für die eidesstattliche Versicherung wahrzunehmen.
Der Fall zeigt einmal mehr: Theoretisch kann jeder normale Mensch eine Erbschaft selber abwickeln - in der Praxis ist dann aber doch sehr oft die Hilfe eines Rechtsanwalts nötig, der allen Beteiligten und auch dem Gericht erklärt, wie so ein ungewöhnlicher Fall richtig geht.
Eine kinderlose Bauersfrau hinterließ Grundstücke und Wohnhäuser im Millionenwert. Die Erben sind einerseits ihre Schwester, die in die USA ausgewandert war, und andererseits die Verwandten Ihres Mannes, der 20 Jahre vor ihr verstorben ist. Bei den Verwandtschaftsgraden könnte eigentlich jeder Miterbe froh sein, überhaupt etwas zu erben. Schließlich gibt es für keinen von ihnen einen Pflichtteil. Die Erbschaft hätte genauso gut auch an eine Freundin oder an einen guten Zweck gehen können.
Streit entstand trotzdem, als die angeheiratete Verwandtschaft sich weigerte, den Grabstein vom Steinmetz so ausführen zu lassen, wie die alte Bauersfrau es im handschriftlichen Testament ausdrücklich als ihren letzten Wunsch angeordnet hatte: wie ein aufgeschlagenes Buch sollte der Stein aussehen. Die Verwandten des vorverstorbenen Ehemanns, der im gleichen Grab liegt wie seine nun verstorbene Frau, beriefen sich auf angebliche religiöse Gründe, die gegen diese Form des Grabdenkmals sprächen, weil der Ehemann Atheist und Nazi war und das aufgeschlagene Buch in den Augen seiner Verwandten ein Symbol von „Frömmigkeit und Gelehrsamkeit“ sei, was sie anscheinend beides ablehnen. Nachdem dieses Grabmal überhaupt keine Symbole, und über die Namen und Lebensdaten der bestatteten Ehegatten hinaus, auch keinen Text enthalten sollte, ist das aber kein vernünftiges Argument. Aufgeschlagene Bücher können nämlich bestenfalls für Analphabeten ein „Stein des Anstoßes“ sein. Ohne religiösen Text und ohne Symbole hat ein aufgeschlagenes Buch keinerlei religiöse Bedeutung. Bücher sind auch nicht immer ein Zeichen von Gelehrsamkeit, sonst gäbe es nicht unterhaltsame Bücher wie beispielsweise Romane, Comics oder Witzbücher. Es kann alles und nichts bedeuten, beispielsweise daß ein Kapitel im Leben zu Ende geschrieben ist - oder was auch immer der Betrachter sich denkt, wenn er einen derart gestalteten Grabstein sieht.
Der Preis für das Umarbeiten des Grabsteins war ein weiterer Streitpunkt. Bei Licht betrachtet kann jedoch auch das kein gutes Argument sein: Was sind schon die im Angebot des Steinmetzes veranschlagten wenigen tausend Euro im Vergleich zum Gesamtwert der Erbschaft von rund zwei Millionen Euro? Pietät würde es gebieten, den letzten Willen im Hinblick auf den Grabstein allein schon aus Anstand zu erfüllen.
Die Verwandten des vor 20 Jahren verstorbenen Ehemanns machten nach einigem Hin und Her den Vorschlag, daß die Schwester der jetzt Verstorbenen Ehefrau doch auf eigene Kosten einen Steinmetz beauftragen könne, den aber die angeheiratete Verwandtschaft aussucht. Außerdem sollte der Name des Ehemanns vom Grabstein entfernt werden, damit es so aussieht, als ob die beiden Ehegatten nichts miteinander zu tun hätten. Das wiederum ist für die Schwester der Verstorbenen undenkbar, schließlich waren ihre Schwester und ihr Schwager verheiratet, bis der Tod sie schied. Und nun sind sie im Tod vereinigt und liegen im selben Grab. Wieso sollte da der Name des Ehegatten auf dem Grabstein ausgelöscht werden?
Nun stellt sich die Frage, wie man in einer derart verfahrenen Situation noch etwas erreichen kann. Die kompliziertere Lösung wäre die, auf direktem Weg vor Gericht einen Grabstein zu erzwingen, wie die Erblasserin ihn wollte. Dann bleibt es aber immer noch bei der Erbengemeinschaft, die inzwischen heillos zerstritten ist, der aber gemeinschaftlich mehrere dutzend Grundstücke gehören. Die juristisch einfachste Lösung ist hier die Teilungsversteigerung zur Vorbereitung der Aufteilung des restlichen Nachlasses. Dann kann man bei der Aufteilung des Versteigerungserlöses immer noch über den Grabstein diskutieren.
Gesagt - getan. Der Rechtsanwalt der Schwester beantragte die Versteigerung der Immobilien beim zuständigen Amtsgericht. Die Miterben wollten aber die Immobilien entweder gar nicht verkaufen sondern in ungeteilter Erbengemeinschaft behalten oder anderenfalls in geheimen Verhandlungen hinter dem Rücken der Miterbin aus den USA einzelne Grundstücke an Bauträger zu verkaufen. Dabei übersahen sie, daß die andere Miterbin sehr mißtrauisch sein mußte, weil sie über die Verkaufsverhandlung mit den Bauträgern nicht informiert worden war, sondern nur mit einem konkreten Vertragsangebot konfrontiert wurde. Als nächstes versuchten die angeheirateten Miterben nun, durch einen Anwalt vom historischen Typus „Mietmaul“ die Versteigerung verhindern zu lassen. Es wurden Schreiben verfaßt, in denen die ordnungsgemäße Grabpflege durch die betagte Schwester in Übersee angezweifelt wurde; dabei ist es überhaupt kein Problem, einen Dauergrabpflegevertrag mit Friedhofsgärtnern abzuschließen. Abgesehen davon hätte die Grabpflege sowieso nichts mit der Versteigerung der Grundstücke zu tun.
Das Verfahren geht nun seinen Gang, und am Ende werden wir sehen, wie es mit dem Grabstein ausgehen wird. Der Fall bleibt spannend. Und an diesem Beispiel aus der Praxis zeigt sich, welche ungewöhnlichen Ursachen zu einer Teilungsversteigerung führen können. Ohne den Streit über den Grabstein wäre es vermutlich nie zum Antrag auf die Versteigerung gekommen.
Beratung zu Testament und Übergabeverträgen ist gerade im Erbrecht besser als der beste Erbstreit. Das dachte sich auch unser Erblasser des Monats, der noch nicht „erblaßt“ ist sondern rüstig. Er wollte seine Vermögensnachfolge gut regeln und fragte einen Fachanwalt für Erbrecht, wie das Familienvermögen erhalten werden kann, möglichst ohne Streit mit geringer Steuerbelastung.
Die erste Herausforderung ist sein Familienstand: Seine erste Ehefrau ist bereits verstorben, von ihr stammen seine Kinder ab. Als Witwer hat er noch einmal geheiratet. Wenn er stirbt, wären ohne Testament in der gesetzlichen Erbfolge seine Witwe und seine Kinder (aus Sicht der Witwe: Stiefkinder) eine Erbengemeinschaft. Das klingt auf den ersten Blick nach Grimms Märchen, und auch in der heutigen Erbrechtspraxis gibt es zwischen Stiefeltern und Stiefkindern in Erbengemeinschaften besonders oft Reibereien; sie sind ja selbst nicht miteinander verwandt, und die verbindende Person kann im Erbfall nicht mehr schlichten oder „den Deckel drauf halten“, er wird ja dann der Verstorbene sein, dessen Vermögen verteilt wird.
Nun ist unser Familienvater Rentner, er blickt auf eine sehr erfolgreiche Karriere zurück, seine Kinder dagegen haben alle ihre Hobbys zum Beruf gemacht und kein Vermögen angespart. Das Vermögen kann auch die großzügigen Freibeträge bei der Erbschaftsteuer für Witwe und drei Kinder überschreiten. Das bedeutet gleichzeitig, daß es sich für jeden Erben lohnen würde, einen Streit über die Erbschaft zu führen, wenn sich denn einer von ihnen benachteiligt fühlt.
Es besteht ein eigenhändiges Testament, in dem steht: „Meine Frau erbt mein Haus und vom Wertpapierdepot €500.000.“ Hier haben wir schon die ersten Probleme:
(1.) Wer konkrete Gegenstände zugewendet bekommt, ist normalerweise Vermächtnisnehmer und nicht Erbe. Die Formulierung im Testament ist unklar, der Nachlaßrichter muß nach dem Erbfall durch Auslegung ermitteln, ob die Witwe tatsächlich etwas erben oder nur die genannten Gegenstände vermacht bekommen soll. Immerhin wären alle denkbaren Auslegungsergebnisse derzeit steuergünstig: Wenn die Witwe Eigentümerin des ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten „Familienheims“ wird, in dem der Ehemann bisher seinen Hauptwohnsitz hat, und wenn sie 10 Jahre darin wohnen bleibt, dann bleibt das Hausgrundstück vollständig von der Erbschaftsteuer unberührt und sie hat den persönlichen Erbschaftsteuerfreibetrag der Witwe von €500.000 für den restliche Erwerb von Todes wegen zur Verfügung und ggf. noch weitere Steuerbefreiungen. Wenn sie nur ein Nutzungsrecht erhält, ist dessen Wert ohnehin geringer als das Eigentum, und die Kinder haben für ihren jeweiligen Erbwerb aus der Erbschaft jeweils €400.000 persönlichen Freibetrag. Derzeit sind nahe Angehörige nur selten von Erbschaftsteuer betroffen, allerdings gibt es seit Jahren die Forderung einiger politischer Parteien, die Freibeträge und Verschonungen drastisch zu kürzen und gleichzeitig die Steuersätze stark anzuheben; bei den Wahlen haben es die Betroffenen zusammen mit den anderen Wählern in der Hand, wie sie es in Zukunft gern hätten.
(2.) Außerdem ist „mein Haus“ nicht so eindeutig, wie viele Leute meinen: Eigentum kann man am Grundstück haben, das Haus gehört sachenrechtlich als „Anhängsel“ zum Grundstück dazu. Wenn „das Haus" vermacht wird, könnte auch gemeint sein, daß der Witwe ein Wohnrecht oder Nießbrauchrecht eingeräumt werden soll, während die Kinder aus erster Ehe langfristig Eigentümer werden sollen.
(3.) Bei der Auslegung dieser Fragen kann man den Mensch nicht mehr fragen, der das Testament geschrieben hat. Die Auslegung durch das Gericht erfolgt erst nach seinem Tod, vorher kann man nichts verbindlich feststellen lassen. Die letztwillige Verfügung muß also aus fachmännischer Sicht „hieb- und stichfest“ formuliert werden. Der Fachanwalt bietet daher an, einen Entwurf für die Testamentsänderung zu machen als schnelle Notfallregelung.
(4.) Als Risiko haben wir dann immer noch die drei Kinder, die selber kein Vermögen haben und die spätestens als Rentner an Vaters Vermögen rankommen wollen. Sonst wären sie selber ja nicht finanziell abgesichert. Und die Stiefmutter beerbt man später einmal nur dann, wenn diese es ausdrücklich im Testament verfügt; in der gesetzlichen Erbfolge sind Stiefkinder nicht vorgesehen. Ihr Testament kann sie aber jederzeit ändern, außer es ist ein Ehegattentestament mit wechselbezüglichen Verfügungen. Es bleibt dann auch noch die Möglichkeit eines Erbvertrags, der die (Stief-)Kinder verbindlich als Schlußerben, als Nacherben oder als Vermächtnisnehmer im Erbfall der Stiefmutter verbindlich vorsieht und den die Stiefmutter nicht mehr ändern kann. Sonst ist die Gefahr groß, daß ein Kind den Pflichtteil ausbezahlt verlangt und die Witwe dann zwar das Haus aber kein Geld mehr hat.
Falls der Wille des späteren Erblassers aber tatsächlich so ist, daß seine Frau erheblich mehr als seine Kinder bekommen soll, läßt sich die Pflichtteilsproblematik nur mit Pflichtteilsverzichtsverträgen im Voraus ausschließen. Bei einem solchen vertrag verzichtet beispielsweise ein Kind auf seinen Pflichtteilsanspruch, den es beim Tod des Vaters aus seiner Erbschaft verlangen könnte. Üblich ist eine Gegenleistung, die ihm gleich nach der Beurkundung des Verzichts gegeben wird. Nun hat in unserem Erbfall des Monats eines der Kinder bereits einen Pflichtteilsverzichtsvertrag mit dem Vater abgeschlossen, hat das allerdings gleich in der Variante des vollständigen Erb- und Pflichtteilsverzichts gemacht. Hier kommt das Problem dazu, daß die Pflichtteilsquoten der anderen Kinder dadurch erhöht wurden, so daß später die Witwe keinerlei Vorteil haben wird - außer die anderen Kinder verzichten auch noch auf ihre Pflichtteile. Das wollen diese aber nicht mitmachen, nicht einmal wenn eine großzügige Gegenleistung sofort gezahlt wird.
Es gibt jetzt noch verschiedene Möglichkeiten, aus der etwas komplizierten Situation herauszukommen:
(A.) Eine Strategie zur Reduzierung des Pflichtteils können zum Vorteil der Ehefrau darin bestehen, daß sie vom Ehemann etwas von seinem Vermögen übertragen bekommt. Im Fall einer Schenkung wäre das allerdings in der Pflichtteilsergänzung, so daß nichts gewonnen wäre. Nützlich wäre aber eine Übertragung gegen eine Gegenleistung, die den Wert des übertragenen Vermögensgegenstands möglichst aufwiegt und die (nur) dem zukünftigen Erblasser etwas nützt. Hier kommen je nach Einzelfall ganz unterschiedliche Leistungen in Betracht. Es sollte sich aber nicht um etwas handeln, was ohnehin schon über die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten geschuldet ist, weil es sonst ja doch keine vertragliche Gegenleistung sein könnte. Bei den „Pflichtteilsstrategien“ ist jeder Fall anders. Was im einen Fall viel hilft, macht im anderen Fall alles kaputt. Ohne fachmännische Beratung sollte man sich nicht an nennenswerte Vermögensübertragungen und Vertragsgestaltungen wagen.
(B.) Eine Stiftung könnte den Beteiligten auch Vorteile bieten. Man könnte an eine Familienstiftung denken, die das Familienvermögen zunächst vor allem für die Ehefrau und später dann für die Kinder hält. Bei dieser Lösung haben die Kinder eine gewisse Absicherung, daß sie auch einmal vom Vermögen des Vaters begünstigt werden. Die Pflichteilsergänzung kann schon 10 Jahre nach Stiftungsgründung erledigt sein.
(C.) Eine Stiftung kann auch für einen guten Zweck errichtet werden. Dann ist das Vermögen, soweit es gestiftet wird, für die Familie weg. Allerdings kann der gute zweck durchaus etwas sein, was allen Familienangehörigen gefällt. Dann ist die Neigung geringer, daß z.b. die Kinder Pflichtteilsergänzung von der gemeinnützigen Stiftung einfordern, falls die 10-Jahres-Frist zwischen Stiftungsgründung und Erbfall noch nicht abgelaufen ist. Außerdem könnten die Kinder als (bezahlter) Stiftungsvorstand oder Kuratoren eingesetzt werden; das bietet sich beispielsweise an bei Kindern mit kunsthistorischem Studium und einer Stiftung für Kunstförderung. Bei gemeinnützigen Zwecken ist für fast jeden etwas dabei, das Alphabet ist in der Liste „guter Zwecke“ von Amateurfunk bis Zivilschutz vertreten.
Der Fall zeigt, daß ohne die Mitwirkung der Kinder nur mit „Klimmzügen“ ein gutes Ergebnis zu erreichen ist. Nachdem sie jetzt keine Regelung mit tragen wollen, müssen sie erst recht damit rechnen, daß sie später leer ausgehen werden, wenn der Vater sich für eine Stiftungslösung entscheidet und zehn Jahre weiterlebt oder wenn er sonst einen Weg beschreitet, bei dem für die pflichtteilsberechtigten Kinder am Ende nichts übrig sein wird.
Der Erbe hat einen Fachanwalt für Erbrecht beauftragt, einen Erbschein zu beantragen als Nachweis, daß er Erbe geworden ist und die geerbten Immobilien im Grundbuch auf seinen Namen umgeschrieben werden.
Nun verlangte das Nachlaßgericht eine eidesstattliche Versicherung über Tatsachen, die im Antrag erklärt wurden. Davon kann das Gericht absehen, in unserem Erbfall des Monats wurde aber darauf bestanden.
Im Gesetz steht, daß der Antrag auf einen Erbschein nicht vom Notar beurkundet zu werden braucht. Lediglich die eidesstattliche Versicherung über bestimmte Tatsachen, die im Erbscheinsantrag aufgeführt werden, muß entweder beim Nachlaßgericht oder beim Notar beurkundet werden. Falls ein Notar trotzdem einen Erbscheinsantrag mit beurkunden will, obwohl bereits ein Antrag schriftlich vom Erben selber bzw. über einen Rechtsanwalt gestellt wurde, dann wird der Notar fast doppelt so hohe Gebühren berechnen, die aber überflüssig sind und keinesfalls dem Willen des Mandanten entsprechen; das darf der Notar nicht machen, der Betroffenen kann eine Beschwerde bei der Notarkammer einlegen oder eine gerichtliche Überprüfung der Gebührenrechnung beim Landgericht beantragen.
Im aktuellen Erbfall des Monats kam es nicht ganz so weit. Der Erbe ließ sich zum Notar begleiten durch den Anwalt seines Vertrauens, weil er selber noch nie so einen Termin erlebt hatte und sich nicht sicher fühlte. Der Anwalt hatte bereits den Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung vorbereitet, die der Notar nur noch vorzulesen und „abzustempeln“ brauchte. Eigentlich ist es nicht nötig, sich in einem derartigen Termin vom Rechtsanwalt begleiten zu lassen. Allerdings hatte die Assistentin des Notars für den Beurkundungstermin einen anderen Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung ausgedruckt als den, der dem Notariat zugeschickt worden war. Und „aus Versehen“ war gleichzeitig ein Erbscheinsantrag mit abgedruckt, der die Notargebühr ungefähr verdoppelt hätte, obwohl der Anwalt ihr bereits im Vorfeld geschrieben hatte, in welchem Gesetz und in welchem Fachbuch ausdrücklich steht, daß der Erbscheinsantrag überhaupt nicht beurkundet werden muß und beim Nachlaßgericht bereits ein Erbscheinsantrag vorliegt, der vom Nachlaßrichter in keiner Weise beanstandet wurde. Wenn der Anwalt nicht diskret darauf hingewiesen hätte, daß das gar nicht nötig ist, dann hätte der Erbe gar nicht gemerkt, daß ihm eine teure Erklärung untergeschoben werden sollte. Normalerweise passiert das nicht, an diesem realen Beispiel sieht man aber, daß Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist und ein guter Rat vom Fachanwalt einem so manche teure Überraschung erspart. Das Anwaltshonorar fürs Mitgehen zum Notartermin war gut investiertes Geld. Es reicht nämlich, wie bereits erwähnt, vollkommen aus, wenn der Erbe in einem Schreiben ans Nachlaßgericht alle erforderlichen Angaben macht.
Welche Überschrift muß ein Testament haben, damit es gilt?
Bei dieser Frage ist das Gesetz nicht so streng, wie die Erwartungen der meisten Menschen. Schauen wir kurz in die einschlägige Vorschrift für letztwillige Verfügungen, die in Juristenjargon einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen sind: BGB § 133 besagt: „Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.“ Anders als bei einem Vertrag gibt es beim Testament niemanden, der eine Gegenleistung von dem abhängig macht, was er selber aus dem Vertrag bekommen soll; aus diesem Grund kommt es bei der Auslegung eines Testaments ausschließlich auf die Bedeutung der gewählten Worte an, die der Erblasser sich vorgestellt hat.
Kürzlich wurde uns ein Dokument vorgelegt, bei dem die Hinterbliebenen nicht sicher waren, was es bedeuten soll. Der Wortlaut dieses handschriftlichen Dokuments ist:
„Vollmacht - Hiermit erteile ich [Name, Adresse], den Herren Max Müller [Adresse] und Siggi Schulz [Adresse] die gleichberechtigte Vollmacht, nach meinem Tod zu verfügen über alle Bankkonten, Wertsachen, Mobiliar und Inventar und den Haushalt aufzulösen und über alles nach Belieben zu verfügen. [Datum, Unterschrift]“
Das Dokument erfüllt alle Formvorschriften eines wirksamen Testaments: Es wurde vom Erblasser eigenhändig geschrieben, unterschrieben, und auch das Datum wurde angegeben. Außerdem muß noch der „Testierwille“ gegeben sein, also beim Einsetzen von Erben die Absicht, den Vermögensnachfolger im Todesfall zu bestimmen. Die Überschrift ist für ein wirksames Testament egal, sie kann auch ganz fehlen. Bei falsch verwendeten Begriffen wird im Wege Auslegung die eigentlich gewollte Bedeutung ermittelt.
Bei der vorliegenden Formulierung fällt schon einmal auf, daß die beiden „bevollmächtigten“ Herren nach ihrem Belieben über das ganze Hab und Gut verfügen können, wenn der Verfasser des Dokuments verstorben ist. „Nach Belieben“ ist deutlich freier, als wenn sie mit Vollmacht für den Eigentümer, im Todesfall also für den Erben, handeln würden. Aus Sicht eines Juristen drängt es sich auf, daß der mittlerweile Verstorbene wohl nicht eine Vollmacht erteilen sondern seine Vermögensnachfolger bestimmen wollte. Und mit dem Wort „gleichberechtigt“ scheint er gemeint zu haben, daß die beiden zu gleichen Teilen erben.
Wenn es aber konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, daß der Erblasser doch etwas anderes gemeint hat, dann hat das Vorrang. Solange aber kein Schriftstück und auch kein Zeuge dafür auftaucht, daß etwas anderes gemeint war, wird diese „Vollmacht“ als Testament angesehen.
Jedes Jahr werden Hunderttausende Erbschaften abgewickelt. Fast immer gehen die Hinterbliebenen davon aus, daß sie alle in Frage kommenden Erben kennen. Schließlich ist man ja Familie - oder der Verstorbene hatte keine nahen Verwandten, weshalb dann entfernte Verwandte, Freunde oder wohltätige Einrichtungen Erben werden. Wenn ein Testament vorliegt, wird der Nachlaß nach Vorgaben des Testators abgewickelt und zwischen Miterben die Nachlaßteilung vorgenommen. Bei Erbfällen ohne Regelung erfolgt die Nachlaßauseinandersetzung nach den Regeln über die gesetzliche Erbfolge im 5. Buchs des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Meist ist schon nach einigen Monaten alles erledigt und jeder Miterbe hat seinen Anteil am Erbe für sich.
Manchmal gibt es dann jedoch eine Überraschung. Was, wenn die Erbschaft schon abgewickelt ist, und dann taucht ein nichteheliches Kind auf? Vielleicht kannte der Erblasser sein Kind gar nicht oder er sprach jedenfalls nicht darüber. Früher hatten die unehelichen Kinder nicht einmal ein richtiges Erbrecht am Vermögen des Vaters. Und wenn der „neu anfangen“ wollte, sagte er seiner neuen Flamme schon auch mal absichtlich nichts von den „Altlasten“, die seine Chancen auf eine neue Beziehung vielleicht reduziert hätten. Unverhofft kommt oft. Und wenn das Kind erst nach Jahren vom Tod des Vaters erfährt, ist der Nachlaß in der Regel schon abgewickelt. Was dann?
Zunächst unterscheiden wir nach zwei Fallgruppen:
1.) Gesetzliche Erbfolge: Wenn es mehrere Kinder des Erblassers gibt, tritt das aufgetauchte, bisher unbekannte Kind als Miterbe hinzu, die Erbquote der anderen Kinder verringert sich entsprechend. Anderenfalls sind entferntere Verwandte und ggf. Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner Scheinerbe gewesen und werden jetzt ganz oder, im Fall des Ehegatten, teilweise vom Kind verdrängt. Aber die Erbschaft ist doch nun schon abgewickelt, es ist nichts mehr da, was ausdrücklich Nachlaß wäre. In diesem Fall muß rückabgewickelt werden, so gut das geht. Und in den meisten Fällen ist hier vieles möglich, weil entweder noch Unterlagen über den Nachlaß und die Abwicklung vorhanden sind oder anderenfalls besorgt werden können. Bei Immobilien reicht ein Blick ins Grundbuch, bei Bankverbindungen und Lebensversicherungen können Unterlagen reproduziert werden. Dann wird nachvollziehbar, was dem wirklichen Erben zusteht. Was bereits verbraucht ist, könnte aber tatsächlich weg sein, wenn kein Fall von Bereicherungsansprüchen des aufgetauchten Erben gegen den bisherigen Scheinerben besteht.
2.) Bei Testament und Erbvertrag stellt sich als erstes die Frage, ob die Regelungen auch dann gelten sollen, wenn nun ein unbekanntes Kind auftaucht. Wenn der Erblasser sich geirrt hat, wer alles als gesetzlicher Erbe in Frage kommt, kann eine letztwillige Verfügung anfechtbar sein; als letztwillige Verfügung gilt dann jede einzelne Regelung im Testament, nicht automatisch das ganze Dokument mit seinen sämtlichen Regelungen. Die Anfechtbarkeit des letzten Willens kann man aber auch ausschließen, damit das Testament „in Steil gemeißelt“ ist. Wenn der Erblasser das so klar geregelt hat, daß kein Richter Spielraum für eine Interpretation oder für Mutmaßungen dazu haben kann, was denn wohl im Fall der Kenntnis des unbekannten Kindes oder anderer Irrtümer gewollt gewesen wäre. Wenn der Anfechtungsausschluß verbindlich ist, kann das bislang unbekannte Kind aber immerhin noch den Pflichtteil verlangen; die Verjährung dieses Anspruchs beginnt erst, wenn das Kind Kenntnis hat vom Erbfall und von seiner Enterbung, so daß ihm die Testamentserben eventuell auch noch nach einigen Jahren den Pflichtteil erfüllen müssen.
Ein Ausschluß der Anfechtung ist allerdings ein zweischneidiges Schwert: Es kann ja auch durchaus Fälle geben, bei denen der zukünftige Erblasser schon denkt, daß ein Irrtum ausgerechnet über diese Person oder Eigenschaft relevant sein sollte. Nehmen wir als Beispiel Personen aus der Literatur und stellen uns dazu ein Testament vor, in dem Irrtümer vorkommen: Max Frischs Romanfigur Homo Faber wußte lange Jahre nichts von seiner Tochter. Wenn er seine ehemalige Geliebte in einem Testament zur Erbin eingesetzt hätte und das Testament nicht geändert hätte, als er sie aus den Augen verlor, dann wäre sie immer noch seine Erbin, obwohl sie ihm verschwieg, daß er Vater geworden war. Da ist es durchaus denkbar, daß er in Kenntnis der wahren Tatsachen lieber das Kind als die Ex-Geliebte als Erbin haben wollte. Das geht aber nur, wenn die Verfügung zu Gunsten der Ex-Geliebten angefochten werden kann wegen Irrtums. Das Kind kann dann gesetzlicher Erbe werden.
Die Details des Erbrechts haben hier wieder weitreichende Auswirkungen. Damit am Ende eine gute Regelung als letzter Wille zu Papier gebracht wird, lohnt sich eine Beratung durch einen Experten für Testamentsgestaltung.
Der Erblasser (Eugen D.) war bis zu seinem Tod verheiratet, lebte aber seit langen Jahren mit einer anderen Frau zusammen, der er auch eine notarielle Generalvollmacht anvertraute. In der Vollmacht waren weitreichende Vertretungsbefugnisse geregelt, es fehlte aber an jeglichem Auftrag, der beispielsweise eine Verjährung der Auskunftsansprüche gegen die Bevollmächtigte geregelt hätte (das wird bei Vollmachten an Verwandte und Freunde allzu oft „vergessen“). Seine Ehe ließ er nicht scheiden, änderte auch nicht sein Testament. Die Lebensgefährtin (Lola S.) war eine „gute Seele“, hatte aber keine größeren Kenntnisse vom Bürgerlichen Recht, das die „Spielregeln fürs richtige Leben“ enthält. Sie übte die Vollmacht aus ohne zu wissen, welche Pflichten damit zusammenhängen.
Die beiden Kinder aus der Ehe besuchten ihn und seine Lebensgefährtin Lola immer wieder, ebenso kamen die Enkel zu Besuch. Wenn die Kinder nicht anwesend waren, sagte er jedoch öfter mal, daß die von seinem Vermögen einmal nichts bekommen werden. Allerdings weigerte er sich, ein Testament oder dergleichen zu machen, obwohl er von verschiedenen Freunden immer wieder dazu ermuntert wurde. Als er bereits 90 Jahre alt war, meinte er immer noch, für solche Regelungen sei später noch genug Zeit.
Irgendwann starb Eugen dann aber doch. Nun werden die Ehefrau und Kinder seine Erben und verlangen von der generalbevollmächtigten Lola Auskunft. Sie weigerte sich erst einmal, weil sie dachte, mit der Vollmacht, die „über den Tod hinaus gilt, auch zur Vertretung der Erben“ sei sie diejenige, die alles zu bestimmen habe. Die Ehefrau und ihre beiden Kinder wußten aber, daß das Vermögen und die Auskunftsansprüche ab dem Erbfall den Erben zustehen. Sie gingen deshalb zum Anwalt, der die Auskunft noch einmal einforderte und eine Kopie eines Antrags auf einen Erbschein vorlegte. In diesem Antrag standen zwei weitere Kinder des Eugen aus einer geschiedenen Ehe als Miterben drin, Lola hatte von ihm in all den Jahren kein Wort über diese geschiedene Ehe und über die weiteren Kinder erfahren. Dementsprechend war sie erst einmal mit den Nerven fertig. Sie spürte aber auch, daß es wohl an der Zeit ist, sich selbst Rat beim Rechtsanwalt zu holen.
Aus der Sicht des Erbrechtlers hat bis hierher niemand wirklich recht. Die Erben sind zwar Rechtsnachfolger des Eugen geworden. Allerdings beweist der Antrag auf einen Erbschein noch überhaupt nicht, wer denn nun wirklich Erbe ist. Das muß erst einmal vom Nachlaßgericht festgestellt werden, das dann entweder den Erbschein ausstellt - oder aber den Antrag abweist. Die Auskunft steht nur dem tatsächlichen Erben zu.
Auf der anderen Seite muß die Bevollmächtigte natürlich schon Auskunft erteilen, was sie alles mit der Vollmacht für den verstorbenen Eugen gemacht hat. Juristische Laien haben hier viele Irrtümer, die schnell zu einem Problem führen. Die Auskunft beschränkt sich nicht auf Überweisungen vom Bankkonto des Vollmachtgebers auf das Konto der Bevollmächtigten. Auch Barabhebungen auf Eugens Anweisung hin sind anzugeben, auch wenn ihm das Geld fünf Minuten später ausgehändigt wurde; auch hier hat Lola in Vollmacht für Eugen gehandelt und muß darüber Auskunft geben.
Erbschaften haben allerdings nicht nur mit Paragraphen zu und Rechtsansprüchen zu tun. Es geht fast immer auch um die unterschiedliche emotionale Situation der Beteiligten, die zu Lebzeiten in irgendeiner Weise eine intensive (positive oder negative) Beziehung zum Erblasser hatten; und manchmal ist auch die Beziehung der Hinterbliebenen untereinander das, was entscheidet über aufreibenden Streit oder gute Abwicklung des Nachlasses. Manchmal ist daher es sinnvoll, etwas mehr Auskünfte zu erteilen, als das Gesetz einen dazu verpflichtet. In anderen Fällen sollte man aber besser nicht zu viele Informationen weitergeben, weil sonst immer neue Ansprüche erhoben werden oder weil es manchmal Gründe zur Verschwiegenheit gibt. Die Entscheidung darüber ist oft eine Gratwanderung, bei der ein erfahrener Fachmann. Noch besser wäre es gewesen, Eugen und Lola hätten zu seinen Lebzeiten einen Auftrag formuliert, wie Lola die Vollmacht ausüben soll, wer wie viele Jahre lang Auskunft von ihr verlangen kann, inwiefern ihre Haftung für leicht fahrlässige Fehler begrenzt wird usw. Im vorliegenden Erbfall ist es dafür zu spät, für die vielen anderen Vollmachten ohne klaren Auftrag ist dieser reale Fall aber eine Erinnerung daran, diese wichtige Regelung nachzuholen.
Wieder einmal steht in einem Testament, daß die Kinder Erben werden sollen und ein Miterbe Testamentsvollstrecker sein soll. Insgesamt liegen sieben letztwillige Verfügungen vor, die meisten davon sind ohne Rechtsberatung „mal eben so runtergeschrieben“ worden, um die lästigen Kosten für gute Beratung zu sparen. Das Kind, das nun das Testament vollstrecken soll, hat überhaupt keine Ahnung vom Erbrecht, kennt von den zahlreichen Pflichten dieses anspruchsvollen Amtes keine einzige. Und außerdem sind die Kinder der Erblasserin untereinander schon seit Jahren zerstritten, was erfahrungsgemäß bei der Abwicklung des Nachlasses noch schlimmer wird, als es zu Lebzeiten der Eltern schon war.
Ein Miterbe beantragt die Entlassung des Testamentsvollstreckers schon nach zwei Monaten, weil noch kein Nachlaßverzeichnis vorgelegt wurde. Begründet wurde der Antrag beim Nachlaßgericht auf Entlassung auch damit, daß der Testamentsvollstrecker von den Eltern General- und Bankvollmacht schon hatte, bevor er das Amt als Testamentsvollstrecker angenommen hat.
Es gibt bei Testamentsvollstreckung elementare Pflichten, und ohne Verzeichnis der Gegenstände und Verbindlichkeiten wüßte ja nicht einmal der Testamentsvollstrecker selber, worum er sich kümmern muß - und ob genug da ist, um alle Verbindlichkeiten zu erfüllen. Das Nachlaßverzeichnis muß also aus guten Gründen unverzüglich und auch ohne irgendeine Aufforderung erstellt werden, sobald der Testamentsvollstrecker beim Nachlaßgericht sein Amt angenommen hat. Es stellt sich also nicht die Frage, ob das Verzeichnis überhaupt aufgestellt und allen Erben gegeben werden muß sondern nur, wie schnell das geschehen muß.
Kommt es dabei auf die Vollmacht an, die im aktuellen Fall schon zu Lebzeiten der Eltern erteilt worden war? Die Pflichten als Testamentsvollstrecker und als Bevollmächtigter sind sehr verschieden, so daß die Zeit vor Amtsannahme nicht zählen kann. Schließlich ist niemand dazu gezwungen, die regelmäßige Überforderung der sehr schweren Aufgaben einer Testamentsvollstreckung zu übernehmen. Anders als bei der Annahme einer Erbschaft, die im deutschen Erbrecht durch sechs Wochen Untätigkeit als angenommen gilt, wird man nicht passiv zum Testamentsvollstrecker; erst die Ausdrückliche Erklärung beim Nachlaßgericht bringt einen in diese Position, vorher gibt es keinerlei Pflichten als Testamentsvollstrecker. Umgekehrt haben Testamentsvollstrecker auch keinerlei Kompetenzen, bevor sie das Amt nicht förmlich angenommen haben.
Bei der Generalvollmacht stellte sich dann auch noch heraus, daß diese nur durch zwei Kinder gemeinsam ausgeübt werden konnte, so war das ausdrücklich in der Vollmachtsurkunde geregelt. In unserem Verfahren des Monats war es kurioserweise so, daß beide, also Testamentsvollstrecker und Miterbe, die Vollmacht gemeinsam hätten ausüben müssen, um das zu machen, was im Antrag auf Entlassung als Testamentsvollstrecker als Unterlassen kritisiert wird. Somit trifft der Antragsteller mit seiner Kritik sich selbst, er wollte nämlich gerade nicht als Bevollmächtigter das tun, was er nun seinem Bruder als pflichtwidrige Untätigkeit vorwirft.
Aber das heißt noch lange nicht, daß er nicht doch recht haben könnte. Nur weil ein anderer nicht alles richtig macht, ist unser Testamentsvollstrecker noch lange nicht fehlerfrei. Im Gesetz steht unmißverständlich und schon seit rund 120 Jahren, daß das Nachlaßverzeichnis „unverzüglich“ erstellt werden muß. Das heißt, es muß „ohne schuldhaftes Zögern“ aufstellt werden, also so schnell wie das im konkreten Fall eben möglich ist. Genaue Fristen sind im Gesetz nicht vorgesehen, weil jeder fall anders ist und die erforderlichen Informationen unterschiedlich schnell verfügbar sind. Zwei Monate nach Amtsannahme können in vielen Fällen ausreichen, sind aber gerade bei berufstätigen Testamentsvollstrecker ohne juristische Kenntnisse sicher zu kurz, um bereits eine Entlassung als Testamentsvollstrecker zu rechtfertigen. Schließlich gibt es einen rechtskräftigen Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12.05.2017 (Aktenzeichen 8 W 40/17), mit dem eine vom Notariat Leinfelden-Echterdingen 3 eingesetzte Testamentsvollstreckerin mit juristischer Ausbildung im Amt verbleiben durfte, obwohl sie sich monatelang ausdrücklich geweigert hatte, ein Nachlaßverzeichnis vorzulegen, nach weit über einem Jahr dann ein Verzeichnis ohne jegliche Angaben zu Nachlaßverbindlichkeiten vorlegte und nach beinahe zwei Jahren Verfahrensdauer noch immer kein vollständiges Nachlaßverzeichnis vorgelegt hatte. Wenn die Justiz in Einzelfällen schon mit einer Juristin derart nachsichtig umgeht, dann muß ein Miterbe ohne Rechtskenntnisse erst recht nicht befürchten, aus dem Amt des Testamentsvollstreckers entlassen zu werden, „nur“ weil er in der Tat saumselig mit seinen Pflichten umgeht. Der Erbstreit wird trotzdem für alle Beteiligten sehr unangenehm sein und einige tausend Euro Prozeßkosten verursachen.
Für zukünftige Erbfälle kann dieser Fall als Beispiel dienen, wie man es auf keinen Fall machen sollte: Bitte verschonen Sie Ihre Erben von laienhaften Testamenten, fragen Sie beim Fachmann (Rechtsanwalt oder Notar), wie Ihre Ziele gut erreicht werden, und setzen Sie auf keinen Fall eines der Kinder als Testamentsvollstrecker ein. Die Erfahrung zeigt nämlich fast täglich, daß diese Punkte zu den allerhäufigsten Konfliktursachen im Erbstreit zählen.
Angenehme „Probleme“ gibt es beim Erben auch immer wieder. Diesen Monat schauen wir uns eine Akte an, in der die Erbschaft vom Vater mit einem Wert von über 1 Million Euro „zu groß“ ist für die Alleinerbin. Ganz so viel braucht sie nicht für sich, und was über den Steuerfreibetrag von € 400.000 hinausgeht, ist erbschaftsteuerpflichtig. Auf Steuern reagiert die Erbin etwas „allergisch“. Sie läßt sich deshalb vom Fachanwalt für Erbrecht beraten, wie sie mehrere Ziele unter einen Hut bekommt, von denen eines die legale Steuerersparnis ist.
Unserer Alleinerbin steht ein Mensch besonders nahe, nämlich das Kind ihres geschiedenen Ehegatten. Die Idee ist nun, eine Immobilie aus dem Nachlaß als Schenkung an dieses „Ex-Stiefkind“ weiterzugeben. Nach der Ehescheidung besteht zum Stiefkind nämlich immer noch ein sehr guter Kontakt. Dabei soll aber möglichst keine Steuer anfallen. Wie geht das? - Für das Steuerrecht bleibt ein Kind der Ex-Frau bzw. des Ex-Mannes weiter Stiefkind, hat somit bei der Schenkungsteuer das Privileg, wie ein leibliches Kind behandelt zu werden. Das heißt: Bis zu € 400.000 bleiben wegen des persönlichen Freibetrags auf jeden Fall steuerfrei. Wenn die Schenkung noch großzügiger ausfällt gelten geringe Steuersätze der günstigsten Erbschaftsteuerklasse für den steuerpflichtigen Teil der Schenkung.
Außerdem soll ein Teil vom Wert einer anderen geerbten Immobilie an eine gemeinnützige Stiftung gehen; hierzu wurde der Erbin von ihrer Bank gesagt, daß sie damit Erbschaftsteuer sparen könne. Die ganze Immobilie zu stiften wäre ihr zu viel des Guten, schließlich möchte die Erbin genug Reserven haben, falls sie im Alter auf ihr Vermögen zurückgreifen muß. Aber ein fünfstelliger Betrag soll schon jetzt für gute Zwecke eingesetzt werden. Und damit wird es eine kleine Herausforderung für den Berater: Im Gesetzt ist nur der Fall ausdrücklich geregelt, daß ein geerbter Gegenstand innerhalb von 24 Monaten nach dem Erbfall in den Kapitalstock einer steuerbegünstigten Stiftung eingebracht wird. Es ist nicht ausdrücklich geregelt, ob unmittelbare Identität zwischen dem ursprünglichen Nachlaßgegenstand und der Zustiftung bestehen muß oder ob es ausreicht, ein Surrogat zu stiften („Surrogat“ ist z.B. nach einem Verkauf einer Sache der Kaufpreis). Klar ist immerhin, daß es für die Erbschaftsteuerersparnis nicht nur wertmäßig Bezug zur Erbschaft geben darf, was der Fall wäre, wenn die Erbin die Immobilie behielte und ihr eigenes Geld stiftete. In der Fachliteratur geht man davon aus, daß auch eine Stiftung der Surrogate zur Verschonung von der Erbschaftsteuer führt. Vor Gericht kamen diese Fälle bisher noch nicht, so daß ein gewisses Restrisiko besteht.
Der Fachanwalt für Erbrecht klärte die Erbin aber auch darüber auf, daß bei (Zu-)Stiftungen aus der Erbschaft ein Wahlrecht besteht, ob Erbschaftsteuer oder Einkommensteuer gespart werden soll. In den meisten Fällen ist die Steuerersparnis nämlich größer, wenn der gestiftete Betrag bei der Einkommensteuererklärung bzw. beim Lohnsteuerjahresausgleich bei den Sonderausgaben als „Spende in das zu erhaltende Vermögen (Vermögensstock) einer Stiftung“ berücksichtigt wird, wo dann auch noch durch Verteilung auf mehrere Steuerjahre jeweils der höchstmögliche Steuersatz eingespart werden kann. Das lohnt sich gerade bei nahen Angehörigen, bei denen die Erbschaftsteuer mit lediglich 7% und 30% relativ günstig ist im Vergleich zur Lohn-/Einkommensteuer, die bei hohem Einkommen im Grenzsteuersatz schon einmal rund die Hälfte ausmachen kann.
Ein Ehepaar geht zum Notar und läßt ein Gemeinschaftliches Testament beurkunden. Darin wird bestimmt, daß die nächsten Verwandten der Ehefrau (Erbtante) -sofern sie zuerst verstirbt- als Vermächtnis das bekommen, was von ihren Geldanlagen nach dem Tod des Ehemanns übrig sein wird. Fällig soll das Vermächtnis folglich auch erst nach dem Tod ihres Ehemanns sein.
Die Frau stirbt zuerst. In diesem Zeitpunkt hat ihr Vermächtnisnehmer mangels ausdrücklicher Regelungen noch nicht einmal Anspruch auf Auskünfte über die Geldanlagen , die sie hinterlassen hat. Nachdem der Mann Millionär ist, hielt man es wohl für unwahrscheinlich, daß er das Vermögen seiner Frau aufbrauchen werde, es sei denn er braucht für einen Pflegefall unvorhergesehen viel Geld.
Ihr Mann hat dann aber versucht, das Vermögen seiner Frau „spurlos“ verschwinden zu lassen. Den Verwandten seiner verstorbenen Frau gönnte er überhaupt nichts.
Gut 10 Jahre später stirbt auch er. Seine Kinder sind die Schlußerben. Sie müssen aber jetzt das Vermächtnis erfüllen. Sie reagieren aber sehr zögerlich und behaupten schließlich, sie wüßten nicht darüber Bescheid, was ihr Vater mit dem Vermögen gemacht hat, außerdem sei bei seinem Tod nur noch sehr wenig von seinem millionenschweren Immobilienvermögen übrig gewesen. Ein Teil der Kinder habe Pflegekräfte organisiert, die teuer gewesen seien. Allerdings legen sie dem Vermächtnisnehmer keinerlei Belege über diese angeblichen Kosten vor.
Das Landgericht verurteilt sie dazu, Auskunft zu geben über (A.) die Geldanlagen der Erbtante an deren Todestag, (B.) was davon beim Tod des Witwers übrig war und (C.) was mit den Mittelabflüssen geschehen ist, damit der Vermächtnisnehmer einschätzen kann, was ihm zusteht. Auskunft über die Mittelabflüsse ist deshalb wichtig, weil der Witwer nach dem Gesetz das ausgeben durfte, was er für sich selber benötigt hat, also beispielsweise Geld für Pflegepersonal, das er nicht mit seinem eigenen Vermögen bezahlen konnte.
Nach der Verurteilung schreiben die Erben endlich die Geldinstitute an und fragen nach den Kontoständen und Erbschaftsteuermeldungen für den Todestag der Erbtante. Die Erben geben daraufhin dem Neffen der Erbtante die Auskunft: „Bank und Sparkasse haben keine Unterlagen mehr über das, was vor 12 Jahren zur Bankverbindung gehört hat und berufen sich auf das Ende einer Aufbewahrungsfrist.“
Diese Auskunft ist unbeachtlich und erfüllt nicht das Urteil. Die Erben hätten sich ernsthaft um Auskünfte bemühen müssen. Der Verweis auf „Ende einer Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren“ kommt zwar häufig von Banken und Sparkassen, er ist aber falsch und auch reichlich weltfremd: Bereits im eigenen Interesse wird ein Geldinstitut Kontostände länger als 10 Jahre nachvollziehen können. Für die eigenen Steuerangelegenheiten hat die Bank bzw. Sparkasse außerdem eine Aufbewahrungsfrist zu erfüllen, die nicht tatgenau 10 Jahre beträgt sondern erst in dem Jahr beginnt, in dem eine Steuererklärung für das jeweilige Jahr nicht mehr angreifbar ist, in der Praxis ist das oft erst nach 14 Jahren der Fall. Nachdem die Auskunftsansprüche aus dem Urteil nicht ernsthaft erfüllt wurden, kann der Vermächtnisnehmer nun beantragen, daß das Landgericht den Erben Zwangsgeld und bei beharrlicher Verweigerung sogar Zwangshaft auferlegt, um sie dazu zu animieren, daß sie ihre Pflichten erfüllen.
Aktuell haben wir eine Erbengemeinschaft „auf dem Tisch“, bei der die Kinder der Erblasser als Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen erben. Eines der Kinder hat ein Darlehen von den Eltern erhalten, als es sich selbständig machte und viel Geld dafür ausgab. Außerdem übernahmen die Eltern Bürgschaften bei der Sparkasse und übertrugen eine frei gewordene Grundschuld an ihrem Haus als Kreditsicherheit an die Sparkasse ihres verschuldeten Kindes, als diesem die Insolvenz drohte.
Beim Tod des zweiten Elternteils war das Darlehen bei der Sparkasse noch immer nicht vollständig zurückgezahlt, auch nicht das Darlehen von den Eltern an das Kind. Dieses Kind meint nun, daß sich das mit dem Erbfall alles erledigt habe (juristischer Fachausdruck zum Erlöschen von Verbindlichkeiten durch Beerben des Gläubigers: Konfusion).
Ein anderer Miterbe war jedoch der Meinung, daß das von den Eltern gewährte Darlehen an den Nachlaß, also die Erbengemeinschaft, zurückgezahlt werden müsse und der Sparkassenkredit des Geschwisters, für den die Eltern Kreditsicherheiten gestellt hatten, vom Hauptschuldner allein getilgt werden müsse. Der Miterbe mit den Schulden ist nun so verärgert, daß er keinerlei Kontakt mehr zu den anderen Geschwistern haben will, jedoch vom Nachlaß einen Anteil gemäß der Erbquote verlangt - mit Ausnahme der Verbindlichkeiten, auf denen die anderen Miterben sitzen bleiben sollen. Diese Erwartungshaltung und das Verweigern klärender Gespräche sorgt nun für einen schwierigen Erbstreit. Allerdings sind manche Fragen aus Sicht des Erbrechts dennoch leicht zu beantworten:
Wer seinen Gläubiger beerbt, müßte seine Schuld an sich selbst begleichen, was natürlich nicht geht. Anders ist es aber, wenn eine Erbengemeinschaft im Raum steht. Die Forderung des Erblassers steht nun der Erbengemeinschaft zu, hier erlöscht keine Schuld durch Konfusion - auch wenn einen der Erben ein Gefühl der Konfusion beschleichen mag.
Bei den Schulden des Kindes, für die der Erblasser sich lediglich verbürg oder eine Grundschuld zur Absicherung bestellt hat, ist ebenfalls recht leicht zu beantworten, wer den Kredit zurückzahlen muß: Hauptschuldner ist das Kind. Der Bürge muß nur gegenüber der Gläubigerbank bzw. -sparkasse einspringen, wenn der Hauptschuldner nicht vereinbarungsgemäß zahlt. Und dann kann der Bürge das Geld vom Hauptschuldner erstattet verlangen. Ebenso verhält es sich bei der Grundschuld: Wenn diese in Anspruch genommen wird, kann der Grundstückseigentümer vom Schuldner des besicherten Kredits Geld verlangen - außer die Kreditsicherheit wäre ein Geschenk gewesen, was in solchen Fällen aber praktisch nie in Frage kommt; fast alle Eltern vertrauen ja darauf, daß ihre Kinder die Schulden irgendwann tilgen können und wollen mit der Kreditsicherheit aus dem Elternhaus lediglich günstigere Kreditkonditionen ermöglichen.
Auch bei der Erwartung, nur am Vermögen aber nicht bei den Verbindlichkeiten mit der Erbquote beteiligt zu sein, irrt sich der verschuldete Miterbe. Erben sind Gesamtrechtsnachfolger, sie können sich nicht die Rosinen herauspicken und den Rest „auf sich beruhen lassen“. Die Erbschaft haftet für die Verbindlichkeiten des Erblassers.
Und gegenüber den Geschwistern ist es naheliegend, daß finanzielle Zuwendungen der Eltern an das Kind, das sich selbständig gemacht hat, als Ausstattung bei den Geschwistern auch noch zu Ausgleichungsansprüchen führen können.
Im Erbfall diesen Monats wird das Kind, das zu Lebzeiten am meisten von den Eltern bekommen hat und außerdem Kreditverbindlichkeiten an die Erbengemeinschaft abwälzen will, sicher nicht als Sieger aus dem Erbstreit herausgehen. Spannend wird die Aufklärung des Sachverhalts noch werden, bis sämtliche Zuwendungen der Eltern aus den letzten Jahrzehnten ermittelt sind - wie so oft trugen Überweisungen nämlich vorzugsweise den Buchungstext „bekannt“, was vieles bedeuten kann.
"Erbe werden ist nicht schwer - Erbe sein dagegen sehr.“ So kann man kurz und prägnant das umschreiben, was sich hinter dem Fachausdruck „Von-selbst-Erwerb des Erben“ verbirgt. Schauen wir uns mit einem aktuellen Fall an, worum es dabei geht:
Dem Sohn des Verstorbenen ging das Eröffnungsprotokoll des Nachlaßgerichts mit einer beglaubigten Abschrift des Testaments seines Vaters zu. Im Testament ist der Sohn als Alleinerbe vorgesehen. Es stehen aber auch umfangreiche Vermächtnisse für die letzte Ehefrau des Vaters, die aus Sicht des Sohns die Stiefmutter ist; sie bekommt unter anderem das „Geldvermögen nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten“. Dazu kommt noch, daß die Enkel des Erblassers als Nacherben eingesetzt sind, aus Sicht des Erben seine Neffen und Nichten.
Die Erbschaft besteht vor allem aus einem Hausgrundstück mit großem Garten, in dem der Erbe eine Wohnungen bewohnt und der Rest vermietet ist. Daneben gibt es noch eine Eigentumswohnung. Bei der Bank hatte der Erblasser nur wenig Geld. Der Sohn schuldete seinem Vater aus einem Privatdarlehen noch ein paar tausend Euro.
Drei Monate nach der Testamentseröffnung ging der Erbe zum Rechtsanwalt und ließ sich beraten, was er machen soll. In der Zwischenzeit hatte ihn der Anwalt seiner Stiefmutter angeschrieben und zur Erfüllung der Vermächtnisse aufgefordert; konkret sollte er das Bankguthaben auszahlen, das Privatdarlehen zurückzahlen und einen Notartermin für die Übereignung der Wohnung vereinbaren.
Der Anwalt des Erben konnte nur noch das Schlimmste verhindern. Wenn der Erbe innerhalb der 6-Wochen-Frist für eine Ausschaltung der Erbschaft zur Beratung gekommen wäre, dann wäre der beste Rat gewesen, die Erbschaft mit all den Beschränkungen und Beschwerungen auszuschlagen und stattdessen den Pflichtteil vom Nachlaß einzufordern. Dann hätte der Sohn keine Pflichten aus der Erbschaft gehabt, könnte aber seinen Anteil am Wert des Nachlasses beanspruchen.
Nachdem diese Frist verstrichen war, wurde der Sohn durch 6 Wochen „nicht-ausschlagen“ mit Wirkung zum Tag des Erbfalls der Erbe, und zwar mit den „Fesseln“ der Vor-/Nacherbfolge sowie mit der Belastung durch die Vermächtnisse. Als Vorerbe muß er nun das Vermögen in der Substanz erhalten, darf -vereinfacht gesagt- für sich selber nur die Nutzungen und Erträge verwenden und muß dafür das Haus „in Schuß halten“, damit die Nacherben es später im Nacherbfall in einem guten Zustand bekommen werden.
Immerhin konnte sein Anwalt ihm beim geerbten Geld noch einen guten Rat mit auf den Weg geben: Er braucht als Vermächtnis nur das Geld zahlen, das nach all den Verbindlichkeiten übrig bleibt, die vom Erblasser stammen oder mit dem Erbfall im Zusammenhang stehen. Das heißt, erst wenn die Beerdigung einschließlich Grabstein und auch die letzte Arztrechnung bezahlt ist, steht fest, wieviel Euro das „Geldvermögen nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten“ ist, was an die Witwe des Erblassers zu zahlen ist.Bis dahin braucht er nicht das ganze Bankguthaben und auch nicht das Privatdarlehen herauszugeben. Ansonsten kommt noch im Fall der Zahlungsunfähigkeit in Frage, daß beispielsweise mit Hilfe eines Nachlaßinsolvenzverfahrens die „Fesseln“ der Vorerbschaft gelöst werden, um aus dem immobilienlästige Vermögen ausreichend viel Liquidität zu erhalten; eventuell braucht auch das Wohnungsvermächtnis aufgrund einer solchen Insolvenzlage des Nachlasses nicht wortgetreu gemäß Testament erfüllt zu werden. Die Details sind in solchen Fällen vielschichtig. Der Fall zeigt sehr deutlich, daß die sogenannte „Fiktion der Annahme einer Erbschaft“ durch Ablauf der 6-Wochen-Frist sehr gravierende Auswirkungen hat. Man kann den betroffenen Erben nur dringend dazu raten, sich rechtzeitig zu den verschiedenen Möglichkeiten und deren Auswirkungen beraten zu lassen.
Immer wieder beschäftigen uns Erbfälle, bei denen jemand ins Ausland gezogen ist. Aktuell ist das ein Fall, bei dem eine deutsche Staatsangehörige nach England gezogen ist. Sie war bis zu ihrem Tod Eigentümerin einer Immobilie in Deutschland.
Kurz vor ihrem Tod wollte sie ihre Erbangelegenheiten ordnen und schrieb ein Testament mit der Schreibmaschine und unterschrieb es auch, und zwar zu Hause „im stillen Kämmerlein". Dann sprach sie mit einer Freundin darüber, die Zweifel an den Formalien hatte: Sie wußte nämlich, daß in England das Testament nicht nur von der Erblasserin sondern auch von Zeugen unterschrieben werden muß, während in Deutschland ein maschinengeschriebenes Testament nur bei notarieller Beurkundung wirksam ist.
Die ältere Dame beherzigte den Rat ihrer Freundin und wollte es im zweiten Versuch besser machen - allerdings wieder ohne Rechtsanwalt oder Notar zu fragen. Sie diktierte einer Bekannten, was im Testament stehen soll, die Bekannte schrieb es von Hand auf, und dann unterschrieben die Erblasserin und zwei Zeugen an der Seite des Dokuments (nicht unten).
Inzwischen ist der Erbfall eingetreten, die ältere Dame verstorben. Und damit stellt sich die Frage, ob eines der beiden Dokumente als Testament wirksam sein kann. In diesem Fall steckt einiges an internationalen Rechtsfragen, nicht nur wegen des bevorstehenden Brexit. Großbritannien (genauer gesagt: das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland, kurz „UK“) ist sowieso nicht der Europäischen Erbrechts-Verordnung beigetreten, so daß die alten Regeln noch immer gelten. Eine weitere Besonderheit ist, daß England und Schottland zwei recht unterschiedliche Rechtsordnungen haben, falls britisches Recht entscheidend sein sollte, kommt es also auch noch darauf an, ob englisches oder schottisches Recht gilt.
Die erste Frage, die der Jurist in solchen Fällen klärt, ist die formale Wirksamkeit des Testaments. Und hier hilft häufig das Haager Testamentsübereinkommen aus den 1960er Jahren. Darin ist sehr großzügig geregelt, wann ein letzter Wille wirksam ist. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch das UK haben es ratifiziert. Somit gilt nach Artikel 1 dieses völkerrechtlichen Übereinkommens in unserem Erbfall des Monats ein Testament als wirksam, wenn es die Formvorschriften des Landes einhält, in dem entweder
- das Testament errichtet (aufgeschrieben) wurde
- dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung oder im Todeszeitpunkt hatte,
- in dem der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung oder im Todeszeitpunkt seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte,
- wo sich Immobilien befinden.
Es kann daher auch sein, daß mehrere Möglichkeiten aus den jeweiligen nationalen Gesetzen gleichzeitig in Frage kommen, also nach deutschem Erbrecht das handschriftliche und das notarielle Testament und dazu dann noch die Formvorschriften Englands. Wenn nach einer dieser Möglichkeiten eine wirksame Regelung vorliegt, dann gilt das in allen beteiligten Ländern als wirksames Testament.
Nachdem unsere Erblasserin Deutsche war und eine Immobilie in Deutschland das wesentliche Vermögen darstellt, kommen die deutschen Formvorschriften in Frage. Allerdings hätte die Verstorbene dafür das gesamte Testament eigenhändig verfassen oder einen Notar zur Beurkundung hinzuziehen müssen. Ausnahmen gibt es nur beim Nottestament, wenn man sich in Todesgefahr befindet und keine Möglichkeit besteht, rechtzeitig einen Notar herbeizurufen; das war aber nicht der Fall, so daß nach deutschem Recht kein wirksames Testament vorliegt.
Nach englischem Recht kann ein Testament zwar auch wirksam sein, wenn es nicht eigenhändig von der Erblasserin geschrieben wurde. Nachdem die Unterschriften der Erblasserin und der Zeugen aber nicht als Abschluß des Textes unten stehen sondern an der Seite, wird es auch nach englischem Recht nicht leicht sein, das eine Testament mühelos anerkannt zu bekommen. Und das maschinengeschriebene Testament wurde zwar unten unterschrieben, jedoch nur von der Erblasserin und nicht auch von den Zeugen, die in England erforderlich wären.
In diesem Fall ist es sicher, daß die Klärung der Erbfolge aufwendig und teuer wird, das Ergebnis ist noch nicht abzusehen. Möglicherweise war die ganze Mühe mit den beiden Testamenten vergebens, so daß in der gesetzlichen Erbfolge entfernte Verwandte alles erben werden, obwohl sie eigentlich gar nichts bekommen sollten. Dieser Fall zeigt einmal mehr, daß sich eine kompetente Beratung im Erbrecht lohnt. In anderen Lebensbereichen gehen die meisten Menschen schließlich auch zum Fachmann, anstatt es selber zu versuchen.
Es geht nicht schnell genug voran mit dem „Kasse machen“ bei der Erbschaft, meint ein Begünstigter und versucht immer wieder, an der Testamentsvollstreckerin vorbei Mieteinnahmen und andere Gelder aus dem Nachlaß an sich umzuleiten. Der Fall hat einen komplizierten Hintergrund: Das „selbstgebastelten“ Testament des Vaters weist in einer unfachmännischen Art und Weise fast alle Vermögensgegenstände des Erblassers verschiedenen Personen zu, ohne den oder die Erben eindeutig zu bezeichnen. Deshalb ist schon fraglich, wie viele dieser Personen Miterben sind oder ob einige davon möglicherweise doch nur Vermächtnisnehmer sein sollen. Eine der wenigen klaren Regelungen ist die, daß eine im Testament genannte Person Testamentsvollstreckerin sein soll.
Das bedeutet immerhin, daß die Verfügungsmacht über Nachlaßgegenstände allein bei der Testamentsvollstreckerin liegt. Die Erben und Vermächtnisnehmer können zuschauen, sie können ihre Ansprüche einfordern, und wenn dann alles abgewickelt ist können die Erben auch Rechenschaft von der Testamentsvollstreckerin verlangen.
Bis dahin ist ein eigenmächtiges Verlangen nach Mietzahlung am TV vorbei unrechtmäßig. Das stört einen der Begünstigten aber nicht. Zu seiner „Rechtfertigung“ schreibt er dann auch noch diverse eMails an den Anwalt eines Gegners, obwohl er damit eigentlich eine Rechtsanwältin beauftragt hat. Sobald beide Seiten einen Anwalt haben, dürfen diese nicht mehr den Gegner direkt anschreiben; die Antwort auf das, was dieser Miterbe an den gegnerischen Anwalt schreibt, muß also über seine Anwältin laufen. Warum der Miterbe diese „ungewöhnliche“ Kommunikation trotz aller Ermahnungen von allen möglichen Seiten weiterhin praktiziert, entzieht sich einer juristischen Einschätzung. Solches Verhalten macht jedoch die sachliche Abwicklung ausgesprochen schwer, führt zu Verzögerungen und verhindert erfahrungsgemäß, daß man sich irgendwann im Guten einigen kann.
Dieser „ganz spezielle“ Miterbe plant nun auch noch den Verkauf der Eigentumswohnung, die an ihn vermacht ist, und schickt schon mal an der Testamentsvollstreckerin vorbei zahlreiche Interessenten zur Besichtigung. Das hatte mittlerweile zur Folge, daß die bisherigen Mieter nach einigen Wochen voller Besichtigungstermine aus der Mietwohnung entnervt auszogen und nun keine Mieteinnahmen mehr hereinkommen.
Gleichzeitig verlangte dieser Miterbe „sofort“ die Vorlage von Kontoauszügen, die die Steuerberaterin aber noch für Steuererklärungen benötigt. Dazu kommt noch auf der juristischen Anspruchsebene, daß ein Erbe vom Testamentsvollstrecker in aller Regel nur einmal jährlich Rechnungslegung verlangen kann, nicht aber beliebig oft die Vorlage aller Kontoauszüge.
Oft ist ein derartiges Verhalten der eigentliche Grund für einen Erbstreit. Und manchmal ist die Erwartung des Erblassers, daß einer sich so verhalten werde, auch der Grund dafür, daß im Testament überhaupt Testamentsvollstreckung angeordnet wird. Die Folge ist dann regelmäßig, daß die Abwicklung des Erbes teurer wird als nötig.
Immer wieder kommt es zu unerwarteten Ergebnissen, wenn ein Verwandter stirbt und weder Kinder noch einen Letzten Willen hinterläßt. Aktuell haben wir einen Fall aus einer Patchworkfamilie vor uns:
Die Eltern ließen sich scheiden, der Vater hatte mit seiner neuen Frau noch mal zwei Kinder. Für die Kinder aus erster Ehe sind das Halbgeschwister, für ihre Mutter dagegen sind sie gar nicht verwandt. Und die Kinder aus erster Ehe hatten zu den Kindern aus zweiter Ehe des Vaters kein so enges Verhältnis wie untereinander. Der Vater starb als erster Elternteil. Sein Erbe war klar geregelt, so daß es keine Probleme beim Erben gab.
Nun starb auch die Mutter (aus erster Ehe) und vererbte ihr Hausgrundstück an ihre Kinder. Als dann auch noch der Sohn kinderlos und ohne Testament starb, gab es für seine Schwester eine unangenehme Überraschung: Die gesetzliche Erbfolge kann nicht berücksichtigen, wie groß die Zuneigung oder Abneigung ist, es ist auch unerheblich ob überhaupt persönlicher Kontakt bestanden hat. Sie geht streng nach Verwandtschaftsverhältnissen vor. Das Ergebnis ist dann, daß nach Linien (im Stammbaum aufwärts zu den Vorfahren) und Stämmen (im Stammbaum nach unten zu den Nachkommen) vererbt wird, und zwar gleichmäßig in der väterlichen Linie und in der mütterlichen Linie.
Das bedeutet konkret: Beim kinderlosen, ledigen Erblasser würden die Eltern je die Hälfte erben. Nachdem seine Eltern schon verstorben sind, geht der jeweilige 1/2-Erbteil an deren jeweilige Nachkommen - also der Erbteil der vorverstorbenen Mutter an deren Tochter (die vollbürtige Schwester des Erblassers), während der Erbteil des vorverstorbenen Vaters aufgeteilt wird unter dessen Nachkommen. Und die Nachkommen des Vaters sind neben der Schwester des Erblassers auch die Kinder aus der 2. Ehe des Vaters, also die Halbgeschwister des Erblassers.
Somit geht der Erbteil des Verstorbenen am mütterlichen Hausgrundstück rechnerisch insgesamt zu 2/3 an seine Schwester und zu 1/3 an die beiden Halbgeschwister. Die Schwester muß das Haus nun in Erbengemeinschaft verwalten mit den Verwandten, zu denen sie keine allzu gute Beziehung hat.
Immerhin überlegt die Schwester jetzt, wie Sie es selber besser machen kann und fragt sich: Wer entwirft mir ein gutes Testament in Stuttgart? Unterstützung beim Verfassen des Testaments und allgemein bei der fachmännischen Planung einer Vermögensnachfolge (neudeutsch: Estate Planning) findet man bei Notaren und bei spezialisierten Rechtsanwälten für Erbrecht, wobei kompetente Anwälte auch die Steuerfragen des Erbfalls mit beraten.
Ein Ehepaar hat eine interessante berufliche Perspektive ergriffen: In Italien winkte eine Arbeitsstelle. Seit einigen Jahren leben die beiden Ehepartner jetzt schon sowohl in Deutschland als auch in Italien, in Italien haben sie neben de Wohnungseinrichtung und einem Auto auch ein Bankkonto, das beim Tod eines Ehepartners alles an den anderen Gatten gehen soll. Bei einer Informationsveranstaltung der Botschaft wurden sie auf eine Reform des Europäischen Erbrechts aufmerksam: Anders als in früheren Jahren kommt es jetzt nicht mehr in erster Linie auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers an oder darauf, wo Immobilien sich befinden sondern auf den letzten „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ des Verstorbenen. Was das genau ist, steht nicht im Gesetz.
Rechtswahl im Erbrecht wird von derselben EU-Verordnung ermöglicht, die im Normalfall den „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ als das entscheidende Kriterium vorsieht: Die Staatsangehörigkeit kann im Testament oder einer anderen „letztwilligen Verfügung“ als verbindlicher Anknüpfungspunkt für das gewünschte Erbrecht gewählt werden.
Und dennoch gilt es unter Experten zur Zeit noch als unwahrscheinlich, daß ein deutscher Erbvertrag in Italien anerkannt wird; die italienische Rechtstradition verbietet schon seit der Zeit des antiken Römischen Reichs einen Verzicht auf die Freiheit, sein Testament jederzeit willkürlich ändern zu können. Wahrscheinlich ist es daher so, daß italienische Gerichte von der Formnichtigkeit eines deutschen Erbvertrags ausgehen und die Erben oder Vermächtnisnehmer dann eine verbindliche Klärung vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anstreben müssen.
Jetzt könnte man als ehrgeiziger Jurist dazu raten, die Details zum „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ und zur Verbindlichkeit eines deutschen Erbvertrags in Italien vor Gericht durch alle Instanzen klären zu lassen. Nur leider würde das erst einmal einen Todesfall und danach eine langjährige Prozeßdauer voraussetzen. Und am Ende hätte der Verlierer des Verfahrens zwar an der Klärung einer wichtigen Frage mitgewirkt - müßte aber auch sehr hohe Prozeßkosten bezahlen. Also schauen wir lieber, welche rechtssicheren Möglichkeiten es gibt, das gewünschte Ergebnis von vornherein sicherzustellen. Und da ist vor allem die Möglichkeit der „Rechtswahl“ sinnvoll: Die EU-Erbrechts-Verordnung läßt es nämlich zu, daß in einer letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) bestimmt wird, welches nationale Erbrecht später für den Erbfall gelten soll; die Auswahl beschränkt sich jedoch auf die Staatsangehörigkeit(en) des Testierenden - aber immerhin läßt sich damit das „Heimatrecht“ an einen „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ im Ausland gewissermaßen mitnehmen. Vor emotionalen Entscheidungen muß allerdings gewarnt werden. Sinnvoll ist die Rechtswahl entweder, wenn dieses Recht besser zum gewünschten Ergebnis paßt oder wenn das Vermögen überwiegend im Heimatland liegt. Sonst wäre es unnötig kompliziert, zum Beispiel von einem italienischen Grundbuchbeamten zu verlangen, daß er das deutsche Erbrecht umsetzt, und das möglichst noch fehlerfrei und zügig.
Ein Erbstreit kann schon mal ein paar Jahre dauern. Diesen Monat schauen wir uns einen Erbfall an, der nach fast acht Jahren doch noch „einvernehmlich“ beendet wurde: Die Familie war einmal recht wohlhabend, hatte eine Villa mit recht großem Schwimmbad, eine Luxuslimousine und ein Privatflugzeug. Zur Dekoration waren wertvolle Kunstwerke und antike Möbel in den diversen Wohn- und Kaminzimmern. Dazu gesellte sich dann auch mal eine antike römische Amphore, die das Familienoberhaupt bei einem Tauchgang im Mittelmeer aus einem gesunkenen Schiff geborgen hat und die auf der Heimreise vom Zoll „übersehen“ wurde. Die Familie hatte aber auch Problemfälle, zum Beispiel war eines der Kinder als Unternehmer gescheitert und der Vater hat durch eine steueroptimierte Beteiligung die „geräuschlose Beerdigung“ des Unternehmens ermöglicht. Eine der Töchter wohnte nach einer gescheiterten Ehe zehn Jahre lang Mieterei im Elternhaus, bis sie sich mit ihrem gesparten Geld und Unterstützung der Mutter das Nachbarhaus kaufen konnte. Ein anderes Kind war ausgewandert, wobei die Eltern auch eine größere Summe als Startkapital mit auf den Weg gaben. Insgesamt verstanden sich die Kinder früher untereinander ganz gut. Allerdings war die Beziehung zwischen den Eltern und den Kindern, die in verschiedenen Internaten aufwuchsen, recht unterschiedlich: Sie waren teilweise Vaters Liebling und teilweise Mutters Liebling. Als der Vater gestorben war, unterschrieben die Kinder beim Notar eine Vereinbarung mit ihrer Mutter, daß diese den gesamten Nachlaß des Vaters behalten sollte, solange sie lebte; die Kinder verzichteten darauf, ihren Pflichtteil geltend zu machen.
Nachdem die Eltern gestorben waren, gab es für eines der Kinder eine Überraschung: Als er zugunsten seiner Mutter auf seine Rechte am väterlichen Erbe verzichtet hatte, blieb die Mutter mit einer der Töchter beim Notar und beurkundete gleich noch ein Testament, durch das der Erbteil dieses Sohns wertlos werden sollte. Es gibt Regelungen, bei denen ein Kind innerhalb von sechs Wochen entscheiden muß, ob es die testamentarische Erbschaft mit den Beschränkungen und Beschwerungen annimmt, die im Testament vorgesehen sind - oder ob es die Erbschaft ausschlägt und den Pflichtteil verlangt. Diese 6-Wochen-Frist ist freilich viel zu kurz, als daß man wissen könnte, womit man besser fährt. Im konkreten Fall kam noch dazu, daß die Regelung auf eine Zuwendung der Eltern an den Sohn Bezug nahm, die weder direkt an ihn noch in der genannten Höhe stattgefunden hatte. Der Irrtum der Erblasserin ist beachtlich für die Frage, was eigentlich gemeint war und ob so eine Beschwerung überhaupt wirksam oder nicht doch wegen Irrtums anfechtbar ist.
Die Verwaltung und Verwertung des Nachlasses wurde aber auch aus anderen Gründen zu einem regelechten Trauerspiel: Ein Teil der Miterben weigerte sich aus irrationalen Gründen, Vorschläge des einen Miterben überhaupt nur in Erwägung zu ziehen. So wurde kein spezialisierter Makler mit dem Verkauf der Villa mit Swimmingpool beauftragt sondern ein im Dorf ansässiger Makler, der sonst „handelsübliche“ Mietwohnungen und Reihenhäuser vermittelt. Am Ende wurde die Villa zu einem recht niedrigen Preis versteigert. Das war sicher nicht das beste, was eine Erbengemeinschaft zur Verwertung des Nachlasses tun konnte.
Bei der Verwertung der hochwertigen Einrichtung und tausender Fotos und Dias (die Mutter war Fotografenmeisterin) wurden die Wünsche des einen Miterben dann auch noch ignoriert und ihm mitgeteilt, daß die entsprechenden Sachen inzwischen vom Entrümpler entsorgt wurden. Der ausgebootete Miterbe konnte die Sachen nicht selbst abholen, weil er etwas weiter weg wohnte und keinen Hausschlüssel hatte. Zwei Jahre später bot der gewerbliche Entrümpeln einen Teil der Einrichtungsgegenstände auf Ebay als angeblicher Privatverkäufer für mehrere tausend Euro zum Verkauf an. Auch die römische Amphore soll auf dem Müll gelandet sein, so jedenfalls schrieb es eine Anwältin im Auftrag einer Miterbin. Ebenso verschwand 1kg Zahngold spurlos. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt…. Dazu kam dann noch, daß die geerbte Limousine nach mehreren Jahren Standzeit in der Garage des Erblasserhauses verkauft werden sollte, wobei eine Miterbin entgegen der eindeutigen Weigerung eines anderen Miterben vom Verkaufserlös Geld abzweigte, um eine Instandsetzung zu bezahlen - bei einer Youngtimer-Limousine macht das der Käufer eigentlich selber.
Eine Miterbin erhob nach sieben Jahren Teilungsklage und verlangte, der Bruder sollte einem Erbteilungsplan zustimmen, bei dem er vollkommen leer ausgehen sollte. Ihre Anwältin war eine persönliche Freundin, die die übliche sachliche Distanz zur Mandantin vermissen ließ. Eine andere Miterbin war inzwischen verstorben; sie wohnte seit einigen Jahren in einem Land mit angelsächsischem Rechtssystem, der Fall bekam also durch diese mehrstufige Erbengemeinschaft noch eine Komponente des internationalen Privatrechts hinzugefügt. Wer ihre Erben oder ggf. Begünstigte ihres Trust sind, sollte der ausgebootete Miterbe nicht erfahren. Die Klage verlangte daher Zustimmung zur Zahlung von deren Erbteil auf ein „Treuhandkonto“ einer Anwältin, die gleichzeitig mehrere Miterben mit unterschiedlichen Interessen bei der Nachlaßteilung vertrat (dieser Fall hört sich spätestens hier unrealistisch an, ist aber tatsächlich so „merkwürdig“ vor Gericht gebracht worden). Die Akte des Anwalts des Beklagten war bereits auf drei Aktenordner angeschwollen, als die erste mündliche Verhandlung stattfand. Eine der Beteiligten hatte im Gerichtsgebäude ein besonnteres Erlebnis, da dieses Gebäude früher ein Internat beherbergte, in dem sie in ihrer Kindheit untergebracht war. Der Richter schlug schon zu Beginn der Verhandlung vor, daß man sich einigen sollte. Er sah mehrere spannende rechtliche Fragen, die für ein Urteil geklärt werden müßten - mit ungewissem Ausgang für alle Beteiligten. Er spielte damit unter anderem an auf die Frage, ob eine steuertoptimierte unternehmerische Beteiligung an einer GmbH eine ausgleichungspflichtige Ausstattung sein kann und ob ein Teil der Miterbinnen dem Nachlaß Schadendersatz zahlen muß für die absonderlichen Verhaltensweisen rund um „Geld abzweigen“ und Sachen vernichten, die ein Miterbe haben möchte. Am Ende einigten sich die Prozeßparteien darauf, daß der Miterbe, den die anderen jahrelang auszutricksen versucht haben, eine runde Summe und ein Erinnerungsfoto bekommt. Wenn man sich vor Augen führt, welches Familienvermögen vor dem Erbstreit da war, dann sieht man in diesem Vergleich keinen Gewinn sondern den ganzen Fall gerade mal als abschreckendes Beispiel, daß Neid, Rache und dergleichen bei einer Erbauseinandersetzung sehr schlechte „Ratgeber“ sind. Es wäre wohl besser gelaufen, wenn alle Miterben einen eigenen Anwalt genommen hätten und dabei bewußt auf sachlich denkende Fachanwälte für Erbrecht gesetzt hätten.
Globalisierung der Arbeitswelt - das war schon vor Generationen ein Thema, und es wirkt sich auch auf Erbschaften aus. Der Hintergrund des aktuellen Erbfalls des Monats für den Erbrechts-Blog ist kurz erklärt: In der Nachkriegszeit ging der Großvater für einen deutschen Autohersteller nach Brasilien. Als Rentner kam er zurück, sein Sohn wanderte später noch einmal nach Brasilien aus und starb dort. Der Großvater verstarb als Rentner in Deutschland. Der Enkel muß jetzt beide Erbfälle abwickeln, den seines Vaters und den seines Großvaters. Und dafür braucht er in Deutschland auch einen Nachweis darüber, wer die Erben seines Vaters sind, der in Brasilien verstorben ist.
Eine erste Hürde war, daß ihm in Brasilien gesagt wurde, dort gäbe es so etwas wie Erbscheine nicht, da wäre man „einfach so“ Erbe. Nun ja, internationale Erbfälle haben ihre eigenen Herausforderungen. Für Immobilieneigentum und Bankkonten wird man auch dort nachweisen müssen, wem es eigentlich rechtmäßig gehört, dachte sich der deutsche Anwalt. Und er machte sich auf die Suche nach einem Dokument, das dem deutschen Erbschein bzw. dem Europäischen Nachlaßzeugnis in etwa entspricht und in Brasilien von einer staatlichen Stelle erteilt wird.
Das Ergebnis der Recherche ist: Einen Erbschein gibt es im brasilianischen Nachlaßverfahren zwar nicht. In Brasilien wird ein Nachlaß in einem Cartório (Notariat) abgewickelt mit einem außergerichtlichen Nachlassverfahren. Dadurch wird dann aber auch in einer Art und Weise dokumentiert, die schwarz auf weiß nachvollziehbar ist. Allerdings läßt sich damit leider nicht nachweisen, wer denn nun Erbe ist, weil das brasilianische Recht gar kein Bedürfnis danach kennt: Der Nachlassverwalter ist dort für die gesamte Abwicklung des Erbes zuständig und allein berechtigt, über Nachlaßgegenstände zu verfügen. Er gibt am Ende an die Begünstigten heraus, was denen zusteht; dabei kommt es dann nicht darauf an, ob es sich um Erben oder Vermächtnisnehmer handelt.
Wenn nun aber in Deutschland Rechte oder Verbindlichkeiten im Raum stehen, an denen der Verstorbene auf irgendeiner Seite beteiligt ist, dann braucht man oft schon einen Nachweis, welche Personen die Erben sind. Hierfür kann dann im Einzelfall in Deutschland ein Erbschein bzw. Nachlaßzeugnis erstellt werden.
Kuriose Erbfälle bringen immer wieder ungewöhnliche Dinge zutage. Diesen Monat bearbeite ich einen Erbfall, bei dem es eigentlich „nur“ um den Pflichtteil in einer Patchworkfamilie geht, ungewöhnliche ideelle Werte aber wohl die eigentliche Hauptrolle spielen:
Der Erblasser hat ein Kind, ein Enkelkind und eine Witwe hinterlassen. Die Witwe ist nicht die Mutter seines Kindes. Zum Nachlaß gehört ein Album mit Erinnerungsfotos an seine Zeit als Arbeitnehmer in einer amerikanischen Kaserne, in der Elvis Presley seinen Wehrdienst geleistet hat. Die beiden Männer verstanden sich sehr gut, sie machten Fotos und blieben noch einige Jahre in Kontakt. Die Erinnerungen hat unser aktueller Erblasser in einem Album gesammelt.
Im Testament steht nur, was mit den „handfesten“ Vermögenswerten geschehen soll. Das Elvis-Album sollte später einmal das Enkelkind bekommen, das wurde aber nur mündlich besprochen und nicht schriftlich fixiert. Nun fragt sich der Jurist, wem dieses Album zusteht.
Zunächst einmal gehört alles, was Vermögenswert hat, dem Erben. Nachdem aber darüber gesprochen wurde, daß dieses Album an das Enkelkind gehen soll, kommt ein Schenkungsversprechen auf den Todesfall in Frage. Das ist rechtlich gesehen ganz ähnlich wie eine Bezugsberechtigung bei einer Lebensversicherung, und im Gegensatz zum Vermächtnis wird keine besondere Form der Willenserklärung verlangt. Zeugen gibt es für diese Zusage, so daß es zur Überraschung der Beteiligten durchaus realistisch ist, eine rechtsverbindliche Grundlage dafür zu haben, daß das Enkelkind dieses Album aus dem Erbe erhalten muß.
Frühzeitige Planung mit Fachleuten zahlt sich aus: Ein Ehepaar hat eine besondere Situation und ist rechtzeitig zur Notarin gegangen, um Testament und Vorsorgevollmacht beurkunden zu lassen. Die Notarin empfahl, einen Rechtsanwalt für eine ganz spezielle Frage zu Rate zu ziehen. Ein Ehegatte hat nämlich als Zweitwohnsitz ein Hausgrundstück in Frankreich, und nachdem beide Ehegatten aus früheren Beziehungen Kinder haben, sollen verschiedene Ziele erreicht werden. Der länger lebende Ehepartner soll im Ferienhaus in Frankreich wohnen können und die Kosten dafür bezahlen; wenn dann beide Ehegatten verstorben sind, soll die Immobilie aber an die „richtigen“ Kinder gehen, die Kinder des anderen Partners sollen nicht über Pflichtteil oder dergleichen einen Anteil davon abbekommen. Außerdem soll die letztwillige Verfügung so verbindlich sein, daß beide Eheleute sich darauf verlassen können, daß es dabei bleibt und der jeweils andere nichts mehr daran ändern kann.
Das ist alles möglich, setzt aber sehr gründliche Arbeit des Rechtsberaters voraus. Internationale Erbfälle sind eine besondere Herausforderung, da jedes Land seine eigenen Vorschriften zum Erbrecht hat. Und die Nachbarländer Deutschland und Frankreich haben sehr unterschiedliche Erbrechtssysteme. Die EU-Erbrechtsverordnung macht es uns leichter, weil jetzt immerhin geregelt ist, welches nationale Erbrecht für den gesamten Nachlaß gelten soll, auch wenn das Vermögen über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinaus verteilt sind. Wer in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, hinterläßt dann regelmäßig eine Erbschaft, die deutschem Erbrecht unterliegt.
Aus diesem Grund hat die Notarin als ersten Entwurf einen Erbvertrag geschrieben, damit der Wunsch nach Bindungswirkung möglichst gut verwirklicht wird. Allerdings verbietet das französische Erbrecht Verträge, die sich auf zukünftige Erbschaften beziehen. Es ist bisher noch nicht von der französischen Justiz entschieden worden, ob der Erbvertrag deutscher Erblasser anerkannt wird; die Fachliteratur in Frankreich ist hierzu skeptisch. Daher ist es empfehlenswert, auf das gemeinschaftliche Ehegattentestament mit einer ähnlich starken Bindungswirkung zurückzugreifen, sonst müßte der länger lebende Ehegatte seine Rechte gegenüber dem französischen Grundbuchamt oder den (Stief-)Kindern vor Gericht durchsetzen. Und das möchte man ja mit der letztwilligen Verfügung möglichst vermeiden.
Damit der überlebende Gatte das Haus in Frankreich nutzen kann, kommt ein Wohnungsrecht als Vermächtnis in Frage. Das ist auch in Frankreich bekannt und kann somit auch in der Praxis leicht umgesetzt werden.
Damit die Umsetzung besonders leicht geht und der länger lebende Ehegatte nicht die Unterschriften der Stiefkinder einholen muß, hat der notarielle Entwurf vorgesehen, den Vermächtnisnehmer zum Verwaltungstestamentsvollstrecker einzusetzen. Das ist zwar möglich, weil die EU-Erbrechtsverordnung das deutsche Erbrecht auch für die Immobilie in Frankreich gelten läßt. Aber wie setzt man es durch, wenn eine Renovierung ansteht und der Bauhandwerker vor Ort eine rechtsverbindliche Unterschrift unter seinen Auftrag bekommen will? Da wird der Handwerker nicht wirklich ein Rechtsgutachten zum deutsch-französischen Erbrecht einholen wollen. Also ist ein Blick ins französische Gesetz wichtig: Testamentsvollstreckung ist dort nur für die Abwicklung des Nachlasses möglich, nicht auch als Dauervollstreckung. Theoretisch würde zwar deutsches Recht gelten, aber es wäre vor Ort immer wieder sehr mühsam zu erklären. Aber mit juristischen „Klimmzügen“ ist eine gute Lösung möglich: Im deutschen Testament können die Erben verpflichtet werden, dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht nach französischen Vorgaben zu erteilen, mit der dann vor Ort reibungsloses gehandelt werden kann.
Diese Lösung hört sich vielleicht kompliziert an, sie setzt aber mit zuverlässigen Mitteln die Ziele des Ehepaars reibungsloses um. Und sie ist für einen Fachanwalt für Erbrecht mit internationaler Erfahrung relativ leicht zu formulieren, so daß das Testament keinen Spielraum für Mißverständnisse gibt. Zu derartigen Fallgestaltungen wird in der Regel eine kompetente Beratungsleistung im Wert mehrerer tausend Euro erforderlich sein, dafür wird dann das Ferienhaus im Ausland ohne juristische Fallstricke und ohne böse Überraschungen in der Patchworkfamilie vererbt.
Ein jahrelanger Erbstreit endete damit, daß die zerstrittene Erbengemeinschaft im Gerichtssaal durch Vergleich geregelt hat, wie der Nachlaß vollständig zwischen den Miterben aufgeteilt wird. Im Vergleich steht ausdrücklich, daß damit „alle gegenseitigen Ansprüche der Prozessparteien aus dem Nachlaß erledigt“ sind.
Und dann forderte das Finanzamt noch einmal dazu auf, eine Steuererkärung über einen Betrieb vorzulegen, der nach Kenntnis der Erben bereits vor Jahren stillgelegt worden war. Einer der Erben beauftragte einen Steuerberater und wollte, daß die Miterben sich an den Kosten beteiligen. Seine Miterben weigern sich und berufen sich darauf, daß doch im gerichtlichen Vergleich alles für erledigt erklärt wurde.
Das Gesetz unterscheidet zwischen dem, was zwischen den Miterben untereinander gilt und dem, was zwischen den Miterben und den Gläubigern des Nachlasses gilt. Wer vom Erblasser etwas verlangen konnte, kann es nach dem Todesfall von den Erben verlangen. Die Ansprüche gegen den Nachlaß werden natürlich nicht dadurch erledigt, daß die Erbengemeinschaft „alles für erledigt“ erklärt. Und wenn eine Verbindlichkeit erst nach der Aufteilung des Nachlasses bekannt wird, dann müssen die Miterben noch einmal etwas unternehmen, beispielsweise eine Steuererklärung abgeben und wenn sie das nicht selbst erledigen können, eben auch einen Steuerberater beauftragen und bezahlen. Hier haften die Miterben wieder grundsätzlich gemäß ihren Erbquoten, so daß im Erbfall diesen Monats der Erbe, der sich darum gekümmert hat, von seinen Miterben Kostenerstattung verlangen kann.
Heute rief eine Mandantin (M) an. Ein älterer Herr hat sie im Testament als Erbin eingesetzt, wohl aus Dankbarkeit für ihre Hilfsbereitschaft in den letzten Jahren, als erst seine Frau und dann auch noch sein Kind gestorben war.
Es kam aber gleich eine Frage auf: Beim Nachlaßgericht hat die M erfahren, daß es ein Problem geben könnte: Der ältere Herr hat nämlich vor etlichen Jahren mit seiner Ehefrau zusammen ein „Berliner Testament“ beim Notar errichtet und das Kind zum Schlußerben eingesetzt. Jetzt stellt sich die Frage, welches Testament wirksam ist: Hat das ältere, gemeinschaftliche Ehegattentestament Vorrang oder gilt das neuere Einzeltestament, gerade nachdem der ursprünglich vorgesehene Schlußerbe vor dem Erblasser verstorben ist?
Beim Berliner Testament gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie es gestaltet wird. Juristische Laien können kaum ahnen, wie groß die Bandbreite ist, oft genug schreiben sie einfach nur „Wir verfügen hiermit ein Berliner Testament, Datum/Unterschrift“, was aber leider nicht einmal erkennen läßt, wie und in welche Richtung die Erbschaft gehen soll. Einzige Gemeinsamkeit der Berliner Testamente ist, daß beim Tod eines Partners erst einmal der andere Ehegatte Erbe werden soll. Das kann in Form der unbeschränkten Vollerbschaft oder der Vorerbschaft geschehen. Es können entweder Schlußerben oder Nacherben eingesetzt werden - oder die Erbfolge nach dem zuletzt versterbenden Ehepartner bleibt offen.
Eine weitere, elementar wichtige Frage ist, ob für einzelne (oder auch alle ) Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament Bindungswirkung gewollt ist. Wenn das nicht ausdrücklich geregelt wird, gelten diverse Auslegungsregeln - und wer verläßt sich schon gern darauf, daß die Richter sich überlegen, was Sie damals vermutlich gewollt haben?
Zum aktuellen Erbfall des Monats liegt uns noch nicht der Wortlaut des „Berliner Testaments“ vor. Nachdem Vermutlich steht darin entweder etwas über Ersatzerben oder über Bindungswirkung. Wenn der länger lebende Ehegatte frei in Verfügungen über seinen Nachlaß ist, kann das neuere Testament gültig sein, das nach dem Tod der Ehefrau geschrieben wurde. Einfach wird es allerdings nicht, den Erbschein zu bekommen. Hier wird wohl ein Fachanwalt für Erbrecht helfen müssen, den Sachverhalt aufzuklären und den richtigen Antrag zu stellen und auch gut zu begründen.
Ein häufiges Szenario bei Schulden im Nachlaß: Die Erben sehen Probleme auf sich zukommen und schlagen schnell die Erbschaft aus. Sie wollen einfach nicht, daß sie mit ihrem eigenen Geld für die Schulden des Erblassers geradestehen müssen.
Und dann…… kam plötzlich eine Zahlung herein. Der Verstorbene hatte nämlich ein Gerichtsverfahren laufen. Er hatte zwar selbst nicht mehr mit einem Erfolg gerechnet, aber auf einmal meldete sich sein Anwalt und wollte das erstrittene Geld an die Erben des Verstorbenen auszahlen. Wer die Erbschaft ausgeschlagen hat, bekommt aber nichts mehr von dem, was dem Erblasser zugestanden hat. Das kann sehr ärgerlich sein, vor allem dann, wenn mehr Vermögen auftaucht, als Schulden da waren. Gibt es Lösungen für derartige Situationen?
Am schwersten dürfte ie Anfechtung der Erbausschlagung wegen beachtlicher Irrtümer sein. Hierfür muß unter Zeitdruck beim Nachlaßgericht vorgetragen werden, warum die Ausschlagung (also eine beurkundete Erklärung) jetzt doch nicht mehr gültig sein soll. Die Hürden dafür hängen natürlich hoch.
Einfacher ist es, wenn die Erben sich gleich am Anfang kompetent beraten lassen. Wenn es „nur“ darum geht, nicht für die Schulden im Nachlaß geradestehen zu müssen, dann gibt es auch andere Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung als die Erbausschlagung, und die meisten davon haben wesentlich längere Fristen als die fürs Ausschlagen. Ein guter Berater wird den Erben Möglichkeiten aufzeigen wie beispielsweise die Nachlaßinsolvenz, mit der die Haftung des Erben auf das begrenzt wird, was im Nachlaß da ist. Und wenn später noch überraschende Zuflüsse von Geld oder dergleichen auftauchen, dann ist der Erbe ja immer noch Erbe.
Auswanderer hinterlassen meist eine Erbschaft in ihrer neuen Heimat, ihre Erben sind jedoch oft Verwandte im alten Heimatland. Wenn dann mit keinem Testament und auch sonst keinerlei Regelung vorgesorgt ist, tun sich die „daheimgebliebenen“ Erben schwer mit der Abwicklung. Diesen Monat haben wir folgenden Fall auf dem Schreibtisch:
Eine junge Frau zog nach Amerika, ihr Bruder blieb hier in Deutschland. Die Emigrantin (Heidi) war verheiratet, blieb aber kinderlos. Dafür hatten sie und ihr amerikanischer Mann finanziell durchaus Erfolg.
Als Heidi verstarb, war der nächste Verwandte ihr Bruder Alfred in Deutschland; ansonsten gab es noch einen Neffen (Joe), der genauso wie die Erblasserin in indie USA gegangen war. Als sie starb, fand sich kein Testament, keine Trust-Dokumente und auch sonst keinerlei Regelungen zum Nachlaß. Das hinterlassene Vermögen summierte sich auf rund eine Million US-Dollar. Neben den eigenen vier Wänden im Bundesstaat New Jersey war da eine Ferienwohnung auf Hawaii und auch eine ansehnliche Geldanlage bei einer Bank.
Die Verwandten standen nun vor der Frage, wie der Nachlaß denn nun abgewickelt wird - und wer denn überhaupt Erbe geworden ist. Hier gibt es im Erbrecht sehr große Unterschiede zwischen den Rechtstraditionen in Deutschland und in den USA bzw. den Erbrechten der einzelnen US-Staaten. In New Jersey ist es so geregelt: Wenn einzelne Geschwister noch leben, schließen diese die Nachkommen der vorverstorbenen Geschwister aus. Das heißt, Alfred erbt nach dem Erbrecht von New Jersey als Bruder alles, Joe als Neffe geht dagegen leer aus; in Deutschland wäre das bereits anders, weil bei uns nach Linien und Stämmen gleichmäßig vererbt würde.
Alfred wußte das zunächst nicht, seine deutsche Anwältin auch nicht. Beide dachten, daß die Erbschaft in Amerika schon irgendwie ähnlich laufen werde, wie sie es aus Deutschland gewohnt seien. Dieser Irrtum sorgte dann auch für die ersten Verstimmungen, als Alfred dem Angebot des Neffen Joe nicht zustimmte, daß der die Nachlaßverwaltung als „Administrator“ übernehmen solle. Joe war dazu bereit, diese Aufgabe zu übernehmen, weil er in derselben Stadt wohnt wie seine verstorbene Tante Heidi; er schrieb an Onkel Alfred, daß er dafür die „übliche Vergütung“ berechnen werde.
Alfred dachte an dieser Stelle, daß der Neffe gierig sei, zu seinem vermeintlichen Erbteil noch Geld für „das bißchen Nachlaßabwicklung“ zu verlangen. Dabei übersah Alfred, daß er selber alleiniger Erbe geworden war und sein Neffe Joe bereit war, die dazugehörige Arbeit der korrekten Nachlaßabwicklung für den gesetzlichen Vergütungssatz zu machen. Eine Besonderheit in New Jersey ist, daß dort im Gesetz geregelt ist, wieviel Prozent vom Nachlaßwert für die Abwicklung eines durchschnittlichen Erbfalls durch Testamentsvollstrecker oder sonstige Abwickler berechnet werden.
Eine weitere Irritation trat auf, als Joe von Alfred wünschte, daß der ein Formular des „Surrogate Court“ (Nachlaßgericht) unterschreibe, das unter der Überschrift „Renunciation“ (Verzicht) einen Verzicht auflistete auf „all right and claim to Administration of the good and chattels, rights and credits“. Auf den ersten Blick war für Alfred nicht klar zu erkennen, ob er damit nicht auf das Erbrecht verzichten würde. Tatsächlich ging es in dem Formular aber nur darum, daß er als nächster Verwandter nicht selbst die Nachlaßverwaltung vom Gericht übertragen bekommen möchte - was für ihn bei der Entfernung und fehlenden Kenntnissen der Gesetze und der Sprache kaum möglich wäre. Die Ernennung eines Nachlaßverwalters ist für deutsche Erben, anders als beim aktuellen Erbfall des Monats, sehr ungewöhnlich. In englischsprachigen Ländern wie eben in New Jersey jedoch ist es so üblich, daß nicht der Erbe selbst sondern nur ein Testamentsvollstrecker (Executor) oder ein vom Gericht ernannter Administrator den Nachlaß abwickeln kann.
Der Erbe sollte sich dann möglichst heraushalten, um keine Irritationen oder gar negative Rechtsfolgen zu provozieren. Das heißt, daß der Erbe sich nicht selber um den Verkauf der geerbten Immobilie kümmern kann. Dem Administrator darf er selbstverständlich trotzdem „auf die Finger schauen“ und Auskünfte zum Nachlaß erwarten.
Im aktuellen Erbfall des Monats haben wir noch die spannende Zusatzfrage, was eigentlich mit der Ferienwohnung auf Hawaii passiert. In den USA hat nämlich jeder Bundesstaat sein eigenes Erbrecht, dem jedenfalls die Immobilien im jeweiligen Staat unterliegen. Somit ist auf einen Teil der Erbschaft hawaiianisches Recht anwendbar, auch wenn sonst alles nach dem Erbrecht von New Jersey abgewickelt wird.
Ein altes Auto steht in der Garage eines Verwandten. Und dann stirbt er, und Sie erben das Hausgrundstück und auch das alte Auto. Es fährt nicht mehr, ist schon seit Jahren nicht mehr fahrbereit. Eine Reparatur in der Werkstatt wäre teurer gewesen als der Restwert des alten PKW. Was machen Sie nun damit?
Je nach persönlicher Einstellung des Erben kommen verschiedene Möglichkeiten in Frage: Wer ein Auto selber reparieren kann und dieses Modell mag, vielleicht auch als Erinnerung an den verstorbenen Verwandten, wird es reparieren und damit fahren. Anderenfalls kommen vor allem Verkauf an einen Liebhaber (Stichwörter: Youngtimer, Oldtimer) oder die Verschrottung in Frage.
In all diesen Fällen ist aber eines wichtig: Sie brauchen Fahrzeugpapiere. Und leider ist hier immer wieder „der Wurm drin“, der Kfz-Brief ist unauffindbar. Wenn das Fahrzeug längere Zeit stillgelegt war, kommt eine Neuerteilung der Zulassungsbescheinigung oft nur in frage, wenn zu den technischen Daten in Gutachten erstellt wird; die Kosten dafür sind enorm. Das Gesetz will unter anderem verhindern, daß ein Auto im Auftrag von jemand anderem als dem Halter verkauft oder verschrottet wird. Für neue Papiere ist ein kleiner „Papierkrieg“ nötig, und wenn bei einer Erbengemeinschaft nicht alle Miterben unterschreiben, ist es kaum möglich, ohne Gerichtsverfahren an neue Papiere zu kommen. Hier hilft notfalls der Gang zu einem Rechtsanwalt, der auf Erbrecht spezialisiert ist.
Der Vorteil neuer Papiere ist, daß Kfz-Hersteller seit einigen Jahren dazu verpflichtet sind, ihre Altfahrzeuge zurückzunehmen und fachgerecht zu entsorgen. Bei ganz alten Autos gilt das nicht, wobei hier eine ganz andere Möglichkeit offensten kann, nämlich die Verschrottung ohne Papiere. Ob das ausnahmsweise möglich ist, hängt vom Einzelfall ab. Damit die Garage für ein neues Auto oder anderweitige Nutzung freigemacht werden kann, lohnt es sich, das abzuklären.
Diesen Monat haben wir wieder mit einem der Erbfälle zu tun, bei denen es jahrelang einfach nicht zur Teilung kommt. Eigentlich wollen alle Miterben möglichst schnell den Nachlaß versilbern und mit den anderen Erben nichts mehr gemeinsam verwalten müssen. Im Nachlaß sind mehrere Immobilien, bei denen in der warmen Jahreszeit die Wiese gemäht und im Winter Schnee geräumt werden muß. Diese Arbeit und die vierteljährlich fällige Grundsteuer sowie die Versicherung für Grundstücks-/Gebäudeeigentümer möchten sich die Erben liebend gerne sparen. Trotzdem wurden sie sich eineinhalb Jahrzehnte lang nicht einig, wie die Immobilien denn nun verkauft werden sollen. Mal ist einem Miterben der gebotene Kaufpreis zu niedrig, und ein anderes mal möchte keiner die Interessenten durchs Haus führen, aber einen Makler wollen die Erben auch nicht bezahlen oder sie werden sich nicht einig, welchen Makler sie beauftragen sollen. Gründe gibt es dafür viele, einmal ist es der Preis, dann geht es wieder darum, daß ein Makler oder Kaufinteressen ein Kumpel eines anderen Miterben ist und somit Mißtrauen bei den anderen Erben aufkommt. Eine unendliche Geschichte - oder gibt es doch eine Lösung zu diesem verzwickten Problem?
Das Gesetz sieht vor, daß die Erben den Nachlaß gemeinschaftlich verwalten und dann alle miteinander bei der Umsetzung von Entscheidungen wie z.B. dem Abschluß eines Immobilienverkaufs mitwirken. Wenn das nicht möglich ist, soll die Erbengemeinschaft aber nicht ewig als zerstrittene Gemeinschaft fortbestehen müssen. Hier gibt es die Möglichkeit der Teilungsversteigerung zur Aufhebung einer Erbengemeinschaft. Genau genommen wird mit der Versteigerung nur die Teilung des Erbes vorbereitet, indem die unteilbaren Immobilien versteigert werden und dann der Erlös immer noch unter den Erben aufgeteilt werden muß. Nicht immer geht die Teilung streng nach Erbquoten, es können auch Ausgleichungsansprüche, Pflichtteilsergänzungsansprüche (siehe Erbrechts-ABC auf dieser Website) oder ein Anspruch auf Erstattung von Auslagen bestehen. Immerhin kommen die Erben durch eine Versteigerung aus der unübersichtlichen Kurve der gemeinschaftlichen Nachlaßverwaltung auf die Zielgerade der Erbteilung.
Die Teilungsversteigerung kann jeder Miterbe verlangen, auch wenn ihm nur eine sehr kleine Erbquote zusteht. Die Miterben können die Versteigerung nur in seltenen Ausnahmefällen verhindern, beispielsweise wenn der Zeitpunkt zum billigen Verschleudern des Grundstücks führen würde. Das ist aber fast nie der Fall und müßte erst einmal nachvollziehbar begründet werden von dem, der die Versteigerung verhindern will.
Immer wieder ist die Versteigerung das einzige Mittel zur Aufteilung eines Erbes, wenn ein Miterbe das öffentliche Anbieten verweigert, die Immobilie aber selber auch nicht zum akzeptablen Preis übernehmen möchte, oder wenn ein Miterbe einfach auf nichts reagiert; so ungewöhnlich das klingt, immer wieder kümmern sich einzelne Miterben um nichts und verhindern auf diese Weise die Abwicklung, von der sie selber profitieren würden. Auch in diesen Fällen kann die Teilungsversteigerung als Ausweg genutzt werden, so daß die Nachlaßimmobilie dann im wesentlichen nach den Regeln der Zwangsversteigerung veräußert wird.
In der Versteigerung sind verschiedene taktische Anträge der einzelnen Miterben möglich. Wenn ein Miterbe selbst in der Versteigerung mitbieten möchte oder wenn mehrere Objekte gleichzeitig versteigert werden sollen, lohnt es sich unbedingt, sich vor dem Versteigerungstermin Fachkenntnisse anzueignen oder einen spezialisierten Rechtsanwalt als kompetenten Berater hinzuzuziehen.
Die Kosten der Versteigerung sind ähnlich wie die eines Verkaufs: Die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags wird eingespart, allerdings fallen beim Versteigerungsgericht ähnlich hohe Gerichtsgebühren an. Zudem ist für die Ermittlung des Verkehrswerts ein Gutachten erforderlich, nach dem dann unter anderem das Mindestgebot in der Versteigerung berechnet wird.
Damit eine Erbschaft abgewickelt wird, müssen in aller Regel einige Verträge gekündigt werden. Im aktuellen Erbfall des Monats gehört ein Bausparvertrag mit Guthaben zum Nachlaßvermögen. Damit die Erben an das Geld herankommen, müssen sie zunächst der Bausparkasse gegenüber kündigen. Die Kündigungserklärung müssen alle Miterben abgeben. Ein Teil der Erbengemeinschaft ist allerdings untätig, reagierte nicht auf die Bitten, das zu tun. Was macht man in diesem Fall?
Die Kündigungserklärung ist, juristisch gesprochen, eine Willenserklärung. Wenn diese Erklärung nicht abgegeben wird, obwohl ein Miterbe das verlangt hat und es zur Abwicklung des Nachlasses auch erforderlich ist, dann kann eine Klage auf „Abgabe einer Willenserklärung“ erhoben werden. Am Ende wird das Gericht den Miterben verurteilen zur Abgabe der Willenserklärung. Dieses Urteil wird die Kündigungserklärung ersetzen und kann der Bausparkasse vorgelegt werden, damit die Kündigung des Vertrags durch alle Miterben gleichzeitig erklärt werden kann.
Sobald der Streitwert (z.B. das Kontoguthaben des Vertrags, der gekündigt werden soll) über € 5.000,- liegt, ist das Landgericht für das Verfahren zuständig. Hier gilt Anwaltszwang, das heißt jede Prozesspartei muß einen Rechtsanwalt beauftragen. Die Prozeßkosten muß am Ende derjenige bezahlen, der das Gerichtsverfahren verliert, die andere Partei bekommt dann auch Anwaltskosten erstattet. Auch beim Amtsgericht ist es oft sinnvoll, sich von einem kompetenten Fachmann für Erbrecht vertreten zu lassen.
Auf den ersten Blick war es eine schöne Erbschaft: Ein Hausgrundstück in gutem Zustand, und es gab auch schon bald einen Kaufinteressenten. Allerdings zeigte ein Blick ins Grundbuch, daß eine „rechtliche Altlast“ schlummerte: Der Erblasser hatte vor einigen Jahrzehnten von einer staatlichen Stelle Geld im Voraus bekommen; diese befürchtete, daß im Fall eines Rückzahlungsanspruchs (z.B. wegen frühzeitigen Todes) als Sicherheit eine Hypothek bestellt und ins Grundbuch eingetragen wurde. Als genug Zeit vergangen war, daß kein Rückzahlungsanspruch mehr in Frage kommt, machte man nichts, die Löschung der Sicherungshypothek war dem Erblasser wohl zu viel Aufwand am Schreibtisch.
Jetzt müssen sich die Erben um die Löschung kümmern. Doch das ist für die Erben wesentlich aufwendiger als es für den ursprünglichen Eigentümer der Immobilie war: Sie müssen erst einmal ihre Erbenstellung nachweisen, dann müssen sie sich über die Löschung einig werden - oder sich für eine Eigentümerhypothek entscheiden, soweit das möglich ist. Einig waren die Erben sich zwar schnell, aber sie müssen ihre Erklärungen beim Grundbuchamt in öffentlich beglaubigter Form vorlegen, und das war mit Herausforderungen verbunden: Ein Miterbe lebt im Ausland, muß für die Beglaubigung seiner Unterschrift auf der Erklärung erst einmal zum deutschen Konsulat reisen; daß er nicht nach Deutschland kommen muß, erfuhr er durch seinen Rechtsanwalt, der ihm den einfachsten Weg zum, Ziel aufzeigte. Ein anderer Miterbe ist oft auf Geschäftsreisen im Ausland und muß sich dazwischen die Zeit nehmen, zu den „üblichen Bürozeiten“ zum Notar zu gehen.
Und schließlich ist dann noch die Löschungsbewilligung des Hypothekengläubigers erforderlich, der ausdrücklich damit einverstanden sein muß. Und hier lauerte die nächste Schwierigkeit: Im Grundbuch stand als Gläubiger der Sicherungshypothek „Bundesrepublik Deutschland (Bundesminister für Arbeit - Versorgungswesen) vertreten durch das Landesversorgungsamt“. Inzwischen sind die Behördenstrukturen anders geregelt, so daß die zuständige Stelle für die Löschungsbewilligung erst einmal gefunden werden muß. Das geht erfahrungsgemäß dann leicht, wenn die Beamten bei aktuellen Veränderungen auswendig wissen, welche Zuständigkeit wohin abgegeben wurde. Nachdem die Änderungen bei den Versorgungsämtern durch die Föderalismusreform vor fast 20 Jahren für viele zu dem gehört, was vor ihrer Ausbildung war, muß der Betroffene hier selber herausfinden, wo das alte Versäumnis des Erblassers nachgeholt werden kann. Wenn einem das zu mühsam ist, kann man diese Recherche einem kompetenten Rechtsberater übergeben, der das professionell erledigt.
Gold ist gerade bei älteren Menschen eine beliebte Form der Geldanlage. Meistens wird das Gold in ein Schließfach gelegt, entweder bei der Bank oder zu Hause in einem Tresor. Im aktuellen Erbfall des Monats haben wir Miterben aus 3 Familienstämmen mit Erbquoten, die je Familienstamm 1/3. ausmachen.
Im Bankschließfach fanden sich 8 Krügerrand sowie ein 1g-Nugget 333er Gold im Gesamtwert von fast € 10.000,-. Eine Miterbin wollte die Goldmünzen übernehmen und schlug vor, daß sie ihren Anteil von 2,6666 Münzen nimmt und den Miterben den Rest abkauft. Am Nugget hatte sie kein Interesse, dessen Wert lag bei ca. € 10,- bis € 30,-.
Bei den Krügerrand muß eine Besonderheit erwähnt werden: Eine Verteilung der einzelnen Edelmetallmünzen nach Erbquoten kann nur stattfinden, wenn diese völlig vergleichbar sind. Obwohl Goldgehalt und Gewicht immer identische sind: Der aktuelle Jahrgang einer Münze hat einen anderen Wert als ältere Münzen, weil bei Massenware wie Krügerrand am neuesten Jahrgang auch Sammler verstärkt interessiert sind. In unserem Nachlaß des Monats waren allerdings nur ältere Jahrgänge, die Münzen hatten alle einen identischen Wert.
Die Miterbin mußte trotzdem von ihren Vorstellungen aus mehreren Gründen heruntergeholt werden:
Ihr Vorschlag, 2,6666 Münzen zu übernehmen, würde zur Zerstörung einer Münze führen. Damit wäre ein Nachlaßgegenstand in seiner Substanz beschädigt und es hätte auch wertmindernde Folgen, weil die Überreste nur noch als Schmelzware an die Scheideanstalt verkauft werden könnten.
Wenn die anderen Miterben damit einverstandne wären, dann wäre immer noch die Rechnung falsch: Eine Miterbin kann nicht „ihre“ Münzen gemäß Erbquote übernehmen und lediglich für die übrigen Münzen etwas bezahlen. Sie müßte so, wie ein außenstehender Käufer das auch machen würde, für alle Münzen Geld an den Nachlaß bezahlen. Etwas anderes geht nur dann, wenn alle Miterben damit einverstanden sind, einen Teilerbauseinandersetzungsvertrag abzuschließen. Wenn der Leser dieses Blogs jetzt denkt, daß der Fachausdruck „Teilerbauseinandersetzungsvertrag“ sich kompliziert anhört - ja, das ist auch mit ein Grund, warum der Vorschlag selten akzeptiert wird.
Wie löst man das Problem? Am einfachsten ist ein Verkauf an einen Goldankäufer. Dann bekommt die Erbengemeinschaft Geld, das sich am Ende der Nachlaßabwicklung problemlos unter den Miterben aufteilen läßt. Beim Verkauf von Edelmetallen lohnt sich unbedingt ein Preisvergleich. Zur ordnungsgemäßen Verwaltung bzw. Abwicklung gehört in der Regel der Vergleich der Angebote von drei seriös wirkenden Unternehmen, beispielsweise mindestens einer Bank, eines der großen, bekannten Edelmetallhändler und eines dritten. Bei Schmuck sollte ein Auktionshaus oder ein Juwelier für gebrauchten Schmuck in den Vergleich einbezogen werden, die nicht nur den Materialwert einschätzen sondern auch eventuelle Möglichkeit zum Weiterverkauf als marktgängiges Schmuckstück.
Diesen Monat sehen wir uns einen Erbfall mit einem Familienunternehmen an, bei dem die Weiterführung über Generationen hinweg nicht ganz glatt verlief.
Typisch für die Region Stuttgart ist die große Zahl an mittelständischen Unternehmen, die in Familienhand sind. Häufig werden die Kinder des Gründers im Laufe der Zeit in das Unternehmen mit hineingenommen als Mitarbeiter, Geschäftsführer oder auch als Anteilseigner im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge“. Wenn es mehrere Kinder gibt, jedoch nicht allen Anteile am Unternehmen geschenkt werden, dann kann es im Erbfall schnell dazu kommen, daß das Familienvermögen anders verteilt werden muß, als es geplant war.
Im Erbfall des Monats schenkte der Patriarch seinem Sohn Betriebsvermögen, das der Junior als Unternehmer weiterführte. Allerdings war er nicht so geschickt wie sein Vater, das Unternehmen war bis zum Tod des Vaters praktisch wertlos geworden. Die Tochter war bei der Schenkung leer ausgegangen und außerdem im Testament benachteiligt. In solchen Situationen ist es naheliegend, daß das benachteiligte Kind dann den Pflichtteil vom Erbe verlangt einschließlich Pflichtteilsergänzung für die Schenkungen des Erblassers der letzten Jahre. Was bedeutet das konkret?
Der Pflichtteil wird aus dem Wert des Nachlasses berechnet, wie er am Lebensende hinterlassen wurde; die Pflichtteilsquote des Kindes ist halb so hoch wie der gesetzliche Erbteil ohne die letztwillige Verfügung wäre. Bei der Pflichtteilsergänzung werden dann noch die Schenkungen der letzten 10 Jahre wenigstens anteilig berücksichtigt, wobei diese Zeitgrenze nicht gilt bei Schenkungen an den Ehegatten oder Schenkungen unter Vorbehalt des wirtschaftlichen Nutzens.
Bei den Schenkungen stellt sich die Frage nach dem relevanten Wert für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Grundsätzlich kommt es hier auf den Marktwert zur Zeit der Schenkung an. In den Fällen, in denen die Schenkung bis zum Erbfall wertlos geworden ist, kann das für den Erben und für den Beschenkten empfindlich sein: Der Wert ist verloren gegangen, die Pflichtteilsergänzung muß trotzdem bezahlt werden. Umgekehrt wäre es aber für das übergangene Kind genauso unangenehm, wenn der Wert sich vervielfachte und dann die Auswirkungen der Ungleichbehandlung noch größer würden. Der Beschenkte hat somit Chance und Risiko der Wertentwicklung.
Bei der Ermittlung des Wertes eines Unternehmens oder eines Gesellschaftsanteils wird es dann noch einmal spannend und knifflig: Es gibt verschiedene betriebswirtschaftliche Methoden, wie der Wert eines Unternehmens ermittelt werden kann. Dabei wird in der Regel auch eine Prognose angestellt, wie die Gewinnaussichten für die nächsten Jahre sind. Hier sind sich die Sachverständigen nicht immer einig. Wenn die Beteiligten eines Erbstreits unverhältnismäßig hohe Kosten für Gutachten, Gegengutachten und Obergutachten sparen möchten, können sie sich von vornherein auf eine Bewertungsmethode einigen bzw auf den Durchschnittswert mehrerer, genau bezeichneter Methoden.
Erbengemeinschaften sind oft nicht einig, wie der Nachlaß verwaltet und aufgeteilt bzw. verkauft werden soll. Im aktuellen Erbfall des Monats brach eine alte Abneigung gegen einen Miterben wieder auf, die großen finanziellen Schaden zur Folge hatte:
Zum Erbe gehörten eine sehr individuell gebaute Villa mit Schwimmbad und mehrere teure Gemälde, außerdem ein Youngtimer-Auto. Keiner der Miterben wollte diese Sachen übernehmen, es sollte alles an Fremde verkauft und dann der Erlös nach Erbquoten geteilt werden.
Ein Miterbe (A) machte Vorschläge, wie diese ungewöhnlichen Sachen zu einem guten Preis verkauft werden könnten. Für die Villa mit rund 20 Zimmern und Schwimmbad schlug er einen Makler vor, der auf eine Klientel spezialisiert ist, die repräsentative Räume brauchen, um geschäftliche Kontakte zu pflegen. Beim „alten“ Auto schlug er seinen Miterben einen Händler vor, der sich auf ältere Liebhaberfahrzeuge spezialisiert hat. Eigentlich sollte man meinen, daß diese vernünftigen Vorschläge zum Vorteil aller Miterben angenommen werden.
Eine Miterbin (B) wollte allerdings „eine alte emotionale Rechnung begleichen“ und verweigerte ihre Zustimmung. Sie schrieb ausdrücklich „Was Du vorschlägst, werde ich auf keinen Fall akzeptieren!“ Und als Gegenvorschlag bestand sie darauf, daß die Villa, die in einem kleinen Dorf liegt, vom örtlichen „Feld-Wald-Wiesen-Makler“ angeboten werden soll. Nachdem der keinen einzigen Interessent finden konnte, beantragte die Miterbin Teilungsversteigerung, der Erlös war nur ein Bruchteil des Wertes, den ein Spezialist für die Vermittlung derart individueller Immobilien hätte erreichen können. Bis zur Versteigerung verweigerte sie die Vermietung durch die Erbengemeinschaft, die wenigstens die laufenden Kosten der Immobilie wieder hereingebracht hätte.
Beim Auto war die Miterbin noch „unkonventioneller“: Sie ließ es ohne Zustimmung der Miterben einfach von einem Gebrauchtwagenhändler abholen, der sonst nur „junge Gebrauchte“ verkauft, und gab ihm die Kfz-Papiere gleich mit. Das Auto ging dort erwartungsgemäß zu einem Preis knapp unter Schwacke-Liste weg, der Händler zog dann außerdem noch einige hundert Euro für den Transport ab.
Bei den Kunstobjekten drängte die Miterbin darauf, daß diese so schnell wie möglich versteigert werden. Nachdem eine erste Auktion erfolglos geblieben war und lediglich nach dem Versteigerungstremin per Post ein Interessent ein Fünftel des Schätzwertes angeboten hatte, wollte sie das Bild nach wenigen Monaten schon wieder in eine Versteigerung geben. Der Miterbe, dessen Vorschläge wegen persönlicher Abneigung nicht angenommen werden sollten, erkundigte sich beim Anwalt, ob dieses Verramschen verhindert werden kann. Bei den Bildern waren noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen worden, so daß der Anwalt eine allzu schnelle Versteigerung mit einem Hinweis darauf verhindern konnte, daß auf dem Kunstmarkt alle Fachleute nach einem erfolglosen Angebot mindestens zwei Jahre Abstand voraussetzten, weil sonst der Druck der Verkäuferseite so offensichtlich gezeigt wird, daß nur sehr niedrige Preise gezahlt werden.
Als dann nach einigen Jahren alle Nachlaßgegenstände zu Geld gemacht waren, schlug die Miterbin (B) vor, daß sie zunächst von der Erbengemeinschaft ihre Auslagen für die Versteigerungen erstattet bekommen solle und der Rest nach Erbquoten verteilt wird.
Der Miterbe (A) wollte das so nicht hinnehmen, schließlich hatte die Miterbin (B) aus seiner Sicht großen Schaden angerichtet.
Die Rechtslage ist hier relativ einfach:
Die Miterben sind sich gegenseitig zur ordnungsgemäße Verwaltung der Nachlaßgegenstände verpflichtet, solange die Erbengemeinschaft besteht. Ob die Vermietung des leerstehenden Hauses dazugehört, hängt vom Einzelfall ab; wenn der Verkauf mehrere Jahre dauert, kann man aber schon davon ausgehen, daß ein normaler Erbe vermietet.
Der Gesetzgeber ging nicht davon aus, daß eine Erbengemeinschaft auf Dauer gut zusammenhält. Deshalb hat jeder Miterbe das Recht, jederzeit die Teilung des Nachlasses zu verlangen. Wenn eine Aufteilung der geerbten Gegenstände nicht möglich ist, müssen diese verkauft bzw. versteigert werden. Von dem Grundsatz, daß jederzeit Teilung verlangt werden kann, gibt es nur eine Ausnahme: Wenn die Gefahr besteht, daß ein Gegenstand durch Verwertung zur Unzeit verschleudert wird, dann muß ausnahmsweise auf bessere Zeiten gewartet werden. Wenn es dafür keine greifbaren Anhaltspunkte gibt, muß aber bestmöglich verkauft werden.
Auf unseren konkreten Fall bezogen heißt das: Der schnelle Verkauf der Immobilie und des Youngtimer-Autos konnte nicht verhindert werden. Die Auswahl eines offensichtlich für solche Objekte ungeeigneten Maklers für die Villa und ebenso der Verkauf des Youngtimers durch einen „normalen“ Autohändler waren aber von vornherein ungeeignet, Marktpreise zu erzielen. Nachdem die Miterbin (B) die Vorschläge rundweg abgelehnt hat, besser geeignete Wege zum bestmöglichen Verkauf einzuschlagen, hat sie ihren Miterben schuldhaft Schaden zugefügt. Diesen Schaden muß sie nun ersetzen, in der Praxis durch einen Abzug von ihrem Anteil an dem, was vom Nachlaß durch schlechte Verwaltung und schlechte Verwertung übrig geblieben ist. An diesem Beispiel zeigt sich wieder einmal, daß es sich nicht lohnt, aus persönlicher Abneigung gegen einen Miterben vernünftige Entscheidungen zu verhindern.
Diesen Monat haben wir die Abwicklung eines internationalen Erbfalls im Blick: Ein US-Bürger verbrachte seinen Ruhestand in Deutschland und hinterläßt nun seine Witwe und ein erwachsenes Kind, die ebenfalls in Deutschland leben. Eigentlich wäre so ein Erbfall einfach abzuwickeln, weil in solchen Fällen dank der EU-Erbrechtsverordnung das deutsche Erbrecht wegen des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Verstorbenen gilt. Und auch fast alle US-Staaten lassen für alles außer Immobilien das nationale Erbrecht des letzten „domicile“ gelten.
In der Praxis gibt es aber doch Hürden, weil die Erben oft nicht wissen, welche Dokumente zu einer Bankverbindung des Erblassers gehören und vor allem wie diese Gelder dann nach Deutschland transferiert werden können. Die englische Sprache ist dabei nur das kleinste Hindernis, die Erben können oft mit den finanztechnischen Ausdrücken nichts anfangen und somit nicht einschätzen, welches Papier etwas wert ist und was zum Altpapier gehen kann. Außerdem müssen die Vorschriften des Bankrechts sowie Richtlinien zur Verhinderung von Geldwäsche beachtet werden.
An diesen Stellen treffen dann auch die Unterschiede der beiden äußerst verschiedenen Rechtsordnungen aufeinander. Bankangestellte kennen in aller Regel nur die Abwicklung nach ihrem eigenen Recht. Die Formulare zur Abwicklung von Nachlässen sind auch nur darauf abgestimmt, was es vor Ort gibt. Die Schwierigkeiten beginnen in deutsch-amerikanischen Erbfällen schon dann, wenn es keinerlei Regelungen des Erblassers gibt. In den USA werden viele Nachlaßverfahren vermieden durch Family Trusts und andere Regelungen, die das umständliche Nachlaßverfahren vermeiden. Wenn es doch ein Nachlaßverfahren geben muß, dann sind in den USA fast nie die Erben zuständig sondern ein „Personal Representative“, in aller Regel ist das ein Testamentsvollstrecker („Executor“); wenn der Erblasser das nicht durch Testament angeordnet hat ein „Public Administrator“, den das Nachlaßgericht („Probate Court“) einsetzt. In Deutschland ist das anders, hier werden fast alle Erbfälle von den Erben abgewickelt.
In unserem aktuellen Erbfall des Monats gab es folgende Vermögenswerte in den USA:
- Savings Accounts mit und ohne „Beneficiary“,
- ein Teil dieser Sparkonten als „IRA Account“ aus der Zeit, als der Verstorbene in den USA gearbeitet hat,
- US Savings Bonds,
- Gift Certificates für Savings Bonds der Federal Reserve Bank,
- Investment Account,
- Orderschecks auf den Namen des Erblassers auch für Dividendenzahlungen nach dem Todesfall.
Worum handelt es sich dabei? Und wie kann der Erbe die Vermögenswerte auf sein deutsches Bankkonto bekommen?
Ein „Savings Account“ ist ein Sparbuch. Die Abwicklung kann recht einfach sein. Allerdings kommt es vor, daß ein Auswanderer seine Sparbücher lange Jahre nicht mehr nachtragen läßt und dann die Bank durch Übernahmen oder Insolvenz nicht mehr die bisherige Bank ist. Hier kann eine Recherche bei der Bankenaufsicht helfen, die aktuellen Ansprechpartner zu finden. Wenn ein „Beneficiary“ (Begünstigter) eingesetzt ist, dann geht die Abwicklung relativ einfach, ähnlich wie bei der Bezugsberechtigung im Todesfall bei Lebensversicherungen. Sonst lösen der bzw. die Erben das Bankkonto auf, was in aller Regel problemlos im direkten Kontakt mit der Bank geht.
Ein „IRA Account“ ist in den USA ein steuerbegünstigtes Konto zur Altersvorsorge. Hier ist sehr häufig vom Kontoinhaber ein Begünstigter eingesetzt worden. Anderenfalls bekommen die Erben das Guthaben. Für die Abwicklung stellt die Bank Formulare zur Verfügung.
„Investement Account“ ist der englische Begriff für Wertpapierdepot. Nachdem die USA das Trennbankensystem streng durchführen, hat ein Anleger in den USA oft mehrere Bankverbindungen, und für die Abwicklung von Wertpapierdepots gibt es dann noch einen „Transfer Agent“. Damit die Erben hier als Inhaber die Verfügungsmacht erhalten, müssen sie ihre rechtliche und wirtschaftliche Berechtigung nachweisen im Rahmen eines „Signature Guarantee Program“, beispielsweise mit einem „Medallion STAMP“. Dabei prüft entweder die kontoführende Stelle oder ein ans jeweilige „Signature Guarantee Program“ angeschlossener Finanzdienstleister, wer die Erben sind und ob deren Unterschriften auf den Formularen auch wirklich von ihnen stammen. Nachdem diese „Signature Guarantee Programs“ nur in den USA und Kanada benötigt werden, ist die Abwicklung aus Übersee schwierig. Es gibt allerdings auch in Europa ein paar wenige Dienstleister, mit denen das sogar auf dem Postweg gemacht werden kann.
Orderschecks machen trotz aller internationaler Abkommen größere Schwierigkeiten. Das liegt einerseits daran, daß Orderschecks nur von der Person eingelöst werden können, die auf dem Scheck genannt ist; dadurch ist sichergestellt, daß der Scheck nicht von einem Postdieb eingelöst werden kann. Nach dem Tod kann diese Person den Scheck aber nicht mehr selbst einlösen. Nachdem das Erbrecht in jedem Land anders ist, reicht es auch nicht aus, einen Erbschein vorzulegen. In den USA werden immer noch häufig Schecks verschickt, beispielsweise für Dividendenzahlungen auf Aktien. Hier sollte zunächst das Depot auf die Erben umgeschrieben werden, um dann die Schecks neu ausstellen zu lassen auf die Namen der Erben. Anderenfalls würde in unserem Erbfall des Monats ein unverhältnismäßig großer Aufwand entstehen, um die Erben bzw. einen davon vom „Probate Court“ (Nachlaßgericht) ermächtigen zu lassen, den Nachlaß selbst abzuwickeln.
US Savings Bonds sind Staatsanleihen, die nur Privatpersonen halten dürfen, also nicht institutionelle Anleger. Seit 2012 werden diese Bonds nur noch in elektronischer Form ausgegeben, die Abwicklung geht dann weitgehend über eine Internetplattform der amerikanischen Regierung. Ältere Savings Bonds liegen noch in Papierform vor; zum Einlösen müssen Formulare ausgefüllt werden, auf der Rückseite jedes Bonds vor den Augen eines US-Konsularbeamten unterschrieben und dann zusammen mit einem Steuerformular per Post eingereicht werden. Die Auszahlung erfolgt auch auf ausländische Bankkonten. Wenn diese Savings Bonds von Eltern oder Großeltern an ein Kind geschenkt wurden, steht normalerweise auch schon der Name des Kindes auf dem Bond, so daß die Einlösung ohne größere Schwierigkeiten möglich ist. Wenn nur der Name des Erblassers auf den Bonds steht, ist der Aufwand beim Einlösen etwas höher.
Gift Certificates für Savings Bonds sind keine Wertpapiere sondern lediglich etwas, was dem Beschenkten beispielsweise zum Geburtstag oder anderen Anlässen übergeben wird, wenn die Savings Bonds an die Adresse des Schenkers gingen. Gerade wenn minderjährige Kinder oder im Ausland ansässige Personen beschenkt wurden, haben diese oft nur das Gift Certificate erhalten. Falls der Savings Bond an sich nicht gefunden werden kann, gibt es trotzdem eine Möglichkeit, ihn einzulösen: Die amerikanische Finanzverwaltung hat ein Formular, mit dem verloren gegangene, gestohlene und beschädigte Savings Bonds eingelöst werden können. Dafür sind möglichst genaue Angaben zum Erwerb des Savings Bonds nötig, also vor allem der Nominalwert und das ungefähre Datum des Erwerbs durch den Schenker.
Bei der Übertragung der Geldanlagen aus den USA nach Deutschland ist regelmäßig auch ein Steuerformular auszufüllen. Dabei wird unterschieden zwischen der steuerrechtlichen Situation von US-Bürgern und von anderen Staatsangehörigen. Das Doppelbesteuerungsabkommen hilft dabei, daß in Deutschland ansässige Nicht-US-Bürger in der Regel nur das einseitige Formular W8-BEN ausfüllen müssen und die Erbschaft dann problemlos transferieren können.
Dieser Überblick zeigt, daß es durchaus möglich ist, geerbte Vermögenswerte aus den USA nach Deutschland zu holen. Allerdings wird ein „normaler Mensch“ ohne Jurastudium und ohne größere Erfahrung mit Verwaltungstätigkeiten sich an der ein oder anderen Stelle überfordert fühlen. Die beste Unterstützung finden Sie dann bei einem Rechtsanwalt, der sich in deutsch-amerikanischen Erbrechtsfällen auskennt und möglichst auch einige Erfahrung mit dem Bankgeschäft hat.
Im aktuellen Erbfall des Monats gibt es eine Miterbin mit Einschränkungen bei der Geschäftsfähigkeit wegen einer psychischen Krankheit; sie wirkt in einem Smalltalk nicht gerade dumm, kann aber dennoch kaum vernünftige Entscheidungen treffen. Für sie wurde vom Amtsgericht eine Betreuerin bestellt, die auch dafür zuständig ist, mit dem Miterben zusammen den Nachlaß der verstorbenen Mutter abzuwickeln. Schwierigkeiten bereitet das, weil auch mehrere Immobilien verkauft werden müssen. Die Betreuerin benötigt für den Vollzug des Grundstücksverkaufs nämlich die Genehmigung des Betreuungsgerichts. Was bedeutet das für den konkreten Verkauf der Grundstücke?
Zum Hintergrund der Regelung im Gesetz kann man folgendes sagen: Die Genehmigung des Betreuungsgerichts soll verhindern, daß zum Nachteil der betreuten Person Grundstücke bzw. Eigentumswohnungen veräußert werden. Das leuchtet ein, wenn der Kaufpreis zu niedrig wäre. Daher wird in aller Regel verlangt, daß ein Sachverständigengutachten über den Wert jeder einzelnen Immobilie vorgelegt wird, damit das Gericht sich vom angemessenen Preis im Kaufvertrag überzeugen kann. Im Erbfall diesen Monats gibt es auch schon Wertgutachten über den Wert der geerbten Äcker, Wald- und Hausgrundstücke.
Im aktuellen Fall schwelt ein Erbstreit jedoch schon seit 10 Jahren und der Anwalt des Miterben hat keine Geduld mehr. Er besteht darauf, daß an den einzigen Interessent verkauft wird. Ein Anbieten über Makler oder Immobilienportale im Internet lehnt er ab, weil das seiner Meinung nach zu viel Kosten oder sonstigen Aufwand bedeuten würde; somit wird es wohl keine Vergleichsangebote geben, die betreute Miterbin und ihre Betreuerin leben nämlich zu weit von dem Ort weg, in dem die Grundstücke liegen, als daß sie sich darum kümmern könnten. Der Interessent, den er vorschlägt, bietet deutlich weniger Geld an als die Summe der Bewertungen der Sachverständigen. Somit hat dieser Interessent keine realistische Chance, daß ein Kaufvertrag mit seiner Preisvorstellung vom Betreuungsgericht der Miterbin genehmigt wird. Die Situation sieht ziemlich verfahren aus.
Das Gesetz sieht allerdings eine Lösung vor: Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll eine Erbengemeinschaft zügig auseinandergesetzt werden, das Erbe soll nicht lange im gemeinschaftlichen Eigentum bleiben. Damit das gelingen kann, ist die Teilungsversteigerung vorgesehen, die jeder Miterbe ohne Begründung beim Amtsgericht beantragen kann. In unserem aktuellen Fall geht das besonders einfach, weil die Wertgutachten bereits vorliegen, die die Basis für die Berechnung der Gerichtsgebühren und des geringsten Gebots darstellen. Die Gerichtsgebühren brauchen einen Kaufinteressenten nicht abzuschrecken, der Gerichtsbeschluß über den Zuschlag an den Bieter mit dem höchsten Gebot ersetzt nämlich die notarielle Beurkundung, die bei einem normalen Immobilienkauf erforderlich wäre; die Kosten sind in beiden Fällen ähnlich hoch.
Nach der Versteigerung wird dann nur noch Geld zum Nachlaß gehören, das sich leicht nach den Erbquoten aufteilen läßt.
Der Erbfall des Monats zeigt uns dieses Mal, wie wir uns geschickter verhalten können als es eine große Wohnungsbaugesellschaft getan hat bei einem vermögenslosen Nachlaß ihres verstorbenen Wohnungsmieters.
Wenn Ihnen jemand etwas schuldet, beispielsweise die Wohnungsmiete, dann bleibt Ihre Forderung über dessen Tod hinaus bestehen. Als deutsche Besonderheit im Erbrecht müssen die Erben die geerbten Verbindlichkeiten bedienen - eigentlich. Im Detail steckt für manchen eine Überraschung: Die Erben können die Haftung beschränken auf den Nachlaß. Wenn das passiert, dann sollte der Gläubiger schnell mitdenken und taktisch geschickt vorgehen.
Im aktuellen Fall hat die Verwalterin beim Vermieter nur gewußt, daß der verstorbene Mieter von Hartz-4 lebte. Die Miete wurde pünktlich vom Sozialamt bezahlt, aber nur so lange wie der Mieter lebte, nach seinem Tod wurden die Zahlungen eingestellt, jeden Monat kamen neue Mietschulden dazu. Die Erben oder sonstige Verwandte waren der Vermieterin nicht bekannt. Das Mietverhältnis mußte jetzt möglichst schnell beendet und die Wohnung geräumt werden.Der Vermieter darf das nicht eigenmächtig machen, sonst macht er sich straf bar wegen Hausfriedensbruch und beim Wegschaffen der Einrichtung außerdem wegen Einbruchsdiebstahl und ggf. Sachbeschädigung. In unserem Fall machte die Vermieterin im ersten Schritt noch das beste, was in solchen Situationen möglich ist: Sie beantragte beim Nachlaßgericht die Bestellung eines Nachlaßpflegers, der für die unbekannten Erben den Nachlaß verwalten sollte.
Der Nachlaßpfleger sah, daß in diesem Nachlaß praktisch kein Geld vorhanden war und die Wohnung definitiv nicht mehr benötigt wurde; die Einrichtung war ziemlich wertlos und Kosten fürs Einlagern hätten sich nicht gelohnt, selbst wenn Geld für eine Lagermiete da gewesen wäre. Tatsächlich reichte das vorhandene Geld aber nicht einmal aus, um die Entrümpelung zu bezahlen. Also bot der Nachlaßpfleger der Vermietungsgesellschaft einen Aufhebungsvertrag an, mit dem die Wohnungseinrichtung an die Vermieterin übereignet worden wäre, damit die Vermieterin die Räumung veranlassen darf. Der Vorteil für die Vermieterin wäre gewesen, daß sie die Wohnung kurzfristig anderweitig hätte vermieten können.
Die zuständige Angestellte der Vermieterin pokerte aber hoch und bestand darauf, daß im Aufhebungsvertrag eine Zahlung auf die rückständige Miete vorgesehen wird. Der Nachlaßpfleger erkannte sofort, daß er so eine Vereinbarung nicht unterschreiben darf, schließlich war im Nachlaß kein Geld und mit dem haltlosen Versprechen einer Zahlung hätte er sich wegen Betrugs strafbar gemacht. Also wiederholte er sein Angebot, daß er die Wohnungsschlüssel kurzfristig zurückgibt, die Wohnung von der Vermieterin geräumt wird und der Nachlaß mit der Vermieterin „quitt“ ist.
Die Vermieterseite lehnte das Angebot wieder an und drohte eine Räumungsklage an. Den Nachlaßpfleger beeindruckte das überhaupt nicht, er beantragte einfach beim Amtsgericht ein Nachlaßinsolvenzverfahren. Nachdem das Vermögen im Nachlaß nicht einmal ausreichte, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu bezahlen, wurde der Insolvenzantrag „mangels Masse“ abgewiesen. Mit diesem Beschluß des Insolvenzgerichts ist die Haftung beschränkt auf den Nachlaß, Gläubiger des Erblassers kommen jetzt nicht mehr an das Vermögen der Erben ran; wenn der ursprüngliche Gläubiger nicht gestorben wäre, hätten sie ja erst recht nicht Leistungen von anderen auf ihre Forderung verlangen können.
Für die Vermieterin einer Wohnung kommt jetzt freilich ein „kleines Problemchen“ dazu: Die Wohnung kann noch immer nicht geräumt werden und das Nachlaßgericht hat den Nachlaßpfleger gebeten, nicht weiter tätig zu werden. Schließlich muß die Staatskasse das Honorar für den Nachlaßpfleger bezahlen. Wer handelt jetzt für den Nachlaß?
Immerhin konnte noch eine Schwester des verstorbenen Schuldners/Wohnungsmieters ermittelt werden, die möglicherweise Erbin ist. Die Vermieterin kann diese Verwandte nun bitten, die Wohnung freiwillig zu räumen. Der Haken an der Sache ist aber, daß die Schwester in Serbien lebt und kein Wort deutsch spricht. Mit dem „harten Verhandlungsstil“ trotz messelosem Nachlaß hat die Vermieterin hier eine verfahrene Situation provoziert. Und gleichzeitig sitzt ihr die Stadtverwaltung im Nacken, weil die subventionierte Sozialwohnung seit Monaten dringend für einen anderen Mensch benötigt wird.
Die Leser des Erbrechts-Blogs werden bestimmt derartige Fehler vermeiden und bei masselosem Nachlaß lieber einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, der größere Verluste verhindert - oder einen Fachanwalt für Erbrecht fragen, was es für Möglichkeiten zur Verlustbegrenzung gibt
Im aktuellen Erbfall des Monats hat eine Sparkasse die Kontoauszüge an die Adresse einer Bevollmächtigten geschickt. Das war zu Lebzeiten der Kontoinhaberin auch sinnvoll, weil diese dement war und die Bevollmächtigte sich um alles gekümmert hat.
Ab dem Erbfall stand die Bankverbindung dann den Erben zu, und die brauchten und wollten diese Bevollmächtigte nicht für die Verwaltung des Vermögens. Ein Miterbe widerrief die Vollmacht. Er verlangte von der Sparkasse, daß ihm die ab dem Tag des Widerrufs der Vollmacht alle Kontoauszüge zugeschickt werden. Die Sparkasse reagierte erst einmal nicht und schickte die Auszüge Monat für Monat an die ehemalige (!) Bevollmächtigte. Als der Anwalt des Erben an die Kontoauszüge erinnerte, verlangte die Sparkasse für jeden Kontoauszug € 5,-. Kaum zu glauben, aber dieser ungewöhnliche Vorgang passierte tatsächlich bei einer guten Kundin der Sparkasse, und der Kundenbetreuer in der Filiale war sogar Prokurist mit schickem Titel auf der Visitenkarte und übertariflichem Gehalt. Die meisten Betroffenen fühlen sich in so einer Situation machtlos und denken, die Bank oder Sparkasse wisse schon, was rechtmäßig ist. In diesem Fall war die Kompetenz eher recht mäßig - der Fall ist inzwischen vor Gericht gelandet.
Die Rechtslage paßt hier ganz gut zu dem, was einem der gesunde Menschenverstand schon sagt: Wenn eine Vollmacht widerrufen ist, hat die Bevollmächtigte nichts mehr damit zu tun. Das bedeutet konkret:
1.) Bei einer Bankverbindung sorgt dann unter anderem das Bankgeheimnis und der Datenschutz dafür, daß die Bank bzw. Sparkasse der Bevollmächtigten keinerlei Auskünfte mehr erteilen und erst recht nicht Kontoauszüge zuschicken darf.
2.) Gegenüber dem Erben bzw. der Erbengemeinschaft als neuem Kontoinhaber wurden die Auszüge nicht erteilt. Das muß die Bank bzw. Sparkasse aber als Grundpflicht aus dem Bankvertrag leisten. Und dafür darf auch kein Geld verlangt werden, wenn bisher noch keine Kontoauszüge wirksam erteilt wurden. Wenn die Auszüge an die Adresse der Erblasserin geschickt worden wären, wäre die Situation anders. Im vorliegenden Fall gingen die Briefe von der Bank aber an die Adresse der ehemaligen Bevollmächtigten, obwohl die Vollmacht schon seit Monaten widerrufen war.
Wichtig ist in solchen Fällen, daß Sie nicht denken, sie seien machtlos gegenüber Banken und Sparkassen. Wo der „kleine Mann“ Recht hat, bekommt er es auch zugesprochen. Sie müssen sich nur darum kümmern, beispielsweise indem Sie einen Anwalt beauftragen, die kostenfreie Erteilung der Kontoauszüge einzuklagen.

Wie präzise müssen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten formuliert werden? Zu dieser äußerst wichtigen Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) vor Kurzem eine Entscheidung getroffen. Das ist gerade in zwei häufigen Konstellationen wichtig: wenn ein Formular nur noch unterschrieben wird, ohne eigene Vorstellungen mit eigenen Worten zu formulieren oder auch, wenn die Formulierungen nur der Betroffene selbst versteht, andere Menschen jedoch den Text erklärt bekommen müssen, um Zweifel auszuräumen. Beides kommt in der Praxis trotz der weitreichenden Bedeutung derartiger Regelungen erschreckend häufig vor - ein Grund, der wider Erwarten viele überrascht, sind die sehr individuellen Vorstellungen in unserer pluralistischen Gesellschaft.
Das Problem ist in der Praxis vor allem, daß eine Patientenverfügung oft nicht konkret genug beschreibt, (1.) in welchen Situationen der/die Betroffene (2.) was genau haben will bzw. ablehnen möchte. Die schriftliche Verfügung hat nur dann Bedeutung, wenn der betroffene Mensch keinen Willen zur anstehenden medizinischen Maßnahme äußern kann, beispielsweise wegen Bewußtlosigkeit, und dann kann niemand mehr erklären, was er/sie mit unklaren Regelungen gemeint hat. Die Ursache für den oberflächlichen Umgang mit der eigenen Patientenverfügung ist oft eine Abneigung gegen das Nachdenken über existentielle Fragen.
Im aktuellen Fall ging es darum, daß ein älteres Ehepaar mehrere Formulare unterschrieben hat. Die Betroffene Frau hatte nach Schlaganfall und epileptischen Anfällen zur Zeit der Gerichtsentscheidung schon seit 2 1/2 Jahren massive Beeinträchtigungen der Hirnfunktionen, war nicht mehr in der Lage zu sprechen und mußte mit einer PEG-Sonde künstlich ernährt werden. Die Bevollmächtigte, eine der Töchter, war nun verpflichtet, die Patientenverfügung durchzusetzen. Sie hatte allerdings eine andere Meinung als die anderen Töchter dazu, was die Mutter wollte.
Im einem von beiden Ehegatten unterschriebenen Formular war eine Vollmacht enthalten, die auch für Gesundheitsfragen gelten soll, also eine sogenannte Vorsorgevollmacht. In diesem Formular waren auch Regelungen abgedruckt, wann keine ärztliche oder pflegerische Behandlung mehr gewollt ist. Das ist eine Patientenverfügung, die auch in der Vollmacht enthalten sein darf, auch wenn das aus anderen Gründen ziemlich ungeschickt geregelt ist. Beispiele für die Formulierungen sind:
„Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten. Dagegen wünsche ich, daß lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, […] daß aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt“. In einer weiteren Vollmacht des älteren Ehepaars ist nebenbei noch festgehalten: „Im Falle einer zum Tode führenden Erkrankung legen wir keinen Wert auf lebensverlängernde Maßnahmen, wenn feststeht, daß eine Besserung des Zustandes nicht erwartet werden kann. Die Vollmachtgeber wünschen eine angemessene und insbesondere schmerzlindernde Behandlung, nicht jedoch die künstliche Lebensverlängerung durch Gerätschaften. […] Schmerzlinderung hat Vorrang vor denkbarer Lebensverkürzung.“
Die fettgedruckten Begriffe können Sie, lieber Leser meines Blogs, gerne mit Ihren Bekannten, Nachbarn und Kollegen besprechen und dabei gemeinsam konkrete Beispiele ausdenken, in denen die Gesprächspartner ein Weiterleben wünschen oder ablehnen. Vermutlich versteht jeder etwas anderes unter den festgedrückten Begriffen, wenigstens werden sie ein bißchen diskutieren, bis Sie die selbe Meinung dazu haben.
Bei der Regelung zur Schmerztherapie (Palliativversorgung) kommt noch etwas anderes dazu: Ein guter Berater zur Patientenverfügung spricht offen an, daß manchmal nur die Wahl besteht, entweder durch Schmerzmittel in einen Zustand zu verfallen, in dem man nicht mehr ansprechbar ist - oder bei Bewußtsein zu bleiben und ein gewisses Maß an Schmerzen zu ertragen. Die Antwort auf diese Frage ist den meisten Menschen wichtiger als so manches, was in den gängigen Formularen steht. Eine Vollmacht sollte eine Vertrauensperson dazu ermächtigen, in Ihrem Interesse die Patientenverfügung durchzusetzen; dafür müssen beide Dokumente exakt aufeinander abgestimmt werden.
Was hat nun der BGH entschieden? Die Vollmachten haben nur pauschal auf „Entscheidungen gemäß BGB § 1904“ verwiesen, ohne zu erklären, was das bedeutet. Wissen Sie es? - Der BGH ging deshalb davon aus, daß den Vollmachtgebern nicht ausreichend deutlich vor Augen geführt wurde, was sie mit der Unterschrift unter diesem Formular regeln: Entscheidungen über Leben und Tod, nämlich die Einwilligung oder Ablehnung lebensgefährlicher Untersuchungen und Behandlungen in die Hände der Bevollmächtigten geben. Das hätte besser formuliert werden müssen, damit die Vollmacht wirklich „für alles“ gilt. Auch die Regelung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wollen, war dem BGH zu ungenau beschrieben, es fehlte nämlich der Bezug zu halbwegs präzisen Behandlungssituationen, in denen das gelten soll. Zur näheren Aufklärung des Sachverhalts hat der BGH an das Tatsachengericht verwiesen, da der BGH nur Rechtsfragen klären darf und nun in einer weiteren Beweisaufnahme vom Landgericht geklärt werden muß, was denn nun die Betroffene vermutlich wollte oder abgelehnt hat mit ihrer Unterschrift unter dem undeutlich formulierten Vordruck - einer der Fälle, in denen man zu den kostenlosen Formularen sagen muß: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht! Der BGH hat meiner Meinung nach richtig entschieden. Die Formulierungen in der Akte sind dermaßen unklar formuliert, daß sie viele Bedeutungen mit widersprüchlichen Auswirkungen haben können. Vielleicht findet das Landgericht in der Beweisaufnahme heraus, was wirklich gemeint war. Ansonsten bleibt das Schicksal der alten Dame leider dem Zufall überlassen. Es wäre jedenfalls nicht besser, wenn Richter eigenmächtig eine konkrete Bedeutung in unklare Formulierungen zu lebenswichtigen Fragen hineininterpretieren und damit den Betroffenen eine Fremde Meinung aufzwingen würden.
Und wenn dann noch eines der Kinder Vollmacht hat und ein anderes Kind etwas anderes für richtig hält, dann eskaliert der Streit in der Familie und die „Familientreffen“ finden nicht mehr am Kaffeetisch statt sondern in den Gerichtssälen aller Instanzen. Die Meinungsverschiedenheit zwischen den Töchtern im vorliegenden Fall macht außerdem überdeutlich, daß nicht einmal die eigenen Kinder verstehen können, was ihre Mutter mit der Patientenverfügung eigentlich bewirken wollte. Am Ende kann es in solchen Fällen passieren, daß ein fremder Berufsbetreuer als Kontrollbetreuer eingesetzt wird, damit er die Vollmacht des Kindes widerruft und als Außenstehender entscheidet, welche medizinische Behandlung Sie für richtig halten. Regeln Sie es lieber von Anfang an „wasserdicht“, auch wenn eine kompetente, individuelle Rechtsberatung beim (Fach-)Anwalt einige Euro teurer ist als ein Formular, für das niemand die Verantwortung übernimmt, wenn es Ihnen „richtig weh tut“.
Der Verfasser dieses Hinweises schickt seine Mandanten übrigens auch regelmäßig zum Arzt, damit der die gewünschten bzw. abgelehnten medizinischen Behandlungen und die Auswirkungen davon erklärt. Die Praxis zeigt leider, daß so manche Mandantin nicht versteht, warum ein Arzt diese Beratung nicht ohne konkrete Anmeldung zwischen Tür und Angel machen kann: Allzu oft wird mir dann gesagt, daß die Ärzte sich doch überhaupt keine Zeit dafür nehmen würden, und auf Nachfrage kommt dann raus, daß die Arztpraxis gar nichts vom Terminwunsch wußte sondern die Patientin beispielsweise wegen einer kleinen Routineuntersuchung einen Termin hatte und „nebenbei“ spontan noch etwas zur Patientenverfügung wissen wollte. Ohne angemeldeten Termin geht eine kompetente Beratung zu so einem wichtigen Thema nicht. Die Patienten müssen der Arztpraxis bei der Reservierung des Termins außerdem unbedingt sagen, daß ein Gespräch über die Auswirkungen einer Patientenverfügung gewünscht ist.
Zum Schluß erlaubt sich der Fachanwalt für Erbrecht noch den Hinweis, daß Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten auch zum Erbfall führen. „Lebenserhaltende Maßnahmen beenden“ bedeutet nämlich im Hinblick auf das Vermögen nichts anderes als „den Erbfall herbeiführen“. Bezüglich Rentenzahlungen und Unterhaltspflichten bedeutet das dann außerdem ein Ende der monatlichen Zahlungen, was je nach der Höhe der Rente und der Pflegekosten leider auch schon so manches Leben verkürzt, seltener auch wegen hoher Renteneingänge verlängert hat. Wer das bedenkt, kommt automatisch zu der Frage, ob der Bevollmächtigte ein naher Angehöriger (damit unterhaltspflichtig für Pflegekosten) und zukünftiger Erbe sein sollte oder nicht lieber ein Außenstehender, der ohne eigene finanzielle Interessen und vor allem auch mit weniger emotionaler Betroffenheit Entscheidungen trifft.
Was passiert eigentlich mit unseren „digitalen Lebensspuren“ nach unserem Tod? Und wem stehen Rechte an Accounts bei den Social Media-Diensten wie beispielsweise Facebook zu? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit die Justiz in Berlin. Nachdem das Landgericht in Berlin-Charlottenburg letzten Dezember das vermutlich erste Urteil zum digitalen Nachlaß verkündet hat, das in Deutschland bisher veröffentlicht wurde, läuft derzeit noch das Berufungsverfahren beim Kammergericht. Worum geht es in dem Rechtsstreit und wie ist die Rechtslage - Jahrzehnte nach Erfindung des Internet? Was steht dazu im „Internetgesetz“?
Zunächst einmal ist eines für Juristen einfach: Alte Gesetze passen oft überraschend gut auf neue Sachverhalte, so daß das Internet nur in wenigen Bereichen spezielle Regelungen nötig machte und ansonsten die allgemeinen Gesetze ganz gut auf die modernen Realitäten im Netz angewendet werden können. Deshalb gibt es auch kein „Internetgesetz“ sondern allgemein gültige Gesetze für die einzelnen Sachverhalte, die im Netz wie auch anderswo vorkommen. Beim Digitalen Nachlaß geht es unter anderem um Rechte an Bildern, an Videos, an kreativen Texten oder auch um Forderungen aus Konten bei Paypal oder bei Bitcoin-„Börsen“. Für Bilder, Videos und Texte gelten Urheberrechte unabhängig davon, ob diese in einer Zeitung, auf einer altmodischen VHS-Videokassette oder heute eben auf einem digitalen Datenträger, im Internet auf einer Website oder in einem Stream zu sehen sind. Und bei Paypal-Konten haben wir es mit einem Unternehmen zu tun, das über eine europäische Banklizenz verfügt, so daß Konten dort weitgehend mit Online-Banking bei einer herkömmlichen Bank vergleichbar sind.
Etwas anders war der spezielle Fall, der die Berliner Justiz beschäftigt: Eine Jugendliche hatte ein Facebook-Account. Sie starb in einer S-Bahn-Station und die Eltern, die gleichzeitig ihre Erben sind, wollten ihre letzten Nachrichten lesen, um einen möglichen Suizid zu verstehen. Als der Todesfall beim Dienstanbieter (Facebook) bekannt wurde, stellte der den Account auf „Gedenkstatus“ um, Nachrichten konnten nicht mehr gelesen werden. Dagegen richtet sich die Klage mit dem Ziel, daß den Erben Zugriff auf die Nachrichten gewährt wird. Das Landgericht entschied zu Gunsten der Eltern. Begründet wurde das vor allem mit einem Vorrang des Erbrechts vor dem Datenschutz. Beim Datenschutz ist im Internet eine Reihe konkreter Vorschriften zu beachten, die im Telekommunikationsgesetz, im Strafgesetzbuch und anderen Gesetzen stehen und das Fernmeldegeheimnis schützen; das ist auch ein Grund dafür, daß Dienstanbieter hier vorsichtig sind.
Hier kann man kritisch anmerken, daß Datenschutz den Deutschen als heilige Kuh gilt. Außerdem gibt es im Verfassungsrecht kein Rangverhältnis zwischen den Grundrechten, das Erbrecht (GG Art. 14) steht also grundsätzlich gleichberechtigt neben den anderen Grundrechten, hat aber keinen Vorrang. Allerdings haben das Bundesverfassungsgericht und auch der Bundesgerichtshof in anderen Zusammenhängen immer wieder entschieden, daß nach dem Tod das Persönlichkeitsrecht nur noch geringe Bedeutung hat - und Datenschutz hat seine Verankerung in den Grundrechten eben über das „allgemeine Persönlichkeitsrecht“.
Immer häufiger erleben wir es, daß ein alter Mensch vereinsamt. Wenn dann mit dem dem Tod der Erbfall eintritt und die Abwicklung des Nachlasses ansteht, gibt es eine besondere Hürde für alle anderen Beteiligten, beispielsweise für den Vermieter, die behandelnden Ärzte und das Pflegeheim oder auch die Hausbank: Wer sind die Erben des vereinsamten Erblassers? Normalerweise sind ihnen die nächsten Angehörigen bekannt oder lassen sich wenigstens durch eine Nachfrage beim Nachlaßgericht oder beim Standesamt herausfinden. Der Erbfall dieses Monats ist jedoch „etwas speziell“, solche und ähnliche Fälle werden uns aber in den nächsten Jahren noch häufiger begegnen:
Der Verstorbene war Banater Schwabe, sein Geburtsort lag nach dem Krieg in Jugoslawien, heute in der Republik Serbien. Er heiratete vor langer Zeit in Belgrad. Das Ehepaar zog nach Württemberg und hatte hier auch ein Kind. Das Kind zog als junger Erwachsener in die Heimat der Mutter, es ist kein aktueller Wohnsitz bekannt. Die Ehefrau trennte sich vom Erblasser und zog ebenfalls in ihr Heimatland; die Ehe wurde jedoch nicht geschieden. Es liegt kein Testament vor, so daß die gesetzliche Erbfolge gilt. Wegen des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Erblassers ist deutsches Erbrecht anwendbar, so daß die Ehefrau und das Kind eine Erbengemeinschaft bilden - wenn sie denn noch leben.
In dem Haus, in dem der Erblasser eine Mietwohnung hatte, gab es einen Wasserschaden, es hat aber niemand einen Zweitschlüssel. Die Vermieterin möchte nun kurzfristig Zutritt zur Wohnung haben, um zu sehen, ob der Wasserschaden auch in dieser Wohnung zu Feuchtigkeit in der Decke oder einer Mauer geführt hat; wegen des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung darf der Vermieter sich ja nicht eigenmächtig Zutritt verschaffen, nur in extrem seltenen Notfällen darf die Wohnungstür ohne Einverständnis des Mieters aufgebrochen werden. Außerdem stehen Mietzahlungen aus und die Wohnung soll nach Kündigung des Mietverhältnisses geräumt werden. Der Hausarzt hat auch noch eine Rechnung über Behandlungskosten bei Hausbesuchen und möchte bezahlt werden. Die letzte Woche vor dem Tod wurde der Erblasser zur Kurzzeitpflege in ein Pflegeheim gebracht, wo nun seine persönlichen Sachen einschließlich eines Sparbuchs darauf warten, daß sie abgeholt werde durch jemanden, der dazu berechtigt ist. Vermieterein, Arzt und Pflegeheim stehen nun alle vor derselben Frage: Wie wird so ein Fall mit unbekannten Erben abgewickelt?
Die Lösung ist ein Antrag beim Nachlaßgericht auf Einrichtung einer Nachlaßpflegschaft „zur Sicherung des Nachlasses und Ermittlung der Erben“. Das Nachlaßgericht wird in einem derartigen Fall in der Regel ohne weiteres einen Fachmann als Nachlaßpfleger einsetzen, der dann einen Überblick über den Nachlaß und die anstehenden Maßnahmen erstellt. Er wird auch alle fälligen Forderungen bedienen, soweit das mit den Mitteln des Nachlasses geht. Außerdem ermittelt er die Erben, so daß diese über die Erbschaft informiert werden und sich um die weitere Abwicklung kümmern können; wenn hierfür Behörden im Ausland eingeschaltet werden müssen, wird in der Praxis auch häufig ein Übersetzer bei der Korrespondenz hinzugezogen. Bei komplexen Nachlässen wird häufig ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Erbrecht zum Nachlaßpfleger bestellt. Falls der Nachlaß „dürftig“ ist, also eigentlich kein Geld für das Honorar des Nachlaßpflegers da ist, bezahlt die Staatskasse ein eher symbolisches Honorar sowie die Auslagen des Pflegers und ermöglicht somit immerhin eine korrekte Abwicklung beispielsweise bei der Haushaltsauflösung.
Die Erblasserin hatte ihren Sohn durch ihr Testament wegen schwerwiegender Meinungsverschiedenheiten enterbt, er sollte nichts von ihrem Vermögen bekommen und auch nicht erfahren, was sie alles besaß. Der Sohn wollte das nicht einfach so hinnehmen und erkundigte sich, ob ihm nicht doch Informationen zu seiner Mutter und vielleicht auch noch etwas von ihrem Vermögen zusteht.
Wenn ein naher Angehöriger enterbt ist, kann ihm ein Pflichtteil zustehen, also eine finanzielle Mindestbeteiligung am Wert des Nachlasses. Damit dieser Wert zuverlässig ermittelt werden kann, stehen dem Pflichtteilsberechtigten Auskunftsansprüche gegen den Erben zu, unter anderem kann er ein Verzeichnis aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten verlangen, die zum Nachlaß gehören. Wenn der Pflichtteilsberechtigte darauf besteht, daß das Verzeichnis von einem Notar aufgenommen wird, dann muß der Erbe ein solches notarielles Nachlaßverzeichnis veranlassen. Soweit die Theorie zu BGB § 2314.
Doch welche Folge kann es haben, wenn das notarielle Nachlaßverzeichnis auf sich warten läßt? Manchmal kommt es vor, daß der Notar das Nachlaßverzeichnis nicht schnell erstellt sondern viele Monate ohne sichtbare Aktivität vergehen. Der Pflichtteilsberechtigte kann darauf nicht unmittelbar einwirken, seine Ansprüche richten sich immer nur gegen den Erben. Wenn der Pflichtteilsberechtigte etwas übernehmen möchte, steht ihm vor allem ein Mittel zur Verfügung: Er kann vor Gericht beantragen, dass gegen den Erben ein Zwangsgeld verhängt wird, um die Erstellung des Nachlaßverzeichnisses zu erzwingen.
Für den Erben ist das eine schlechte Situation, weil er oft selbst nichts dafür kann, daß das Verzeichnis nicht schneller erstellt wird. Er kann sich in einer derart brisanten Situation allerdings bei der Notarkammer über die Untätigkeit des Notars beschweren und greifbare Schäden ersetzt verlangen, wenn es auf Seiten des Notars zu Verletzungen der Berufspflichten gekommen ist. Ansonsten kann der Erbe lediglich versuchen, einen anderen Notar zu finden, der diese unbeliebte Tätigkeit zeitnah erledigt.
Wenn der Notar das Nachlaßverzeichnis erstellt, haben sowohl der Erbe als auch der Pflichtteilsberechtigte darauf, daß sie dabei anwesend sein können, damit sie sich selber ein Bild vom Bestand des Nachlasses machen können. Wenn diese Beteiligten in keiner Weise in die Erfassung der Nachlaßgegenstände einbezogen wurden, kann das Nachlaßverzeichnis im Einzelfall so unzureichend sein, daß es ein weiteres Mal erstellt werden muß.
Auf diesem Weg kann der Sohn im Erbfall des Monats immerhin erfahren, welche Vermögenswerte seine Mutter hinterlassen hat. Aus dem Netto-Nachlaßwert steht ihm dann eine Zahlung in Höhe der Hälfte der "gesetzlichen Erbquote" zu, die er ohne das Testament bekommen hätte.
Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, bevor der Urlaub freigenommen werden konnte, dann steht dem Arbeitnehmer die Auszahlung der nicht „abgefeierten“ Urlaubstage zu (Urlaubsabgeltungsanspruch). Vor einigen Jahren galt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung des Urlaubs noch als höchstpersönlich, so daß er nicht vererbt werden konnte. Wenn ein berufstätiger starb, konnten seine Erben also kein Geld für den offenen Urlaub verlangen.
Nachdem der Europäische Gerichtshof entschieden hat, daß auch der Urlaubsabgeltungsanspruch vererblich sein muß, hat jetzt auch das Bundesarbeitsgericht als höchste Instanz der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit entschieden, daß der Anspruch auf Abgeltung der noch offenen Urlaubsansprüche auch nach dem Tod des Arbeitnehmers, also von den Erben, vom Arbeitgeber ausbezahlt verlangt werden kann. Grenzen sind lediglich durch allgemeine Regeln gesetzt, die auch für den Urlaubsanspruch an sich gelten, also vor allem die Fristen für den Verfall alter Urlaubsansprüche (z.B. Ende März für Alturlaub).
Für die Praxis heißt das: Die Erben eines Arbeitnehmers sollten daran denken, daß sie rechtzeitig die Lohnabrechnungen prüfen und gegebenenfalls den noch ausstehenden Urlaubsanspruch ausbezahlt verlangen. Wenn es dabei Schwierigkeiten gibt, hilft ein Rechtsanwalt, der sowohl Erbrecht als auch Arbeitsrecht als Tätigkeitsschwerpunkte bearbeitet.
Bei der Berechnung des Pflichtteils stellt sich für den Erben die Frage: Welche Kosten können bei der Berechnung des Anspruchs eines Enterbten berücksichtigt werden, der zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört? Umgekehrt stellt sich für den Pflichtteilsberechtigten die Frage, welche Abzüge er vom Wert der Vermögensgegenstände hinzunehmen hat.
Das Bürgerliche Gesetzbuch stellt ab auf den „Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls“. Das sind einerseits positive Vermögenswerte, andererseits auch Verbindlichkeiten des Erblassers und diejenigen Verbindlichkeiten, die durch den Erbfall verursacht wurden und den Erben gerade in der Eigenschaft als Erbe treffen mit Ausnahme der durch Testament verursachten Verbindlichkeiten des Erben (also beispielsweise der Pflichtteilsanspruch selbst, Vermächtnisse, Auflagen). Im Gesetz gibt es aber keine Liste mit Beispielen, welche Kosten solche Nachlaßverbindlichkeiten sind. Es hilft in der Praxis auch nicht, auf das zu vertrauen, was der gegnerische Anwalt einem schreibt; der kann nämlich versuchen, ob er im Interesse seiner Mandantin mit einer rechtswissenschaftlich gerade noch vertretbaren Ansicht durchkommt, die im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung steht.
Die abzuziehenden Verbindlichkeiten des Erblassers sind z.B. Schulden, die er bei der Bank hatte. Auch bei offenen Rechnungen aus der Zeit vor dem Todesfall besteht kein Zweifel, daß sie bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden können.
Kosten der Testamentseröffnung werden ebenfalls vom Wert des Nachlasses abgezogen.
Die Bestattungskosten hat der Erbe gemäß BGB § 1968 zu tragen, weshalb sie auch bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden. Hier wird allerdings oft in einen Topf geworfen, was das Erbrecht auseinanderhält: Bestattung und Grabpflege sind „zwei Paar Stiefel“. Die Kosten der Grabpflege gehören nicht mehr zur Bestattung, nur das erstmaliges Anlegen des Grabs wird anerkannt. Es gibt zwar ein Urteil des Landgerichts Heidelberg, das bei der Pflichtteilsberechnung auch Kosten der Grabpflege für die Liegedauer gemäß Friedhofsatzung zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten akzeptiert hat. Dieses Urteil ist jedoch juristisch nicht sauber begründet und hat eine Grundlage eher in moralischen Pflichten, nicht jedoch in Rechtspflichten. Besonders wichtig ist bei der Beurteilung dieser Frage nämlich auch, daß die Grabpflege den nächsten Angehörigen zusteht und diese verpflichtet, nicht jedoch den Erben in der Eigenschaft als Erbe - und durch Bestimmungen im Testament können die Erben und die nächsten Angehörigen ganz andere Personen sein.
In letzter Zeit werden gerne auch Kosten für die Unterstützung des Erben durch einen Rechtsanwalt beim Erstellen des Nachlaßverzeichnisses aufgeführt. Das braucht der Pflichtteilsberechtigte sich allerdings nur bei einer Schwierigkeit des Nachlasses gefallen zu lassen, die es ihm praktisch unmöglich macht, die Auskunft selbst zu erteilen. Fehlende Kenntnisse des Erben im Erbrecht reicht dabei nicht aus, um den Pflichtteilsberechtigten an den Anwaltskosten zu beteiligen. Ob es sinnvoll ist, den Erben solche Mühen aufzuerlegen, ist eine Frage - die Regelung im Gesetz gibt jedoch nichts dafür her, daß die Kosten anwaltlicher Unterstützung als Nachlaßverbindlichkeiten anerkannt werden könnten. Lediglich beim notariellen Nachlaßverzeichnis ist vorgesehen, daß die Kosten dem Nachlaß und damit auch dem Pflichtteilsberechtigten zur Last fallen. Im eigenen Interesse sollte der Erbe aber schon überlegen, ob er nicht doch auf eigene Kosten die Hilfe eines qualifizierten Fachmanns in Anspruch nimmt, um den „schwierigen Dschungel“ des Erbrechts ohne Blessuren zu durchwandern.
Zum Streit kommt es immer wieder auch über Kosten einer Testamentsvollstreckung. Diese Kosten treffen zwar den Erben. Der Pflichtteilsanspruch des enterbten Verwandten wird dadurch aber nicht geschmälert. Sonst könnte der Erblasser den Pflichtteil ins Leere laufen lassen, indem er einen guten Teil des Erbes in das Honorar des Testamentsvollstreckers fließen läßt. Der Pflichtteil heißt aber so, weil gegenüber nahen Angehörigen dieser Teil des Erbes Pflicht ist. Kosten der Testamentsvollstreckung werden lediglich in den Ausnahmefällen bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt, in denen Sie gerade dem Pflichtteilsberechtigten etwas nützen, beispielsweise bei der „Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht“ gemäß BGB § 2338 für Überschuldete, Alkoholiker oder Verschwendungssüchtige.
Erbschaftsteuer trifft zwar den Erben. Allerdings ist die Steuerpflicht eine persönliche Pflicht des Zuwendungsempfängers,
Aktuell hat eine Erbin ihren Anwalt mit einer besonders „kreativen“ Auflistung von Verbindlichkeiten überrascht: Sie ließ sich von einem Steuerfachgehilfen, der im Erbrecht überhaupt keine Beratung anbieten darf, ein Verzeichnis erstellen. Und in diesem Verzeichnis wurden großzügige Beträge aufgeführt für „Beratung zur Erbschaftsteuererklärung“, die keineswegs abzugsfähig waren. Außerdem wurde ein fünfstelliger Betrag für Testamentsvollstreckung in die Tabelle aufgenommen, obwohl im Letzten Willen des Erblassers überhaupt keine Testamentsvollstreckung angeordnet war. Wenn ein derartiges Nachlaßverzeichnis an den Pflichtteilsberechtigten übergeben wird, sind Mißtrauen und ein heftiger Streit vorprogrammiert. Mit einer Beratung durch einen kompetenten Fachmann für Erbrecht würden hier die Ansprüche viel sachlicher und ohne unnötige Konflikte abgewickelt.
Vorsorge- und Generalvollmachten gehören inzwischen zu den Dokumenten, die beinahe jeder umsichtige Mensch einer Vertrauensperson erteilt. Damit soll unter anderem verhindert werden, daß ein Betreuungsverfahren durchgeführt werden muß, wenn die Handlungsfähigkeit durch Krankheit nachläßt oder Demenz die Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt. Leider kommt es aber auch vor, daß ein Bevollmächtigter in Verdacht gerät, in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Die Erben stehen dann vor der Frage, ob Sie das akzeptieren müssen, was der Bevollmächtigte gemacht hat oder ob sie Möglichkeiten haben, die Verfügungen des Bevollmächtigten zu kontrollieren und gegebenenfalls rückgängig zu machen.
Zunächst einmal sind viele Menschen überrascht, daß zur Vollmacht fast immer ein Auftrag mit rechtsverbindlichen Pflichten des Bevollmächtigten gehört. Der Auftrag (BGB §§ 662 ff) muß nämlich nicht schriftlich vereinbart werden, und er setzt auch keine Bezahlung des Beauftragten voraus. Selbst wenn niemals ausdrücklich darüber gesprochen wurde, wie die Vollmacht auszuüben ist, geht der Jurist von einem Auftragsverhältnis im sogenannten Innenverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten aus. Der Vollmachtgeber kann unter anderem Auskunft über die getätigten Rechtsgeschäfte und Rechenschaft über alle Einnahmen und Ausgaben verlangen sowie die Herausgabe von allem, was der Bevollmächtigte als sein Vertreter erhalten hat. Bei nachweislichem Mißbrauch der Vollmacht bestehen Schadenersatzansprüche. Wenn der Vollmachtgeber verstirbt, vererben sich alle diese vermögensrechtlichen Ansprüche auf die Erben des Vollmachtgebers.
Häufig versuchen die Bevollmächtigten bereits, Auskünfte und Rechenschaft zu verweigern, indem sie sich auf ein angebliches Gefälligkeitsverhältnis berufen, weil sie für ihr Engagement doch nicht bezahlt wurden. Wenn die Vollmacht aber eine große Verantwortung überträgt, geht man selbst bei Kindern des Vollmachtgebers nicht von einer juristisch unverbindlichen Gefälligkeit aus sondern von einem Auftragsverhältnis. Jeder Miterbe kann somit den Bevollmächtigten notfalls vor Gericht verklagen und zur Auskunft und Rechenschaft zwingen.
Immer wieder kommt dann der Einwand, die Verfügungen aus länger zurückliegenden Jahren wären schon verjährt. Tatsächlich gibt es zwar auch hier eine Verjährungsfrist. Die beginnt aber erst mit dem Ende des Auftrags, also in den meisten Fällen frühestens mit dem Tod des Vollmachtgebers. Der Bevollmächtigte muß dann sogar über das Rechenschaft ablegen, was schon länger als 30 Jahre her ist.
Häufig wird dann kurz und knapp mitgeteilt, daß monatlich ein Betrag von beispielsweise € 500,- vom Girokonto bar abgehoben wurde, um damit Lebensmittel und Medikamente für den Erblasser zu kaufen. Leider vergessen viele hilfsbereite Bevollmächtigte, daß sie sich dafür Belege geben lassen und diese auf Anforderung dem Vollmachtgeber bzw. dessen Erben zeigen müssen. Die Erfahrung zeigt immer wieder, daß gerade die gutmütigen Helfer im Pflegefall alles andere als geborene Buchhalter sind, so da ein Rechenschaftsbericht im Nachhinein nicht ohne kostspielige Hilfe eines Rechtsanwalts erstellt werden kann; und ohne Belege kann ohnehin kein lückenloser Nachweis über den Verbleib des Vermögens geführt werden. Wer hier keine Belege vorzeigen kann, wird in der Praxis diese Geldbeträge wegen Beweisnot aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Vor Gericht wird nämlich häufig angenommen, daß Barabhebungen ohne Beleg nicht für den Vollmachtgeber vorgenommen wurden.
Diese Probleme lassen sich vermeiden, indem parallel zur Vollmacht auch ein fachmännisch auf den Einzelfall abgestimmter Auftrag schriftlich vereinbart wird. Damit können die Beteiligten vermeiden, daß ein redlicher Bevollmächtigter wegen Beweisnot für seine Hilfsbereitschaft mit Auskunftsansprüchen und Geldforderungen der (Mit-)Erben gepiesackt wird, die zu Lebzeiten des Erblassers nicht so viel für diesen getan haben. Umgekehrt sollte der Auftrag aber auch eine gewisse Absicherung gegen den Missbrauch der Vollmacht enthalten, damit nicht am Ende das Familienvermögen spurlos verschwinden kann.
In einem ungewöhnlichen Erbfall erfuhr eine Deutsche auf ungewöhnliche Art, daß ein Onkel in Amerika verstorben war. Sie hatte schon lange keinen Kontakt mehr zum Onkel gehabt und erfuhr erst nach einem Jahr von dem Todesfall. Umso überraschender war es für sie, als plötzlich der Projektentwickler, der dem Onkel ein Haus in Texas verkauft hatte, ihr mitteilte, daß sie die Erbin sei. Er bot der Erbin folgendes Geschäft an: Er wollte ihr $ 1.000,- dafür bezahlen, daß sie sich schriftlich damit einverstanden erklärt, daß er die Immobilie verwertet. Das „Foreclosure“-Verfahren zum Zwangsverkauf wegen überfälliger Kreditraten hatte er schon eingeleitet. Mit dem Angebot an die Erbin wollte er die Abwicklung beschleunigen, schrieb er jedenfalls.
Die Erbin fühlte sich überfordert, die Situation richtig einzuschätzen, was bei einem kreditfinanzierten Haus im Ausland auch verständlich ist. Wer hat nicht Angst davor, für geerbte Schulden geradestehen zu müssen? Sie steckte aber nicht den Kopf in den Sand sondern suchte sich einen spezialisierten Rechtsberater für diesen internationalen Erbfall. Der erklärte ihr, auf was sie achten muß, damit sie eine Haftung für Schulden und Steuerrückstände des Erblassers vermeidet - und wie sie an möglicherweise noch vorhandene Vermögenswerte aus dem Erbfall herankommt.
In den USA hat jeder Bundesstaat sein eigenes Erbrecht. Dabei gibt es aber in den meisten Staaten die gleichen Grundsätze, so daß die Unterschiede vor allem in den Details stecken. Allgemein kann man sagen, daß es in den USA nicht die strenge deutsche Erbenhaftung gibt. Das heißt: Wer einen Erbonkel oder eine Erbtante in den USA hat, braucht in aller Regel keine Angst vor geerbten Schulden zu haben. Damit nicht doch eine der unangenehmen Ausnahmen eingreift, ist trotzdem eine gute Beratung durch einen Anwalt zu empfehlen, der die nötige Erfahrung mit deutsch-amerikanischen Erbfällen hat. Gerade eine unbedachte Unterschrift unter eine Vereinbarung nach ausländischen Recht kann schnell zu ungeahnten Folgen führen.
Ein anderer Unterschied zum deutschen Erbrecht ist, daß im Erbrecht der US-Staaten nicht automatisch ein Nachlaßverfahren beim Nachlaßgericht stattfindet. Das „Probate Proceeding“ wird dort nur durchgeführt, wenn es von einem Beteiligten beantragt wird. Sonst geht man davon aus, daß es nicht erforderlich ist. Wenn der Erbe nichts tut, kann das im amerikanischen Erbrecht eine Haftung vermeiden; im deutschen Erbrecht ist das genau anders herum.
Nachdem die Sorgen zur Haftung beseitigt waren, schaute der Anwalt der Erbin sich noch ein wenig um und recherchierte verschiedene Informationsquellen. Er fand auch tatsächlich eine Lebensversicherung des Onkels in Amerika, die einen hohen Geldbetrag auszahlen sollte. Die deutsche Erbin war für die Versicherungsgesellschaft bisher unbekannt. Sie mußte selbst herausfinden, an wen sie sich wenden kann, um die Todesfalleistung zu erhalten.
Im aktuellen Erbfall des Monats ist ein Adoptivkind vor den Adoptiveltern verstorben. Die Tochter des Adoptivkindes möchte wissen, ob Ihr etwas vom Nachlaß ihrer Großeltern zusteht. Es gibt es ein Testament der Adoptiv-Großmutter, in dem sie nicht als Erbin vorgesehen ist. Die spannende Frage ist nun, ob sie von den Testamentserben einen Pflichtteil verlangen kann, nachdem sie im Pflichtteilsrecht an die Stelle ihrer verstorbenen Eltern getreten ist.
Im Erbfall spielt die rechtliche Verwandtschaft die entscheidende Rolle. Die gesetzliche Erbfolge ist auf das Verwandtenerbrecht aufgebaut, das dann gegebenenfalls noch durch das Ehegattenerbrecht ergänzt wird. Für die Frage, ob jemand als Erbe in Betracht kommt und im Fall der Enterbung einen Pflichtteilsanspruch geltend machen kann, entscheidet die rechtliche Verwandtschaft, nicht die genetische Abstammung. Durch eine Adoption werden also auch die gesetzlichen Erbansprüche zwischen den Beteiligten neu sortiert.
Eine Adoption begründet „rechtliche Verwandtschaft“, sie bewirkt daß juristisch gesehen ein Familienmitglied hinzukommt. Je nachdem, welche Art von Adoption stattfindet, kann sich diese Wirkung beschränken auf den „Annehmenden“ Adoptivelternteil und den „Angenommenen“, also das Adoptivkind. Bei einer Adoption mit „starker Wirkung“ wird aber auch eine rechtliche Verwandtschaft zu den leiblichen Angehörigen des Annehmenden hergestellt; das ist nach dem heutigen Adoptionsrecht vor allem bei der Adoption eines Minderjährigen der Fall. Außerdem erlöschen bei der Adoption mit starker Wirkung die rechtlichen Verwandtschaftsverhältnisse zu den leiblichen Verwandten des Angenommenen.
Immer wieder beschäftigen „Altfälle“ die Praxis. Bei der Reform des Adoptionsrechts zum Jahreswechsel 1976/1977 wurden große Veränderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgenommen. Allerdings sieht das Adoptionsgesetz Übergangsregelungen vor, die auch heute noch zur Anwendung des alten Adoptionsrechts führen können. Das betrifft gerade diejenigen Adoptionen, bei denen das adoptierte Kind am Stichtag 01.01.1977 noch keine 18 Jahre alt war. Bei der Lebenserwartung der damals noch jungen Adoptiveltern bedeutet das, daß uns die alte Regelung noch etliche Jahre lang begleiten wird. Was bedeutet das für einen konkreten Erbfall in der Praxis?
Das Gesetz sah vor, daß der Angenommene den Annehmenden beerben konnte und ein Pflichtteilsrecht erhielt. Nach dem alten Adoptionsrecht war es aber auch möglich, im Adoptionsvertrag Regelungen darüber zu treffen, das Erbrecht nach der Adoption einzuschränken. Der Adoptionsvertrag mußte vom Amtsgericht bestätigt werden.
Dazu kommt noch, daß das alte Adoptionsrecht vorsah, daß der die Beteiligten des Adoptionsverfahrens durch eine Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg einen Widerspruch gegen die starke Adoptionswirkung einreichen konnten.
Die Wirkung einer Adoption betrifft im Erbrecht auch die Nachkommen des angenommenen Kindes. Es ist daher wichtig, die Unterlagen einer Adoption möglichst über mehrere Generationen hinweg aufzubewahren. Anderenfalls ist eine gründliche Recherche in den Archiven erforderlich, um festzustellen, wer nach einer Adoption vor 1977 zu welcher rechtlichen Familie gehört.
Wie geht ein Erbe damit um, wenn ein Pflichtteil von den Anwälten eines Erblasserkindes verlangt wird, das eine leichte geistige Behinderung hat? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten.
Im aktuellen Erbfall des Monats gibt es keinen vom Gericht bestellten Betreuer. Es ist nur eben eine geistige Behinderung bekannt wegen unzureichender Sauerstoffversorgung bei der Geburt des Kindes, das jetzt volljährig ist und das enterbt wurde. Der Erbe ist unsicher, ob er den Pflichtteil an das Problemkind oder an dessen Anwälten zahlen muß, ohne daß er das Risiko hat, den Pflichtteil dann womöglich später ein zweites Mal bezahlen zu müssen.
Zunächst einmal ist es so, daß einem Kind der Pflichtteil aus den Nachlässen seiner Eltern immer zusteht, und zwar unabhängig von Behinderungen oder anderen Einschränkungen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Behinderung zur Geschäftsunfähigkeit führt, so daß nur ein wirksam bestellter Vertreter für den Pflichtteilsberechtigten Ansprüche geltend machen und Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung entgegennehmen kann.
Der Schutz von Geschäftsunfähigen hat im deutschen Recht absoluten Vorrang. Es gibt keinen Schutz der anderen Beteiligten, auch nicht wenn sie sich darauf berufen, daß die geistige Einschränkung nicht bekannt und beim besten Willen nicht erkennbar war. Wenn im Nachhinein bewiesen wird, daß der Pflichtteilsberechtigte schon bei der Bevollmächtigung der Anwaltskanzlei nicht geschäftsfähig war, dann wurde er von seinen Anwälten auch nicht wirksam vertreten. Das kann bedeuten, daß die Zahlung des Erben auf das Bankkonto der Anwaltskanzlei nicht zur Erfüllung der Pflichtteilsforderung geführt hat. Problematisch ist das beispielsweise dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht den gesamten Geldbetrag weitergeleitet bekommt, weil sein Rechtsanwalt sein Honorar oder Auslagen wie Fahrtkosten davon abzieht und einbehält.
Damit keine unbedachten Fehler mit derart gravierenden Folgen geschehen bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten, sollte vor einer Zahlung oder auch vor einem Anerkenntnis der Pflichtteilsforderung unbedingt ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden, der die kniffligen Probleme derartiger Fälle lösen kann. Im Einzelfall ist es nämlich zur Überraschung der meisten Menschen entscheidend, ob das Geld an den Gegner oder an seinen Anwalt bezahlt wurde.
Der Erblasser verstarb mit erheblichen Schulden. Seine Wohnung hatte er mit der inzwischen getrennt lebenden Ehefrau gemeinsam angemietet. Die Wohnung war bis unters Dach voll mit Einrichtungsgegenständen und allen möglichen praktisch wertlosen Dingen, die der Verstorbene über die Jahre gesammelt hatte.
Weil sie nicht die Schulden des Erblassers bezahlen wollte, schlug die Witwe die Erbschaft aus. Damit haftete sie wenigstens nicht als Erbin. Allerdings war sie ja immer noch im Mietvertrag als Mieterin geführt, den sie beim Einzug in die damalige gemeinsame Wohnung mit unterschrieben hatte. Deshalb schuldete sie dem Vermieter die Mietzahlungen und war - nach Kündigung des Mietverhältnisses - auch für die Räumung der Wohnung verantwortlich. Und hier wurde es dann etwas knifflig: Wer die Erbschaft ausgeschlagen hat, darf die Nachlaßgegenstände nicht wegwerfen. Eigentümer dieser Gegenstände ist der Ersatzerbe, der nach der Erbausschlagung erst einmal ermittelt werden muß. Als Mieterin wollte die Witwe aber die Wohnung des Erblassers so schnell wie möglich räumen, damit sie diese Angelegenheit vollständig hinter sich hat.
Die Witwe fragte die Nachlaßrichterin, was sie mit der praktisch wertlosen Wohnungseinrichtung machen sollte. Die Nachlaßrichterin sagte ihr, daß die Witwe trotz Ausschaltung der Erbschaft die Wohnung räumen und die gesamte Einrichtung als Sperrmüll entsorgen könne. Das war allerdings falsch. Dadurch, daß die Witwe die Erbschaft ihres Mannes ausgeschlagen hat, war ein anderer Erbe geworden. Dem Erben gehören alle Sachen des Erblassers, auch die objektiv wertlosen Erinnerungsstücke. Und wer fremde Sachen entsorgt, begeht damit eine strafbare Sachbeschädigung, die auch zur Schadenersatzpflicht führt. Wenn auch Dokumente weggeworfen werden, ist der Schaden oft erst Jahre später ersichtlich. Als die Witwe die Wohnung geräumt hat, war der Ersatzerbe noch gar nicht ermittelt. Damit war auch nicht abzusehen, ob ihm die Entsorgung des Wohnungsinhalts gleichgültig war oder ob das zu einem unangenehmen und kostspieligen Rechtsstreit führen würde. Der Witwe hilft es hier auch nicht, daß die Nachlaßrichterin den vermeintlich guten Rat gegeben hat; im Zweifel wird diese sich daran nämlich sowieso nicht mehr daran erinnern wollen.
Für die Witwe wäre es besser gewesen, sie hätte beim Nachlaßgericht eine Nachlaßpflegschaft beantragt, um die Wohnung zu räumen, das Mietverhältnis zu beenden und die Wohnung zurückzugeben. Das hätte alle in Frage kommenden Schwierigkeiten vermieden. Wenn das Nachlaßgericht in solchen Fällen keinen Nachlasspfleger bestellt, muß notfalls ein Rechtsmittel eingelegt werden. Auf diesem Weg hätte die Witwe ihre Haftung optimal begrenzt. Außerdem hätte sie sich dann nicht einmal um die Durchführung der Wohnungsräumung und Sperrmüllabfuhr kümmern müssen.
Eugen Müller hat von seinen Ersparnissen eine kleine Finca auf Mallorca gekauft in einem Dorf mit einigen anderen deutschen Einwohnern, einer deutschen Bäckerei und einem deutschem Arzt. Dort möchte er gern als Rentner zusammen mit seiner Ehefrau wohnen und das warme Klima genießen. Vor einigen Jahren hat er für seine Sommerurlaube in den Alpen bei einer Bank in Südtirol ein Konto mit seiner „Urlaubskasse“ eröffnet. Am Stammtisch hatte er vor kurzem eine Unterhaltung mit Freunden, die sich bei der Abwicklung von Erbschaften gewundert haben, was sie mit Vermögenswerten der verstorbenen Verwandten in europäischen Nachbarländern schon alles an Überraschungen erlebt haben. Nach dieser Unterhaltung vereinbarte Herr Müller einen Termin bei einem Fachanwalt für Erbrecht, damit der ihm die Details erklärt und schaut, ob das Testament gut ist, das Herr Müller „für den Fall der Fälle“ mit Hilfe eines Ratgeber-Buchs zu Hause selbst geschrieben hat.
Der Anwalt erklärte Eugen Müller gleich als erstes, daß die Unterhaltung am Stammtisch Altfälle betrifft; wenn ein Todesfall ab dem 17.08.2105 vorliegt, gilt schon wieder eine ganz andere Rechtslage für diesen Nachlaß. Die EU bringt - aller Kritik zum Trotz - immer wieder Vereinfachungen, indem Regelungen europaweit vereinheitlicht werden. So ist es seit dem Stichtag 17. August bei der Frage, welches nationale Erbrecht anzuwenden ist, wenn ein Erbfall Bezug zum Ausland hat. Dieser grenzüberschreitende Auslandsbezug entsteht sehr häufig, weil ein Ausländer dauerhaft in einem Land lebt aber seine bisherige Staatsangehörigkeit beibehält. Aber auch Vermögen im Ausland kommt oft vor, gerade bei Ferienimmobilien wie etwa einem Haus am Meer oder einer Ferienwohnung in den Alpen. Auch bei Bankguthaben im Ausland liegt ein derartiger Fall vor, bei dem es bisher immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Abwicklung kam. Problematisch war vor allem die „Nachlaßspaltung“, wenn etwa das französische Ferienhaus eines deutschen Erblassers mit anderen Erbquoten vererbt wurde als sein restliches Vermögen.
Bei Eugen Müller ist es ein bißchen knifflig, die Auswirkungen der Reform genau vorherzusagen. Das neue internationale Erbrecht regelt zwar, daß der gesamte Nachlaß nach demselben nationalen Erbrecht zu beurteilen ist und daß nur ein einziges Nachlaßgericht für alle Vermögenswerte des Erbfalls zuständig sein soll. Die Anknüpfung ist jetzt aber nicht mehr die Staatsangehörigkeit des Erblassers sondern sein letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort. Der Aufenthaltsort ist entgegen aller Gerüchte keinesfalls das selbe wie der melderechtliche Wohnsitz, der im Personalausweis eingetragen ist. Auch der Steuerwohnsitz sagt nichts über den „gewöhnlichen Aufenthalt“ aus. Der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ richtet sich vereinfacht gesagt danach, zu welchem Ort ein Mensch die engste Bindung hat, die auf Dauer angelegt ist.
Wenn Eugen Müller später nach Spanien zieht und dort auch Freunde im „deutschen Dorf“ hat, kann sein „gewöhnlichen Aufenthalt“ die spanische Region Baleares sein, wo ein völlig anderes Erbrecht gilt als in Deutschland. Gerade die „Mallorca-Rentner“, die im Alltag fast alles in deutscher Sprache erledigen können, rechnen aber gar nicht mit einem fremden Erbrecht. Das Testament, das sie vor Jahren in Deutschland ausgeklügelt haben, kann da schnell zu einem ungewollten Ergebnis führen oder wegen Widersprüchen zu gesetzlichen Regelungen einen Erbstreit provozieren. Für dieses Problem gibt es aber auch eine Lösung im neuen europäischen Erbrecht:
Seit 17.08.2015 ist es möglich, eine Rechtswahlklausel für das Erbrecht der Staatsangehörigkeit ins Testament aufzunehmen. Das heißt konkret, daß Eugen Müller im Testament anordnen kann, daß das deutsche Erbrecht für seinen Nachlaß gelten soll. Dann ist egal, ob und wohin er seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ später einmal verlegt. Wenn er will, daß ein deutsches Nachlaßgericht für seinen Nachlaßfall zuständig sein soll, kann er außerdem in seinem Testament anordnen, daß die Erben nur unter der Bedingung etwas bekommen, daß sie den Nachlaßfall bei einem Nachlaßgericht in Deutschland verhandeln; die EU-Verordnung sieht nämlich vor, daß die Begünstigten des Testaments sich auf einen Gerichtsstand einigen können, wo sie dann zum Beispiel das Europäische Nachlaßzeugnis beantragen, das den Erbschein bei grenzüberschreitenden Fällen ersetzt.
Eine Besonderheit kann in Eugen Müllers Fall aber immer noch zu einem größeren Problem führen: Das deutsche Erbrecht kennt Erbverträge und gemeinschaftliche Ehegattentestamente. Diese Regelungen sind in manchen anderen Ländern ausdrücklich verboten, weil dort die Freiheit der willkürlichen Änderung des Testaments einen höheren Stellenwert hat. Italien ist hier besonders streng, so daß Eugen Müller für sein Bankkonto in Südtirol vorsichtshalber nicht mit einem gemeinschaftlichen Testament bzw. Erbvertrag sondern mit einem „normalen“, einseitigen Testament letztwillig verfügt, wer sein Erbe sein soll oder wer das Kontoguthaben als Vermächtnis bekommen soll.
Nachdem es noch keine Rechtsprechung zu den neuen Vorschriften gibt, kann ein juristischer Laie kaum selber absehen, wie die neuen Fachausdrücke vor Gericht ausgelegt werden. Gerade nach einer solchen größeren Reform ist Beratung durch kompetente Fachleute (Fachanwalt für Erbrecht oder Notar) besonders sinnvoll, damit die Erbschaft reibungslos und genau so vererbt wird, wie es vom Erblasser auch tatsächlich gewollt war.
Eine Mutter setzte ihre 4 Kinder zu Erben ein. Im Testament waren außerdem mehrere Vermächtnisse vorgesehen. Der jüngste Sohn, Detlef, war Manager in der Industrie; er sollte als Testamentsvollstrecker die Abwicklung des Nachlasses durchführen. Am Ende kam es für ihn dann aber zu einer sehr unangenehmen Überraschung.
Die Mutter erwartete, daß ihr Lieblingskind Detlef als Manager Ahnung von geschäftlichen Dingen hat. Deshalb wird häufig ein Verwandter mit kaufmännischem Hintergrund zum als Testamentsvollstrecker vorgesehen. Allerdings ist ein kaufmännischer Angestellter noch lange kein Fachmann für Erbrecht, was für eine fehlerfreie Testamentsvollstreckung nötig wäre. Im Erbfall dieses Monats war es so, daß der Testamentsvollstrecker sich dann auch noch als sehr beratungsresistent gezeigt hat; Detlef wollte sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten sondern seine Vorstellungen durchsetzen.
Eine der Erbinnen, die älteste Schwester von Detlef, verlangte von ihm Auskunft über den Gesamtwert des Nachlasses. Das war auch absolut berechtigt. Ein Testamentsvollstrecker muß nämlich unverzüglich und unaufgefordert ein Nachlaßverzeichnis aufstellen, das sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten enthält, die von seiner Testamentsvollstreckung betroffen sind. Detlef wollte aber erst einmal etliche Wochen abwarten und gab solange nur unvollständige Informationen heraus, obwohl er von Anfang an einen vollständigen Überblick hatte. Er verschwieg in seinen „Verzeichnissen“ sogar Verbindlichkeiten, die er selbst gerade eben noch durch Banküberweisung beglichen hatte. Dadurch war es für seine Schwester und Miterbin unmöglich, innerhalb der gesetzlichen Frist zu entscheiden, ob sie die Erbschaft annehmen sollte oder wegen der Vermächtnisse besser Ausschläge und stattdessen den Pflichtteil einfordert. Die erste Auflistung, die als Nachlaßverzeichnis durchgeht, übergab er erst 4 Monate nach seinem Amtsantritt als Testamentsvollstrecker. Später kam es noch zu weiteren Verstößen des Detlef gegen seine Pflicht als Testamentsvollstrecker.
Aus Ärger über die unsaubere Amtsführung des Testamentsvollstreckers beantragte die Miterbin und Schwester Detlefs beim Nachlaßgericht, daß er wegen grob pflichtwidrigen Verhaltens als Testamentsvollstrecker entlassen wird. Das geschah auch nach ausgiebiger Prüfung durch den Bezirksnotar, der in Stuttgart (Württemberg) auch das Amt des Nachlaßrichters hat. In der Begründung dieser Entscheidung des Nachlaßgerichts steht, daß ein Testamentsvollstrecker eben unverzüglich und unaufgefordert ein vollständiges Nachlaßverzeichnis aufstellen muß und daß er seine Wissenslücken im Erbrecht bei Bedarf auch dadurch schließen muß, daß er zum Beispiel einen Rechtsanwalt um Rat fragt. Weil Detlef das über mehrere Monate hinweg nicht tat, mußte er entlassen werden.
Außerdem muß Detlef nun die Kosten des Verfahrens beim Nachlaßgericht bezahlen. Dazu gehört auch das Anwaltshonorar für den Rechtsanwalt seiner Schwester. Umgekehrt kann er jetzt für seinen Arbeitsaufwand als Testamentsvollstrecker keine Bezahlung verlangen, er wurde ja aus wichtigem Grund vorzeitig entlassen.
Für einen Manager wie Detlef ist es besonders peinlich, wenn er in seiner Freizeit als Testamentsvollstrecker entlassen wird mit der Begründung, daß er grob pflichtwidrig gehandelt hat. In manchem Unternehmen gibt es in solchen Fällen im Nachgang auch Schwierigkeiten mit der Compliance des Arbeitgebers, also der Unternehmenspolitik zur Befolgung der geltenden Rechtsvorschriften. Umso wichtiger ist es, daß ein Testamentsvollstrecker sich rechtzeitig über seine Aufgaben und Pflichten informiert und dann auch das tut, was fachkundige Berater ihm empfehlen. Wer das nicht macht, riskiert ein unangenehmes Ende seiner Testamentsvollstreckung, wie Detlef es erleben mußte.
(Fortsetzung zum Erbfall des Monats April 2015)
Inzwischen hat die Bank aus der Schweiz die Unterlagen herausgegeben, die für die nachträgliche Versteuerung der Kapitalerträge erforderlich sind. Erben haften nämlich auch dafür, daß die Steuern der Erblasser aus früheren Jahren vollständig deklariert und bezahlt werden. Nachdem die Erblasserin immer und ausschließlich in Deutschland wohnte, war sie selbstverständlich hier unbeschränkt steuerpflichtig, so daß eine korrekte Steuererklärung selbstverständlich nicht möglich war, solange die Bankverbindung in der Schweiz quartalsweise eine „Gebühr für zurückbehaltene Korrespondenz“ abrechnete. Auf deutsch heißt das ja, daß Kontoauszüge und Steuerbescheinigungen gar nicht erst gedruckt wurden, damit das altbekannte Versprechen funktionieren kann: „Das deutsche Finanzamt erfährt garantiert nichts von Ihren Geldanlagen“.
Bei einer derartigen „Geschäftsbeziehung“ kann sich niemand damit herausreden, das Problem mit der unterbliebenen Versteuerung nicht gekannt zu haben. Wer diese Geschäftspraktiken sieht, dem drängt sich in aller Deutlichkeit auf, daß hier etwas versteckt wurde. Und die Erben sind nun mal auch dafür verantwortlich, beim Verdacht auf unterbliebene Steuerzahlungen des Erblassers die nachträgliche Versteuerung zu veranlassen. Das Steuer(straf)recht verlangt allerdings seit Anfang 2015, daß sämtliche vom Erblasser verschwiegenen Einkünfte auf einmal nacherklärt werden. Wer einen zweiten Anlauf braucht, weil der Erblasser beispielsweise Einkünfte aus der Verpachtung eines Ackergrundstücks ebenfalls nicht bei den jährlichen Einkommensteuererklärungen angegeben hat, macht sich schnell strafbar. Damit hier nicht eine zweite Nachmeldung mit den inzwischen fatalen Folgen für den Erben erforderlich wird, sollte jeder Erbe zum spezialisierten Anwalt oder Steuerberater gehen, notfalls auch gegen den Wunsch möglicher Miterben. Die Erfahrung zeigt nämlich, daß eine Steuerhinterziehung früher oder später doch noch aufgedeckt wird, nicht umsonst werden in Deutschland pro Jahr mehr als 5.000 Steuerstrafverfahren durchgeführt.
In unserem Erbfall des Monats gab es noch ein paar erwähnenswerte Details: Aus den Unterlagen über die Bankverbindung aus der Schweiz ergaben „lustige“ Erkenntnisse. So war der Deckname des Kundenberaters in Zürich „Herr Heimlich“, und für den unterbliebenen Versand der Konto- und Depotauszüge verlangte die Schweizer Großbank jährlich rund 1.000,- Franken „Gebühr für zurückbehaltene Korrespondenz“, die zusätzlich zu den ohnehin recht teuren Kosten für Konto- und Depotführung usw. berechnet wurden. Bei deutschen Banken dagegen wird nur für das Ausführen von Leistungen etwas berechnet, nicht aber für das Unterlassen. Immerhin bekamen wir auf Wunsch die Kontoauszüge und Mitteilungen über das Wertpapierdepot in einem stattlichen Paket zugeschickt. Freilich konnten niemals auch nur annähernd so hoch sein wie die Kosten dieser Bankverbindung. Für die Erben war es sowieso reiner Zufall, daß sie das Geld aus der Schweiz bekamen, nachdem jeder normale Mensch den anonymen Brief einfach weggeworfen hätte, der in diesem Erbfall den Testamentsvollstrecker zu Nachforschungen nach dem Absender bewegte. Der Aufwand dafür, das Geld sauber nach Deutschland zurückzubringen, war freilich sehr hoch.
Immer wieder werden Erbschaften ausgeschlagen, weil die Erben meinen, daß sie sonst nur Schulden erben würden. So war es auch im vorliegenden Fall:
Eine alte Dame verstarb. Sie hinterließ mehrere Kinder und Enkel, ein kleines Eigenheim und eine Darlehensschuld bei der Bausparkasse. Die Nachkommen befürchteten, daß außerdem noch Konsumentenkredite für diverse kleinere Anschaffungen zu begleichen wären. Daher schlug eines der Kinder die Erbschaft aus. Als Ersatzerben waren seine Kinder an der Reihe. Auch die schlugen ihre Erbschaften aus. Einer verpaßte jedoch die kurze Frist von sechs Wochen. Seine Ausschlagungserklärung wurde zwar vom Nachlaßgericht zu Protokoll genommen mitsamt einem Hinweis darauf, daß er wegen einer Verletzung an der rechtzeitigen Erbausschlagung gehindert gewesen sei. Diese Erklärung enthielt allerdings keine Details zu der Frage, wie die Verletzung sich konkret darauf ausgewirkt haben soll, daß er nicht rechtzeitig ausschlagen konnte. Dafür hätte es ja auch ausgereicht, einen Notar nach Hause kommen zu lassen, der dann die Erbausschlagungserklärung beurkunden und ans Nachlaßgericht schicken kann. Daher war die Erbausschlagung unwirksam, dieser Enkel war somit Erbe geworden.
Zum Nachlaß gehörte ja ein Hausgrundstück. Für diese Immobilie meldete sich plötzlich ein Kaufinteressent, der einen Preis vorschlug, der weit über dem bisherigen Verkehrswert lag. Dadurch konnte nun kein Zweifel mehr daran bestehen, daß der Nachlaß entgegen anfänglicher Befürchtungen der Erben gar nicht überschuldet war. Der Enkel wurde gebeten, den Kaufvertrag mit zu unterschreiben und seinen Teil des Kaufpreises nach Abzug der Restschuld bei der Bausparkasse entgegenzunehmen.
Damit der Grundstücksverkauf abgewickelt werden konnte, war auch noch ein Erbschein erforderlich. Dafür beantragte der Enkel einen Fachanwalt für Erbrecht. Beim Erbscheinsantrag argumentierte der Jurist dann, daß die Erbausschlagung nicht beachtet werden darf, weil sie verspätet war. Der Erbschein wurde erteilt, der Enkel hat nun anstelle der befürchteten Schulden eine überraschend hohe Summe von seiner Großmutter geerbt.
Ärgerlich mag das für die anderen Nachkommen sein, die ihre Erbteile ausgeschlagen haben. Sie hätten bessere Möglichkeiten zur Beschränkung ihrer Haftung gehabt, wählten aber die scheinbar einfachste Möglichkeit der Erbausschlagung, die aber nicht rückgängig gemacht werden kann. Hier zeigt sich wieder einmal, daß es am Ende nicht gut ist, an kompetenter Beratung zum Erbrecht zu sparen.
Die Insolvenz eines Verwandten kann im Erbfall eine besondere Herausforderung darstellen. Häufig wünschen Erblasser, daß ihr Nachlaß auch - oder gerade - finanziell gescheiterten Verwandten eine wirtschaftliche Verbesserung ihrer Situation bringt, daß das Familienvermögen eben den Angehörigen nützt. Es gibt hier einige Probleme, die allerdings mit einem guten Testament und dessen sauberer Abwicklung ganz gut umschifft werden können mit einem sogenannten „Bedürftigentestament“.
Wenn die Erbschaft bzw. das Vermächtnis vor oder während des Insolvenzverfahrens anfällt, dann fällt dieser erbrechtliche Erwerb in die Insolvenzmasse und steht dafür zur Verfügung, die Forderungen der Insolvenzgläubiger zu erfüllen (InsO § 83). Oft bleiben auch nach der Erbschaft noch weitere Schulden, so daß der insolvente Verwandte selber gar nichts davon hat.
Damit die Insolvenz nicht auch noch familiäre Beziehungen über Gebühr belastet, steht es dem Insolvenzschuldner frei, Erbschaften und Vermächtnisse auszuschlagen. Erst recht braucht er nicht den Pflichtteil einfordern, wenn der ihm zustünde. Die Gläubiger können schließlich nicht davon ausgehen, daß ihr Schuldner reich erben wird; sie können sich nur auf das Vermögen und Einkommen ihres Schuldners verlassen. Wenn der Insolvente seine Erbschaft ausschlägt, hat er selber aber auch nichts davon.
Anders ist die Regelung im Gesetz, sobald im Anschluß an das Insolvenzverfahren die Wohlverhaltensphase bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung läuft: In dieser Zeit braucht der Schuldner nur noch die Hälfte seines „Erwerbs von Todes wegen“ (also Erbschaft, Vermächtnis, Pflichtteil,…) an den Treuhänder abzuliefern, womit dann die Insolvenzgläubiger bedient werden. Die andere Hälfte darf der insolvente Erbe in dieser Phase des Verfahrens behalten.
Soweit zu den Grundlagen des Insolvenzrechts. Der Spielraum kann vom Erblasser allerdings erheblich erweitert werden durch eine gut durchdachte Regelung im Testament: Wenn der verschuldete Verwandte nur Vorerbe wird, dann stehen ihm nur die Erträge seines Erbteils zur Verfügung, die Vermögenssubstanz bleibt für die Nacherben erhalten. Hier ist es sehr beliebt, ein insolventes Kind zum Vererben und die Enkelkinder oder Geschwister zu Nacherben einzusetzen. Für die Details ist eine individuelle, fachmännisch beratene Regelung erforderlich, damit die gut gemeinte Regelung nicht an Beschränkungen oder Befreiungen scheitert, die „aus Versehen“ nicht an den individuellen Einzelfall angepasst wurden.
Damit die Erträge der Vorerbschaft tatsächlich beim gewünschten Empfänger, dem insolventen Verwandten, ankommen, wird dann noch eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet mit sogenannten „Verwaltungsanweisungen“ an den Testamentsvollstrecker. Hier wird eine Liste mit Dingen und Anlässen ins Testament geschrieben, die dieser Erbe bekommen soll. Hier ist es wichtig, daß der Testamentsvollstrecker eine hohe Fachkompetenz im Erbrecht und außerdem die nötige Ahnung vom Insolvenz- und Sozialrecht hat. Fehler bei der Freigabe von Mitteln z.B. als Taschengeld in einer allzu großzügigen Summe führen nämlich dazu, daß der Vorrede dann doch die Hälfte des Wertes an den Treuhänder abliefern muß oder daß sogar die Restschuldbefreiung versagt wird wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Ablieferung des halben Werts der in der Wohlverhaltensphase. Ansprüche des Sozialleistungsträgers können auch bestehen, wenn der Testamentsvollstrecker etwas falsch macht. Daher ist es sinnvoll, einen Fachmann mit zertifizierter Ausbildung zum Testamentsvollstrecker für diese anspruchsvolle Aufgabe zu nehmen. Wenn ein Verwandter diese Aufgabe übernimmt - was meist ehrenamtlich durch Sohn oder Tochter des Erblassers geschieht -, dann sollte er oder sie sich unbedingt gleich als erstes aktuelle Fachliteratur zu Testamentsvollstreckung und Insolvenzrecht anschaffen oder einen Fachanwalt für Erbrecht konsultieren, um alle Aufgaben fehlerfrei zu bewältigen. Für Fehler in der Amtsführung haften Testamentsvollstrecker nämlich, selbst wenn sie für ihre schwierige Aufgabe nicht bezahlt werden, und die Haftung des Testamentsvollstreckers ist auch nicht davon abhängig, ob er seine Pflichten kennt oder nur „aus Versehen“ Fehler macht. Wenn aber das Testament für den konkreten Einzelfall gut formuliert ist und der Testamentsvollstrecker fachlich einwandfrei arbeitet, dann sichert das vererbte Vermögen auch eine angemessene wirtschaftliche Besserstellung des insolventen Familienmitglieds.

Wenn die Erben den Nachlaß in Besitz nehmen, dann wissen sie oft nicht, bei welchen Banken oder Sparkassen Geld angelegt ist. Nachdem die Erben die Wohnung des Erblassers betreten und die Unterlagen des Verstorbenen durchsehen können, ist das normalerweise kein Problem. Kontoauszüge hebt ja schließlich fast jeder Mensch eine Zeitlang auf, so daß schnell ein Überblick über die Bankverbindungen besteht.
Schweizer Banken haben jedoch seit Urzeiten den Ruf, besonders „diskret“ zu sein. Daher waren sie auch für die Schwarzgeldkonten von Steuerhinterziehern und Mafiosi recht beliebt. In den Nachrichten heißt es zwar in den letzten Jahren, daß Schweizer Banken mittlerweile nur noch sogenanntes „Weißgeld“ verwalten möchten und überhaupt keine dubiosen Geschäftspraktiken mehr dulden.
Allerdings ist uns letztes Jahr ein Brief aus der Schweiz aufgefallen, der für deutsche Empfänger sehr ungewöhnlich aussah: Im Briefkasten einer Erblasserin kam ein Brief mit Frankierung aus der Schweiz an. Es fehlte aber jeglicher Hinweis auf einen Absender. Auf den ersten Blick sah das Schreiben so aus, als wäre beim Ausdrucken aus Versehen weißes Kopierpapier verwendet worden anstelle von Briefpapier mit Firmenlogo und Absenderadresse darauf. Auch fehlte die Unterschrift, es war nur nach den freundlichen Grüßen ein Name abgedruckt. In dem Brief stand:
"Wir konnten Sie leider nicht telefonisch erreichen. Bitte rufen Sie uns doch zurück unter 0041-44-******* Wir würden uns über weitere Geschäfte mit Ihnen freuen."
Für uns sah das auf den ersten Blick aus wie eine unerbetene Werbung für etwas, was übers Telefon für teures Geld an arglose Rentner verkauft werden soll. Normalerweise würden wir nicht auf die Idee kommen, dort anzurufen. Die Telefonnummer fing allerdings mit der Vorwahl von Zürich an. Also riefen wir an und teilten der Absenderin des ominösen Briefs mit, daß die Adressatin dieses Briefs verstorben war und nun die Testamentsvollstreckung über unsere Erbrechtskanzlei läuft. Am Telefon eierte die Ansprechpartnerin auf der Schweizer Seite herum, sie dürfe nicht sagen, welche Art von Geschäftsbeziehung die alte Dame dort hatte. Wir sollten aber einen Erbschein in die Schweiz schicken. Dafür wurde uns eine Adresse durchgegeben, bei der nur eine Abteilungsbezeichnung aber kein Firmenname bekannt gegeben wurde.
Obwohl es uns unseriös vorkam, auf diesem Weg ein wichtiges Dokument abzuschicken, versuchten wir unser Glück. Als international erfahrene und vernetzte Anwaltskanzlei wissen wir schließlich, wie wir in Zürich „an die Tür klopfen“ können, wenn die teuren Dokumente für den Nachweis der Erbschaft nicht zurückgeschickt werden. Vermutlich machen die meisten Erben hier den Fehler, daß sie dieser ungewöhnliche Art der Abwicklung von Geschäften nicht trauen und einen derartigen Brief spätestens nach einem solchen Telefonat wegwerfen.
Es stellte sich dann aber heraus, daß hinter der ominösen Adresse mit dem „neutralen“ Brief eine große Schweizer Bank steht. Die Erblasserin hatte dort tatsächlich Geld auf Konten und in einem Wertpapierdepot angelegt. In der Wohnung der verstorbenen Bankkundin gab es aber überhaupt keine Kontoauszüge oder irgendwelche anderen Hinweise auf eine Bankverbindung im Ausland. Dieser Fall hat uns wieder einmal gezeigt, wie leicht beim Abwickeln von Erbfällen etwas übersehen wird, wenn nicht jedem Hinweis auf versteckte Vermögenswerte nachgegangen wird. Wer nicht auf derartige Briefe antwortet und Erbscheine an eine anonymisierten Adresse in der Schweiz schickt, übersieht leicht einen Teil der geerbten Vermögenswerte.
Nachdem der Nachweis über die Erbschaft vorgelegt ist, wird auch so eine Bankverbindung problemlos abgewickelt, die Erben bekommen also ihr Geld. Und voraussichtlich können wir zu diesem Erbfall schon nächsten Monat wieder über einen weiteren Aspekt berichten, den viele Hinterbliebene beim Abwickeln eines Nachlasses übersehen.
Ein ungewöhnlicher Erbfall zeigt uns diesen Monat daß nicht jedes schöne Ferienobjekt im Erbfall Freude bereitet:
Mehrere Geschwister waren so gern in Südfrankreich, daß sie dort Grundstücke mit Blick aufs Meer kauften und gemeinsam ein Haus direkt über die Grenze zwischen ihren Grundstücken bauten. Schließlich verstanden sie sich ja schon immer so gut, daß sie dachten, da könne eh nichts schiefgehen. Lange Jahre hatte die Verwandtschaft auch große Freude an den Urlauben dort.
Als einer der Eigentümer starb, mussten zum ersten Mal rechtliche Fragen geklärt werden. Im aktuellsten seiner Testamente war die betagte Schwester zur Testamentsvollstreckerin eingesetzt, der auch das Nachbargrundstück an der Cote d’Azur gehört. Sie sollte den Nachaß in Deutschland, Frankreich und einem weiteren Land abwickeln und Vermächtnisse an diverse Verwandte erfüllen. Sie nahm das Amt der Testamentsvollstreckerin auch gleich an und begann mit der Abwicklung, und zwar so wie sie mit ihren Kenntnissen des deutschen Rechts meinte daß es gehen muß. Überrascht wurde sie dann aber, als ein Verwandter ihr nach einigen Monaten sagte, daß er wegen eines der älteren Testamente bald zum Eigentümer des Grundstücks werden soll, der Notar in Frankreich bereite das gerade vor.
An diesem Fall sehen wir gleich mehrere Fallstricke, die allzu oft übersehen werden: Jedes Land hat sein eigenes Erbrecht, und die Bedeutung von Vermächtnissen wie auch die Aufgaben eines Testamentsvollstreckers sind sehr unterschiedlich geregelt.
In Frankreich gibt es verschiedene Formen von Vermächtnissen. Im äußersten Fall bekommt der Vermächtnisnehmer einen Anspruch, den er praktisch ohne Mitwirkung des Erben oder Testamentsvollstreckers durchsetzen kann. Bei Immobilien ist in Frankreich der örtliche Notar dafür Zuständig, die Übertragung der geerbten bzw. vermachten Immobilie im Grundbuch zu vollziehen, während diese Aufgabe in Deutschland grundsätzlich beim Amtsgericht bzw. in Baden-Württemberg derzeit noch überwiegend bei den staatlichen Notariaten oder Stadtverwaltungen angesiedelt ist.
Auch das Amt des Testamentsvollstreckers unterscheidet sich sehr deutlich. In Deutschland kann in aller Regel nur der Testamentsvollstrecker wirksame Verfügungen über Nachlaßgegenstände treffen. In Frankreich dagegen hat er oft eher die Aufgabe, die Abwicklung des Nachlasses zu überwachen. Dadurch kann es passieren, daß bei internationalen Erbfällen das Vermögen im Ausland am Testamentsvollstrecker vorbei verteilt wird. Das ändert nichts an der Tatsache, daß der Testamentsvollstrecker nach deutschem Erbrecht dafür verantwortlich bleibt, daß alles „richtig“ abgewickelt wird. Diese Verantwortung sollte besser nicht einem Verwandten zugemutet werden sondern einem Fachmann, der den Nachlaß professionell abwickelt. Damit werden dann auch mögliche Probleme zwischen den Verwandten ausgeschlossen, weil Streit über die Testamentsvollstreckung dann nur den familienfremden Fachmann treffen kann.
Ein Problem bleibt im Erbfall des Monats am Ende ungelöst: Das Haus ist immer noch über die Grenze zwischen den Grundstücken gebaut. Wenn nicht alle beteiligten Grundstücke derselben Person gehören, wird es im Lauf der Zeit immer wieder eine Herausforderung sein, die reibungslose Nutzung zwischen den Eigentümern abzusprechen. Bei Renovierungen wird es auch nicht immer einfach sein, die gleichen Vorstellungen bei allen am Eigentum Beteiligten zur Art und zum Zeitpunkt der Maßnahmen zu erreichen. Wenn das Ferienhaus im Eigentum mehrerer Familienmitglieder bleiben soll, könnte die passende Lösung eine Immobiliengesellschaft sein. Hier sind aber auch einige Fragen zu bedenken, nicht zuletzt die Steuern in allen irgendwie beteiligten Ländern.
Ein besonders tragischer Erbfall entstand vor Kurzem durch einen tödlichen Verkehrsunfall. Ein Kleinunternehmer fuhr mit seinem Motorroller einen Schleichweg entlang, geriet dabei unter einen Lastwagen und wurde tödlich verletzt. Er hinterließ drei Kinder, das jüngste davon war nicht einmal ein Jahr alt.
Durch den Todesfall stellt sich nun die Frage, was die Hinterbliebenen von wem bekommen können. Die Kinder können nicht nur Ihren Teil der Erbschaft verlangen, die aus dem Vermögen des Verstorbenen besteht. Wenn der Unfall vom Lastwagenfahrer (mit-)verursacht wurde, kommen auch Unterhaltsansprüche gegen ihn und gegen die Kraftfahrzeugversicherung in Frage. Dieser Ansprüche ergeben sich aus BGB § 844 II als „Ersatzansprüche Dritter bei Tötung“. Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs ist schwierig, weil man eine Prognose anstellen muß, welches Einkommen das Unfallopfer im Laufe seines Lebens gehabt hätte. Daraus errechnet sich dann der Unterhalt der Kinder.
Die Kinder des Opfers des tödlichen Unfalls haben außerdem Ansprüche gegen die Rentenkasse einen Anspruch auf Waisenrente. Daneben kann es auch Leistungen von privaten Versicherungen geben, die der Erblasser abgeschlossen hat.
Alle paar Jahre wieder kommt das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) auf den Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Kurz vor Weihnachten war es wieder soweit. Wer sein Testament entwirft oder Schenkungen zur Reduzierung der späteren Erbschaftsteuer plant, fragt sich jetzt, welche Auswirkungen es aktuell für die Vermögensnachfolgeplanung gibt. Das Erbrecht läßt sich auch nach der Karlsruher Gerichtsentscheidung zur Erbschaftsteuer gestalten.
In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 zur (teilweisen) Verschonung von Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer gemäß ErbStG §§ 13a, 13b ging es wieder einmal um die Frage, ob die Privilegierung von Betriebsvermögen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes verstößt oder ob es eine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, daß der Unternehmensnachfolger nach mehreren Jahren Weiterführung des Betriebs (weitgehend) steuerfrei bleibt. Schließlich wurden die Steuervorteile für Betriebsvermögen geschaffen, um im öffentlichen Interesse Arbeitsplätze zu erhalten; auch die fehlende Liquidität zur kurzfristigen Zahlung der Steuern auf die Substanz eines Unternehmens waren mit ein Grund für die Begünstigung.
Das Verfassungsgericht hat nun entschieden, daß die aktuelle Regelung in Extremfällen dazu genutzt werden kann, daß beispielsweise Geld und andere eigentlich nicht begünstigte Vermögenswerte derart in juristische Konstruktionen verpackt werden, daß sie als Betriebsvermögen gelten, obwohl sie nur wegen der Erbschaftsteuer ins Unternehmen hineingesteckt wurden. Bei Kleinbetrieben kommt es nicht einmal darauf an, im Rahmen der Lohnsummenkontrolle Arbeitsplätze zu erhalten. Dieser große Spielraum zur steueroptimierten Übertragung von Vermögenswerten wurde nun als verfassungswidrig eingestuft.
Eigentlich ist die Erbschaft- und Schenkungsteuer damit in der aktuellen Fassung des Gesetzes „vom Tisch“. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht eine Frist zur Änderung des ErbStG gesetzt. Bis zum 30.06.2016 darf diese Steuer noch auf der Basis des bisherigen Gesetzes erhoben werden. Wer dabei die Grenzen des Gestaltungsspielraums ausnutzt, genießt aber keinen Vertrauensschutz mehr. Das heißt, eine Änderung des Gesetzes kann die Besteuerung der Übergabe von Betriebsvermögen beeinträchtigen, wenn die Übertragung erst jetzt durchgeführt wird.
Das Bundesfinanzministerium hat bereits angekündigt, die erforderliche Erbschaftsteuerreform „zügig und minimalinvasiv“ auf den Weg der Gesetzgebung zu bringen. Dabei werden voraussichtlich die vorhandenen Kriterien für die Steuervorteile lediglich in die eine oder andere Richtung ausgedehnt und im Detail verändert.
Damit alles gut verläuft, sollten die Steuerfragen sowieso nur ein Aspekt sein neben den anderen wichtigen Fragen einer Übergabe größerer Vermögenswerte und von Unternehmen. Gerade bei aktuell laufenden Gesetzesänderungen ist es wichtig, einen kompetenten Berater für die Fragen des Erbrechts, Gesellschaftsrechts und der Erbschaftsteuer in die Planung einzubeziehen.
Wenn ein Testament vorsieht, daß es neben den Erben auch Vermächtnisnehmer gibt, stellt sich bei der Abwicklung des Nachlasses eine wichtige Frage: Wer erfüllt das Vermächtnis?
Mißverständnisse sorgen hier leicht für Meinungsverschiedenheiten, die besser vermieden werden. Das Gesetz sieht vor, daß der Erblasser das in seinem letzten Willen selbst anordnen kann. Im Testament steht dann, welcher Erbe das Vermächtnis erfüllen soll. Dann trägt nur dieser Miterbe die sog. Vermächtnislast.
Häufig steht jedoch nichts dazu im Testament. Dann kommt es zuerst im Rahmen der Auslegung des Testaments darauf an, was der Erblaser gewollt hat, als das Testament verfasst wurde. Wenn das nicht herausgefunden werden kann, trägt der Nachlaß die Vermächtnislast, also jeder Miterbe mit seiner Erbquote.
An einem Beispiel wird das deutlich: Der Erblasser hinterläßt zwei Kinder, die je zur Hälfte erben sollen. Außerdem sieht das Testament Vermächtnisse für die Enkelkinder vor, die von den zu Erben eingesetzten Kindern abstammen. Jeder Enkel soll einen bestimmten Geldbetrag bekommen. Wenn nichts anderes vom Erblasser erkennbar gewollt ist, dann bekommen die Enkel ihre Vermächtnisse aus dem Nachlaß und die beiden Erben teilen sich anschließend das, was nach dem Begleichen aller Nachlaßverbindlichkeiten übrig ist.
Manche Menschen haben individuelle Ansichten, wie die Aufteilung erfolgen sollte. Das kann ohne weiteres geregelt werden. Es muß dann aber unmißverständlich in der letztwilligen Verfügung (Testament) formuliert werden. Wenn jedes Kind die Vermächtnisse an seine Kinder erfüllen soll, so daß die Erbschaft nach den Stämmen der Familie gleichmäßig verteilt ist, dann ist das möglich. Damit die Abwicklung im Erbfall reibungslos und ohne konfliktträchtige Mißverständnisse abläuft, sollte ein Jurist mit dem Entwurf des Testaments beauftragt werden. Erfahrungsgemäß führen derartige Formulierungen von Laien nämlich besonders häufig zum Erbstreit.
Wer heute das Internet als „Neuland“ bezeichnet, zieht die Lacher auf seine Seite. Dabei gibt es hier immer noch eine spannende Frage, bei der viele Punkte auch noch gar nicht eindeutig geklärt sind: Was passiert nach dem Tod mit dem „digitalen Nachlaß“? Hat der Erbe Zugriff auf eMails und auf „social media“-Accounts des Verstorbenen im Internet? Was ist mit den Daten „in der Cloud“ oder mit der eigenen Website? Und in welchen Gesetzen ist das überhaupt geregelt?
Das Erbrecht gilt grundsätzlich auch für digitale Sachverhalte. Der Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers - allerdings gilt das nur bei den Rechten mit Vermögenswert. Das heißt beispielsweise, daß Abonnements bei Online-Datenbanken oder Online-Zeitungen vererbt werden.
Für das Persönlichkeitsrecht gelten andere Grundsätze: Dieses Recht geht entweder auf den nächsten Angehörigen über oder es erlischt sogar ganz mit dem Tod des Berechtigten. Werfen wir einen Blick auf einige wichtigen Dinge beim digitalen Nachlaß:
Bei eMails muß neben den anderen Vereinbarungen und Gesetzen auch das Fernmeldegeheimnis beachtet werden, das im Grundgesetz, im Telekommunikationgsgesetz und im Strafgesetzbuch geregelt ist. Die eMails, die auf der Festplatte des Verstorbenen gespeichert sind, stehen nach Ansicht der allermeisten Juristen dem Erben zur Verfügung. Beim Zugriff auf eMails, die auf einem Server im Internet liegen, sieht es anders aus. Hier stellt sich die Frage, ob vom Betreiber des eMail-Dienstes Zugang zu den eMails verlangt werden kann. Dafür spricht, daß der Erbe oft auch vermögensrelevante Interessen an den eMails hat; schließlich können die meisten Verträge auch per eMail abgeschlossen und gekündigt werden und Gewährleistungsansprüche lassen sich auch per eMail reklamieren, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Nachdem eMails wenigstens zwei Beteiligte haben, nämlich Absender und Empfänger, ist aber auch an die Privatsphäre des Kommunikationspartners zu denken. In aller Regel wird er davon ausgehen, daß die eMail - genauso wie ein Brief - nur von demjenigen gelesen wird, an den sie adressiert ist. Gerade durch die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Fernmeldegeheimnis werden Anbieter von email-Diensten mit Anfragen von Hinterbliebenen lieber zurückhaltend umgehen. Es wird also schwer, den Zugang zum eMail-Account durchzusetzen. Bei De-Mail kommt noch dazu, daß der Betreiber verpflichtet ist, die Identität der Nutzer zu gewährleisten; den De-Mail-Account darf also kein anderer zum Versand von eMails benutzen als der Account-Inhaber, dessen Identität geprüft wurde. Erben haben hier allenfalls Zugriff auf die eingegangenen eMails.
Bei „social media“-Accounts sieht die Rechtslage etwas anders aus. Viele Anbieter dieser Dienste regeln in ihren Geschäftsbedingungen, was im Todesfall mit den Daten geschieht. Teilweise wird der Account umgestellt auf „inaktiv“ oder gleich gelöscht. Es gibt aber auch Anbieter wie Facebook, die sich weitestgehende Rechte an den Inhalten ihrer Teilnehmer einräumen lassen. Bei der rechtlichen Beurteilung ist hier auch zu unterscheiden zwischen den Nachrichten, die wie eMails behandelt werden, und anderen online gestellten Inhalten wie etwa Fotos, Videos oder Texten. Beispielsweise gibt es bei Fotos von Personen Rechte des Abgebildeten gemäß Kunsturhebergesetz § 22. Bei Blogeinträgen liegt in der Regel ein Sprachwerk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes vor. Fotos, die der Verstorbene gemacht und dann im Web eingestellt hat, sind regelmäßig als Lichtbildwerk vom Urheberrecht geschützt. Videos sind aus Sicht des Urheberrechts entweder Filmwerke oder Laufbilder. Der Erbe kann eigentlich über das an ihn vererbte Urheberrecht verlangen, daß das alles gelöscht, nicht weiter verbreitet wird oder daß ihm wenigstens die Nutzung durch das „social network“ angemessen vergütet wird. In der Praxis sehen die AGB von Facebook und einigen anderen Diensten aber vor, daß die Rechte weitestgehend an den Betreiber des Dienstes übertragen bzw. kostenlose Nutzungsrechte eingeräumt werden. Bei Facebook kommt noch hinzu, daß die AGB ausdrücklich ausschließen, daß die mit anderen „geteilten“ Inhalte gelöscht werden, solange die anderen das nicht von sich aus auch tun. Ob diese AGB wirksam sind, kann man sicher kritisch diskutieren. In der Praxis wird es jedoch schwer, ein Urteil nach deutschem Verbraucherschutzrecht an dem Ort zu vollstrecken, an dem der Server mit den Daten steht, die gelöscht werden sollen, bzw. an dem der Dienstbetreiber seinen Firmensitz hat. Selbst wenn mit dem anderen Land internationale Abkommen über die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen bestehen, müssen in der Praxis förmliche Verfahren durchlaufen und oft auch kostspielige Übersetzungen angefertigt werden. Wer Probleme vermeiden möchte, sollte sich schon vor der Teilnahme an solchen „social networks“ überlegen, ob die Bedingungen des Anbieters für ihn fair sind.
Wichtig ist für den Erben auch, daß er mögliche Verstöße des Erblassers gegen gewerbliche Schutzrechte beseitigt, sonst haftet er dafür. Solche Verstöße können vorliegen, wenn etwa fremde Marken oder eingetragene Designs ohne Erlaubnis verwendet werden. Auch der Erbe ist verpflichtet, solche Verstöße zu beseitigen (löschen) und einen möglichen Schaden des Rechteinhaber zu ersetzen.
Wenn der Erblasser eine eigene Website hatte, handelt es sich juristisch gesehen um vertragliche Nutzungsrechte, die beispielsweise mit der Denic bestehen. Diese Rechte werden vererbt, so daß der Erbe die Website übernimmt. Dabei ist eines sehr wichtig: Bei Impressumpflicht (Telemediengesetz §§ 5, 6) müssen die Angaben so schnell wie möglich aktualisiert werden. Sonst drohen Abmahnungen und andere Nachteile.
Grundsätzlich müssen Erben die Verbindlichkeiten des Erblassers begleichen, sagt das Gesetz in BGB § 1967. Das heißt, offene Rechnungen müssen bezahlt werden. Es gibt aber auch immer wieder Forderungen, die erst sehr spät auftauchen. Beispielsweise werden Darlehensforderungen erst fällig, wenn die vereinbarte Laufzeit abgelaufen ist oder wenn das Darlehen gekündigt wird. Wenn die Erben nichts von dem Darlehen wissen, kann das zu einer unangenehmen Überraschung führen, auch wenn der Erbfall schon einige Jahre zurückliegt. Bei einer Erbengemeinschaft ist es aber auch wichtig, daß der Nachlaß innerhalb einer angemessenen Zeit auseinandergesetzt werden kann - das heißt die Verbindlichkeiten beglichen und das, was danach verbleibt, unter den Miterben aufgeteilt wird.
Was können die Erben machen, um nicht plötzlich auf einem Schuldenberg zu sitzen? Das Gesetz sieht eine Reihe von Möglichkeiten vor, wie Erben ihre Haftung auf den Nachlaß beschränken können. Dann brauchen sie nicht mit eigenem Vermögen die Schulden des Erblassers bezahlen. Schließlich hat kein Gläubiger einen Anspruch darauf, daß sein Schuldner ihm zahlungskräftige Erben hinterläßt.
Eine Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung tritt von selbst in Kraft, ohne daß der Erbe etwas dafür tun muß: Die Verschweigungseinrede gemäß BGB § 1974 gibt Erben die Möglichkeit, all die Gläubiger, die sich erst mehr als fünf Jahre nach dem Erbfall melden, bei der Erfüllung der Verbindlichkeiten auf das zu verweisen, was mit dem Nachlaß erfüllt werden kann. Wenn also die Verbindlichkeiten (einschließlich Beerdigungskosten usw.) größer sind als der Wert der Nachlaßgegenstände, müssen die verspätet erhobenen Forderungen gegen den Nachlaß nur teilweise bedient werden.
Bei der Erbfolgeplanung kommt immer wieder das Gespräch auf die Steuerfolgen der Erbschaften und Vermächtnisse. Gerade dann, wenn ein im Testament Bedachter „nur“ Immobilien oder andere Sachwerte bekommen soll, kann die Erbschaftsteuer sehr große Schwierigkeiten verursachen. Immerhin liegt der Steuersatz für entfernte Verwandte zwischen 30% und 50% des steuerpflichtigen Erwerbs. Obwohl der Begünstigte einen Vermögenszuwachs hat, hat er dann nicht unbedingt genug Geld liquide, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen. Außerdem gibt es zahlreiche Steuervergünstigungen, die der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen hat, damit sie auch genutzt werden, beispielsweise Steuervorteile für vermietete Wohnimmobilien oder für bedeutende Kunstwerke, die nach dem Erbfall der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Damit diese Vergünstigungen mit bedacht werden, muß die Beratung zur Testamentsgestaltung oder anderweitigen Vermögensnachfolgeplanung auch kompetente Steuerberatung enthalten. Allzu häufig ist dann aber nicht bekannt, bei wem diese Beratung - möglichst aus einer Hand - zu haben ist. Nachdem die Steuerfragen nur das i-Tüpfelchen sein sollten, andere Fragen beim Vererben aber viel wichtiger sind, ist die Reihenfolge bei der Planung am besten so herum, daß zunächst ein Berater für das erbrechtliche Konzept konsultiert wird. Nachdem in Deutschland das Vorurteil weit verbreitet ist, daß nur Steuerberater sich mit Steuern auskennen würden, fragen viele Klienten ihren Rechtsberater (Anwalt oder Notar) gar nicht erst, ob er auch ein Auge auf die Steuerfolgen der rechtlichen Konstruktion hat. Dabei gehört Steuerberatung auch eindeutig zur Rechtsberatung, schließlich darf das Finanzamt nur aufgrund von Gesetzen Steuern erheben. Selbstverständlich kann heutzutage kein Mensch mehr sämtliche Rechtsgebiete gleichzeitig beherrschen. Für den Fachanwalt für Erbrecht gehören Erbschaft- und Schenkungsteuer aber zum Pflichtprogramm in der Ausbildung; hier bekommen Mandanten also eine ganzheitliche Beratung rund um Testament und damit zusammenhängende Steuern.
Wenn der Erbfall dann einmal eingetreten ist, läßt sich bei der Erbschaftsteuer auch noch häufig „etwas machen“, zum Teil auch Dinge die bereits bei der Beratung vor dem Erbfall zur Sprache kommen: Wenn der persönliche Steuerfreibetrag nicht ausreicht, kommen noch weitere Vergünstigungen in Frage. Beispielsweise gibt es den „Pflegefreibetrag“ für Personen, die den Erblasser gepflegt oder wenigstens im Haushalt mitgeholfen haben. Damit dieser zusätzliche Freibetrag von bis zu € 20.000,- genutzt werden kann, muß dem Finanzamt aber so detailliert wie möglich dargelegt werden, wofür diese Steuervergünstigung beansprucht wird. Damit sind die meisten Menschen überfordert, die einfach nur hilfsbereit waren und zugepackt haben, als sie gebraucht wurden.
Im aktuellen Erbfall des Monats hat eine Nichte der Erblasserin über mehr als ein Jahr lang ihre gebrechliche Tante jede Woche besucht, den Haushalt geführt, sie zu Arztterminen gefahren und den Pflegedienst organisiert. Nachdem das in der erforderlichen Form dargelegt war, hat sich der Erbschaftsteuerfreibetrag der Nichte verdoppelt. Man kann hier durchaus sagen, daß der Staat sich für die unbezahlte Hilfe durch die Verwandtschaft bedankt hat mit dem Steuergeschenk. Die Nichte der Erblasserin wäre ohne ihren Fachanwalt für Erbrecht aber leider nicht in der Lage gewesen, die Voraussetzungen dieser Steuervergünstigung gegenüber dem Finanzamt darzulegen. Wenn Vergünstigungen wie der Pflegefreibetrag bereits bei der Planung eines Erbfalls zur Sprache kommen, läßt sich von vornherein dokumentieren, welche der vom Steuerrecht anerkannten Leistungen wann erbracht werden.
„Laut Testament ist mein Vater Alleinerbe. Dürfen meine Geschwister Gegenstände einfach aus der Wohnung mitnehmen?“ war eine Anfrage, die vor kurzem über eine andere Website von Rechtsanwalt Stefan Mannheim gestellt wurde.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist gleich am Anfang des Erbrechts geregelt, daß im Todesfall das gesamte Vermögen des verstorbenen, also des Erblassers, auf den Erben übergeht (BGB § 1922 I). Das bedeutet, daß alle Gegenstände mit Vermögenswert dem Erben zustehen, selbst wenn der Wert sehr gering ist. Deshalb dürfen diejenigen Familienangehörigen, die nicht Erbe geworden sind, nichts davon mitnehmen. Wie gesagt gilt das für Gegenstände mit wirtschaftlichem Wert, die also verkauft werden können, auch wenn der Erlös sehr gering wäre. Gegenstände ist übrigens ein juristischer Fachausdruck, es ist der Oberbegriff für Sachen und Rechte.
Reine Erinnerungsstücke sind im Erbrecht etwas komplizierter zu beurteilen. Wenn es definitiv keinerlei materiellen Wert gibt, handelt es sich nicht um einen Vermögensgegenstand. Der Erbe wird aber nur Gesamtrechtsnachfolger für Vermögensgegenstände des Erblassers. Für Familienfotos, Liebesbriefe und andere Erinnerungsstücke kann das im Einzelfall bedeuten, daß sie nicht dem Erbe zustehen. Sofern lediglich das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen betroffen ist, kommt es im Einzelfall in Frage, daß die nächsten Angehörigen Vorrang vor dem Erben haben. Dabei ist es in der Praxis allerdings immer noch schwer genug, im Einzelfall die Abgrenzung zwischen Vermögenswert und rein persönlichem Gegenstand vorzunehmen. Bei Familienfotos von Prominenten gibt es nämlich durchaus einen Marktwert, und Liebesbriefe eine poetisch begabten Menschen können auch über das Urheberrecht einen wirtschaftlichen Wert haben.
Die Antwort, ob im Beispiel der Anfrage am Anfang des Erbfalls dieses Monats die Geschwister am Erben vorbei Sachen wegnehmen dürfen, ist trotzdem leicht: Wenn es Geschwister sind, sind sie gleich nahe Angehörige. Ohne Absprache untereinander sollten sie gar nicht erst daran denken, aus der Wohnung des Erblassers irgendwelche Sachen mitzunehmen.
Immer wieder bringen Menschen mit Wohnsitz in Deutschland Geld in die Schweiz. Dabei handelt es sich manchmal um Schwarzgeld oder Mafiagelder, oft ist das Geld aber völlig legal und wird nur deshalb in bei einer Schweizer Bank oder einem Vermögensverwalter in der Schweiz angelegt, weil das als besonders sicher gilt. Hält dieser Eindruck der meisten Geldanleger einem Vergleich der rechtlichen Rahmenbedingungen aus deutscher Sicht stand?
Im Erbrechts-Blog muß als erstes darauf hingewiesen werden, daß ein deutscher Erbschein zwar schon in der Schweiz grundsätzlich anerkannt wird. Bei Vollmachten ist das aber schon ganz anders: Die sogenannten transmortablen Vollmachten, die über den Tod hinaus gelten, werden in der Schweiz und vielen anderen Ländern nicht anerkannt. In Deutschland sind solche Vollmachten sehr beliebt, weil sie den Erben die Abwicklung des Erbfalls stark erleichtern. Wer eine solche Vollmacht hat, kann auch ohne Erbschein zum Beispiel bei Banken Geld überweisen oder abheben. Es muß also nicht das Verfahren abgewartet werden, bis der Erbschein erteilt ist. Und bei einem größeren Vermögen sind die Kosten für den Erbschein auch ein sehr wichtiges Argument dafür, daß der Erblasser eine Vollmacht erteilt, mit der später automatisch die Erben als seine Rechtsnachfolger vertreten werden. Wie gesagt wird eine Schweizer Bank so eine Vollmacht aber kaum akzeptieren.
Vor dem Erbfall gibt es aber noch größere Unterschiede zwischen dem deutschen und dem schweizerischen Recht: Sowohl Banken als auch Vermögensverwalter haben Allgemeine Geschäftsbedingungungen (AGB), die zusammen mit den staatlichen Gesetzen den rechtlichen Rahmen für die Beziehungen zwischen Anleger und Bank bzw. Vermögensverwalter regeln. Die AGB Schweizer Vermögensverwalter und Banken regeln fast immer, daß die vom Gesetz vorgesehene Nichtigkeit von Verfügungen nach Eintritt der Urteilsunfähigkeit (dem Schweizer Equivalent zur deutschen Geschäftsunfähigkeit) ausgeschlossen wird. Wenn der Kunde also dement wird und seine Anlageentscheidungen nicht mehr versteht, soll er nach diesen AGB auf seinem Verlust sitzenbleiben. Konkret bedeutet das dann: Wenn ein altes Großmütterchen mit mittelgrasiger Demenz nicht einmal mehr versteht, was Sparbuchzinsen sind, in diesem Zustand ihren Anlageberater in der Schweiz anruft und Finanztermingeschäfte wünscht, ist sie ihr Vermögen wohl tatsächlich innerhalb weniger Tage los; sie selber versteht das Geschäft ja wegen der Demenz nicht, der Anlageberater hat den Auftrag zum Kauf hochspekulativer Anlangen entgegengenommen, und die Schweizer AGB wollen verhindern, daß das Geschäft als unwirksam gilt.
Der deutsche Leser dieses Beispielsfalls wird jetzt denken: Das ist ein Schauermärchen, so etwas kann es gar nicht geben. Nach Schweizer Recht ist es aber tatsächlich möglich, die Nichtigkeitsfolge einer später eintretenden Urteilsunfähigkeit wirksam auszuschließen. Der Anlageberater muß dann nur noch seine Beratungspflichten erfüllen, auch wenn der Kunde das Beratungsgespräch gar nicht mehr versteht. Der Verfasser dieser Zeilen hatte übrigens einen ganz konkreten Praxisfall, in dem ein Vermögensverwalter aus der Schweiz seine Kundin in Stuttgart auf der Demenzstation eines Pflegeheims besucht hat, um Unterschriften einzuholen, die nach Schweizer Recht immer noch wirksam waren. Die Geldanlage ging dann auch hoc hschief, so daß die ehemals reiche Frau in den letzten Monaten auf Sozialhilfe für ihre Pflegekosten angewiesen war. Das ist sehr tragisch für den betroffenen dementen Mensch, und nicht einmal seine Erben werden das verlorene Geld wieder zurückholen können.
An diesem Beispiel sieht man einmal mehr: Wer im „sicheren“ Ausland Geld anlegt, sollte sich vorher genau anschauen, was in den ausländischen Gesetzen und in den AGB seiner Bank oder des Vermögensverwalters steht. Vorsicht ist hier besser als Nachsicht.
Ältere Menschen haben oft stattliche Ersparnisse. Das ist einerseits ein schönes Polster für Notlagen, lockt andererseits aber auch unseriöse Leute zum „Geschäftemachen“ an. „Die Alten“ gelten bei unseriösen Geschäftemachern als leicht zu beeinflussen.
Schauen wir uns als Praxisbeispiel das „Umschichten“ von Geldanlagen an: Häufig sind Kundenbetreuer der Bank und Inhaber von Versicherungsagenturen seit langen Jahren Vertrauenspersonen in geschäftlichen Dingen. Es gibt aber auch schwarze Schafe unter den Finanzberatern die es ausnutzen, wenn man selbst nicht so recht versteht, welche Möglichkeiten es für Geldanlage gibt. Bei der Vermittlung von Kapitalanlagen werden in aller Regel Provisionen gezahlt. Deshalb ist jedes Umschichten von einem Anlageobjekt in ein anderes für den Finanzvertrieb lukrativ. Das wird gelegentlich ausgenutzt, um ohne objektive Notwendigkeit ein Wertpapierdepot noch einmal zu „drehen“ (=umschichten in andere Anlagen, oft mit mehreren Prozent Ausgabeaufschlag bzw. Provision) oder um bestehende Geldanlagen zu kündigen und das Geld in eine Kapitalrente zu stecken.
Im Erbfall des Monats wurde einer finanziell bestens abgesicherten Dame im 85. Lebensjahr und kurz nach Einleitung des Betreuungsverfahrens ein Formular zur Kündigung einer gut verzinsten Anlage und ein Formular zum Abschluss einer Sofortrente vorgelegt. Zu diesem Zweck kamen eine Bankangestellte und zwei Versicherungsvertriebler über längere Strecken zu der alten Dame nach Hause gefahren. Die alte Dame fand damals nicht einmal mehr den Weg zu ihrem angestammten Steuerberater. Vor diesem „Geschäft“ hatte sie bereits Renteneinkünfte von mehr als € 30.000,- im Jahr, eine schuldenfreie Eigentumswohnung und mehr als eine Million Euro bei mehreren Banken angelegt. Für dieses Gespräch benötigten die drei „Berater“ für An- und Abreise sowie das Gespräch mit der Kundin jeweils einen halben Arbeitstag. Warum machten sie sich diese große Mühe, die der Bank ja auch hohe Betriebskosten verursachte, fragt sich wohl jeder normale Mensch? Der einzige ersichtliche Grund für dieses Geschäft ist die Provison: Die gut verzinste Geldanlage brachte der Bank keine Vorteile mehr, bei der Kündigung des Sparvertrags und Abschluss einer Sofortrente konnte die Bank jedoch mit einigen tausend Euro Vermittlungsprovision rechnen. So etwas ist dann natürlich auch für die nächste Gehaltserhöhung der Anlageberaterin bei der Bank relevant, ihr Vorgesetzter war sicher sehr zufrieden mit dem guten Geschäftsabschluß.
Nach der Bestellung eines Betreuers für die Dementi alte Dame hätte der Berufsbetreuer keine unnötigen „Umschichtungen“ mehr zugelassen. Also mußte das Geschäft schnell noch abgeschlossen werden. Die alte Dame hatte ihr Leben lang auf die Seriosität ihrer Bankberater vertraut, sie wurde bis dahin auch noch nie in ihrem Vertrauen enttäuscht. Sie selbst merkte wegen ihrer Demenz nicht mehr, daß das Geschäft ihr überhaupt keine Vorteile brachte. Im Gegenteil: Der Versicherungsvertrag war nicht mit ihrem Testament abgestimmt, so daß bei ihrem Tod ein halbes Jahr später auch noch ein großer Geldbetrag an entfernte Verwandte ging, von denen nur ein Teil im Testament mit so großen Beträgen bedacht war.
Der Betreuer wurde kurz nach diesem fragwürdigen Geschäft vom Amtsgericht bestellt. Er prüfte aber nicht die alten Verträge sondern „nur“ im Rahmen seiner Aufgaben das, was aktuell Neues anlag. Die Bank und die Versicherung hörten also nichts mehr bis zum Erbfall. Da wird den Erben dann gerne etwas vorgemacht, die Demenz sei „nicht erkennbar“ gewesen, es gebe „keine Pflicht zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit“ usw. In unserem Fall haben die schwarzen Schafe der Finanzbranche aber auf Granit gebissen: Der Testamentsvollstrecker war bereit, die Sache aufzuklären und unwirksame Geschäfte rückgängig zu machen. Er wies diese Einwände zurück und erklärte der Bank die Rechtslage: Im Gesetz ist eindeutig geregelt, daß der Schutz Geschäftsunfähiger absoluten Vorrang hat. Es besteht gerade kein Vertrauensschutz darauf, daß jemand geschäftsfähig ist. Das ist zwar schmerzlich für denjenigen, der bei einem nichtigen Geschäft wegen unerkannter Geschäftsunfähigkeit viel Geld verliert. Der Vertragspartner eines dementen Menschen steht aber trotzdem nicht besser da als der Geschäftsunfähige: Unsere Gesetze gehen nämlich davon aus, daß jeder Volljährige grundsätzlich als geschäftsfähig anzusehen ist, außer das Gegenteil wird bewiesen. Wenn die schlechten Geschäfte eines dementen Menschen also für nichtig erklärt werden sollen, muß der Demente bzw. sein Betreuer die Geschäftsunfähigkeit in dem Zeitpunkt nachweisen können, zu dem der Vertrag abgeschlossen wurde; nach dem Tod haben dann der Erbe oder Testamentsvollstrecker diese Hürden zu nehmen. Die spannenden Fragen sind dann, ab wann ein Zustand schlecht genug ist, um von Geschäftsunfähigkeit auszugehen und wie man das beweist.
Ab der Diagnose „mittelgradige Demenz“ kann man in aller Regel von Geschäftsunfähigkeit ausgehen. Die mittelgradige Demenz ist im übrigen fast immer auch für einen Gesprächspartner erkennbar , der die heutzutage vorgeschriebenen ausführlichen Beratungsgesprächen zur Anlageberatung durchführt. Auf die Erkennbarkeit kommt es zwar überhaupt nicht an, man kann sich aber sein Teil denken über die Seriosität eines Unternehmens, das seine fragwürdigen Geschäfte mit diesem Scheinargument zu retten versucht.
Im Erbfall dieses Monats lag einerseits das Gutachten der Amtsärztin aus dem Betreuungsverfahren des Amtsgerichts vor, die die Geschäftsunfähigkeit kurz nach dem „Geschäftsabschluß“ zweifelsfrei bescheinigte. Außerdem hatte ein Neurologe ein paar Monate zuvor eine Demenz sowie eine durch organische Veränderungen im Hirn bedingte Paranoia bescheinigt. Ein Bankangestellter, der für rechtliche Fragen dieser Bank zuständig ist, tat diese Diagnosen als „private Meinungsäußerungen“ der Ärzte ab und schrieb dem Testamentsvollstrecker, daß seine Bank keine Veranlassung sehe, auch nur die Vermittlungsprovision für dieses „Geschäft“ herauszugeben. Nachdem der Testamentsvollstrecker in diese Fall im Hauptberuf Rechtsanwalt ist, wird der Fall sicher bald vom Landgericht entschieden. Dafür ist dann noch ein Punkt wichtig, nämlich die Beweislast:
Bewiesen wir die Geschäftsunfähigkeit in der Regel durch das Gutachten eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie. Einige Ärzte sind als Gutachter darauf spezialisiert, derartige Fragen zu beantworten. Immer wieder gelingt sogar eine sichere Einschätzung auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit; dabei helfen dann beispielsweise Schreiben des Dementen aus der damaligen Zeit oder Wahrnehmungen aus dem Umfeld wie zum Beispiel Notizen von Gesprächspartnern oder auch Eintragungen in den Akten des Hausarztes oder eines Krankenhauses. Am Ende werden die teuren Gutachten von dem bezahlt, der das Gerichtsverfahren über die Rückabwicklung des nichtigen Geschäfts verliert. Und wer die Rückabwicklung der nichtigen Geschäfte verweigert, obwohl einschlägige ärztliche Gutachten zur Geschäftsunfähigkeit bereits vor Klageerhebung vorlagen, findet seinen Namen vielleicht noch in Presseberichten über das Gerichtsverfahren wieder, das ja öffentlich verhandelt wird.
Häufig schenken ältere Menschen einen Teil ihres Vermögens an Ihre zukünftigen Erben. Damit sich „im Alltag nichts ändert“, erfolgt die Schenkung oft unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs. Das heißt, der Schenker hat weiterhin den Nutzen an dem verschenkten Gegenstand, während der Beschenkte bis zum Wegfall des Nießbrauchs „nur“ das Eigentum ohne das Recht auf Nutzung hat. Wenn auf diesem Weg die selbst bewohnte Eigentumswohnung verschenkt wird, soll sich der Nießbrauch oft auch auf den Ehegatten des Schenkers erstrecken.
Ist die Umsetzung dieser Regelung in der Praxis einfach? Derartige Verträge können sehr schnell abgeschlossen werden. Auch der Eintrag ins Grundbuch ist ein alltäglicher Vorgang ohne großen Aufwand. Im Lauf der Jahre ergeben sich aber häufig Probleme, an die bei der Übertragung von Eigentumswohnungen unter Nießbrauchsvorbehalt nur selten gedacht wird. Schauen wir uns zdrei derartige Probleme an, die gerne gleichzeitig auftreten:
Wenn der Vertrag nichts regelt, gilt nach der groben Regelung des Gesetzes zur Kostenverteilung beim Nießbrauch folgendes: Der Nießbraucher trägt die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung, während der Eigentümer die außerordentlichen Lasten zu tragen hat. Salopp ausgedrückt bedeutet das, daß der Nutzer der Eigentumswohnung aus den Hausgeldabrechnungen die laufenden Kosten einschließlich Instandhaltung bezahlt und der Eigentümer für die Instandsetzung defekter Dinge, Sanierungen usw. aufkommen muß. Wie leicht läßt sich das in der Praxis aufteilen? Aus der Hausgeldabrechnung einer Wohnungseigentümer Gemeinschaft kann man normalerweise nicht auf den ersten Blick ablesen, was denn nun für Instandhaltung und was für Instandsetzung erforderlich war. Bei Wartungskosten kann man sich sowieso darüber streiten, inwieweit Instandhaltung und inwieweit Instandsetzung betroffen ist. Manchmal werden die beiden Begriffe auch miteinander verwechselt. Ein weiteres Problem entsteht speziell bei der Eigentumswohnung dann, wenn Eigentümer und Nießbraucher sich über die Kostenteilung nicht einig werden. Vor Gericht kommt es letztlich auch darauf an, wie die Beweislast verteilt ist. Will der Eigentümer Kosten ersetzt haben, muß er diese Kosten beweisen können. Das geschieht in der Regel durch die Vorlage von Rechnungen als Nachweis der entstandenen Kosten; die Rechnungen sind dann Urkunden als Beweismittel. Der Prozeßgegner kann aber auf der Vorlage der Originalurkunden im Gerichtssaal bestehen. Diese Originale sind aber in der Hand des Hausverwalters, der höchstens Kopien aus der Hand geben wird. Bei einer Wohnung im Hochhaus wird es sich außerdem jedes Jahr um mehrere Aktenordner voll Rechnungen für das ganze Haus handeln, diese Menge an Unterlagen läßt sich in der Praxis nicht einmal als Kopie mit einem vernünftigen Aufwand im Gerichtsverfahren vorlegen.
Nach dem Tod des Schenkers kann es leicht zu unerwarteten Spannungen führen. Die familiäre Situation wirkt sich eben auch auf das Verhältnis zwischen dem Eigentümer der Wohnung (dem Beschenkten) und dem länger lebenden Nießbraucher aus. Wenn der länger lebende Nießbraucher eine neue Partnerin des Schenkers ist, ist sie für ein beschenktes Kind die Stiefmutter. Und häufig ist das Verhältnis zu Stiefeltern anders als das zu den eigenen Eltern. Dabei darf man auch nicht vergessen, daß der Beschenkte zwar das Eigentum an der Wohnung geschenkt bekommen hat. Außer dem Aufwand für alles, was nicht vom Nießbraucher bezahlt werden muß, hat der Eigentümer ja aber noch überhaupt keinen Nutzen davon.
Und die Kosten für eine Sanierung oder dergleichen kann der Eigentümer deshalb nicht einmal bei der Einkommensteuererklärung berücksichtigen, weil er ja anders als ein Vermieter keinen Nutzen von der Wohnung hat.
Zur Vermeidung dieser Probleme lohnt es sich, die Verteilung der möglichen Lasten (Kosten) etwas ausführlicher zu regeln, als das in den meisten Vertragsvordrucken der Fall ist. Wer sich bei einer individuellen auf eine pauschale Regelung im Gesetz oder in einem Vertragsformular verlässt, hat eben keine maßgeschneiderte Lösung für den eigenen, individuellen Fall.
Ein Witwer wollte, daß nach seinem Tod sowohl seine Lebensgefährtin als auch die erwachsenen Kinder mit seinem hinterlassenen Vermögen ordentlich versorgt werden. Er überlegte sich, wie er das regeln kann, und setzte ein Testament auf. Darin bekamen die Beteiligten ihre Erbquoten zugewiesen. Nachdem er gehört hatte, daß das Aufteilen eines Nachlassen schwierig ist und schnell zum Streit führt, wollte er es besser regeln als die meisten anderen es tun. Er suchte einen Testamentsvollstrecker, der nicht selbst Teil der Erbengemeinschaft ist.
Der Schwiegersohn ist Bankangestellter. Für den Erblasser war klar, daß der der Richtige für diese Aufgabe sei. Er wurde in der letztwilligen Verfügung zum Testamentsvollstrecker ernannt mit der Aufgabe, „den Nachlaß gerecht abzuwickeln“.
Nun mag es ja sein, daß viele Bankangestellte halbwegs solide Grundkenntnisse im Erbrecht haben und manche sogar ein Spezialisierungsseminar absolvieren. Neben der Berufstätigkeit her ein Testamentsvollstreckeramt auszuüben ist dann aber doch eine gewisse Herausforderung, zumal Fachliteratur zum Erbrecht ohne wirklich einschlägige Berufstätigkeit meist nicht vorhanden ist, und ohne das richtige Handbuch kann man bekanntlich nicht einmal mehr ein Auto reparieren. Wenn dann der Schwiegersohn des Erblassers eben doch irgendwie als Ehemann einer Miterbin und Schwager eines anderen Miterben in die Familie persönlich involviert ist, sind auch Konflikte zwischen den Beteiligten durchaus denkbar. Im Erbfall wird eben so manches Problem sichtbar, das bis dahin um des Familienfriedens Willen nicht thematisiert wurde oder bei dem der Erblasser bzw. die Erblasserin zeitlebens „den Deckel drauf gehalten“ hat.
Im Erbfall dieses Monats kommt noch dazu, daß das Wort „gerecht“ gut gemeint war. Allerdings ist hier gut gemeint sprichwörtlich das Gegenteil von gut gemacht: Juristen lernen im Studium neben den Gesetzen und ihrer Auslegung auch Rechtsphilosophie. Dieses Fach beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach der Gerechtigkeit. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Ansichten, was gerecht ist. Die Bandbreite der Gerechtigkeitstheorien reicht von gleichmäßiger Verteilung (alle bekommen gleich viel) über Verteilung nach den Bedürfnissen des einzelnen bis hin zur leistungsabhängigen Verteilung oder gar einer Verteilung nach einer mathematischen Formel mit dem Ziel, die maximierte Summe der Einzelvorteile einer ganzen Gesellschaft zu berücksichtigen. Wenn im Testament steht, daß etwas gerecht verteilt werden soll, ist man also keinen Schritt weiter als wenn das nicht erwähnt wäre. Besser wäre es gewesen, der Erblasser hätte seine persönliche Vorstellung von Gerechtigkeit ins Testament geschrieben oder ganz auf diesen Hinweis verzichtet. So versteht nun jeder der Beteiligten etwas anderes darunter und meint, genau das sei doch eindeutig die Vorstellung des Erblassers von einer „gerechten Verteilung“ seines Nachlasses gewesen. Den Erblasser selber kann man nicht mehr fragen, sein Testament wird ja erst „richtig ausgelegt“, wenn er verstorben ist. Und nahestehende Personen fragen ist müßig, die sind schließlich die Erbengemeinschaft und der Testamentsvollstrecker, die unter demselben Wort „gerecht“ sehr unterschiedliche Dinge verstehen. Eine fachmännisch formulierte Regelung im letzten Willen hätte vielleicht für die Beratung etwas mehr gekostet, meistens wird damit aber ein Streit in der Verwandtschaft vermieden.
Wenn ein fremdes Auto in einer geerbten Garage steht, hält die Freude an der Erbschaft nicht lange an. Für den Erben stellt sich die Frage: Wie kann die Garage mit legalen Mitteln geräumt werden?
Wenn bekannt ist, wenn das Auto gehört, ist es leicht. Der Eigentümer der Garage kann verlangen, daß das Auto von seinem Garagenplatz weggeschafft wird. Wenn das geschieht, kann er auf Räumung klagen und das Urteil durch den Gerichtsvollzieher vollstrecken lassen.
Manchmal ist aber nicht bekannt, wenn ein Auto ohne Zulassung gehört. Oder der Eigentümer ist zwar bekannt, nicht aber sein Aufenthaltsort. Damit sind keine Zustellungen möglich, er kann weder zur Räumung aufgefordert noch auf dem normalen Weg verklagt werden.
Das Auto kann auch nicht einfach so weggeschafft werden. Spätestens bei der Verschrottung müssen Fahrzeugpapiere vorgelegt werden, damit nicht irgendjemand fremde Autos verschrotten läßt. In der Praxis geht ohne die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) nichts.
Wenn der letzte Halter des Fahrzeugs nicht gefunden werden kann, weil er seinen Wohnsitz nicht angemeldet hat und auch sonst niemand eine aktuelle Adresse kennt, wird die Räumung also ziemlich schwierig. In solchen Fällen sind gute Rechtskenntnisse und ein wenig Kreativität gefragt.
Ein geschickter Rechtsanwalt wird es schaffen, Ersatzdokumente ausstellen zu lassen und mit Hilfe eines Räumungstitels eine Räumung durch den Gerichtsvollzieher zu veranlassen. Dafür ist freilich ein wenig mehr Zeit erforderlich als bei einer normalen Räumung. Wenn noch kein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt (z.B. Räumungsurteil, Zuschlagsbeschluß aus Zwangsversteigerung oder Teilungsversteigerung), ist ein Gerichtsverfahren mit Zustellungen an den Beklagten mit unbekanntem Aufenthalt erforderlich. Und vor einer Räumung durch den Gerichtsvollzieher ist die Zustellung der Ankündigung der Räumung notwendig. Bei unbekanntem Wohnsitz und Aufenthalt erfolgen die Zustellungen in der Regel dadurch, daß sie beim Prozeßgericht und danach auch beim Vollstreckungsgericht mehrere Wochen lang am schwarzen Brett aushängen. Nachdem dort fast niemand nachschaut, ist es aber bei richtig formulierten Anträgen nur noch eine Frage der Zeit, bis die Räumung dann auch durchgeführt wird.
Wenn das abgeschleppte Auto noch einen Restwert hat, kann es durch den Gerichtsvollzieher auch verwertet werden, damit die Vollstreckungskosten mit dem Erlös bedient werden. Ansonsten muss der Eigentümer der Garage damit rechnen, daß er auf den Kosten der Räumung sitzen bleibt. Immerhin hat er dann aber seine Garage zur freien Verfügung.
Immer wieder gibt es Grund dazu, über die Reduzierung eines Pflichtteils nachzudenken. Der Pflichtteil kann zwar nur in Extremfällen entzogen werden, in gewissen Grenzen kann er allerdings reduziert werden. Es gibt Möglichkeiten mit besonders weitreichenden Folgen, indem man neue Pflichtteilsberechtigte „herbeizaubert“. Durch diese neuen Pflichtteilsberechtigten verringert sich die Pflichtteilsquote der bisherigen Pflichtteilsberechtigten. Eine dieser Strategien zur Reduzierung des Pflichtteils eines mißratenen Kindes ist die Adoption.
Im Erbfalles Monats hat der Sohn eines Ehepaars nach dem Tod der Mutter den Pflichtteil verlangt. Die Mutter war verstorben. Sie hatte ihren Ehemann, den Vater des Sohnes, durch Testament zum Alleinerben eingesetzt. Der Sohn hat nicht nur den Pflichtteil eingefordert sondern seinen Vater bei der Gelegenheit auch noch aufs übelste beschimpft. Der Vater wollte daraufhin nicht mehr, daß dieser Sohn auch nach seinem Tod einen nennenswerten Teil des Vermögens bekommen werde. Er rechnete damit, daß der Sohn auch nach seinem Tod den Pflichtteil verlangen werde, wenn er enterbt ist. Also sollte der Pflichtteil möglichst gering ausfallen.
Der Vater hatte eine Bekannte, die ungefähr eine Generation jünger war als er selber und die aus freundschaftlicher Verbundenheit und Gefälligkeit sehr viel für ihn tat. Somit bot es sich an, sie zu adoptieren. Adoptivkinder gelten im Pflichtteilsrecht nämlich genauso viel wie leibliche Kinder. Und je mehr Kinder ein Erblasser hinterläßt, desto geringer wird die Pflichtteilsquote des einzelnen Kindes. Bei den Auswirkungen der Option gibt es Unterschiede zwischen der Adoption von Minderjährigen und von Volljährigen.
Die Adoption eines Minderjährigen begründet die rechtliche Verwandtschaft zwischen dem Annehmenden und dem Kind. Die meisten Rechtsansprüche aus dem Verwandtschaftsverhältnis zu den Blutsverwandten erlöschen durch die Adoption.
Bei der Annahme eines Volljährigen - und die ist als Pflichtteilsstrategie sehr viel häufiger - erstrecken sich die Wirkungen der Adoption nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Die Rechte und Pflichten aus dem Verwandtschaftsverhältnis des Angenommenen und seiner Abkömmlinge zu ihren Verwandten werden durch die Annahme nicht berührt, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Allerdings entstehen durch die Adoption auch Unterhaltspflichten. So ist der Adoptierende vorrangig vor den leiblichen Verwandten des Adoptierten zum Unterhalt für den Adoptierten verpflichtet, wenn der in finanzielle Not gerät. Wenn das akzeptabel ist, kommt eine Adoption freilich in Betracht.
Mehrfache Staatsangehörigkeit kommt immer häufiger vor und wird seit Jahren als Segen in einer modernen, multikulturellen Gesellschaft gepriesen. Manchmal ist es gut zu überlegen, was für Konsequenzen das dann hat. Welche Auswirkungen hat eine Staatsangehörigkeit eigentlich auf Erbfälle? Wer mehrere nationale Identitäten hat, vervielfältigt damit auch seine juristischen Fragen und die möglichen Probleme. Das bedeutet aber noch lange nicht, daß auch die Kenntnisse der ‚Spielregeln für das richtige Leben‘ (auf amtsdeutsch: der Rechtsordnung) größer werden als beim ‚konservativen‘ Staatsbürger mit nur einer Staatsangehörigkeit. Schauen wir uns anhand des folgenden Beispielsfalls an, wie sich mehrfache Staatsangehörigkeit auf Erbschaften auswirkt:
Der kinderlose Erwin wollte mit 50 Jahren noch mal etwas unternehmen. Er zog vom gelobten Schwabenland nach Argentinien. Dort lernte er eine Frau kennen, die ihm gefiel. Diese Frau hatte deutsche Vorfahren und sprach auch ganz gut deutsch. Die beiden heirateten wenig später, Erwin kaufte ein Haus in Buenos Aires und genoß dort den vorzeitigen Ruhestand. Er sorgte sich um nichts weiter, behielt die deutsche Staatsangehörigkeit und hatte durch seine argentinische Frau ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Ehevertrag oder sonstige Regelungen gibt es keine, Erwin und seine Frau wollten keine Formalien erledigen sondern das Leben unbeschwert genießen.
Als Erwin starb, fing der Ärger aus zwei Gründen an:
(1.) Die argentinische Witwe war es gewohnt, daß die Witwe eines kinderlosen Erblassers Alleinerbin wird. Erwin hatte ja kein Testament hinterlassen, also galt die gesetzliche Erbfolge. Und nachdem er seinen Wohnsitz in Argentinien hatte, galt aus argentinischer Sicht das argentinische Erbrecht. Die deutschen Geschwister von Erwin hatten hier eine andere Vorstellung, weil das deutsche Erbrecht nicht vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt sondern von der Staatsangehörigkeit des Erblassers abhängt. Und Erwin war ja Deutscher geblieben, er hat keine zweite Staatsangehörigkeit beantragt. Nach deutschem Erbrecht wird die Witwe des kinderlos verstorbenen Erblassers ‚nur‘ Miterbin in Erbengemeinschaft mit den Verwandten der zweiten Erbordnung.
Die deutschen Verwandten wollten als Miterben wissen, was alles zum Nachlaß gehört. Sie wollten sich an den Verbindlichkeiten des verstorbenen Bruders mit ihrer jeweiligen Erbquoten beteiligen und auch ihren Anteil an dem Haus in Buenos Aires haben, das zum Nachlaßbestand gehörte. Außerdem hatte Erwin noch ein Bankkonto und eine kleine Mietwohnung im Heimatort in Deutschland, was die Erbengemeinschaft ja auch alles gemeinsam abwickeln mußte. Sie hielten ihr Angebot für fair, daß die Abwicklung im jeweiligen Land durch die dortigen Verwandten erledigt wird und dann am Ende das gesamte geerbte Vermögen durch die Erbquoten geteilt und im Rahmen der Nachlaßteilung auf die einzelnen Erben aufgeteilt wird.
Die argentinischen Verwandten waren massiv darüber verärgert, daß die deutschen Verwandten sich überhaupt nach der Erbschaft erkundigten. Sie gingen ja wegen des argentinischen Erbrechts davon aus, daß außer der Witwe niemand etwas erbt. Daher hielten sie die Geschwister des Erblassers für Erbschleicher und gaben keine Auskünfte; für das Vermögen in Deutschland beantragte die Witwe beim Nachlaßgericht einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns auswies.
Umgekehrt hielten die deutschen Verwandten die Sippe der Witwe für Erbschleicher, die Ihnen die Erbteile streitig machten, die ihnen nach deutschem Recht zustanden. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit wäre bereits an dieser Stelle ein Problem, das kaum zu lösen ist: Eine Person kann ja nicht gleichzeitig zweimal beerbt werden, um den Nachlaß jeweils einmal nach den Regeln der Erbrechte aller seiner Staatsangehörigkeiten zu verteilen.
Bei Immobilien ist es bei solchen Kollisionen nationaler Rechte eigentlich relativ einfach: Das Grundbuchamt geht von dem Erbrecht und von dem ‚Internationalen Privatrecht’ aus, das nach den Regeln dieses Landes anzuwenden ist. In Erwins Erbfall wird also jedenfalls das Eigentum an der Wohnung in Deutschland wegen der deutschen Staatsangehörigkeit des Erblassers nach deutschem Erbrecht auf seine Erbengemeinschaft übergehen. Die Geschwister des kinderlosen Erwin erben hier also auch einen Anteil. Nur: Wie hoch ist der? Als Randbemerkung sei darauf hingewiesen, daß ein schwer lösbares Problem vorläge, wenn Erwin nach seinem Umzug ins Ausland mit mehreren Staatsangehörigkeiten aber ohne Testament verstorben wäre. Mehrfache Staatsangehörigkeit ruft besondres laut nach einer individuellen Regelung, einer letztwilligen Verfügung. Und die wird nur dann reibungslos abzuwickeln sein, wenn ein sehr kompetenter Berater an der Formulierung der testamentarischen Regelung mitwirkt.
(2.) Bei Erwins Erbfall kommt hoc einer zweite Fragestellung dazu: Die Erbquote der Witwe hängt im deutschen Erbrecht außerdem vom Ehegüterstand ab. Wer in Deutschland verheiratet ist und keinen Ehevertrag schließt, hat den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft als Güterstand. Und in der Zugewinngemeinschaft bekommt der länger lebende Ehegatte zusätzlich zur Erbquote ins weiteres Viertel vom Nachlaß als pauschalierten Zugewinnausgleich. Diese Erhöhung des Ehegattenerbteils bekommt die Witwe aber nur, wenn sie mit Erwin in der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, jedoch in keinem anderen Güterstand.
Erwin hat ja aber in Argentinien eine ausländische Staatsangehörige geheiratet. Damit stellt sich die Frage, ob deutsches Ehegüterrecht überhaupt angewendet werden kann. In diesem konkreten Fall, in dem die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben und mit einem gemeinsamen Wohnsitz außerhalb Deutschlands geheiratet haben, gilt gemäß deutschem ‚Internationalem Privatrecht‘ (AGBGB Artt. 14 Abs. 1, 15 Abs. 1) in Erwins Fall argentinisches Ehegüterrecht. Die dortige ‚sociedad conyugal‘ ist nicht mit der deutschen Zugewingemeinschaft vergleichbar, es handelt sich vielmehr um eine sogenannte ‚Errungenschaftsgemeinschaft‘ des Ehepaars. Somit scheidet de pauschalierte Zugewinnausgleich für Erwins Witwe aus. Das dachten jedenfalls seine Geschwister und beantragten einen Erbschein mit entsprechenden Erbquoten: Für die Witwe 1/2, für jeden der zwei Brüder 1/4 als Erbteil. Beim Erbscheinsantrag wurde unter anderem die Heiratsurkunde des Standesamts von Buenos Aires vorgelegt, in dem die Witwe ‚nur‘ als argentinische Staatsangehörige bezeichnet ist.
Der Erbschein gefiel der Witwe und ihren Verwandten nicht. Sie beauftragten einen Anwalt, den Erbschein einziehen zu lassen und einen neuen Erbschein unter Berücksichtigung des pauschalierten Zugewinnausgleichs zu erteilen. Als Begründung wurde plötzlich genannt, daß die Witwe ihr Leben lang deutsche Staatsangehörige war, also die Voraussetzungen des EGBGB Art. 14 Abs. 1 Ziffer 1 vorlagen, wonach für zwei deutsche Ehegatten das deutsche Ehegüterrecht gilt, egal wo sie leben oder wo sie geheiratet haben. Die mehrfache Staatsangehörigkeit war wohl eine Folge emotionaler Verbundenheit mit den Vorfahren gewesen, ohne auf die Folgen zu achten. In diesem Fall hat sie hier einiges an Ärger in die Familie gebracht und auch beim Nachlaßgericht einigen zusätzlichen Aufwand bedeutet, bis der richtige Erbschein erteilt war.
Dieses Beispiel zeigt, wie problematisch eine rein emotional getroffene Entscheidung für mehrere Staatsangehörigkeiten sein kann. Früher mußte man auswandern, damit verschiedene nationale Erbrechtsordnungen sich gegenseitig in die Quere kommen. Mit mehrfacher Staatsangehörigkeit würde das zweiteilige Beispiel sogar dann zum Problem führen, wenn ein Erblasser mit mehrfacher Staatsangehörigkeit nie aus seinem beschaulichen Heimatdorf herausgekommen ist.
Die Erbschaftsteuer kann einen Erben oder Vermächtnisnehmer nicht nur Geld kosten, manchmal führt es auch zu Verzögerungen bei der Abwicklung des Nachlasses. Leider haben diese Nachlaßempfänger oft keine Geduld mit dem erforderlichen Verfahren, was häufig an fehlenden Kenntnissen der etwas diffizilen Rechtslage liegt.
Wenn der Begünstigte einer letztwilligen Verfügung nämlich im Ausland wohnt, oder wenn Vermögenswerte ins Ausland bringen möchte (beispielsweise durch eine Überweisung auf ein ausländisches Bankkonto), dann sollte wegen der Erbschaftssteuer zunächst abgewartet werden. Das Erbschaftsteuergesetz nimmt in diesen Fällen nämlich Banken, Lebensversicherungen und andere sogenannte Vermögensverwahrer in die Haftung für die Erbschaftsteuer; Vermögensverwahrer sind beispielsweise auch Testamentsvollstrecker. Der Grund für diese Haftung ist, daß das Finanzamt Steuerschulden im Ausland kaum vollstrecken kann. Deshalb wird derjenige, der Vermögensgegenstände aus dem Nachlass in Verwahrung hat, in die Haftung genommen.
Für Erben und Vermächtnisnehmer bedeutet das, daß sie zunächst die Klärung ihrer Erbschaftsteuer abwarten müssen, bevor sie die Herausgabe der Erbschaft oder des Vermächtnisses durchsetzen können. Ein gut beratener Vermögensverwahrer wird erst etwas ins Ausland herausgeben, wenn er vom Finanzamt eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten hat. Die Erben und Vermächtnisnehmer können das ganze beschleunigen, indem sie sich selber um die Erbschaftsteuer kümmern. Sie sind nämlich in der Regel die einzigen, die zügig vollständige Angaben machen können, was sie alles aus der Erbschaft, von Lebensversicherungen und anderen Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall und durch Schenkungen in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall vom Erblasser bzw. der Erblasserin erhalten haben. Wegen der Hinzurechnung dieser Schenkungen aus letzten zehn Jahren ist es für Testamentsvollstrecker, Banken und Versicherungen in aller Regel unmöglich, ihre Haftung im konkreten Fall einzuschätzen. Wenn die Erben oder Vermächtnisnehmer sich um eine schnelle Erledigung der Erbschaftsteuer kümmern, kann die Abwicklung des Nachlasses zügiger erledigt werden.
Das Testament, auch letzter Wille genannt, muß nicht der allerletzte Wille sein. Solange ein Mensch lebt, darf er selbstverständlich mit seinem Vermögen machen, was er bzw. sie will. Und immer wieder verschenken beispielsweise ältere Damen Schmuckstücke an jüngere Verwandte oder Freunde. Wenn dieses Schmuckstück im Testament jemandem vermacht ist, stehen die Erben bzw. der Testamentsvollstrecker vor der Frage, welche Ansprüche dann die Rechtslage für die Vermächtnisnehmer vorsieht.
Wenn ein Vermächtnis im Nachlaß nicht mehr vorhanden ist fällt es in der Regel weg. Vermächtnisnehmer bekommen grundsätzlich nur das, was im Zeitpunkt des Erbfalls noch da ist.
Im Einzelfall kann aber auch ein sogenanntes Verschaffungsvermächtnis gemeint sein, so daß der Erbe dann dem Vermächtnisnehmer den im Testament genannten Gegenstand auf Kosten des Nachlasses besorgen muß.
Es kann aber auch ein Anspruch auf das sogenannte Surrogat bestehen, also auf das, was an Stelle des Vermächtnisgegenstands vorhanden ist. Am konkreten Beispiel kann das bedeuten: Wenn ein Diamantring gestohlen wird und die Hausratsversicherung den Wert ersetzt, dann kann die Vermächtnisnehmerin vom Erben im Einzelfall häufig dieses Geld an Stelle des Rings verlangen. Das gleiche gilt, wenn ein Auto vermacht ist, durch einen Unfall zum Totalschaden wird, und die Kaskoversicherung den Wert ersetzt; dann bekommt der Vermächtnisnehmer die Summe, die die Versicherung gezahlt hat.
Besonderheiten gibt es außerdem beim Erbvertrag und beim gemeinschaftlichen Testament von Ehegatten (v.a. Berliner Testament): Hier gibt es Ansprüche im Fall einer Verfügung des Erblassers in Benachteiligungsabsicht. Wenn ein Erblasser den Vertragserben oder Vermächtnisnehmer bzw. beim Ehegattentestament den Schlußerben benachteiligt durch eine Schenkung oder einen Verkauf unter Wert (sogenannte teilunentgeltliche Verfügung bzw. Schenkungskauf), dann kann der Vertragserbe, Vermächtnisnehmer bzw. Schlußerbe den Wert ersetzt verlangen, der ihm durch die benachteiligende Verfügung entgangen ist. Benachteiligende Verfügung ist alles, woran der Erblasser kein ‚lebzeitiges Eigeninteresse’ hatte. Überschaubare Schenkungen an pflegende Verwandte oder betreuende Freunde sind in der Regel vom Eigeninteresse gedeckt. Für die genaue Beurteilung derartiger Fälle ist einiges an Fachkenntnissen im Erbrecht sowie eine gründliche Abwägung des Einzelfalls erforderlich.
Im aktuellen Erbfall hat eine Cousine des Erblassers es nach dem Todesfall gut gemeint. Sie hat das Testament teilweise „umgesetzt“, indem sie die Schmuckstücke aus der Wohnung des verstorbenen Erblassers so verteilt hat, wie es im Testament vorgesehen war. Im Testament stand zwar auch drin, daß ein Testamentsvollstrecker den Nachlaß abwickeln soll; das Nachlaßgericht brauchte aber mehr als ein halbes Jahr, um diesem sein Testamentsvollstreckerzeugnis auszustellen. In dieser Zeit konnte der Testamentsvollstrecker sein Amt noch nicht im vollen Umfang ausüben.
Wer im Testament als Erbe eingesetzt ist oder einen bestimmten Gegenstand als Vermächtnis zugewiesen bekommt, steht im Erbfall vor der Frage: Wann und wie werden die Gegenstände aus dem Nachlaß des Verstorbenen verteilt? Häufig nehmen sich die Begünstigten einfach die Gegenstände aus der Wohnung des Erblassers, die sie nach dem Testament erhalten sollen. Oft ist damit auch die Absicht verbunden, daß im Fall eines Einbruchs in die Erblasserwohnung nicht das gestohlen wird, was nach dem letzten Willen des Erblassers jemand bestimmtes als Andenken erhalten sollte.
In der Regel ist der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft für die Aufteilung des Nachlasses zuständig. Vermächtnisnehmer haben „nur“ einen Anspruch gegen den Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstandes. Wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist, hat aber auch der Erbe keine Verfügungsbefugnis. Nur der Testamentsvollstrecker darf dann die Nachlaßgegenstände in Besitz nehmen und verteilen. Nachdem er auch für die Bezahlung der Erbschaftsteuer haftet, wird der Testamentsvollstrecker darauf achten, daß gerade bei Schmuck erst einmal die Erbschaftsteuer geklärt wird, bevor alles verteilt wird.
Für die saubere Abwicklung des Erbfalls muß der Testamentsvollstrecker alle Sachen an sich nehmen, die zum Nachlaß gehören. Was eigenmächtig verteilt wurde, muß also wieder zurückgegeben werden, selbst wenn es anschließend gleich wieder an die Begünstigten zurückgegeben wird, die es schon ohne das Mitwirken des Testamentsvollstreckers an sich genommen oder von Dritten ausgehändigt bekommen haben.
Im aktuellen Erbfall des Monats hat die Cousine des Erblassers beim Verteilen des Schmucks eigenmächtig gehandelt. Das „Verteilen“ des Schmucks am Testamentsvollstrecker vorbei kann sogar als Diebstahl strafbar sein. Gut gemeint war hier leider das Gegenteil von gut gemacht.
Wie wird eigentlich sichergestellt, daß ein Testament beachtet wird? Diese Frage stellt sich immer wieder, gerade wenn der letzte Wille versteckt wird, damit zu Lebzeiten des Erblassers niemand etwas davon erfährt – oder wenn gar ein Hinterbliebener möglicherweise ein Interesse daran hat, daß das Testament besser verschwindet. Vor kurzem ging eine ‚Zitterpartie’ wegen eines nicht auffindbaren Testaments doch noch glücklich aus, nachdem das Testament monatelang nicht aufzufinden war. Häufig verschwinden Testamente aber für immer.
Im aktuellen Erbfall des Monats hat eine ältere Dame ein handschriftliches Testament geschrieben. Sie wollte auf keinen Fall zum Notar gehen. Das handschriftliche Testament ist zwar genauso viel wert wie ein notariell beurkundetes Testament. Aber es muß erst einmal zur Testamentseröffnung gebracht werden. Die ältere Dame wollte sich die Gebühren für die Hinterlegung ihrer letztwilligen Verfügung beim Nachlaßgericht sparen. Also verwahrte sie das Testament zu Hause. Nach ihrem Tod wurde das Testament jedoch nicht gefunden, nur ein maschinengeschriebener Entwurf fiel den Verwandten auf. In diesem Entwurf war ein Rechtsanwalt als Testamentsvollstrecker vorgesehen. Die Verwandten der verstorbenen Erblasserin riefen diesen Anwalt an und fragten, ob er das Original des Testaments habe. Das war aber auch nicht der Fall, er hatte nur eine Kopie davon. Die Kopie reicht aber in aller Regel nicht aus, um die Existenz des Testaments zu beweisen. Schließlich könnte die Erblasserin das Testament ja in der Absicht vernichtet haben, die niedergeschriebenen Verfügungen zu widerrufen. Ein Teil der Verwandten war übrigens gar nicht unglücklich, daß das Testament nicht gefunden wurde. In der gesetzlichen Erbfolge würden sie nämlich mehr erben, als wenn das Testament beachtet wird.
Nach mehreren Monaten tauchte das Testament dann doch auf, es steckte zwischen verschiedenen anderen Dokumenten in einem Aktenordner. Und der Mensch, der es fand, war ehrlich genug es beim Nachlaßgericht zur Testamentseröffnung abzugeben. In der Zwischenzeit konnten die Erben aber nicht über den Nachlaß verfügen, und mehrere Beteiligte waren am Ende enttäuscht, daß sie jetzt doch – wegen der Bestimmungen im Testament – weniger erben als erhofft.
Diese monatelange Ungewißheit bei den Hinterbliebenen und auch das Risiko, daß das Testament endgültig verschwindet, läßt sich leicht vermeiden: Das Gesetz sieht die Hinterlegung vor. Wer ein Testament schreibt, kann es beim Nachlaßgericht hinterlegen. Dort wird es in einem Tresor verwahrt, bis der Erbfall eintritt. Die Kosten dafür sind sehr gering: Die Kostenrechtsreform im Sommer 2013 hat die Gebühr für die „Annahme einer Verfügung von Todes wegen in besondere amtliche Verwahrung“ auf eine Pauschale von € 75,- reduziert.

Erbschaften betreffen in erster Linie das Vermögen des Verstorbenen. Allerdings gibt es immer auch eine emotionale Komponente des Erbfalls. Diese Seite des Erbfalls führt gerade dann leicht zu einem Konflikt, wenn ein Beteiligter seine Pflichtteilsansprüche geltend macht. Das Gesetz regelt nämlich, daß ein Pflichtteilsberechtigter nur Anspruch auf Geld hat, nicht auch auf Erinnerungsstücke, an denen der emotionale Wert hängt.
Im konkreten Fall kann das so verlaufen: Die Erblasserin hat Kinder aus erster Ehe. Nach ihrer Ehescheidung heiratet sie wieder. Mit dem neuen Ehegatten macht sie ein „Berliner Testament“, das heißt der länger lebende Ehegatte wird durch ein gemeinschaftliches Testament zum Alleinerben bestimmt und die Kinder aus jeweils erster Ehe sollen erst im Schlußerbfall etwas bekommen, wenn also der zweite Ehegatte verstirbt.
Die Tochter findet sich jetzt aber nicht damit ab, daß nach dem Tod ihrer Mutter der Stiefvater alles bekommt. Sie sieht es auch nicht gerne, daß der Stiefvater schon wenige Monate nach dem Todesfall mit seiner neuen Freundin luxuriöse Urlaubsreisen unternimmt und auch sonst gerne als Lebemann auftritt. Neben der emotionalen Verletzung befürchtet sie auch, daß ihr Stiefvater das Erbe „auf den Kopf haut“, so daß sie am Ende eine wertlose Schlußerbschaft bekommt.
Nachdem die Kinder dadurch enterbt sind, daß der Ehegatte zunächst Alleinerbe wird, können sie den Pflichtteil verlangen. Der Stiefvater muß ihnen also auf Verlangen darüber Auskunft erteilen, was alles zum Nachlaß der Mutter gehört. Wenn der Pflichtteil dann berechnet ist, muß er ihn an die pflichtteilsberechtigten Kinder seiner verstorbenen Ehefrau auszahlen. Im Nachlaß war eine wertvolle Immobilie, aus deren Wert der Pflichtteil bezahlt werden muß. Das führt beim Erben zu Problemen, weil er nicht genug Geld kurzfristig verfügbar hatte, um den Pflichtteil gleich auszubezahlen. Er muß einen Kredit aufnehmen, was er als Rentner natürlich nicht gerne macht. Die Kinder ärgern sich trotzdem darüber, daß das Auszahlen des Pflichtteils so lange dauert. Außerdem bestand die Tochter darauf, daß auch der Hausrat und die Bilder einer regional bekannten Künstlerin bewertet werden, um den Pflichtteil auf den Euro genau zu berechnen. Der Aufwand der Bewertung dieser Nachlaßgegenstände ist für den Erben groß, der Pflichtteilsanspruch wird durch die Berücksichtigung des Hausrats nur wenig größer, weil die wesentlichen Vermögenswerte in aller Regel Immobilien, Geldanlagen bei Banken und ggf. Betriebsvermögen sind, nicht aber der Hausrat.
Zum Nachlaß gehören nun aber auch Kochbücher, die die Erblasserin von Hand geschrieben hat. Ihre Tochter möchte diese handschriftlichen Kochbücher als Erinnerung an die verstorbene Mutter haben. Nachdem das Pflichtteilsrecht ihr aber nur einen Anspruch auf Geldzahlung gibt, kann sie nicht erzwingen, daß sie diese Erinnerungsstücke aus dem Nachlaß bekommt.
In solchen Fällen hilft es regelmäßig weiter, sich rechtzeitig Gedanken zu machen, was man am Ende haben möchte. Wenn die Pflichtteilsberechtigten dem Erben ihre Wünsche in der geeigneten Art und Weise rechtzeitig mitteilen, läßt sich immer wieder eine Einigung erzielen. Im Praxisfall mit den handgeschriebenen Kochbüchern könnte das der Verzicht auf die Bewertung des Nachlasses gegen Herausgabe der Kochbücher sein. Da gebrauchter Hausrat in der Regel keinen nennenswerten wirtschaftlichen Wert darstellt und der Pflichtteil dann außerdem nur ein Bruchteil dieses Wertes ist, wäre dieser Preis für die Tochter nicht hoch. Allerdings sorgt die emotionale Seite solcher Fälle oft dafür, daß die Beteiligten selber den Konflikt unbeabsichtigt anheizen. Deshalb ist es sinnvoll, einen guten Rechtsanwalt hinzuzuziehen, der neben der Kenntnis der erbrechtlichen Ansprüche und Erfahrung mit den Auswirkungen unterschiedlicher Strategien auch mit Streitschlichtungen Erfahrung hat. Er wird dann – anders als viele Anwälte im Fernsehen – nicht mit der Faust auf den Tisch hauen und mit flammenden Plädoyers dem Gegner den letzten Euro aus der Tasche ziehen, so daß ein Beteiligter als 100%iger Sieger aus dem Streit geht. Erinnerungsstücke bekommt ein Pflichtteilsberechtigter eben nur durch einen Kompromiß, der sich am besten mit ruhigem, sachlichem Vorgehen erreichen läßt. Das sieht dann nicht spektakulär aus, führt aber eher zum Erfolg.
Manchmal ist es sinnvoll, die Erbfolge unter Berücksichtigung mehrerer Personen und der Steuerlast so zu regeln, daß eine Person Alleinerbe wird und eine andere als Vermächtnis den Nießbrauch ab der Erbschaft bekommt. Das bietet sich an, wenn die im Testament oder Erbvertrag bedachten Personen keine nahen Angehörigen sind und die Erbin im Gegensatz zur Vermächtnisnehmerin relativ jung ist. Gerade macht ein solcher Fall den Beteiligten aber schwer zu schaffen, weil der Erbvertrag zu wenig Details berücksichtigt hat, und nicht umsonst sagt ein Sprichwort, daß 'der Teufel im Detail steckt’.
Die Erblasserin war ledig und hatte keine Kinder. Ihr Vermögen bestand im wesentlichen aus einem ½ Miteigentumsanteil an einem Zweifamilienhaus und Sparguthaben bei der Bank. Das Haus gehörte ihr zusammen mit ihrer ebenfalls ledigen und kinderlosen Schwester Nora. Die Erblasserin hat in ihrem letzten Willen verfügt, daß ihre Lieblingsnichte Emilia ihr Vermögen erben soll. Ihre Schwester Nora sollte aber das Haus alleine verwalten dürfen, solange sie lebt. Dabei sollte für beide nicht allzu viel Erbschaftsteuer anfallen. Schließlich waren die Schwestern beide etwa gleich alt, so daß beide Schwestern voraussichtlich kurz nacheinander etwas zu vererben haben würden. Und was zweimal vererbt wird, wird auch zweimal versteuert.
Also sollte die Nichte Emilia das Eigentum am Haus und das Guthaben der Sparkonten gleich erben, Nora sollte aber die Erträge der Erbschaft, also die Zinsen der Sparbücher und die Nutzung am Haus als Vermächtnis haben. Die Zinsen sollte sie für Renovierungen am Haus und als Einkommen für einen möglichen Pflegefall haben. Das läßt sich mit dem Nießbrauch auch erreichen.
Bei der Erbschaftsteuer wird Noras Nießbrauch günstig bewertet, weil der jährliche Wert der Nutzungen mit einem Faktor verrechnet wird, der im hohen Alter günstig ausfällt. Sie muß also wenig Steuer zahlen. Nachdem Emilia mit der Erbschaft zu Noras Lebzeiten noch nichts anfangen kann, wird vom Steuerwert ihrer Erbschaft der Wert des Nießbrauchs abgezogen. Wenn er wegfällt, muß seit der Erbschaftsteuerreform von 2009 keine Nachversteuerung mehr vorgenommen werden.
So weit so gut. Damit die Verwaltung des Haus reibungslos funktioniert, wollte die Erblasserin nicht, daß ihre Schwester Nora und ihre Nichte Emilia alle Entscheidungen gemeinsam treffen und alle Aufträge an Handwerker usw. gemeinsam erteilen müssen. Daher setzte sie Nora zur Testamentsvollstreckerin ein und erteilte ‚Befreiung von den Beschränkungen des BGB § 181’. Damit bewirkte sie, daß Nora ihr Leben lang den Nachlaß verwalten und alle Verfügungen ohne die Mitwirkung Emilias treffen konnte. Rein juristisch gesehen ist diese Lösung nicht schlecht.
Die Probleme begannen allerdings schon recht früh. Nora wußte nämlich nicht, was das anspruchsvolle Amt des Testamentsvollstreckers an Aufgaben mit sich bringt. Nachdem sie 80 Jahre alt war, war sie auch nicht mehr allen Aufgaben gewachsen, die eine Testamentsvollstreckung mit sich bringt, zumal sie als gelernte Schneiderin nie viel Büroarbeit erledigt hat. So hat sie bereits versäumt, das vollständige Nachlaßverzeichnis unverzüglich und unaufgefordert zu erstellen. Auch hat sie keine Buchführung erstellt, um die jährliche Rechnungslegung gegenüber der Alleinerbin Emilia vornehmen zu können. Genau genommen könnte jetzt beim Nachlaßgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen grob pflichtwidrigen Verhaltens und wohl auch wegen Unfähigkeit zur Amtsführung beantragt werden. Um des Familienfriedens willen soll das aber nicht geschehen. Im vorliegenden Testament fehlt außerdem eine Regelung zu der Frage, ob die Testamentsvollstreckung unbedingt bestehen soll oder ob das von der Erblasserin nur insoweit gewünscht war, als ihre Schwester Nora dieses Amt ausübt zur Erfüllung des Vermächtnisses an sich selbst und zur Verwaltung der beiden Miteigentumshälften am Haus in einer Hand. Daher ist jetzt unklar, ob bei einer Amtsenthebung – oder nach einer freiwilligen Niederlegung des Amts – ein Nachfolger ernannt werden soll.
Als dann noch bei Nora der Erbschaftsteuerbescheid im Briefkasten lag und sie für den Nießbrauch an Haus und Sparguthaben mehrere tausend Euro Erbschaftsteuer zahlen sollte, fragte sie Emilia, ob die das nicht mit ihrem Geld machen könne; Nora befürchtete nämlich, daß sie ihr eigenes Geld noch für einen möglichen Pflegefall brauchen würde. Außerdem wollte sie, daß Emilia Renovierungen am Haus bezahlen solle, bei dem Emilia im Grundbuch als Miteigentümerin stand.
Emilia war darüber verärgert. Schließlich muß jeder Erbe und jeder Vermächtnisnehmer seine individuelle Erbschaftsteuer bezahlen, und im Gegensatz zu Nora hat Emilia ja noch überhaupt nichts von der Erbschaft. Sie ist zwar formal gesehen Eigentümerin an den Nachlaßgegenständen geworden. Die Nutzung steht durch das Nießbrauchsvermächtnis aber Nora zu.
Dazu kommt noch, daß die letztwillige Verfügung zu den Renovierungskosten nichts regelt. Somit gilt die gesetzliche Regelung, wonach Nora als Nießbraucherin diejenigen Ausbesserungen und Erneuerungen vornehmen muß, die zur ‚gewöhnlichen Unterhaltung der Sache’ gehören (BGB § 1041); dafür hat sie ja auch mögliche Mieteinnahmen aus dem Haus und die Zinsen der Sparkonten. Sogenannte ‚außergewöhnliche Lasten’ dagegen muß Emilia als Eigentümerin bezahlen. Die Abgrenzung zwischen den beiden Kategorien ist nicht immer einfach. Daher wäre es gut gewesen, im Testament eine Regelung zu treffen, die in diesem Einzelfall gut paßt. Musterlösungen gibt es hier nicht, weil jedes Haus etwas anders ist und außerdem das für Renovierungen benötigte Geld zwischen den Beteiligten sehr unterschiedlich verteilt ist.
Hier sieht man wieder einmal, daß ‚gut gemeint’ das genaue Gegenteil von ‚gut gemacht’ sein kann. Eine Investition der Erblasserin in eine sorgfältige Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar hätte sich gelohnt. Dabei ist aber auch wichtig, daß der Rechtsberater ein Gespür dafür hat, welche juristischen Lösungen die beteiligten Menschen später einmal problemlos umsetzen können und wo sie aus Mangel an juristischen Fachkenntnissen überfordert sind. Manchmal ist auch eine einfachere Lösung vorzuziehen, damit nicht das wunderbar ausgefeilte Testament daran scheitert, daß die Erben nicht Umsetzung in der Lage sind. Sofern jedoch die Bereitschaft besteht, einen Fachmann als Testamentsvollstrecker einzusetzen und dafür angemessen zu bezahlen, lassen sich in der Vermögensnachfolgeplanung sämtliche juristischen Register gefahrlos ziehen.
Die beiden Kinder des Erblassers haben in der gesetzlichen Erbfolge zu gleichen Teilen geerbt, weil es kein Testament und keinen Erbvertrag gab. Die Kinder sind also Miterben mit einem Anteil von jeweils ½ des Nachlasses geworden. Der Nachlaß besteht aus einem Hausgrundstück in der Innenstadt und einem Wiesengrundstück am steilen Hang. Auf der Bank hatte der Erblasser nur eine überschaubare Summe angelegt, die bei weitem nicht den Wert der Immobilien erreichte.
Die Kinder des Erblassers wurden sich nicht einig, wie sie die Erbschaft aufteilen sollten. Das Haus in der Innenstadt wollen beide Erben jeweils für sich allein haben. Die Wiese sollten sie jeweils dem anderen Miterben „aufs Auge drücken“. Eine kommunale Satzung der Gemeinde schreibt nämlich vor, daß Wiesen wenigstens zweimal jährlich gemäht werden müssen. Das ist am steilen Hang kein Vergnügen. Die Wiese läßt sich für kaum etwas nutzen und wird auch sicher kein Baugrundstück werden. Diese Wiese will nicht einmal der benachbarte Landwirt geschenkt haben, geschweige denn kaufen, weil das Mähen am steilen Hang auch ihm zuviel Mühe macht.
Das Gesetz sieht für solche Fälle vor, daß eine Teilungsversteigerung nach den Regeln der Zwangsversteigerung, also durch den Rechtspfleger des örtlich zuständigen Amtsgerichts, zur Aufteilung des Nachlasses durchgeführt wird. Allerdings hilft die Versteigerung in solchen Fällen nicht weiter, in denen kein einziges Gebot abgegeben wird. In diesem Fall bleiben den Miterben im Grunde nur folgende Möglichkeiten: Entweder bleiben sie gemeinsam Eigentümer der Immobilien und teilen sich Nutzungen und Lasten. Anderenfalls könnte ein Miterbe das Hausgrundstück übernehmen und den anderen auszahlen. Damit das Problem mit der Wiese am Hang gelöst wird, könnte diese gleich mit übernommen werden, damit nicht das halbjährliche Mähen zum Streit zwischen den Erben führt. Ein Streit über wertlose Gegenstände im Nachlaß ist nämlich genauso frustrierend wie häufig.
Im aktuellen Erbfall des Monats hatte der Erbe große Mühe, das geerbte Vermögen aufzufinden. Der Erblasser stand nämlich nach einer Hirnoperation und einem schweren Schlaganfall unter Betreuung und lebte im Pflegeheim. Die Betreuerin weigerte sich, über die bisher von ihr verwalteten Vermögenswerte des Erblassers Auskunft zu geben. Sie behauptete über ihren Rechtsanwalt, sie brauche gemäß BGB §§ 1908i, 1890 nur gegenüber dem Betreuungsgericht Rechenschaft darüber abzulegen, was sie als Betreuerin gemacht hat und welche Vermögenswerte des Verstorbenen jetzt noch existieren. Der Erbe fragte gezielt nach dem Auto, das vor dem Haus einer Verwandten parkte und immer noch die Initialen des Erblassers im Kennzeichen trug. Die Antwort war, daß das Auto des Erblassers schon vor Jahren verkauft und dieser Verkauf vom Betreuungsgericht akzeptiert worden sei. Außer der Bankverbindung sei angeblich kein Vermögen vorhanden.
Der Erbe wird zwar Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Wer Erbe wird, bekommt gemäß deutschem Erbrecht also automatisch alle Vermögenswerte und auch Auskunftsansprüche, beispielsweise auch gegen einen Betreuer des Erblassers. Der Erbe wird sogar automatisch Besitzer, bekommt also durch gesetzliche Anordnung die tatsächliche Gewalt zugesprochen, die den Besitz an einer bestimmten Sache ausmacht. Dabei ist es gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch sogar egal, ob der Erbe weiß, was alles zum geerbten Nachlaß gehört. In der Praxis ist es für viele Erben aber nicht ganz so einfach, den geerbten Besitz auch tatsächlich auszuüben. Dafür müßte der Erbe ja wissen, was ihm alles durch die Erbschaft gehört und wo diese Gegenstände sich befinden. Wenn er keine Unterlagen über das geerbte Vermögen hat, weil die Verträge usw. beim Betreuer liegen, wird es also leicht kompliziert.
Der Erbe beauftragte daher einen Rechtsanwalt, der sich mit großem Einsatz darum kümmerte, Informationen über das Vermögen des Erblassers zu beschaffen. Bei den Banken wurden Kontoauszüge reproduziert, aus denen mehrere Selbstbereicherungen der Betreuerin zu erkennen waren; später gingen Erstattungen von Kfz-Steuer und Kfz-Haftpflichtversicherung auf das geerbte Bankkonto ein, so daß die Frage nach dem Auto jetzt vom Anwalt mit Hinweis auf strafrechtliche Folgen wiederholt wurde. In dieser Situation war es dann doch möglich, über die Herausgabe des Autos vernünftig zu reden.
Der Anwalt des Erben sichtete auch die Betreuungsakte, die das Betreuungsgericht ihm zur Akteneinsicht in die Kanzlei schickte; diese Akte war fast 400 Seiten dick. Aus dem Rechenschaftsbericht der Betreuerin ergab sich, daß noch € 10.000,- Bargeld bei der Betreuerin lagen. Mit diesem Beweis in der Hand erreichte der Anwalt des Erben, daß dieses Geld dann doch herausgegeben wurde. Außerdem recherchierte er Gerichtsentscheidungen, wonach die Beschränkung der Rechenschaftspflicht der Betreuerin gemäß BGB §§ 1908i, 1890 nur eine formale Regelung sei; der Erbe kann nach dem Urteil eines Oberlandesgerichts in Einzelfällen sehr wohl einen eigenen Anspruch auf Auskünfte und Rechenschaft über die Betreuung durchsetzen.
Nachfragen bei mehreren anderen Banken ergaben dann noch, daß der Erblasser früher ein Schließfach hatte. Hier lag eine Kündigung vor, die eine Verwandte mit Vollmacht des Erblassers vorgenommen hatte. Diese Bevollmächtigte wurde nun auch zur Auskunft darüber aufgefordert, was in dem gekündigten Schließfach war. Es stellte sich heraus, daß Gold- und Silbermünzen darin waren, die der Erblasser vor seiner Erkrankung als krisensichere Kapitalanlage gekauft hatte. Der Erbe verlangte die Herausgabe der Münzen. Nun wurde aber von der Bevollmächtigten und der Betreuerin behauptet, der Erblasser habe kurz vor seinem Tod die Gold- und Silbermünzen an die Betreuerin verschenkt. Der Erbe war enttäuscht, weil er ja nicht das Gegenteil beweisen konnte. Sein Anwalt war optimistischer: Betreuer dürfen so gut wie nichts verschenken, erst recht nicht an sich selber. Sie sollen das Vermögen im Interesse des Betreuten für diesen verwalten. Außerdem war in der Betreuungsakte ein neurologisches Gutachten, das bewies, daß der Erblasser im Zeitpunkt der angeblichen Schenkung geschäftsunfähig war. Es konnte also keine wirksame Schenkung vorliegen. Der Beweis dafür konnte aber nur deshalb geführt werden, weil die gründliche Ermittlung der Nachlaßwerte und das Studium der Betreuungsakte alles aufgedeckt haben.
Eine besondere Herausforderung für die Beteiligten ist es, wenn die Erben im Ausland wohnen. Im Beispielsfall sind die Erben die Enkel einer schwäbischen Großmutter, deren Kind ausgewandert war. Die Enkel wuchsen in Kanada auf und sprechen kein deutsch. Nachdem das Kind früh verstorben war, setzte die Großmutter im Testament ihre Enkel zu Erben ein.
Schwierig ist bereits die Informationsbeschaffung für die Erben. Die Informationen bekommen sie in deutscher Sprache, die sie nicht verstehen. Im Beispielsfall mußten die Erben also einen Übersetzer finden, um die Schreiben des Nachlaßgerichts und später dann die Kontoauszüge der Bank und den Mietvertrag zu verstehen.
Zu den Schwierigkeiten mit der fremden Sprache kommt in solchen Fällen noch hinzu, daß jedes Land seine eigenen Gesetze und jedes Volk sein eigenes Verständnis davon hat, wie etwas ’angepackt’ werden sollte. Hier ist es leicht, in Fettnäpfe zu treten und beispielsweise bei der Mietwohnung einen unbeabsichtigten Konflikt herbeizuführen. Die kanadischen Erben sind aus ihrem Heimatland gewohnt, daß der Nachlaß von einem Verwalter (administrator) abgewickelt wird, den das Nachlaßgericht (probate court) bestellt. Während in angelsächsischen Ländern alles von fachkundigen Profis erledigt wird, muß der deutsche Erbe sich um alles selbst kümmern.
Damit die Abwicklung reibungslos abläuft, beauftragten die Erben lieber einen Fachanwalt für Erbrecht, der aufgrund seiner internationalen Berufserfahrung auch verhandlungssicher englisch spricht. Dieser Anwalt kümmerte sich um einen Termin beim Nachlaßgericht für den Erbscheinsantrag und konnte in diesem Termin gleichzeitig als Dolmetscher für die Erben fungieren. Er stellte auch gleich im Namen der Erben einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs für die geerbte Eigentumswohnung, die daraufhin gebührenfrei erfolgen konnte.
Im Erbscheinsverfahren gab es wegen des Auslandsbezugs noch weitere Herausforderungen: Die Erben mußten nachweisen, daß sie die Enkel der Erblasserin sind und daß ihre Mutter bereits vor der Großmutter verstorben ist. Diese Nachweise über die Verwandtschaft werden normalerweise durch Personenstandsurkunden der deutschen Standesämter erbracht und dazu der aktuelle Personalausweis oder Reisepaß vorgelegt. Im Ausland sind teilweise andere Behörden zuständig, und die Dokumente müssen so aufbereitet werden, daß der deutsche Nachlaßrichter mit den ausländischen Dokumenten zurechtkommt. In Nordamerika sind Namensänderungen einfacher möglich als in Deutschland. Ein Teil der Erben hatte auch tatsächliche Namensänderungen vorgenommen, so daß im aktuellen Reisepaß ein anderer Name stand als in der Geburtsurkunde (birth certificate). Außerdem konnte die Sterbeurkunde (death certificate) der ausgewanderten Tochter der Erblasserin, die vor ihrer Mutter vorverstorben ist, nicht gleich gefunden werden. Somit war der Nachweis der Verwandtschaft für die Erben aus Kanada besonders schwierig. Hier halfen die Auslandserfahrung ihres Anwalts sowie der gute Wille des Nachlaßrichters, der auf eine beglaubigte Übersetzung der vorgelegten Urkunden verzichtete. Er erteilte gleich im Termin den Erbschein, so daß die Erben während ihres kurzen Aufenthalts in Deutschland fast alles erledigen konnten, was zur Abwicklung des Nachlasses erforderlich war. Auch hier half der Anwalt, der ihnen einen Zeitplan für die erforderlichen Maßnahmen aufstellte. Sonst wären sie im Lauf der Monate immer wieder auf eine unerledigte Angelegenheit gestoßen.
Beim Nachlaßgericht konnten die Erben auch gleich die dort hinterlegten Sachen der Erblasserin abholen, beispielsweise Sparbücher bei verschiedenen Banken und Zahngold. Nach dem Todesfall wurden diese Dinge nämlich vom Pflegeheim und der Betreuerin zum Nachlaßgericht in Verwahrung gegeben. Der Anwalt der Erben ahnte schon, daß die Erben ohne deutsche Sprachkenntnisse Unterstützung bei der Auflösung der Sparbücher benötigen würden und begleitete sie zu den Banken. Tatsächlich fand sich bei der Sparkasse kein Mitarbeiter, der gut genug englisch gekonnt hätte, um die Abwicklung in allen Punkten 100%-ig zu erklären und zu dokumentieren.
Eine weitere Herausforderung war bei den Banken, daß die ausländischen Erben wegen der Erbschaftsteuer das Guthaben nicht gleich mitnehmen konnten. Hierfür wollten zunächst alle Banken abwarten, bis das Finanzamt die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Erbschaftsteuer erteilt hatte. Sonst würde die Bank für Steuerschulden der Erben aus Übersee haften. Der Erbrechtsanwalt, der selbst einige Jahre Bankangestellter war, konnte immerhin erreichen, daß dennoch ein Teil der offenen Rechnungen per Überweisung beglichen wurde, beispielsweise die Kosten für Beerdigung, Pflegeheim und Behandlungen durch Ärzte und Physiotherapeuten der Erblasserin, die erst nach dem Versterben der Erblasserin in Rechnung gestellt worden waren. Eine der Banken zahlte nach etwas Verhandlungsaufwand das Sparguthaben aus, so daß die Erben darüber hinaus flüssige Mittel für die Abwicklung des Nachlasses hatten.
Diesen Monat stellen wir Ihnen zur Abwechslung einen Erbfall vor, der problemlos ablief.
Die Erblasserin Erika E. hatte keine Kinder. Es gab auch sonst zu keinem nahen Angehörigen eine allzu enge Beziehung, ihre Freunde waren selbst gut situiert und hätten als Erben eine hohe Erbschaftsteuerlast auf E.s Immobilienvermögen bezahlen müssen. E. wollte gerne, daß mit ihrem Vermögen nach ihrem Tod ein guter Zweck nachhaltig gefördert wird. Sie wollte außerdem, daß die Erbschaft nicht nach dem Sprichwort „Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht“ danebengeht.
Sie wußte nicht so recht, wie das mit dem Erbrecht funktioniert, damit ihr letzter Wille auch wirklich nach ihren Vorstellungen umgesetzt wird. Also ließ sie sich vom Fachanwalt für Erbrecht beraten, wie sie ihr Testament formulieren soll.
Gemeinsam mit dem Anwalt schaute E. sich die wohltätigen Organisationen an, denen sie schon seit Jahren immer wieder eine kleine Spende zukommen ließ. Darunter war auch eine Organisation, die unter anderem Seniorenheime und diverse Hilfsangebote für Menschen in Notlagen anbietet. Ein Teil dieser sozialen Aktivitäten gefiel E. besonders gut, andere Projekte waren ihr nicht so wichtig. E.s Rechtsberater fand heraus, daß diese Organisation auch eine Förderstiftung hat, die zum sogenannten Fundraising und zur nachhaltigen Finanzierung der Einrichtungen gegründet wurde, damit die guten Zwecke dauerhaft verfolgt werden können.
E. fand die Idee gut, daß unter ihrem Namen dauerhaft gemeinnützige und mildtätige Zwecke nach ihren Vorgaben unterstützt werden und ließ Ihren Anwalt die „Details“ abklären. Der Rechtsbeistand stimmte das Testament so auf die Gegebenheiten der wohltätigen Organisation und das Erbrecht ab, daß nach E.s Tod von einem Testamentsvollstrecker eine Treuhandstiftung errichtet werden konnte, die E.s Namen trägt. Zu Lebzeiten konnte E. ihr Vermögen behalten, damit sie selber finanziell gut abgesichert blieb. Nach ihrem Tod wurde dann die E.-Stiftung errichtet, die unter ihrem Namen dauerhaft und nachhaltig Jahr für Jahr für E.s Lieblingszwecke unter dem Dach der wohltätigen Organisation Geld zur Verfügung stellt.
Fundierte Rechtsberatung ist in solchen Fällen unverzichtbar. Es reichen schon kleine Ungenauigkeiten bei der Formulierung des Testaments, damit der Zweck verfehlt wird. Beispielsweise sollte möglichst klar erkennbar sein, ob eine eigene Stiftung oder eine Zustiftung zur bestehenden Stiftung gewollt ist. Bei der Rechtsform der Stiftung kommen auch sehr unterschiedliche Möglichkeiten in Frage, deren Namen der juristische Laie kaum auseinanderhalten kann (rechtsfähige, „echte“ Stiftung, Treuhandstiftung, Zustiftung, Stiftungsfonds, usw.). E. tat gut daran, sich bei der Regelung der Details vom Rechtsanwalt als ihrem unabhängigem Berater unterstützen zu lassen, der nur E.s Interessen verpflichtet ist.
Eine ältere Dame freute sich darüber, daß die Kinder der Nachbarn sich häufig mit ihr unterhielten und ihr auch bei Einkäufen behilflich waren. Wenn sie krank war, holten die Nachbarn in der Apotheke ihre Medikamente und legten ihr auch mal Geld aus. Als die ältere Dame starb, wunderten sich die Nachbarn darüber, daß eine Versicherung sie anschrieb und ihnen mitteilte, daß die Kinder Bezugsberechtigte in einer Lebensversicherung seien und sie nun der Versicherung eine Kontonummer für die Überweisung der Versicherungssumme mitteilen mögen.
Derartige Fälle kommen immer wieder vor. Lebensversicherungsverträge sind schließlich eine beliebte Geldanlage. Sie bieten eine recht einfache Möglichkeit, den „Begünstigten im Todesfall“ etwas zukommen zu lassen, ohne dafür ein Testament zu errichten. Wenn der Versicherungsnehmer es sich anders überlegt, kann er jederzeit die Begünstigung streichen oder einen anderen Namen einsetzen. Allerdings gibt es im Erbfall auch immer wieder Irritationen mit diesen Zuwendungen.
Eine Lebensversicherung ist ein sogenannter Vertrag zu Gunsten Dritter. Der Versicherungsnehmer vereinbart mit der Versicherung, daß diese die Versicherungssumme im Todesfall an den begünstigten Dritten auszahlt. Der Dritte, auch Bezugsberechtigter genannt, erfährt oft erst nach dem Todesfall davon.
Wenn die Begünstigung im Versicherungsvertrag keine Gegenleistung für etwas ist, was der Begünstigte dem Versicherungsnehmer geleistet hat, dann handelt es sich bei der Zuwendung um eine Schenkung. Ohne notarielle Beurkundung ist die Schenkung zunächst unwirksam, der Formfehler wird mit Vollzug der Versicherungsleistung aber „geheilt“. Und genau hier kam es im Erbfall des Monats zu einem Problem:
Die Erbin der älteren Dame fand den Versicherungsschein und wollte nicht, daß die Versicherungssumme an die Nachbarskinder gehen. Sie beauftragte einen Fachanwalt für Erbrecht damit, möglichst viel aus der Erbschaft „herauszuholen“. Der Anwalt schrieb schnell die Versicherung und die Begünstigten an und widerrief das Schenkungsangebot, das Juristen darin sehen, daß die Versicherung den Bezugsberechtigten im Auftrag bzw. als Bote des verstorbenen Versicherungsnehmers fragt, wohin die Versicherungssumme ausbezahlt werden soll. Am selben Tag schrieben die Eltern der bezugsberechtigten Nachbarskinder an die Versicherung, auf welches Bankkonto sie die Überweisung wünschen.
Nachdem die Auszahlung noch nicht erfolgt war, konnte die Schenkung noch nicht vollzogen werden, bevor die Widerrufserklärung der Erbin erfolgte. Es ließ sich auch nicht nachweisen, daß die Bezugsberechtigung in der Lebensversicherung eine Gegenleistung für die Nachbarschaftshilfe war. Daher hatte die Erbin das „Wettrennen“ gewonnen und die Nachbarskinder bekamen die Versicherungssumme doch nicht. An diesem Fall wird deutlich, daß die Begünstigung durch einen Versicherungsvertrag nicht annähernd so sicher ist wie ein Vermächtnis. Hätte die ältere Dame die Nachbarskinder in ihrem Testament bedacht, dann hätten sie gemäß dem Willen der Erblasserin etwas bekommen.
Ein Kind, das enterbt ist, kann den Pflichtteil verlangen. Die Theorie hört einfach an: Der Pflichtteil ist so viel Geld, wie der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht. Und damit nicht mit Schenkungen kurz vor dem Tod der Pflichtteil umgangen wird, gibt es den Pflichtteilsergänzungsanspruch, mit dem die Schenkungen der letzten Jahre bei der Berechnung der Ansprüche mit berücksichtigt werden. Die Praxis ist etwas ‚spannender’, wie der folgende Fall zeigt:
Der Erblasser hatte zwei eheliche Kinder. Den Kontakt zu seiner vorehelichen Tochter hatte er jederzeit vermieden. Erst nach seinem Tod erfuhr sie vom Nachlaßgericht, daß es noch eine weitere voreheliche Tochter ihres Vaters gibt; auch zu der wollte der Vater keinen Kontakt haben. Nachdem der Vater keinen Unterhalt für seine unehelichen Kinder bezahlt hatte, erwarteten sie nicht viel von der Erbschaft, zumal er Ihnen in bitterbösen Briefen geschrieben hatte, daß seine ‚richtige’ Familie hungern müsse. Im Testament war die eheliche Tochter als Alleinerbin vorgesehen, die nicht ehelichen Kinder sollten überhaupt nichts bekommen. Trotzdem ging eine der nichtehelichen Töchter zum Anwalt, damit sie wenigstens ihren Pflichtteil vom Vater bekommt.
Der Anwalt verlangte von der Alleinerbin Auskünfte über den Nachlaß und über die Schenkungen der letzten Jahre. Weil diese Auskünfte offensichtlich unvollständig waren und die Nachlaßverbindlichkeiten wie etwa Beerdigungskosten erstaunlich großzügig angesetzt waren, setzte der Anwalt vor Gericht durch, daß ein notarielles Nachlaßverzeichnis erstellt wurde. Der Notar fügte seinem Verzeichnis Abschriften von Übergabeverträgen bei, mit denen der Vater ein Mehrfamilienhaus an die jetzige Alleinerbin verschenkt hatte unter dem Vorbehalt des unentgeltlichen Wohnrechts für eine der Wohnungen. Nachdem er in früheren Jahren keinen Unterhalt gezahlt hatte, weil er ja angeblich arm war, war das verschenkte Immobilienvermögen die erste Überraschung.
Bei der Durchsicht der Übergabeverträge entdeckte der Anwalt der enterbten Tochter weitere Überraschungen. Beispielsweise hatte die Alleinerbin sich in einem der Verträge verpflichtet, als Gegenleistung für die großzügige Schenkung später einmal die Beerdigung des Vaters persönlich zu bezahlen. Die Beerdigungskosten waren bei der Pflichtteilsberechnung also zu Unrecht vom Nachlaß abgezogen worden.
Vor Gericht ging es noch heiß her wegen der Bewertung des Mehrfamilienhauses und wegen der Frage, ob diese Immobilienschenkung nach mehr als zehn Jahren noch in die Pflichtteilsergänzung fällt; nachdem der Vater sich die Nutzung eines Drittels des Hauses über das Wohnrecht vorbehalten hatte, hat er das Haus ja nicht ganz aus der Hand gegeben, so daß die zehnjährige Frist der Pflichtteilsergänzung nicht unbedingt anlief. Nachdem das Wohnrecht auf ein Drittel beschränkt war, hatte er das Haus aber im Großen und Ganzen doch schon aus der Hand gegeben, so daß die Frist doch schon abgelaufen war, weil der Vater etwas mehr als zehn Jahre über die Schenkung hinaus gelebt hat. Es wurde dann noch die eidesstattliche Versicherung der Alleinerbin über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte erzwungen.
Am Ende einigten sich die enterbten Töchter mit der Alleinerbin auf eine Zahlung von mehreren tausend Euro. Die beiden außerehelichen Kinder des Erblassers freuten sich außerdem darüber, daß sie mit mehr als 50 Jahren voneinander erfahren haben und sich sehr gut miteinander verstehen. Die Details des Pflichtteilsrechts sind ziemlich kompliziert, so daß die Ansprüche des enterbten Kindes praktisch nur dann durchgesetzt werden können, wenn ein Rechtsanwalt damit beauftragt wird, der Spezialist im Erbrecht ist.
Immer wieder werden Testamentserben von Verwandten eines vermögenden Erblassers als Erbschleicher bezeichnet. Besonders unangenehm sind die Fälle, in denen offensichtlich die Demenz oder sonstige Hilfsbedürftigkeit eines alten Menschen ausgenutzt wurde. Dieses Jahr wurde vom Oberlandesgericht Köln ein Fall entschieden, in dem ein Erbschleicher offensichtlich keinerlei Hemmungen kannte:
Die Mutter kam ins Pflegeheim, weil sie wegen einer „mittelgradigen Demenz im Senium“ als alleinstehende Witwe ihren Haushalt nicht mehr alleine führen konnte. Sie wurde vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie begutachtet, woraufhin das Gericht einen Betreuer für ihre Vermögensangelegenheiten bestellte. Im Gutachten des Facharztes stand nämlich unter anderem, daß die alte Dame zwar wach und ihm freundlich zugewandt war. Allerdings wußte sie ihr eigenes Hochzeitsdatum nicht mehr. Das aktuelle Datum und ihr Geburtsdatum nannte sie zwar auf Nachfrage zutreffend, machte sich bei der Frage nach ihrem Lebensalter jedoch 30 Jahre jünger als sie tatsächlich war. Auch meinte sie, ihr Sohn sei Professor, was er aber niemals war. Die Anzahl der Enkelkinder konnte sie auch nicht richtig angeben. Ihre Berufsausbildung in einer Anwaltskanzlei hatte sie vergessen und gab an, keinerlei Ausbildung zu haben. Einige weitere Fragen wurden entsprechend beantwortet. Der Gutachter kam zum Ergebnis, daß die alte Dame ihren Schriftverkehr, Umgang mit Behörden und Vermögensangelegenheiten nicht mehr selber regeln konnte. Daraufhin setzte das Betreuungsgericht den Sohn als Betreuer ein; er sollte sich um rechtliche und finanzielle Angelegenheiten seiner Mutter kümmern, die gleichzeitig zur besseren Betreuung ins Pflegeheim umzog. Soweit war noch alles „im Lot“.
Erfahrungsgemäß sind Menschen, die auf fremde Hilfe angewiesen sind, leicht beeinflußbar. Das wird immer wieder ausgenutzt. In unserem Fall wurde ein Notar zur Beurkundung eines Testaments ins Pflegeheim gerufen. Er brachte einen vorbereiteten Entwurf mit und traf sich im Seniorenheim mit der alten Dame und deren Sohn. Der Notar erfuhr nur durch Zufall, daß es ein Betreuungsverfahren gegeben hatte und der Sohn auch Betreuer seiner Mutter war. Daraufhin fragte der Notar unter anderem nach, ob es im Betreuungsverfahren ein ärztliches Gutachten gab. Der Sohn verneinte das wahrheitswidrig, obwohl dieses Gutachten erst ein viertel Jahr alt war; er konnte es kaum vergessen haben. Im Testament war vorgesehen, daß der Sohn Alleinerbe wird und die Tochter nur ein überschaubaren Vermächtnis bekommen sollte, das knapp über ihrem Pflichtteil lag. Für diese Regelung war kein Grund ersichtlich. Nachdem die Erblasserin schon beim nervenärztlichen Gutachten „wach und dem Untersucher zugewandt“ war, bemerkte der Notar natürlich nicht, wie weit die Demenz fortgeschritten war. Er beurkundete also in gutem Glauben den vermeintlichen letzten Willen der Erblasserin im Testament.
Als die Mutter starb, die Tochter den Eindruck, daß in der Sache etwas nicht richtig gelaufen war. Sie fragte beim auf Erbrecht spezialisierten Anwalt nach, ob man die Wirksamkeit des Testaments nicht überprüfen kann. Daraufhin stellte ihr Anwalt einen Erbscheinsantrag beim Nachlaßgericht, in dem beide Kinder als gesetzliche Erben je zur Hälfte Erben werden sollten. In der Begründung des Antrags auf diesen Erbschein schrieb der Anwalt, daß das Testament wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin nicht ihren letzten Willen darstellt. Im Gutachten, das der Nervenarzt für das Betreuungsgericht erstellt hatte, ergab sich schließlich, daß die Testatorin nicht mehr zur freien Willensbildung in der Lage war. Sie verstand die beiden Bereiche nicht mehr, auf die es beim Testament zu Gunsten Verwandter ankommt: Familie und Vermögen. Außerdem war ihr Gedächtnis so stark beeinträchtigt, daß sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr an wichtige Ereignisse erinnern konnte; sogar ihr Hochzeitsdatum und ihre Berufsausbildung hatte sie vergessen, was selbst bei Demenzkranken selten vorkommt – das Langzeitgedächtnis für die alten Ereignisse ist in aller Regel länger intakt als die Erinnerung an die Ereignisse in den letzten Wochen. Bedenklich war auch die Anwesenheit des Sohnes, der auch Betreuer war und durch das Testament zum Alleinerben eingesetzt wurde; Pflegebedürftige sind oft leicht beeinflußbar, gerade wenn bei einer Entscheidung der Mensch anwesend ist, auf dessen Hilfe sie angewiesen sind. Es ist nicht überraschend, daß der dann im notariell beurkundeten Testament Alleinerbe wurde, zumal der Notar ja eine vorbereitetes Testament mitbrachte, was vermutlich das Ergebnis einer Vorbesprechung mit dem Sohn war.
Die alte Dame verstarb. Im Erbscheinsverfahren beim Nachlaßgericht wehrte sich der Sohn dagegen, daß er „nur“ die Hälfte erben sollte. Daraufhin ließ das Gericht zunächst den Arzt aus dem Betreuungsverfahren sein Gutachten erläutern. Nachdem er von den Anwälten beider Kinder ausführlich befragt worden war, wurde der beurkundende Notar als Zeuge angehört. Dann ließ die Nachlaßrichterin einen zweiten Gutachter überprüfen, ob das Gutachten aus dem Betreuungsverfahren die Testierunfähigkeit zweifelsfrei beweist. Das wurde vom zweiten Gutachter bestätigt.
Dieses Ergebnis gefiel dem Sohn freilich nicht. Er beharrte immer noch darauf, daß er aufgrund des Testaments seiner Muter deren Alleinerbe geworden sei. Er ging in die Beschwerdeinstanz und führte den Streit vor dem OLG Köln fort. Dort verlangte er, daß ein dritter Gutachter sich mit dem Geisteszustand der verstorbenen Mutter beschäftigen solle; er hoffte darauf, daß dann nicht mehr zweifelsfrei feststehen würde, daß die Erblasserin bei der Errichtung ihrer letztwilligen Verfügung testierunfähig war. Das Beschwerdegericht entschied jedoch, daß kein drittes Gutachten erforderlich war, weil es keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der ersten beiden Gutachten gebe. Nach drei Jahren Verfahrensdauer konnte endlich ein Erbschein ausgestellt werden, in dem beide Kinder als Erben der Mutter zu gleichen Teilen ausgewiesen sind. Für die Tochter hat sich die Ausdauer gelohnt, der Erbschleicher hat am Ende den Kürzeren gezogen.
In einer Patchworkfamilie gibt es entweder Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen oder ein Partner hat ein Kind, das nicht aus der aktuellen Beziehung stammt, in die Beziehung mitgebracht. Das kann daran liegen, daß ein Elternteil verstorben ist und der andere wieder heiratet oder auch daran, daß geschiedene oder überhaupt nicht verheiratete Eltern später mit einem anderen Partner zusammenleben. So unterschiedlich Patchworkfamilien sind, haben sie eines gemeinsam: Patchworkfamilien stehen im Erbrecht vor besonderen Herausforderungen. Nach einem Überblick über die erbrechtliche Situation wird das durch einen Beispielsfall verdeutlicht.
Häufig machen Ehegatten ein Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zum Alleinerben einsetzen, damit der länger lebende Partner im Erbfall nichts vom Vermögen abgeben muß und damit keine Erbengemeinschaft entsteht. Manchmal wird verbindlich geregelt, wer Schlußerbe wird, wenn der länger lebende Ehegatte verstirbt. Häufig wird das jedoch offen gelassen, um flexibel auf Ereignisse reagieren zu können, die noch nicht abzusehen sind. Wenn Lebensgefährten eine derartige letztwillige Verfügung machen möchten, können sie das nur durch einen vom Notar beurkundeten Erbvertrag tun; gemeinschaftliche Testamente sind nämlich Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern vorbehalten.
Die Probleme der Patchworkfamilie werden nach dem Erbfall deutlich: Die Kinder des zuerst versterbenden Ehegatten machen häufig ihren Pflichtteil geltend, verlangen detaillierte Auskünfte über den Nachlaß ihres verstorbenen Elternteils und über Schenkungen in den letzten Jahren. Das ist aus deren Sicht auch sehr gut verständlich, weil sie sonst wahrscheinlich überhaupt nichts vom Familienvermögen abbekommen würden.
Besonders deutlich ist das, wenn die Schlußerbfolge offen gelassen wurde. In der gesetzlichen Erbfolge werden nämlich nur die nächsten Verwandten Erben, Stiefkinder sind nicht als gesetzliche Erben vorgesehen. Das ganze Vermögen würde also an die Halb- oder Stiefgeschwister gehen, die Kinder aus erster Ehe gingen leer aus. Wenn die Stiefmutter bzw. der Stiefvater keine Kinder hat, erben die nächsten Verwandten, beispielsweise Vettern oder eine Großnichte. Stiefkinder gehen ohne entsprechende letztwillige Verfügung leer aus.
Wenn die Schlußerbfolge flexibel geregelt ist, so daß der länger lebende (Ehe-)Partner die Schlußerbeinsetzung ändern bzw. die Höhe der Erbteile ändern kann, haben die Kinder keine verläßliche Aussicht darauf, daß sie auch wirklich Schlußerben werden. Nachdem es für Stiefkinder keinen gesetzlichen Erbteil gibt, haben sie da auch keine Pflichtteilsquote mehr. Darum ist das Einfordern des Pflichtteils aus dem Nachlaß des gerade verstorbenen Elternteils gewissermaßen der Spatz in der Hand, während die ungewisse Schlußerbeinsetzung nur wie eine Taube auf dem Dach ist.
Aber auch dann, wenn Kinder durch eine bindende Schlußerbeinsetzung darauf vertrauen können, daß sie Schlußerben werden, kann das Vermögen ihres verstorbenen Elternteils aus ihrer Sicht später weg sein. Was der Alleinerbe des Berliner Testaments für seinen Lebensunterhalt und mögliche Pflegebedürftigkeit verbraucht, ist im Schlußerbfall ja nicht mehr vorhanden. Dazu kommt noch, daß die Pflichtteilsansprüche der Angehörigen der Stiefmutter bzw. des Stiefvaters sich auch auf das beziehen, was diese(r) geerbt hat. Und damit kann im Einzelfall ein durchaus nennenswerter Teil des Vermögens gerade nicht bei den vorgesehenen Schlußerben ankommen.
Beispielsfall: Willi ist verwitwet und hat aus erster Ehe die Tochter Theresa. Willi heiratet eine neue Frau, Beate. Beate bringt einen Sohn, Samuel, in die Ehe mit. Willi hat ein stattliches Haus und Ersparnisse, Beate hat kein nennenswertes Vermögen. Willi und Beate machen ein Testament, in dem sie sich gegenseitig zum Alleinerben einsetzen. Die Schlußerbfolge wollen sie erst regeln, wenn sie absehen können, wie die Kinder sich entwickeln. Willi verstirbt. Zwei Jahre später heiratet Beate wieder, nämlich den M, bekommt von ihm ein weiteres Kind K.
Wenn Willis Tochter Theresa von Beate den Pflichtteil aus Willis Nachlaß verlangt, bekommt sie einen Teil des Vermögens ihres Vaters Willi. Anderenfalls ginge das gesamte Vermögen des Willi zunächst an die Alleinerbin Beate, nach deren Tod an deren Erben. In der gesetzlichen Erbfolge sind Beates Erben ihr neuer Ehemann M und Theresas Halbbruder Samuel. Theresa würde als Stieftochter überhaupt nichts bekommen.
Wäre Theresa von ihrem Vater zur Schlußerbin eingesetzt worden, dann wäre es anders, aber immer noch nicht ganz einfach: In Beates Erbfall wäre Theresa zwar auch Erbin, allerdings hätten Beates eigene Kinder Samuel und K und ihr neuer Mann M jedenfalls Pflichtteilsansprüche. Samuel ist immerhin auch ein Kind von Willi und Theresas Halbbruder, M und K sind für sie und Willi jedoch eine fremde Familie.
An diesem Beispiel wird deutlich, warum bei Patchworkfamilien der Pflichtteil aus Sicht der Kinder besonders wichtig ist. Oft bekommen sie nur so im Erbfall einen Teil des Familienvermögens. Andererseits würde es im Beispielsfall Beate in Schwierigkeiten bringen, wenn sie einen Pflichtteil auszahlen müßte. Das von Willi geerbte Haus möchte sie selbst mit ihren Kindern und M zusammen bewohnen, der Pflichtteil für Theresa muß bar bezahlt werden. Eigenes Vermögen hat Beate nicht, und die von Willi geerbten Ersparnisse müssen schon groß sein, um damit den Pflichtteil auch auf den Wert des Hauses bezahlen zu können.
Die Planung der Schlußerbfolge ist eine Herausforderung für Patchworkfamilien, verschärft wird der große Handlungsbedarf durch die Pflichtteilsproblematik. Lösungsmöglichkeiten gibt es für diese Herausforderungen durchaus. Allerdings ist die Situation in jeder Familie anders, da Unterschiede nicht nur in den Familienverhältnissen sondern auch beim Vermögen bestehen können und schließlich auch die individuellen Vorstellungen und Zielsetzungen sehr unterschiedlich sind. Jeder Einzelfall verlangt also eine eigene, individuelle Regelung. Hier lohnt es sich, die Beratung durch einen spezialisierten Anwalt oder Notar als gute Investition in eine Erbfolgeplanung zu sehen.
Was muß ein Vermieter beachten, wenn sein Mieter verstorben ist? Nach den Regelungen im Gesetz laufen Mietverträge wie fast alle anderen Verträge weiter, auch wenn eine Vertragspartei verstirbt. Die Mietwohnung ist ein genauso häufiges wie deutliches Beispiel für Probleme, die dann genauso schnell wie gut überlegt zu lösen sind.
Das Problem
Zunächst einmal bestimmt das Erbrecht, daß der Erbe automatisch in den Vertrag eintritt, selbst wenn er nichts von seinem „Glück“ weiß. Im Wohnungsmietrecht ist darüber hinaus der Eintritt von Personen in den Mietvertrag geregelt, die mit dem verstorbenen Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt haben. Der Vermieter muß dem eintretenden Wohnungsgenossen bzw. dem Erben des Mieters die Wohnung weiterhin zur Nutzung überlassen. Selbstverständlich ist die vereinbarte Miete weiterhin pünktlich zu bezahlen. Immer wieder erleben Vermieter, daß nach dem Tod eines Mieters keine Miete mehr bezahlt wird; Daueraufträge des Vermieters können schließlich nicht mehr ausgeführt werden, wenn nach dem Ende der Rentenzahlungen kein Geld mehr auf dem Bankkonto ist, und bei Sozialfällen zahlt das Amt auch nicht über das Lebensende des bedürftigen Mieters hinaus. Wenn die Miete dann nicht von den Wohnungsgenossen bzw. Erben bezahlt wird, möchte der Vermieter seine Wohnung verständlicherweise möglichst schnell anderweitig nutzen.
Selbst wenn die Miete nicht bezahlt wird, darf der Vermieter die Wohnung aber nicht ungefragt betreten. Das Vermieterpfandrecht für gilt in der Praxis nur für die Sachen, die zugänglich sind und nicht einem Pfändungsschutz unterliegen. Selbst wertlose Gegenstände aus der Mietwohnung darf der Vermieter nicht eigenmächtig entsorgen. Wer an den gesetzlichen Möglichkeiten vorbei handelt, hat hier schnell Ärger und setzt sich Ansprüchen des Mieters bzw. dessen Erbe aus, die auch bei rückständiger Miete bestehen.
Wenn der Erbe nicht feststeht, hat der Vermieter ein weiteres Problem: Er hat nicht einmal einen Adressat für die Kündigung. Der Erbe steht immer wieder deshalb nicht fest, weil die Ermittlung der nächsten Verwandten schwierig oder ein Testament unklar formuliert ist. Gerade dann, wenn die Erbschaft ausgeschlagen wurde, dauert die Feststellung des (Ersatz-)erben oft sehr lange. Das größte Problem für den Vermieter ist dann, daß er die Wohnung anderweitig vermieten möchte, was er aber nicht kann wegen des laufenden Vertrags mit dem unbekannten Erben und weil die Sachen des verstorbenen Mieters noch in der Wohnung sind.
Die Lösung
Wenn der Erbe (noch) nicht feststeht, kann der Vermieter beim Nachlaßgericht einen Antrag auf Bestellung eines Nachlaßpflegers stellen. Der Nachlaßpfleger bekommt immer nur einen genau beschriebenen Aufgabenkreis zugewiesen und ist für nichts anderes zuständig. Daher muß der Vermieter in seinem Antrag bei der Beschreibung der nötigen Dinge an alles denken, was aus seiner Sicht erforderlich ist. Wenn bei der Beschreibung des Aufgabenkreises nur die Kündigung des Mietverhältnisses vorgesehen ist, wird auch nur die Kündigung wirksam durch die Zustellung an den Nachlaßpfleger; die Räumung der Wohnung oder die Verrechnung der Mietkaution mit Mietrückständen oder Schadenersatz kann dann aber nicht erfolgen. Für die professionelle Formulierung eines Antrags auf Nachlaßpflegschaft empfiehlt es sich, einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt einzuschalten.
Nicht vergessen sollte man Besonderheiten: Wenn etwa ein Auto des verstorbenen Mieters auf dem Stellplatz steht, der zur Mietwohnung gehört, muß dieses ja auch noch weggeschafft werden. Wenn nun aber das Auto keine Zulassung mehr hat und kein Geld im Nachlaß ist, mit dem der Nachlaßpfleger einen Abschleppdienst oder die Verschrottung beauftragen kann, nützen dem Vermieter alle seine Ansprüche auf Räumung nichts. Immer wieder kann der Nachlaßpfleger nicht einmal feststellen, ob das Auto noch verkäuflich ist oder reinen Schrottwert hat; ohne Geld kann ja nicht einmal ein Wertgutachten für das alte Auto erstellt werden. Wer als Vermieter mit dem Nachlaßpfleger geschickt verhandelt, kann unter Umständen im Gegenzug zu einem Verzicht auf Mietrückstände das Eigentum an dem Auto erhalten und es dann auf eigene Rechnung verkaufen. Wenn es unverkäuflich sein sollte, kann er es wenigstens sofort vom Stellplatz wegschaffen. Damit wird dann immerhin der Verlust gemindert, den der Vermieter bei einem überschuldeten Nachlaß des verstorbenen Mieters hat. Wenn der Erbe später feststeht, kann er nämlich seine Haftung beschränken (siehe Erbfall des Monats September 2012 - Überschuldeter Nachlaß), so daß der Vermieter auf den unbezahlten Rückständen sitzen bleibt.
Wenn ein Wohnungsgenosse des verstorbenen Mieters in den Vertrag eintritt, stellen sich diese Fragen nicht. Der Mietvertrag läuft ja dann mit diesem weiter.
Immer wieder müssen die Erben feststellen, daß die Erbschaft vor allem aus Verbindlichkeiten besteht. Das deutsche Erbrecht unterscheidet aber glücklicherweise erst einmal zwischen dem geerbten Vermögen und dem „Eigenvermögen“ des Erben. „Wie werde ich geerbte Schulden los, wie verhindere ich die Haftung für mit meinem Vermögen für Nachlaßschulden?“ ist dann eine brennende Frage für die Erben. Wenn der Erbe richtig handelt, dann muß er für die geerbten Schulden nicht auch mit seinem eigenen Vermögen persönlich haften sondern nur mit der Erbmasse. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Haftung zu vermeiden. Welches Vorgehen optimal ist, richtet sich vor allem danach, ob der Erbe an den oft wirtschaftlich wertlosen Erinnerungsstücken Interesse hat oder ob er möglichst gar nichts mit der Erbschaft zu tun haben will.
In einem ganz konkreten Praxisfall rief eine Witwe beim Anwalt an und erkundigte sich, wie sie die überschuldete Erbschaft ihres verstorbenen Mannes ausschlagen könne. Der Erblasser hatte hohe Schulden, die er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht mehr zurückzahlen konnte. Der Anwalt sagte der Witwe, daß die Sache zu wichtig und zu komplex ist, um sie am Telefon zu besprechen. In einem Beratungsgespräch wurde ausführlich über die Hintergründe gesprochen. Die Witwe sagte daß, sie gern Erinnerungsstücke behalten möchte, die dem Verstorbenen gehört haben und die doch bestimmt wertlos seien. Außerdem wollte sie das Auto weiterhin haben, das – eher zufällig – allein auf den Namen des Verstorbenen zugelassen und auch von ihm bezahlt worden war. Die Beerdigung hatte die Witwe selbstverständlich schon bezahlt. Der Anwalt zeigte folgende Möglichkeiten auf:
1.) Erbschaft ausschlagen
Wer die Erbschaft ausschlägt, haftet überhaupt nicht für Nachlaßverbindlichkeiten. Allerdings ist die Frist für eine Erbausschlagung nur 6 Wochen lang. Die Frist beginnt mit der Kenntnis vom Erbfall und vom Grund der „Berufung zum Erben“. In der Praxis ist das regelmäßig der Fall ab Kenntnis vom Inhalt des Testaments bzw. mit der Nachricht des Nachlaßgerichts, daß kein Testament aufgefunden wurde. Meistens ist der Termin des Nachlaßgerichts zur Testamentseröffnung der Stichtag für den Fristbeginn. Bis Fristende muß die Ausschlagungserklärung in notarieller Form beim Nachlaßgericht eingegangen sein. Danach ist es zu spät, um die Erbschaft auszuschlagen. Wer im Ausland lebt, hat 6 Monate Zeit für die Erbausschlagung. Eines muß dem Ausschlagenden aber klar sein: Wer die Erbschaft ausschlägt, hat keinerlei Anspruch auf die Nachlaßgegenstände, nicht einmal die wertlosen Sachen dürfen ohne Zustimmung des (noch unbekannten) Erben mitgenommen werden. Wer trotzdem nach der Erbausschlagung Sachen des Verstorbenen an sich nimmt, begeht einen Diebstahl.
Oft machen Erben, die ihre Erbschaft eigentlich ausschlagen wollen, einen gravierenden Fehler: Die Erbschaft können Sie auch durch „schlüssiges Verhalten“ annehmen, wodurch die Erbausschlagung unmöglich gemacht wird. Das passiert unter Umständen bereits dann, wenn Sie sich wie ein Erbe verhalten, beispielsweise indem Sie laufende Verträge wie das Zeitungsabonnement des Verstorbenen kündigen. Solange Sie sich vorstellen können, die Erbschaft auszuschlagen, sollten Sie das vorsichtshalber nicht tun. Wer die Erbschaft voreilig angenommen hat, kann nur noch ausnahmsweise durch Anfechtung der Annahme wieder aus der Erbenstellung herauskommen.
Die Erbausschlagung ist in vielen Fällen jedoch nicht der optimale Weg zur Haftungsbegrenzung. Die meisten Hinterbliebenen möchten persönliche Gegenstände des Verstorbenen als Erinnerung an ihn haben. Wer einzelne Dinge aus dem Nachlaß haben möchte, ohne für die Schulden zu haften, hat mehrere andere Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung:
2.) Vergleich mit Gläubigern
Durch Verhandlungen mit den Gläubigern läßt sich häufig vereinbaren, daß nur ein Teil der Schulden bezahlt wird und der Rest erlassen wird. Damit die Verhandlungen erfolgreich sind, sollten sie von einem Profi geführt werden, der dem Gläubiger aufzeigen kann, wie leicht der Erbe die Haftung so beschränkt, daß der Gläubiger mehr Aufwand hat, ohne mehr Geld zu bekommen als durch den vom Erben angestrebten Vergleich. Wichtig ist auch, daß der Vergleich dann juristisch einwandfrei formuliert wird und weder Lücken noch Unklarheiten enthält. Der Fachmann hierfür ist ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Erbrecht und Vertragsgestaltung.
3.) Nachlaßinsolvenz
Ein Erbe kann beim Insolvenzgericht ein Nachlaßinsolvenzverfahren beantragen, das lediglich über den Nachlaß eröffnet wird. Das Eigenvermögen des Erben bleibt davon unberührt, seine Bonität für Kredite usw. wird dadurch nicht beeinträchtigt. Bei einem solchen Verfahren übernimmt ein Insolvenzverwalter den Nachlaß zur Regulierung der Schulden. Die Haftungsbeschränkung tritt auch dann ein, wenn das Nachlaßinsolvenzverfahren „mangels Masse“ nicht eröffnet wird. Im Laufe eines Nachlaßinsolvenzverfahrens bekommt der Erbe das ausgehändigt, was nicht wirtschaftlich verwertbar ist, also beispielsweise Erinnerungsstücke mit lediglich ideellem Wert. Bei der Verwertung kann er auch die anderen Gegenstände übernehmen, wenn er dem Insolvenzverwalter einen ausreichend hohen Preis bezahlt. Wenn der Erbe zu lange wartet, verbaut er sich allerdings die Möglichkeit des Nachlaßinsolvenzverfahrens.
4.) Nachlaßverwaltung
Der Erbe kann beim Nachlaßgericht auch die Nachlaßverwaltung beantragen. Dann wird ein Nachlaßverwalter bestellt, der die Verbindlichkeiten reguliert. Dafür verlangt das Nachlaßgericht regelmäßig einen Vorschuß auf die Vergütung des Verwalters. Der Nachlaßverwalter erstellt zunächst ein Nachlaßverzeichnis und versucht, alle Schulden zu bedienen. Üblicherweise beantragt der Nachlaßverwalter auch ein Aufgebotsverfahren, mit dem die Gläubiger ausgeschlossen werden, die ihre Forderungen nicht rechtzeitig anmelden. Nach Abschluß der Nachlaßverwaltung bekommt der Erbe die Verfügungsgewalt über den Nachlaß zurück und bekommt die Sachen, die keinen materiellen Wert aber oft einen hohen Erinnerungswert haben. Zudem ist die Haftung des Erben beschränkt, so daß er nicht mit seinem Privatvermögen für geerbte Schulden haftet.
Nachdem in unserem Beispielsfall die Witwe sich über diese Möglichkeiten Gedanken gemacht hatte, entschied sie sich für die Nachlaßverwaltung. Den Antrag ließ sie durch den Anwalt stellen, weil ihr das Verfahren zu kompliziert war.
Als Vorschuß reichte in diesem Fall die € 3.000,- aus, die das Auto des Erblassers laut Listenpreis noch wert war. Die Witwe kaufte also dem Nachlaßverwalter das Auto ab, das sie ja besitzen wollte. Es wurde dann ein „übereifriger“ Nachlaßverwalter bestellt, der den Hausrat für € 2.000,- an die Witwe verkaufen wollte. Er drohte ihr an, er werde die Einrichtung der Wohnung sonst versteigern lassen. Die Witwe war sprachlos und befürchtete, sie müsse jetzt „ihren“ Hausrat quasi ein zweites Mal bezahlen. Der Anwalt der Witwe wehrte sich gegen dieses Vorgehen des Nachlaßverwalters und schickte ihm Hinweise auf Fachliteratur zu, nach deren Lektüre der Nachlaßverwalter von seinen Forderungen gegen die Witwe absah.
Im Aufgebotsverfahren, das der Nachlaßverwalter beantragt hatte, meldete der Anwalt für die Witwe die Beerdigungskosten zur Erstattung an. Dadurch bekam die Witwe einen Teil des Geldes, das sie für das Auto bezahlt hatte, wieder zurück. Die hohen Schulden waren am Ende des Verfahrens „vom Tisch“.
Passend zu den Sommerferien dreht sich der Erbfall des Monats dieses Mal um die Problematik von Ferienimmobilien.
Der Erblasser (E) verstarb in Stuttgart. E war deutscher Staatsangehöriger und lebte auch überwiegend in Deutschland. Er hinterließ eine Witwe (W), den Sohn (S) und ein weiteres Kind. An Vermögen hinterließ E sein Vermögen in Stuttgart und ein Wochenendhaus an seinem Zweitwohnsitz im Elsaß. Das Haus im Elsaß hat E sich gekauft, weil ihm dort die Landschaft und das Essen besonders gut gefallen, die Immobilienpreise viel niedriger sind als im Schwabenland, und es ist ohne allzu lange Anfahrt zu erreichen. Testament hat E keines geschrieben, weil er – wie so viele andere auch – darauf vertraute, daß die gesetzliche Erbfolge schon recht sei. E und W hatten auch keinen Ehevertrag, so daß ihr Ehegüterstand die deutsche Zugewinngemeinschaft war.
Bei der Abwicklung des Nachlasses kam es zu heftigem Streit. Es kam nämlich zur sogenannten Nachlaßspaltung, so daß auf Es Nachlaß die Gesetze verschiedener Staaten anzuwenden waren; die Nachlaßspaltung irritiert oft sogar die Juristen, die die Erben vertreten, ohne daß sie auf internationales Erbrecht spezialisiert wären. Das deutsche Erbrecht bestimmt nämlich, daß ein deutscher Staatsangehöriger nach deutschem Erbrecht beerbt wird, egal wo sein Vermögen sich befindet. Im französischen Erbrecht spielt die Staatsangehörigkeit keine Rolle sondern bei einer Immobilie entscheidet der Ort, an dem sie sich befindet, und für „bewegliches Vermögen“ kommt es auf den letzten Hauptwohnsitz des Erblassers an.
Nachdem der letzte Hauptwohnsitz und die Staatsangehörigkeit bei E zusammenfielen, konnte wenigstens das weltweite bewegliche Vermögen, also z.B. das Kontoguthaben bei den Banken an beiden Wohnsitzen des E, einheitlich nach deutschem Recht vererbt werden.
Bei dem Haus im Elsaß jedoch war es für das französische Grundbuch egal, was im deutschen Erbschein steht. Schließlich bestimmt das französische Gesetz, daß Immobilien in Frankreich immer nach französischem Recht vererbt werden. Und danach hat die Witwe neben den Kindern des Erblassers seit einer Reform im Jahr 2002 das Wahlrecht zwischen dem dort traditionellen Quotennießbrauch oder einem Erbteil von einem Viertel – das französische Erbrecht ist nämlich „kinderfreundlicher“ als das deutsche Recht, das der Witwe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft neben den Kindern immerhin die Hälfte der Erbschaft zuweist.
W wollte das nicht verstehen. Sie wollte auch am Ferienhaus die Hälfte erben. Der Streit zwischen W und S zog sich über mehr als fünf Jahre hin. Dann kam endlich ein Erbauseinandersetzungsvertrag zustande, mit dem jedem Miterben sein Anteil zugewiesen wurde. Dieser Vertrag mußte sowohl von einem deutschen Notar und von dem Notar in der elsässischen Kleinstadt beurkundet werden, damit alle Immobilien auf die neuen Eigentümer umgeschrieben werden konnten.
Es gilt noch eine weitere Besonderheit, die in Elsaß und Lothringen zu beachten ist: Für das Nachlaßverfahren gilt dort aus historischen Gründen noch das alte preußische Nachlaßverfahrensrecht, das sonst nirgendwo mehr gilt.
Erbschaftsteuer für das Wochenendhaus im Elsaß mußte übrigens in beiden Ländern bezahlt werden. Die ausländische Steuer wird in der Regel nur teilweise auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) für die Erbschaftsteuer hat Deutschland nur mit wenigen Ländern abgeschlossen. In unserem Beispielsfall starb E, bevor das DBA mit Frankreich in Kraft trat.
Unser Tip für Ferienimmobilien: Kaufen Sie nur dann im Ausland eine Immobilie, wenn Sie sämtliche Folgen kennen und damit zufrieden sind. Die gesetzliche Erbfolge läßt sich in gewissen Grenzen durch ein Testament ändern. Allerdings gibt es gerade in Frankreich (aber auch in Italien) ein „Noterbrecht“ (‚Reserve’), das zu den Kindern ein Mitspracherecht in der Erbengemeinschaft zubilligt, während der deutsche Pflichtteil „nur“ ein Anspruch auf eine Zahlung ohne Mitspracherechte ist. Auch bei den Formalien des Testaments sind Besonderheiten zu beachten, beispielsweise erkennen die meisten romanischen Länder keine Eheverträge und keine gemeinschaftlichen Ehegattentestament an sondern nur einseitige Verfügungen. In manchen anderen Ländern sind die Unterschriften von Zeugen erforderlich, damit ein Testament wirksam ist. Kurzum: Immobilien im Ausland kaufen Sie am besten nur, nachdem ein Jurist mit Erfahrung im internationalen Immobilien- und Erbrecht Sie beraten hat. Jeder Euro, den Sie in solchen komplexen Fällen bei der Beratung sparen, kommt spätestens Ihre Erben teuer zu stehen.
Ausblick auf die zukünftige Rechtsentwicklung: Die Erbrechtsverordnung der Europäischen Union wird in Zukunft eine Rechtsvereinheitlichung bei der Anknüpfung an das relevante nationale Erbrecht bringen; lediglich Großbritannien, Irland und Dänemark nehmen an dieser klärenden Regelung nicht teil. Wenn die EU-Erbrechtsverordnung am 17. August 2015 in Kraft tritt, wird das Erbrecht des letzten „gewöhnlichen Aufenthalts“ des Erblassers für diejenigen Erbfälle entscheidend sein, die unter das EU-Recht fallen. Es wird dann aber vermutlich bei „Menschen mit Migrationshintergrund“ (z.B. deutsche Rentner mit Winterquartier auf Mallorca) häufig Streit darüber geben, wie der „letzte Aufenthalt“ abzugrenzen ist; in den Ländern, in denen ähnliche Kriterien gelten wie die der EU-Erbrechtsverordnung, gibt es immer wieder interessante und oft auch überraschende Entscheidungen darüber, ob beispielsweise das Abonnement einer Zeitung aus der Heimatstadt wichtiger ist als die (einzige) Wohnung am Arbeitsort, wo der Erblasser seit 20 Jahren bis zu seinem Tod lebte. Der Erblasser kann aber nach der EU-Erbrechtsverordnung durch Testament auch die Anwendbarkeit des Erbrechts seiner Staatsangehörigkeit wählen, wenn ihm das besser gefällt als das Erbrecht am gewöhnlichen Aufenthaltsort.
Häufig sind Testamente auslegungsbedürftig, weil ein Außenstehender die Formulierungen nicht so versteht wie der Erblasser. Entscheidend ist allein der Wille des Erblassers in dem Zeitpunkt, in dem er das Testament errichtet hat. Die Auslegung findet aber erst nach seinem Tod statt, so daß die Feststellung dieses Willens schwierig ist. Manchmal beruht eine letztwillige Verfügung auch auf einem Irrtum, so daß sie angefochten werden kann. Im Juli 2012 hat das Nachlaßgericht Stuttgart einen interessanten Erbfall entschieden:
Die beteiligten Personen: E: Erblasser, N: Nachlaßpfleger, K: Kind des Erblassers, F: Freund des K
E hat in seinem Testament geschrieben, daß sein einziges Kind (K) den Bauernhof in Südosteuropa bekommen soll, den er selber von seinen Eltern geerbt hat. Er schreibt ausdrücklich, daß das den Pflichtteil des K bei weitem abdecke; über sein Kind habe er sich geärgert, weil es ihn in den letzten Jahren vor seinem Tod kaum besucht hat. Als weitere Anordnung steht im Testament, daß die Person, die seine Buchmanuskripte zur Veröffentlichung bringt, das Vermögen bei seiner Bank in Stuttgart bekommen soll. Es ist aber kein Name genannt und auch sonst kein Anhaltspunkt zu erkennen, wer das sein wird. E gibt in seinem Testament den Wert der Geldanlagen in Deutschland sowie der Immobilien in Südosteuropa mit jeweils ca. € 50.000,- an.
E stirbt in Stuttgart. Einige Jahre zuvor hat E die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen, so daß deutsches Erbrecht gilt.
Es Vermieter möchte, daß die Miete bezahlt und daß Es Wohnung möglichst schnell geräumt wird. Nachdem der Nachlaßrichter davon ausgeht, daß K nicht Erbe werden soll – schließlich steht im Testament, daß K nur in Höhe des Pflichtteils bedacht sein soll -, muß ein Nachlaßpfleger bestellt werden. Das Nachlaßgericht Stuttgart bestellt N zum Nachlaßpfleger mit den Aufgaben, den Nachlaß zu sichern und die unbekannten Erben zu suchen.
N kümmert sich nun darum, daß die Geldanlagen (Wertpapiere) keine Verluste bringen und verkauft alle riskanten Papiere. Er räumt auch die Wohnung des E und zahlt die ausstehende Miete, kündigt das Zeitungsabonnement des Verstorbenen E, informiert die Versicherungen des E vom Todesfall und sucht die Verwandten, die auf Montenegro, Österreich und Kanada verstreut leben. Er bezahlt auch die Feuerbestattung, die die Stadtverwaltung vorgenommen hat, nachdem es in Deutschland keine Angehörigen des E gab. Er schickt die Urne an K.
N überlegt außerdem, was die Regelungen im Testament bedeuten. Er kommt zum Schluß, daß K auf keinen Fall etwas bekommen soll. Er meint, der Herausgeber der bislang unveröffentlichten Bücher des E solle Erbe sein und sucht einen Verleger für die Bücher des E. Er meint, daß der Erblasser unbedingt verhindern wollte, daß K oder Ks Umfeld vom Nachlaß mehr abbekommt als den Bauernhof.
K wurde im Rahmen der Testamentseröffnung vom Nachlaßgericht angeschrieben und bekam auch mitgeteilt, daß N als Nachlaßpfleger eingesetzt wurde. K ärgert sich zunächst über die Feuerbestattung, da die Verwandtschaft lieber eine Erdbestattung gehabt hätte. Außerdem wundert K sich über die Bemerkung im Testament, daß K den E nur selten besucht habe. K lebte nämlich damals in Jugoslawien und flüchtete während des Bürgerkriegs vor den Bombenangriffen nach Ungarn, nachdem ein Visum für die Einreise nach Deutschland nicht erteilt worden war, wo K viel lieber hingezogen wäre. K möchte so viel wie möglich erben und sucht im Internet nach einem Rechtsanwalt für Erbrecht in Stuttgart. K teilt dem Anwalt mit, daß Ks Freund (F) aus der Verlagsbranche früher in Südosteuropa tätig war und inzwischen in Deutschland die Veröffentlichung von Büchern fördert.
Der Anwalt von K spricht mit N über das weitere Vorgehen. N sagt, daß er gerade mit einem Verleger Kontakt aufgenommen hat, damit der die Bücher veröffentlicht. N geht nämlich davon aus, daß der Verleger dann Erbe wird und Ns Aufgabe, den unbekannten Erben zu ermitteln, erfüllt sein werde. N will auf keinen Fall, daß F die Manuskripte sieht, weil nach seiner Meinung Ks Umfeld nichts mit dem Nachlaß zu tun haben solle. Weil die Veröffentlichung der Manuskripte durch einen Dritten Probleme für K bereiten kann, droht Ks Anwalt dem N eine Schadenersatzforderung an, falls der die Veröffentlichung veranlaßt – schließlich ist der Nachlaßpfleger für Vermächtnisse überhaupt nicht zuständig. Daraufhin konzentriert N sich auf seine unaufschiebbaren Aufgaben und veranlaßt keine Veröffentlichung der Bücher.
Ks Anwalt spricht mit dem Nachlaßrichter, der die Meinung des Anwalts teilt, daß nach deutschem Erbrecht eine Erbeinsetzung nur möglich ist, wenn die Person des Erben von jeder sachkundigen Person anhand des Testaments – ggf. unter Berücksichtigung von Umständen, die außerhalb des Testaments liegen – nach objektiven Kriterien zuverlässig festgestellt werden kann. Nachdem die Manuskripte erst nach dem Tod des E zur Veröffentlichung gebracht werden sollen, stand die Person des Begünstigten aber im Zeitpunkt des Erbfalls nicht fest. In Betracht kommt somit durch sog. Umdeutung ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis zu Gunsten des Verlegers. Allerdings meint der Nachlaßrichter, daß nach bisheriger Aktenlage K wohl enterbt werden sollte und somit die übernächsten Angehörigen als gesetzliche Erben festgestellt werden müßten.
Ks Anwalt recherchiert gründlich. Er kann dem Nachlaßgericht schließlich ein amtliches Wertgutachten vorlegen, wonach der Bauernhof in Südosteuropa nicht ca. € 50.000,- sondern nicht einmal ein Fünftel davon wert ist. Bei der Bank hingegen hatte E tatsächlich ca € 50.000,- angelegt, wie es in seinem Testament steht.
Ks Anwalt stellt daraufhin einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der K als Alleinerbe ausweist. Er argumentiert, daß E sich über verschiedene Voraussetzungen geirrt hat und sein einziges Kind mit einem Vermächtnis, das den Pflichtteil decken sollte, nicht enterben wollte. Der Irrtum über den Wert der Immobilien wird mit dem amtlichen Gutachten belegt. Der Pflichtteil – beim Einzelkind des unverheirateten Erblassers immerhin ½ des Nachlaßwertes – ist entgegen der im Testament angeführten Annahmen Es mit dem Vermächtnis des Bauernhofs nicht annähernd abgedeckt. Der Irrtum des E, daß K den E nicht besuchen wollte, wird auch aufgedeckt; den E besuchen wollte hat K schon, ohne Visum waren die Besuche aber nicht möglich. Falls dieses Ergebnis nicht durch Auslegung des Testaments herbeizuführen ist, ficht der Anwalt alle Verfügungen an, die der Alleinerbenstellung seines Mandanten entgegenstehen.
Das Nachlaßgericht folgte der Argumentation des Anwalts von K und stellte einen Erbschein aus, der K als Alleinerbe ausweist. Damit bekommt K das Geld von der Bank und die Manuskripte vom Nachlaßpfleger herausgegeben. Nun kann F die Manuskripte sichten und veröffentlichen. Der Anwalt freut sich über den Ausgang und wird diesen komplexen Fall in seinen zukünftigen Vorträgen erwähnen, damit andere Erblasser ihre Testamente, gegebenenfalls mit juristischer Unterstützung durch einen Rechtsanwalt oder Notar, weniger auslegungsbedürftig formulieren.